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Grundwasserspiegel in Bayern sinken, Belastung bleibt hoch

Vielerorts geht die Neubildungsrate von Grundwasser zurück, rund ein Viertel der Vorkommen sind durch schädliche Stoffe beeinträchtigt. Wie können wir unseren wichtigsten Bodenschatz besser schützen?

Bayerns wichtigster Bodenschatz

Stabile Grundwasservorräte sichern unsere Lebens- und Wirtschaftsweise. Am Grundwasser hängen Trinkwasserversorgung, Bewässerung, Industrie und Energiewirtschaft. 

Sinkende Grundwasserspiegel

Das Grundwasser in Bayern wird immer weniger. Das liegt am Klimawandel ebenso wie am Flächenverbrauch. Außerdem belasten zu große Mengen an Schadstoffen das Grundwasser.

Grundwasser nachhaltiger nutzen

Alle Grundwasser-Nutzer sind gehalten, nachhaltiger mit der Ressource umzugehen. Es gilt, Wasser zu sparen, mehr Schutzgebiete einzurichten, Schadstoffe zu reduzieren und das Tiefengrundwasser nicht anzutasten.

Grundwasser in Zeiten der Klimakrise

Auch wenn der Freistaat als wasserreich gilt, sind die Grundwasservorräte von verschiedenen Seiten unter Druck: Grundwasser wird in Bayern intensiv genutzt. Rund 90 Prozent des Trinkwassers stammen aus der Tiefe, hinzu kommt die Bewässerung von Ackerflächen sowie die Entnahme beziehungsweise Nutzung für industrielle Produktion, Kühlung oder Wasserkraft. 

Grundwasserneubildung Bayern 1951–2020 (Durchschnittswerte)

Temperaturentwicklung Bayern 1951–2020 (Durchschnittswerte)

Die Grafiken zeigen Grundwasserneubildung und Temperaturanstieg in Bayern zwischen 1951 und 2020 (jeweils Durchschnitt): Gerade die vergangenen beiden Jahrzehnte legen einen Zusammenhang zwischen Hitzerekorden und sinkenden Grundwasserspiegeln nahe. (Quelle: Bayerisches Landesamt für Umwelt, eigene Darstellung)

Gründe für abnehmendes Grundwasser

  • Es gelangt insgesamt weniger Sickerwasser in die Tiefe aufgrund der Folgen des Klimawandels: Höhere Temperaturen lassen mehr Wasser verdunsten, die Niederschlagsmenge blieb bislang zwar ungefähr gleich, doch die Regenereignisse werden seltener und dafür lokal stärker, so fließt mehr Wasser oberflächlich ab.
  • Die Landwirtschaft könnte mehr Grundwasser verbrauchen als Folge der steigenden Temperaturen : Genaue Zahlen gibt es dazu nicht, da die tatsächlich entnommenen Mengen nur lückenhaft dokumentiert werden (vergleiche Recherche Main-Post / Bayerischer Rundfunk 2022 für Unterfranken).
  • Wasser ist in Bayern kostenlos: Wer über eine Genehmigung verfügt, kann selbst Wasser aus Wasseradern, Flüssen oder Seen entnehmen ohne dafür zahlen zu müssen. Es gibt keinen Wassercent wie in fast allen anderen Bundesländern.
  • Viele Flächen sind versiegelt – und der Flächenschutz weiterhin unzureichend. Entwässerte Moore und Feuchtwiesen lassen Regenwasser zu schnell abfließen, so kann es nicht in der Fläche versickern und bestenfalls das Grundwasser erreichen.
  • Der Eintrag von zu großen Mengen Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat, sowie Düngemitteln beziehungsweise Nitrat aus der Landwirtschaft belastet die Grundwasservorräte zusätzlich.
  • Die Klimakrise wirkt auch in einer Tiefe von 20 Metern: Die durchschnittliche Temperatur des bayerischen Grundwassers ist hier zwischen 1990 und 2020 um etwa 0,9 °Celsius angestiegen (siehe Studie Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg), die Konsequenzen sind noch nicht erforscht.

Der BUND Naturschutz (BN) setzt sich dafür ein, unser Grundwasser besser zu überwachen und zu schützen!


