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Bund Naturschutz entlarvt die Werbeparolen führender Landes- und Bundespolitiker in der aktuellen Atomdiskussion

18.09.2008

Bund Naturschutz entlarvt die Werbeparolen führender Landes- und Bundespolitiker in der aktuellen Atomdiskussion

 

Start einer Aufklärungskampagne

 

Auf massive Kritik stößt beim Bund Naturschutz die Wiederbelebung der Atomdebatte durch die Stromkonzerne, die Bayerische Staatsregierung, sowie die Parteien CSU und FDP. Denn die Wahlversprechen zum billigeren Strompreis und Klimaschutz durch einen „Ausstieg aus dem Atomausstieg“ sind haltlos. Die Pro-Atom-„Argumente“ entpuppen sich als Kampagne zur Sicherung von Milliardengewinnen für die Strommonopolisten.

 

Bund Naturschutz, Mütter gegen Atomkraft und bayerische Bürgerinitiativen haben den Werbeparolen von Stromwirtschaft und Politikern die konkreten Tatsachen aus Veröffentlichungen u.a. der Stromkonzerne und der Wirtschaftsministerien gegenübergestellt, um die Bevölkerung mit Fakten zu informieren. Die Verbände starten damit eine bayernweite Informationskampagne, welche die zehn häufigsten Propagandaparolen von führenden Landes- und Bundespolitikern widerlegen.

 

„Der Bund Naturschutz fordert CSU und bayerische Staatsregierung auf, sich nicht zum verlängerten Arm der Propagandaabteilung der Atomkraftswerksbetreiber zu machen“, so der Landesvorsitzende Prof. Dr. Hubert Weiger. Gemessen an den Daten und Fakten, die das Bayer. Wirtschaftsministerium in den vergangenen Jahren veröffentlicht hat, hat die Atomkraft bisher kaum zum Klimaschutz in Bayern beigetragen. Im Gegenteil. Durch das Festhalten an der atomaren Stromerzeugung wurden die notwendige Umstellung auf dezentrale Kraftwerke zur Strom- und Wärmeversorgung sowie der Ausbau der erneuerbaren Energien blockiert. Die Unsicherheit deutscher Atomkraftwerke ist amtlich verbürgt, die Entsorgung ungelöst. Von einer Stromlücke oder einem Bauboom in unseren europäischen Nachbarländern kann nicht die Rede sein. Der Bund Naturschutz, der Verein „Mütter gegen Atomkraft“ und die Bürgerinitiativen fordern daher mit Nachdruck:

 

  • Sofortausstieg aus der unbeherrschbaren Atomtechnologie
  • Schluss mit den Atomstromwerbeparolen
  • Einstieg in aktive Klimaschutzpolitik mit Gebäudesanierung,

Kraftwärmekopplung und dem Ausbau Erneuerbarer Energien

 

Die 10 leeren Phrasen zur Atompolitik finden Sie auf der website des Bundes Naturschutz unter  www.bund-naturschutz.de.

 

 

Sinkende Energiepreise, ein leeres Versprechen

 

Werden alte Atomkraftwerke weiter betrieben, erhöht sich der Gewinn der Stromkonzerne. Die Strompreise aber bleiben hoch, wie dies in den letzten Jahren zu beobachten war. Denn der Strompreis wird an der Strombörse ausgehandelt und orientiert sich an den Kosten der aktuell zu- oder abzuschaltenden Kraftwerke. Kernkraftstrom wird an der Börse nicht gehandelt.

Sollten die Stromkonzerne in Zukunft – anders als derzeit – ihren Aktionären die Hälfte der Gewinne abgeschriebener Atomkraftwerke vorenthalten, könnten sie den Kunden eine kleine Summe zurückerstatten: zwischen 1 und 15 € pro Jahr (im Mittel weniger als 10 €), in den Jahren zwischen 2011 und 2040. Verglichen mit der Gesamtstromrechnung eines Durchschnittshaushaltes von jährlich 700 € sind diese Beträge marginal.

 

Auf die wirklich schnell steigenden Öl- und Gaspreise hat die Atomkraft ersichtlich keinen Einfluss. Politiker, die den Eindruck erwecken, Atomenergie sei ein Allheilmittel gegen steigende Energiepreise und Klimagefahren, spielen mit dem Feuer, da sie für minimale Vorteile große Risiken in Kauf nehmen.

