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Zurück auf leisen Pfoten: Der Luchs in Bayern
Der BUND Naturschutz hat den einst ausgerotteten Luchs wieder nach Bayern zurückgeholt, heute schleicht die große Katze wieder durch die Wälder des Freistaats. Doch bis der heimliche Wanderer tatsächlich sicher bei uns angekommen ist, hat er noch einen weiten Weg vor sich. Engstirnigkeit und uralte Vorurteile verhindern, dass das schöne Tier im Freistaat richtig Fuß fasst.
150 Jahre lang war der Luchs (Lynx lynx) – die größte Katze Europas – aus unseren Wäldern verschwunden. Seit sechs Menschengenerationen haben wir verlernt, mit dieser faszinierenden Tierart umzugehen. 1970 unternahm der BUND Naturschutz in Bayern (BN) dann erste Anstrengungen das schöne Tier wieder in Bayern anzusiedeln, was schließlich auch gelang.
Der BN hat zwischen 1982 und 1989 die Freilassung von insgesamt 17 Luchsen auf dem Gebiet des heutigen Nationalparks Sumava finanziell und organisatorisch unterstützt. Diese Luchse bildeten den Grundstock für die heutige Böhmerwald-Population im Grenzraum von Tschechien, Österreich und Deutschland. Seit Jahren fordert der BUND Naturschutz eine Bestandsstützung in Bayern. Das BN-Memorandum „Der Luchs soll wiederkommen“ stellt das fachliche Konzept dafür dar.
Jetzt pirscht sich das „Pinselohr“ auf leisen Pfoten wieder in unsere Nähe: Für das Monitoringjahr 2019/2020 registrierte das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) 70 selbständige Luchse sowie 27 Jungtiere. Überwiegend in Bayern leben davon 51 Luchse einschließlich 20 Jungtiere (siehe auch LfU: Luchsmanagement in Bayern). Im Vergleich zur vorigen Bestandsaufnahme ist die Population deutlich angewachsen. Die Luchse leben vor allem im Bayerischen Wald, einige weitere Tiere zudem in den bayerischen Mittelgebirgen und im Allgäu.
Der BN fordert weiterhin gezielte Bestandsstützungen, da viele geeignete Lebensräume noch nicht besiedelt sind. Die Vorkommen sind bislang weitgehend isoliert, Luchse überbrücken seltener große Distanzen und bei Wanderungen drohen viele Gefahren (siehe unten). Der Austausch zwischen den Beständen ist somit sehr gering, ohne weitere Unterstützung sind genetische Probleme nicht auszuschließen.
Bald 50 Jahre erfolgreicher Artenschutz für den Luchs in Bayern
Dass der Luchs seit einigen Jahrzehnten wieder durch Bayerns Wälder schleicht, geht auf das Engagement des BN zurück. Der Verband hat die Rückkehr des Pinselohrs fachlich und finanziell vorbereitet, unterstützt und es mit viel Überzeugungsarbeit und Hartnäckigkeit geschafft, dass sich der Großteil der Bevölkerung heute über die Anwesenheit dieses faszinierenden Tieres in unseren Wäldern freut. Heute ist es eine verbohrte, von Vorurteilen getriebene Minderheit, die der großen Waldkatze feindselig gegenübersteht.
Die Idee, den ausgerotteten Luchs nach Bayern zurückzuholen, entwickelte der damalige BN-Vorsitzende Hubert Weinzierl gemeinsam mit seinem Freund und Mitstreiter Professor Bernhard Grzimek bereits in den 1960er-Jahren. In den 1970er-Jahren wurden dann die ersten Luchse im Bayerischen Wald in die Freiheit entlassen. Der Durchbruch gelang allerdings erst einige Jahre später: In einer offiziellen Wiedereinbürgerungsaktion wilderten Projektmitarbeiter 17 der großen Waldkatzen im Bereich des heutigen Sumava-Nationalparks in Tschechien aus. Ein Vorhaben, das ohne die finanzielle Unterstützung des BUND Naturschutz so nicht möglich gewesen wäre. Vermutlich waren es Nachkommen dieser tschechischen „Pionier-Luchse“, die in den 1980er-Jahren nach und nach die Grenze überquerten und bayerische Lebensräume zurückeroberten.