Fakten zum Grundwasser in Bayern

Grundwasser stellt den unterirdischen und zumeist unsichtbaren Teil des Wasserkreislaufs dar. Es entsteht zum größten Teil durch die Versickerung von Niederschlägen im Untergrund. Im Gegensatz zum Oberflächenwasser konzentriert sich Grundwasser nicht auf wenige Rinnen und Senken oder auf sogenannte Wasseradern, sondern füllt unterhalb des Grundwasserspiegels den gesamten Boden auf.

Schon die Vielgestalt der Quellen legt nahe, dass der Grundwasserstrom nicht überall gleich ist. Während Grundwasser im Quellmoor flächig sickernd austritt, schießt das Wasser einer Karstquelle nach Starkregen als breiter Bach ins Freie. Die unterschiedlichen geologischen Verhältnisse wirken sich auf Qualität und Quantität des Grundwassers aus.

Porengrundwasserleiter

Die Lockergesteine von Alpenvorland, Schotterebene oder tertiärem Hügelland weisen ein relativ engmaschiges Hohlraumsystem mit einem Porenvolumen von zehn bis 30 Prozent auf, das vom Grundwasser ausgefüllt wird. Sie können daher besonders große Wassermengen aufnehmen und besitzen in der Regel ein gutes Reinigungsvermögen. Wegen der engen Hohlräume legt das Grundwasser dort nur wenige Zentimeter bis maximal einige Meter pro Tag zurück.

Kluftgrundwasserleiter

Dort wo das Festgestein nicht wasserlöslich ist, zum Beispiel im Wettersteinkalk und Dolomit des Alpenraums, im Bayerischen und Oberpfälzer Wald, kann Wasser nur in Klüften und Gesteinsfugen gespeichert werden. Die nutzbare Wassermenge ist sehr unterschiedlich und die Filterwirkung häufig eingeschränkt. Die Fließgeschwindigkeit kann hier bis zu mehrere hundert Meter pro Tag betragen.

Karstgrundwasserleiter

Der Begriff Karst steht für die Gesamtheit der Formen von durchlässigen, wasserlöslichen Gesteinen, die durch Oberflächen- und Grundwasser ausgelaugt werden. Als verkarstende Gesteine gelten Anhydrit, Gips, Kalk- und Quarzgesteine (Sandstein, Quarzite). Durch Lösungsvorgänge kommt es zu charakteristischen Karsterscheinungen. An der Oberfläche sind dies etwa Karren und Dolinen sowie Karstquellen, die unter Druck austreten. Zu den unterirdischen Karsterscheinungen gehören oft weit verzweigte Höhlen, unterirdische Flussläufe und Karstseen. Der überwiegend unterirdische Wasserhaushalt der Karstgebiete beruht nicht auf den Poren des Gesteins, sondern vielmehr auf den durch Lösung, Kohlensäureverwitterung und Ausfällung entstandenen Hohlräumen. Karstgebiete finden sich in Bayern in der fränkischen Alb, im Jura aber auch beispielsweise am Untersberg in den Alpen. Hier erreicht das Grundwasser hohe Fließgeschwindigkeiten von mehreren Kilometern pro Tag. Von der Oberfläche eingetragene Schadstoffe gelangen sehr schnell in das Grundwasser und breiten sich mit dessen Strömung über weite Fließstrecken aus. Die Reinigung bei der Untergrundpassage ist nur sehr gering und zudem starken Schwankungen unterworfen, abhängig von Niederschlagsereignissen.

Grundwasser muss besonders dort geschützt werden, wo in Bayern Festgesteine anstehen, denn hier sind sowohl die Menge als auch die Fähigkeit des Grundwasserleiters zur Reinigung begrenzt. Für den BN reicht es nicht aus, den Schutz auf wenige und zumeist kleine Wasserschutzgebiete für unser Trinkwasser zu beschränken. Wenn das Wasser auf seinem Weg vom Ursprung bis zur Quelle diverse Gesteinsschichten durchfließt, löst es Mineralstoffe aus dem Gestein. Dieser Prozess ist von verschiedenen Faktoren abhängig:

  • Chemische Zusammensetzung des Gesteins: Jede Gesteinsart reichert das Wasser mit Mineralstoffen in einer anderen Zusammensetzung an.
  • Fließgeschwindigkeit des Wassers: Je langsamer das Wasser fließt, desto mehr Zeit hat es, um Mineralstoffe aufzunehmen.
  • Temperatur des Wassers: Wärmeres Wasser löst in der Regel mehr Mineralstoffe aus dem Gestein. Eine Ausnahme bilden Carbonatgesteine, die sich eher bei kühleren Wassertemperaturen lösen.
  • Vorkommen von Kohlensäure: Enthält das Wasser natürliche Kohlensäure, löst es mehr Mineralstoffe aus dem Gestein.