Wer seine Stromrechnung tatsächlich um hunderte von Euro entlasten will, setze stromsparende Geräte vom Kühlschrank bis zur Steckerleiste ein. Das sei weit effektiver.

 

Atomkraft und Klimaschutz – bisher Fehlanzeige

 

Der Informationskreis Kernenergie wirbt regelmäßig damit, dass die Kernenergie Deutschland jährlich rund 150 Mio. Tonnen Kohlendioxid erspare. Politiker münzen diese Parole in die Behauptung um, ohne Kernenergie seien die Klimaschutzziele nicht zu erreichen.

 

Beides hält einer Nachprüfung nicht stand. Weder in Deutschland noch in Bayern ist ein merklicher Rückgang der Kraftwerksemissionen festzustellen. Denn die Stromwirtschaft hat gleichzeitig mit dem Ausbau der Atomkraft auch die Kohlekraftwerke und die Nachtspeicherheizungen ausgebaut, die CO2-arme Kraftwärmekopplung aber massiv zurückgedrängt.

Der Kraftwerkssektor ist, was er immer war: der mit Abstand größte Luftverschmutzer. Aus deutschen Kraftwerkskaminen kommt mehr Kohlendioxid als aus den Bereichen Verkehr und Industrie zusammen.

 

Die Kohlendioxidemission aller bayerischen Kraftwerke lag vor Inbetriebnahme der 5 bayerischen Atomkraftwerke bei 20 Mio. Tonnen CO2, danach bei 11 Mio. Tonnen. Nach den Behauptungen des Informationskreises Kernenergie haben die bayerischen Atomkraftwerke aber 50 Mio. Tonnen CO2 eingespart, was die amtliche Bilanz des Wirtschaftsministeriums völlig auf den Kopf stellen würde.

 

Näher an der Wahrheit war da Umweltministerin Angela Merkel, als sie 1997 eine Studie des Umweltbundesamtes der Öffentlichkeit vorstellte, in der es hieß, dass die Kernenergie „ein Haupthemmnis für die zur Erreichung des Klimaschutzziels unabdingbare Effizienzverbesserung darstellt“. (Nachhaltiges Deutschland, UBA)

 

Vor und nach 1997 belegen die amtlichen Statistiken, dass aktive Klimaschutzmaßnahmen blockiert wurden, weil zu viel Kapital durch die Kernenergie gebunden war. Wäre die Energiepolitik der Bundesrepublik Deutschland der Empfehlung der Bundestags-Enquete-Kommission 1980 gefolgt und hätte bis 2000 alle Atomkraftwerke stillgelegt, wäre der CO2-Ausstoß heute deutlich niedriger. Das aber widersprach der Expansionsstrategie der Stromkonzerne.

 

Da die Uranreserven weltweit noch vor den Öl- und Gasreserven zur Neige gehen, ist auch in Zukunft kein Klimaschutz durch Atomkraft mehr zu erwarten. Wie die Bundesanstalt für Geowissenschaften mitteilte (und das Bayer. Wirtschaftsministerium bereits nachdruckte) ist mit dem Ende der Uranreserven um 2035, Öl 2042 und Gas 2062 zu rechnen. Bei gleich bleibendem Verbrauch.

 

Angstkampagne Stromlücke

 

Noch in diesem Frühjahr warnte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos vor Stromabschaltungen im Zusammenhang mit dem Atomausstieg und dem Bürgerprotest gegen neue Kohlekraftwerke. Auch die Bayer. Staatsregierung warnt vor einer Stromlücke nach Abschalten des Atomstroms.

 

In Wirklichkeit gibt es große Kraftwerksüberkapazitäten und Alternativen mit riesigem Ausbaupotential (Kraftwärmekopplung und Erneuerbare Energien). Wenn auch die gewaltige Stromverschwendung eingedämmt und der Stromexport reduziert wird, kann der wegfallende Atomstrom sicher und umweltfreundlich „ersetzt“ werden. Im neuesten Monitoring-Bericht vom 11.8.2008 hat dies sogar das Bundeswirtschaftsministerium bestätigt.