Aufgrund der Aktivitäten des BN konnten diese ersten Luchse in Bayern heimisch werden und sich fortpflanzen. Gerade in den ersten Jahren musste viel Überzeugungsarbeit geleistet werden, um Bevölkerung, Nutztierhalter und Jägerschaft für die Rückkehr des Pinselohrs in die bayerischen Wälder zu gewinnen. Der BN ist es auch, der 1997 gemeinsam mit dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) und dem Naturpark Bayerischer Wald das erste große Luchssymposium veranstaltet und dort alle Interessenvertreter an einem Tisch versammelt. 1998 richtet der BN dann gemeinsam mit anderen Umweltverbänden einen „Luchsfonds“ ein. Nutztierhalter, denen Schäden durch den Luchs entstanden sind, können nun entschädigt werden. Ein wichtiger Schritt, um Konflikte zu entschärfen.
Nach den traurigen Erfahrungen mit dem Bär Bruno erhöhten der BN und andere Naturschutzverbände 2006 den Druck auf die bayerische Regierung. Endlich zeigte diese sich bereit, Managementpläne für die Großbeutegreifer Bär, Wolf und Luchs zu erstellen und sich damit vernünftig auf die Rückkehr der „großen Drei“ vorzubereiten.
Zwei Jahre später veröffentlichte die Staatsregierung den ersten bayerischen Luchs-Managementplan. Der BUND Naturschutz, der Landesbund für Vogelschutz (LBV) und die Wildland Stiftung der Bayerischen Jägerschaft wurden mit der Umsetzung betraut. 2010 übernahmen die Verbände zwei Jahre lang die Trägerschaft für das 1996 gestartete „Luchsprojekt Bayern“. Diese drei Verbände und ab Mitte 2012 auch der WWF riefen den „Ausgleichsfonds Große Beutegreifer“ ins Leben. Dieser leistet bei Einzelschäden durch Wolf, Bär und Luchs mithilfe des Bayerischen Naturschutzfonds Ausgleichszahlungen an Betroffene. So wurde der Luchsmanagementplan in Bayern umgesetzt und die Akzeptanz bei Betroffenen erhöht.
Weitere Informationen zum Luchs-Artenschutz
Artenschutz ist eine der wichtigsten Aufgaben des BN. Ohne die aktive und finanzielle Unterstützung vieler Tausender Naturfreunde wären große Erfolge wie die Rückkehr des Luchses nach Bayern nicht möglich gewesen. Unterstützen Sie uns jetzt dabei, Vorurteile gegen die schöne Katze abzubauen.
Heute geht es darum, dass der Luchs nicht nur in die Wälder zurückkehrt, sondern auch in die Köpfe und Herzen der Menschen – damit Wilderei keine Chance mehr hat. Sie können uns und dem Luchs dabei helfen!
Alle Umweltpädagoginnen, Naturführer oder Betreuerinnen von Kinder- und Jugendgruppen sind herzlich eingeladen, Veranstaltungen zum Thema Luchs durchzuführen. Wo lebt die große Katze? Was frisst sie und wie jagt sie eigentlich? Das Interesse der Teilnehmer ist Ihnen bei diesem spannenden Thema sicher. Das Bildungswerk des BN hat im „BN-Taschenführer Luchs“ explizit für Umweltbildungs-Veranstaltungen zum Luchs 40 Bausteine zusammengestellt. Der Führer eignet sich für Gruppen von fünf bis 20 Personen im Alter von fünf bis 99 Jahren.