Ein steigender CO2-Gehalt der Atmosphäre, saurer Niederschlag und versauernde Böden oder steigende Bodentemperaturen beeinflussen die chemische Zusammensetzung des Grundwassers. Damit gefährden sie die biologischen Vorgänge, die für die Selbstreinigung unseres Grundwassers maßgeblich sind.

Im Boden unter unseren Füßen und insbesondere im Lockergestein wechseln sich verschiedene Schichten ab. Einige haben ein hohes Porenvolumen und werden gut vom Grundwasser durchströmt, insbesondere tonige Schichten können dagegen kaum vom Grundwasser durchdrungen werden. Diese Sperrschichten trennen verschiedene, übereinander liegende Grundwasserstockwerke voneinander ab.

Protozoa und Alge unter dem Mikroskop: Auch Grundwasser ist ein Ökosystem, dessen Funktion durch sinkende Grundwasserspiegel Bayern und Schadstoffe gefährdet werden. (Bild: sinhyu/stock.adobe.com)

Ökosystem Grundwasser

Mikroorganismen bauen organische Substanzen ab, gewinnen Nährstoffe zurück, und wirken Keimen und Viren entgegen. Grundwassertiere halten den Porenraum in der grundwasserführenden Erdschicht frei, indem sie Sediment umlagern und Gänge graben. Das ermöglicht den ungehinderten Fluss von unbelastetem. Mehr zu Biozönosen im Grundwasser (PDF)

Der größte Teil unserer Messstellen erfasst nur jeweils das oberste Grundwasserstockwerk, das zum Beispiel zur Gewinnung von Trinkwasser am wichtigsten ist. Über Menge und Zustand des Grundwassers in den tieferen Stockwerken, seine Strömung und den Austausch zwischen den einzelnen Stockwerken wissen wir vielerorts nur wenig. Aber wir verhalten uns oftmals so, als ob wir uns ganz sicher sein könnten, mit den tieferen Stockwerken eine unbegrenzte und durch unser Tun unbeeinflussbare Reserve zu haben, wenn wir das Grundwasser im obersten Stockwerk für unseren Genuss unbrauchbar gemacht haben.

Zu den Forderungen des BN gehört daher, zusätzliche Messstellen für tiefere Grundwasserstockwerke einzurichten.

Grundwasser ist keine biologische Wüste. Natürlich finden sich im Grundwasser keine Fische oder Muscheln, aber es ist bis in große Tiefen von Mikroorganismen besiedelt. Sofern ein Minimum an Sauerstoff vorhanden ist, finden sich hier auch kleine Krebstiere, Würmer und Weichtiere. Das Grundwasser ist ein Lebensraum, von seiner Ausdehnung her sogar einer unserer größten.

Dieser Lebensraum ist dünn besiedelt: Im unbelasteten Grundwasser beträgt die Anzahl der Bakterien nur etwa ein Zehntel bis ein Hundertstel im Vergleich zur Bakterienzahl in Oberflächengewässern. Da Photosynthese nicht möglich ist, begrenzt die Verfügbarkeit von organischem Kohlenstoff, welcher von der Oberfläche eingetragen wird, sowie von Sauerstoff die Lebensmöglichkeiten.

Die Bewohner des Grundwassers sind an diesen speziellen Lebensraum angepasst. Die Anzahl der Individuen und das Artenspektrum spiegeln Geografie und Geologie unmittelbar wider: In den großen Klüften eines Karstgebietes können mehr und größere Tiere leben als zum Beispiel im Festgestein Ostbayerns. Ihnen allen gemeinsam ist aber, dass sie an sehr konstante Umweltbedingungen angepasst sind und mit Veränderungen ihrer Umwelt nur schwer zurechtkommen. Artenspektrum und Individuenzahl werden also direkt beeinflusst durch Dünger- und Pestizideinträge in das Grundwasser, Verunreinigungen mit Schadstoffen aus Deponien und Altlasten oder übermäßige Grundwasserentnahmen zur Bewässerung und für die Industrie.

