SIEG DER VERNUNFT IM BIBERSTREIT
Der BUND Naturschutz (BN) hatte im Dezember 2012 beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage gegen eine Allgemeinverfügung des Landratsamtes Dillingen eingereicht. Der Landkreis wollte pauschal 15 Gebiete im Landkreis zu biberfreien Zonen deklarieren. Im April 2013 hatte das Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden, dass in 7 Gebieten das zulässig sei, in 8 Gebieten nicht. Zudem hat das Gericht deutlich gemacht, dass zur Abwendung von Biberschäden Vorsorgemaßnahmen wichtiger sind als die Tötung von Bibern. Nun hat der Landkreis, wie vom BN gefordert, seine landkreisweite Allgemeinverfügung vollständig zurückgezogen. In einem Vergleich zwischen BN und Landkreis wurde festgelegt, dass maximal nur noch in 5 Gebieten, wenn tatsächlich Konflikte auftreten sollten, durch flexible Einzelfallregelung Biber entnommen werden dürfen. Damit ist dies der erste bayerische Landkreis, in dem eine geplante pauschale Festlegung von Tötungsgebieten für Biber durch den Einsatz des BN abgewendet wurde.
Der BN konnte in dem Verfahren seine Ziele weitgehend erreichen. Der BUND Naturschutz hat heute die Bestätigung über die Annahme des gerichtlichen Vergleichs durch den Landkreis Dillingen erhalten. "Wir freuen uns über das Einlenken des Landkreises Dillingen, auf die Pauschalverfügungen zu verzichten und nur in begründeten Einzelfällen den Biber zum Abschuss frei zu geben" so der Landesgeschäftsführer des BN, Peter Rottner. Dies sollte Signalwirkung für ganz Bayern haben.
Hintergrund des Rechtsstreits war die Freigabe von Abschüssen des Bibers durch eine unbefristete Allgemeinverfügung durch den Landkreis Dillingen für insgesamt 15 Gewässerabschnitte. Der BN hatte geltend gemacht, dass eine solche Pauschalverfügung gegen das europäische Artenschutzrecht verstößt. Dieses sieht nur unter sehr engen Voraussetzungen eine Ausnahme vom Tötungsverbot einer besonders geschützten Art vor. Der Biber gehört zu den streng geschützten Arten, für die ein Tötungsverbot gilt. Hierbei ist es dem BN wichtig gewesen, dass ein Zugriff nur dort erfolgt, wo die Aktivitäten des Bibers wirklich zu ernsten Konflikten führen und wo Präventivmaßnahmen nicht wirken. "Der Schutz des Menschen geht natürlich vor", erklärte Dieter Leippert, BN-Kreisgruppe Dillingen. Doch die Auswahl der Gewässerstrecken der Allgemeinverfügung, die vom Landratsamt für den Abschuss des Bibers freigegeben wurden, war fachlich nicht nachvollziehbar.
Der Landkreis Dillingen hatte dem BN abgesprochen, überhaupt gegen die Allgemeinverfügung klagen zu können. Der BN hingegen argumentierte vor Gericht, dass eine Befugnis aus der internationalen Aarhus-Konvention abgeleitet werden muss. Dieser Auffassung schloss sich das Gericht an. Insbesondere nach einer höchstrichterlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts könne kein Zweifel daran bestehen, einem Umweltverband die Klagebefugnis gegen artenschutzrechtliche Genehmigungen zuzuerkennen. Damit wird auch in Zukunft möglich sein, weitere artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen. Mit dem gerichtlichen Vergleich ist nunmehr gewährleistet, dass die Allgemeinverfügung aufgehoben wird. Damit konnte der BN den Abschuss an 9 Gewässerabschnitten verhindern. Nur in 4 Bereichen, in denen durch den Biber Gefährdungen für Menschen oder erhebliche Schäden zu befürchten sind, darf in Zukunft der Abschuss für den Biber durch Einzelgenehmigungen frei gegeben werden. Ob diese Voraussetzungen bei einem weiteren Gewässerabschnitt vorliegen, wird fachlich vom BN, vom Bibermanager Südbayern und dem Biberbeauftragten des Landkreises überprüft. Aufgrund der fachlichen Begründungen und der einjährigen Befristung der Einzelgenehmigungen konnte der BN einen Rechtsmittelverzicht erklären.
Die aus Sicht des BN durch den zuständigen Richter des Verwaltungsgerichts Augsburg gut vorbereiteten und geführten Vergleichsgespräche führten zu einer für alle akzeptablen Lösung. Hatte sich der Landkreis lange gegen die Rücknahme der Allgemeinverfügung ausgesprochen, konnten durch die Hinzuziehung des Bibermanagers Südbayerns und des Biberbeauftragen des Landkreises einvernehmliche Regelungen getroffen werden. Im Gerichtsprotokoll ist nachzulesen, dass sich der BN eine frühzeitige Einbindung zu der weiteren Bibermanagementplanung des Landkreises wünscht. Zu Protokoll hat der BN die Bereitschaft erklärt, daran konstruktiv mitzuwirken. Das besondere Anliegen des BN, die Durchsetzung von Pufferstreifen an den Fließgewässern, um die Schadenshäufigkeit von Biberschäden zu minimieren, wurde ebenfalls protokollarisch festgehalten. Die Notwendigkeit einer landkreisweiten Erfassung der derzeitigen Nutzung der Gewässerrandstreifen wurde vom BN betont.
"Im Gegensatz zu der vom BN gekippten starren Allgemeinverfügung des Landratsamtes können bei der nun vereinbarten Einzelverfügung für wenige problematische Gewässerabschnitte flexibel Einzeltiere entfernt werden", erklärt der Artenschutzreferent des BN, Dr. Kai Frobel. Hierbei müssen strikt von Fall zu Fall die lokale Bestandssituation, Probleme für angrenzende Nutzungen und mögliche Präventivmaßnahmen neu beurteilt werden. Hierfür ist jedoch ein fachlich fundiertes Bibermanagement erforderlich, dessen Ausarbeitung unter seiner Mitwirkung dem BN ein besonderes Anliegen ist. "Ein gutes landkreisweites Bibermanagement entschärft die Konflikte und ermöglicht die friedliche Koexistenz von Mensch und Biber. Wir nehmen das vom Landkreis bereits gemachte Angebot der Mitwirkung an der Bibermanagementplanung gerne an", so Dieter Leippert, der Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Dillingen.
Für Rückfragen: Dr. Kai Frobel, Artenschutzreferent des BN, Tel. 0911/81878-19, kai.frobel@bund-naturschutz.de