Ausstellung „Die großen Vier“
Oder besuchen Sie mit Ihren Schülern, Kindern, Freunden, Verwandten oder Bekannten die interaktive Wanderausstellung „Die großen Vier – vom Umgang mit Bär, Wolf und Luchs“. Sie ist fester Bestandteil des bayerischen Wildtiermanagements für die großen Beutegreifer Bär, Wolf und Luchs. Die Ausstellung tourt seit 2008 durch Bayern und weckt durch fundierte Information Interesse und Verständnis für diese faszinierenden Tierarten. Führungen können bei den Experten vom BN, dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Wildland Stiftung Bayern gebucht werden, ebenso das Wissenschaftstheater „Fräulein Brehm“, das die Ausstellung seit 2012 begleitet.
Helfen Sie dem Luchs mit einer Spende
Wir kämpfen um das Überleben des Luchses in Bayern. Doch nur mit Ihrer Hilfe werden wir erfolgreich sein. Der Luchs braucht Sie. Bitte helfen Sie ihm! Jetzt spenden
Gefahr ist nicht gebannt: Mehr Freisetzungen gefordert
Trotz der positiven Entwicklung ist der deutsche Luchsbestand weiterhin hochgradig gefährdet, obwohl regelmäßig Jungtiere geboren werden und ausreichend Lebensraum vorhanden wäre. Außerhalb von Gebieten unter staatlicher Kontrolle wie dem Nationalpark Bayerischer Wald kann die Art kaum Fuß fassen. Ergebnisse des Monitorings (wissenschaftliche Begleitforschung) ebenso wie unabhängige Recherchen weisen darauf hin, dass gerade junge Luchse, die auf der Suche nach eigenen Revieren aus den bisherigen Lebensräumen in Privatjagdgebiete abwandern, illegal abgeschossen werden. Und das, obwohl der Bayerische Jagdverband die Rückkehr der großen Katze ausdrücklich unterstützt.
Da die Entfernungen zwischen den Teilpopulationen groß sind, kommt es nur selten und vereinzelt zum Austausch durch wandernde Luchse, meist Männchen. Die Jungluchse wandern nur rund 50 Kilometer weit ab. Die geringe Zahl von Tieren in den Teilpopulationen erhöht das Risiko von Krankheiten. Aus demselben Grund muss zudem mit genetischen Problemen gerechnet werden. Noch unbesiedelte geeignete Luchslebensräume in bayerischen Mittelgebirgen, Spessart, Rhön, Frankenwald, Oberpfälzer Wald mit Steinwald und Fichtelgebirge wären als verbindende Trittsteine für die beiden Bestände im Harz und im Bayerischen Wald hervorragend geeignet.
Der BN begrüßt daher ausdrücklich die Mitte 2020 erfolgte Freilassung eines Luchsweibchens bei Weidenberg, Landkreis Bayreuth, durch das LfU. In einer wildbiologischen Studie hatte der BN schon 2016 ein Aktionsprogramm für die Freisetzung von 40 Luchsen in Bayern gefordert, um die isolierten Vorkommen miteinander zu verbinden.
Schutzgebiete reichen als Lebensraum nicht aus
Für die Zukunft der Tierart ist die Beschränkung auf wenige Schutzgebiete dramatisch, denn die wenigen Individuen, die bisher in Bayern – und auch in Deutschland – leben, reichen nicht aus, um das Fortbestehen der Art zu sichern. Alle Untersuchungen zeigen, dass der Luchs langfristig keine Überlebenschance hat, wenn er nur auf Nationalparke oder andere Schutzgebiete beschränkt wird.
Der BN fordert daher, illegale Abschüsse von Luchsen stärker zu verfolgen und strikt zu ahnden. Immerhin ist das Töten von streng geschützten Arten kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Oberstes Gebot ist aber, Akzeptanz und Toleranz für den Luchs in der ganzen Bevölkerung zu erreichen. Es ist wichtig, weiter und noch mehr über den das schöne Tier und seine Lebensweise zu informieren, denn Wissen ist der beste Schutz.