Die Fauna naturnaher und vor direkten Oberflächeneinträgen geschützter Grundwasserkörper wird vollständig von echten Grundwassertieren dominiert. Das Auftreten erhöhter Individuendichten und habitatfremder Arten ein Zeichen für eine schlechte Abschirmung des Grundwasserökosystems zur Oberfläche hin und weist somit auf eine hohe Verletzlichkeit hin. Diese Fauna des Grundwassers zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Arten aus, die nur in räumlich sehr begrenzten Gebieten vorkommen. Darüber hinaus finden sich darin zahlreiche Reliktformen, deren heutiges Verbreitungsgebiet die alten Flussgebietsverläufe erkennen lässt, beispielsweise der Donau oder des Rheins. Andere folgen mit ihrer Verbreitung der Ausdehnung uralter Meeresgebiete, wie dem Urmittelmeer Tethys.

Typisch für Grundwassertiere ist zudem ihr “hoher Seltenheitsgrad”: Die Hälfte aller Arten kommen an weniger als einem Prozent der Standorte vor. Allein in Europa sind zurzeit etwa 2000 Arten bekannt, weltweit sind es rund 7700. Es werden jedoch kontinuierlich neue, bisher unbekannte Arten entdeckt, sodass Schätzungen zufolge weltweit 50.000 bis 100.000 Arten, die nur im Grundwasser existieren. Die verborgenen Ökosysteme unter unseren Füßen hegen somit einen wertvollen Schatz, den es behutsam zu bewahren gilt.

Die Vorstellung von Organismen im Grundwasser erschreckt viele, wenn sie an die Trinkwassergewinnung denken. Dabei sollte das Gegenteil der Fall sein: Ihr Fehlen sollte uns Anlass zur Sorge geben, denn die Selbstreinigung des Grundwassers und somit seine Eignung als Trinkwasser ist von diesen Organismen abhängig. Schmutziges Wasser wird durch eine Bodenschicht wieder sauber gefiltert, wenn diese Schicht nur feinporig genug ist. Doch dies allein ist nicht das Geheimnis der Selbstreinigungskräfte, da jemand den Filter wechseln oder reinigen muss, wenn er voll mit ausgefilterten Stoffen ist. Genau diese Leistung übernehmen die Organismen im Lebensraum Grundwasser. Die Reinigung des Grundwassers ist von einer intakten Ökologie abhängig: dem Abbau organischer Substanzen durch Mikroorganismen, dem Umsatz und der Rückgewinnung von Nährstoffen und der antagonistischen Wirkung auf pathogene Keime und Viren. Grundwassertiere halten den Porenraum in der grundwasserführenden Erdschicht durch das Umlagern von Sediment und das Graben von Gängen frei. So wird der ungehinderte Fluss des Wassers ermöglicht.

Ein ganzheitlicher, nachhaltiger Schutz der Grundwasserökosysteme, welche auch für uns Menschen wichtige Lebensgrundlagen liefern, ist ohne die Betrachtung der Lebensgemeinschaften im Grundwasser nicht möglich. In unserem eigenen Interesse tun wir gut daran, den Lebensraum Grundwasser als Teil unserer Mitwelt zu sehen, zu achten und zu schützen. Grundwasser verdient eine Gleichbehandlung wie Oberflächenwasser im deutschen und europäischen Wassergesetz (siehe auch Forderungen zum Grundwasser).

Knapp 881 Mio. Kubikmeter Grundwasser wurden 2019 von Wasserversorgern und wirtschaftlichen Betrieben in Bayern gewonnen – bislang kostenlos, denn einen Wassercent, eine Abgabe wie in anderen Bundesländern gibt es bisher nicht! Hinzu kommt eine unbekannte Menge, über die Daten fehlen: Geringe Mengen zur Bewässerung dürfen erlaubnisfrei entnommen werden. Und die Förderungen landwirtschaftlicher Betriebe etwa, die eine Genehmigung über eine bestimmte Wasserentnahmemenge besitzen, werden von vielen Wasserwirtschaftsämtern nicht systematisch erfasst (siehe Recherche Main-Post/Bayerischer Rundfunk 2022 für Unterfranken).