 

Weltweit hat die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energie seit dem Jahr 2001 um mehr als 140 Mrd. kWh zugenommen, der Atomstrom um 50 Mrd. kWh abgenommen. In Deutschland ging seit dem Atomausstieg (und verstärkt durch die Pannen im Jahr 2007) der Atomstrom um 35 Mrd. kWh zurück, der Strom aus Erneuerbaren Energien nahm um 51 Mrd. kWh zu.

Selbst nach Einschätzung des Verbandes der Bayer. Elektrizitätswirtschaft wird bereits im Jahr 2012 in Deutschland mehr Strom aus Erneuerbaren als aus Kernenergie erzeugt.

 

Nicht nur Deutschland steigt aus der Atomkraft aus

 

Auch weitere Parolen wie Deutschland sei das einzige Land, das sich von der Atomkraft verabschiedet, während um uns herum fleißig an neuen Atomkraftwerken gebaut werde, halten einer Nachprüfung anhand der Statistiken der Internationalen Atomenergie-Organisation nicht stand.

Nur an einem Standort wurde in Europa in den letzten Jahren mit dem Bau begonnen: Olkiluoto in Finnland. Die offenen Sicherheitsfragen, die Kosten- und Zeitüberschreitungen sind dort aber so dramatisch, dass weitere Interessenten abgeschreckt wurden und selbst Frankreich den Bau eines ähnlichen Reaktors vorerst zurückgestellt hat.

 

Weltweit werden in den nächsten Jahrzehnten weit mehr AKWs stillgelegt als neue in Betrieb gehen. Ob mit oder ohne Ausstiegsbeschluss: Die meisten Länder haben das absehbare Ende der Atomkraft vor sich. Der gegenwärtige Anteil der Atomkraft an der Weltenergieversorgung von knapp 3% wird noch weiter schrumpfen.

 

 

Zynisch: Der Spruch von „unseren sicheren Kernkraftwerken“

 

Die gefährlichste aller Pro-Atom-Parolen aber ist die von den „sicheren Kernkraftwerken“, die mittlerweile vielen Politikern leicht von der Zunge geht.

 

Denn das Gegenteil ist der Fall: Innenminister Zimmermann 1979 und Umweltminister Töpfer 1989 haben mit den großen Deutschen Risikostudien amtlich verbürgt, dass sich gerade in deutschen Atomkraftwerken Katastrophen unermesslichen Ausmaßes ereignen können, vor denen uns auch ein noch so gut geschultes Personal nicht schützen kann: 14000 Soforttote und hunderttausende von sog. „Folgetoten“, und das mit einer nicht vernachlässigbaren Unfallhäufigkeit.

Nach einer solchen Katastrophe wären ganze Bundesländer auf lange Zeit unbewohnbar. Der damalige Bundeswirtschaftsminister bezifferte den materiellen Schaden auf über 5000 Milliarden Euro, das 2000-fache der Haftpflichtversicherungssumme für deutsche Atomkraftwerke.

 

Selbst wenn die Nutzung der Atomkraft noch rechtzeitig vor dem nächsten SuperGAU gestoppt wird, werden die zukünftige Generationen den Schaden haben: Die Atommüllentsorgung ist wissenschaftlich-technisch nicht zu lösen.

Entscheidungen für unzulängliche Atommülllager in Gorleben oder Saldenburg bei Passau sind politische Entscheidungen, die das Schicksal zukünftiger Generationen beeinträchtigen. Von technischen Lösungen, bei denen niemand Schaden erleidet, sind wir weit entfernt. Auch bei der Entsorgungsfrage dürfen politische Slogans nicht den Blick auf die Realität verstellen.

 

Die Informationskampagne des Bund Naturschutz, der Mütter gegen Atomkraft und vieler bayerischer Bürgerinitiativen deckt auf, dass Wahlkampf für die Atomkraft nur den Stromkonzernen nützt, die amtlichen Unterlagen missachtet und uns alle noch länger dem Katastrophenrisiko der Atomkraft aussetzt. Die Informationsblätter „10 leere Phrasen“ werden bayernweit als Plakate, Infoblätter und in anderer Form verteilt.

 

 

Für Rückfragen:

Richard Mergner, BN-Landesbeauftragter

richard.mergner@bund-naturschutz.de

Tel. 0911-81878-25

Mobil: 0171-6394370