Der gesamte Wassereinsatz der Industrie ist von 2010 bis 2019 um 40,6 Prozent gesunken, das Bayerische Landesamt für Statistik führt dies besonders auf die Stilllegung von Kohle- und Atomkraftwerken zurück. Der Bedarf an Grundwasser ging im selben Zeitraum jedoch nur um 23 Mio. Kubikmeter zurück, ein Minus von etwa 2,5 Prozent. Zum Vergleich: Die drei größten industriellen Nutzer von Grundwasser in Bayern verwendeten 2019 bereits knapp 72 Mio. Kubikmeter (Quelle: Correctiv).

Die drei größten industriellen Grundwasserverbraucher Bayerns

13,6 Mio.

Kubikmeter

Kelheim Fibres GmbH

16,1 Mio.

Kubikmeter

InfraServ GmbH & Co.

42,1 Mio.

Kubikmeter

AlzChem Trostberg GmbH


Die Grundwasserspiegel in Bayern sinken

Für unsere Versorgung mit Trinkwasser wird vorwiegend oberflächennahes Grundwasser genutzt. Dieses muss ständig neu gebildet werden, damit die Vorräte nicht versiegen: Nur etwa ein Viertel des Niederschlags gelangt hierzulande in die tiefen Schichten, der Rest verdunstet oder fließt als Oberflächenwasser ab.

Mit den steigenden Durchschnittstemperaturen der vergangenen Jahrzehnte erreicht immer weniger Sickerwasser das Grundwasser. Seit 20 Jahren (Stand 2023, LfU Bayern) hat es keinen Ausgleich durch überdurchschnittliche Grundwasserneubildung gegeben, vielmehr ging die Rate zwischen 2003 und 2018 um durchschnittlich 15, mancherorts gar um 25 Prozent zurück – die Grundwasserspiegel Bayerns sinken. 

70 Prozent der Tiefengrundwasserspiegel niedrig

Ein Teil des Grundwassers, das sogenannte Tiefengrundwasser, nimmt nur langsam am Wasserkreislauf teil. Die Bezeichnung “Tiefengrundwasser” hat sich allgemein eingebürgert, ist aber insofern irreführend, als sich in einigen Fällen auch das Grundwasser im obersten Grundwasserstockwerk nur sehr langsam austauscht. 

Das bayerische Landesamt für Umwelt hält fest: “Bei jedem Eingriff in das Tiefengrundwasser und bei der Nutzung von Tiefengrundwasser besteht ein besonderes Risiko nachteiliger irreversibler Veränderungen der Wasserbeschaffenheit (natürliche Reinheit) und Wassermenge.” Gemäß Landesentwicklungsprogramm Bayern darf Tiefengrundwasser nur in Ausnahmen etwa für Trinkwassernotsituationen verwendet werden.

Zwei Arten von Grundwasser

Tiefengrundwasser

Die “eiserne Reserve” liegt unter nahezu wasserundurchlässigen Schichten. Sie erneuert sich nur sehr langsam – über Jahrzehnte bis Jahrtausende – und sollte nicht genutzt werden.

Oberflächennahes Grundwasser

Seine Vorkommen versorgen Feuchtgebiete, Pflanzen, aber auch überwiegend die Menschen in Bayern mit Trinkwasser. Es wird abhängig vom Niederschlag kontinuierlich neu gebildet.

Dennoch wird die Entnahme immer wieder genehmigt, etwa landwirtschaftlichen Betrieben oder Getränkeherstellern. Dabei werden für einzelne Abfüllbetriebe jährliche Entnahmemengen von 1 Mio. Kubikmeter und mehr beantragt – das entspricht dem Wasserverbrauch von über 20.000 Einwohnern.

Mitte 2022 wiesen rund 70 Prozent der tiefen Vorkommen Niedrigwasser auf, was die Forderungen nach einem Wassercent nochmals verstärkt hat. Der BN kritisiert in diesem Zusammenhang, dass in praktisch keinem Fall von Belastung oberflächennaher Grundwasserspeicher ernsthafte Anstrengungen erkennbar sind, diese Vorkommen zu sanieren. 

Insbesondere ist abzulehnen, wenn Gemeinden zum Anschluss an eine Fernwasserversorgung gedrängt werden, weil das Grundwasser im oberen Stockwerk nicht mehr als Trinkwasser verwendbar ist und das vor Ort vorhandene Tiefengrundwasser den privaten Gewinninteressen eines Abfüllbetriebs vorbehalten bleiben soll.

Damit sich Grundwasser neu bilden kann, muss Niederschlag im Boden versickern können. Was sich ganz banal liest, beinhaltet drei wesentliche Faktoren für die Neubildung: Erstens muss ein Überschuss an Niederschlag gegenüber der Verdunstung vorhanden sein, zweitens darf dieser Überschuss nicht oberflächlich abgeleitet werden und drittens muss der Boden aufnahmefähig sein.

Grundsätzlich zeigen die Klimamodelle für Deutschland auch im Klimawandel gleichbleibende oder sogar leicht steigende Niederschläge. Also alles unbedenklich? Nicht ganz, denn die im Mittel steigenden Temperaturen führen unmittelbar zu einer höheren Verdunstung und außerdem zu einer Verlängerung der Vegetationsperiode, in der die Vegetation Wasser aus dem Boden aufnimmt und es über sie verdunstet. Messungen der Grundwasservorräte zeigen einen Jahresgang: die Vorräte steigen vom Spätherbst bis zum Frühling und sinken während der Vegetationsperiode wieder ab. Die Zeit für den Aufbau der Vorräte wird im Klimawandel kürzer, die für das Abschmelzen des Vorrats länger.

Auch wenn die gesamte Niederschlagsmenge über ein Jahr etwa gleichbleibt, so ändert sich doch die Verteilung der Niederschläge. Auf eine geschlossene Schneedecke, die nur langsam abschmilzt werden wir in weiten Teilen Bayerns bis in die tieferen Lagen der Alpen und die Mittelgebirge immer öfter verzichten müssen. Von einer schmelzenden Schneedecke kann aber viel Wasser versickern – von der gleichen Wassermenge als Regen läuft ein viel größerer Anteil oberflächlich ab. Das gilt ganz besonders für Starkregenereignisse bei Unwettern. Diese liefern zwar viel Wasser, aber nur wenig davon kann der Boden aufnehmen und das Meiste läuft als schlammige Brühe davon und in unsere Bäche und Flüsse. 

Die vielen Drainagen tun ein Übriges: In den letzten 75 Jahren haben wir auf unseren landwirtschaftlichen Flächen selbst in relativ niederschlagsarmen Gebieten Frankens Drainagen angelegt und die Seitengräben von Wirtschaftswegen und Gemeindestraßen verstärken den Wasser abführenden Effekt noch. Die Gesamtlänge dieser Gräben beträgt mittlerweile etwa das Dreifache der Länge der natürlichen kleinen Fließgewässer (Gewässer III. Ordnung). Der Anteil der Niederschläge, der für die Grundwasserneubildung überhaupt zur Verfügung steht, wird also kleiner. Daran ist unsere Art der Landnutzung mit schuld – das bedeutet aber auch, dass wir es selbst in der Hand hätten, diesen Anteil wieder zu steigern.

Nach einem kräftigen Niederschlag sieht man oft tagelang Pfützen stehen – ein sicheres Zeichen dafür, dass der Boden verdichtet ist und nicht genügend Porenraum besitzt um das Wasser aufzunehmen und in die Tiefe zu leiten. Wir befahren Wald und Flur mit immer schwereren Fahrzeugen, und auch wenn Niederdruckreifen die Effekte in der obersten Bodenschicht mindern, verdichten wir den Boden in einigen Dezimetern Tiefe immer stärker. Während Pflanzen in den 1950er-Jahren nur 14 Tage benötigt haben, um ihre Wurzeln bis in einen halben Meter Tiefe voran zu treiben, benötigen sie heute dafür zum Teil mehrere Monate.

Dazu kommt die in Bayern nach wie vor ungebremst voranschreitende Versiegelung von Boden für Siedlungs-, Produktions- und Verkehrszwecke. Vom Schottergarten und mehreren Carports vor dem Einfamilienhaus über hektargroße Hallen für Fertigung, Logistik und Outlet-Center samt den zugehörigen Verkehrs- und Abstellflächen für LKW und PKW bis hin zum Straßenausbau schadet der Flächenverbrauch der Neubildung von Grundwasser. 

Weil alles ganzjährig sauber und ordentlich aussehen soll, erfasst die Versiegelung selbst Wege, die nur gelegentlich und zu Fuß begangen werden oder die letzte Ecke der Hoffläche. Und alle diese versiegelten Flächen brauchen Gullis für eine geordnete Entwässerung in die Kanalisation, denn selbst für einen Sickerschacht fehlt der Platz in der Planung und außerdem könnte das Wasser ja durch Reifenabrieb, Öl und Ähnliches verunreinigt sein: Das erhöht die Menge an Abwasser und schafft neue Probleme.

Der BN begrüßt Beispiele, die zeigen, dass es auch anders geht. Die Liste reicht von der Zisternenpflicht für Neubaugebiete über die Einbeziehung der entwässerten Fläche in die Berechnung der Kanalgebühren bis zu den vielfältigen Möglichkeiten, eine “blaue Infrastruktur” für den Wasserrückhalt in der Fläche sowohl im Siedlungsgebiet als auch in der freien Landschaft zu schaffen.

Oft begegnen uns Bilder vom Wasserkreislauf, in dem Meer und Flüsse, Sonne, Wolken und Regen vorkommen. Das Grundwasser fehlt, und wenn es doch gezeigt wird, dann eher als unterirdischer See, in dem versickertes Regenwasser gespeichert bleibt, bis wir es als Trinkwasser oder für Bewässerungen wieder zu Tage fördern.

Irgendetwas kann aber an diesem Bild nicht stimmen, wie man sich mit einer einfachen Überschlagsrechnung klar machen kann:

  • In Deutschland fallen im Mittel circa 859 Millimeter Niederschlag pro Jahr. Davon stammen aus Verdunstung über der Landfläche etwa 532 Millimeter und aus der Verdunstung über dem Meer 327 Millimeter.
  • Diese Menge muss aus der Fläche über die Flüsse auch wieder ins Meer zurück fließen um den Wasserkreislauf zu schließen.
  • Im besten Fall versickert der Niederschlag und fließt dann mit dem Grundwasser in die Oberflächengewässer. Deren Anteil an der Fläche Deutschlands beträgt ca. 2,3 Prozent, das heißt jeder Quadratmeter Oberflächengewässer muss den Niederschlag von über 43 Quadratmetern Landfläche aufnehmen. Pro Jahr sind das über 14 Kubikmeter Wasser oder pro Tag rund 39 Liter.

Dieser Zustrom erfolgt (hoffentlich) über das Interstitial, also die Kiesschicht am Gewässergrund. Er spült diese Schicht frei von Ablagerungen, die bei Hochwasser durch die Umkehr der Fließrichtung in das Kieslückensystem eingepresst werden. Dadurch bleibt der Lebensraum im Gewässerboden erhalten und wird mit Sauerstoff versorgt. Kieslaichende Fischarten (unter anderem Bachforelle, Äsche für Eier und Larven), Makroinvertebraten (Stein- und Eintagsfliegen, Muscheln) und die Entwicklung von Biofilmen sind darauf angewiesen.

  • Seit 200 Jahren tiefen sich jedoch unsere Flüsse durch Begradigungen stetig ein. Damit sinkt der Grundwasserspiegel, etwa bei Gersthofen am Lech von knapp 447 auf 442 Meter über Normalnull.
  • Moorige Böden und Kleingewässer sind vielerorts verschwunden, Grünland und Auwälder wurden durch Ackerland und Siedlungen ersetzt.
  • Mit den Flussauen ist auch die Anbindung des Fließgewässers an das Grundwasser und die Eignung des Gewässergrunds als Laichplatz und Lebensraum verloren gegangen.

Kleine Gewässer wie die Friedberger Ach sind trotzdem noch vorhanden und täuschen über die Veränderung hinweg. Das ist nur möglich, weil ihr Gewässergrund bei sinkendem Grundwasserstand und fehlender Freispülung durch sogenannte Kolmation, die Einlagerung von Schlick, gegenüber dem Untergrund abgedichtet wird ("schwebende Flüsse"). 

Wenn der Zustrom aus dem Grundwasser nicht mehr möglich ist, wie funktioniert dann der Rücklauf ins Meer? Grundsätzlich teilt sich der Rücklauf in den Basisabfluss, bestehend aus dem Abfluss durch das Grundwasser (und einem langsamen Abfluss in der obersten Bodenschicht) und den Direktabfluss, bestehend aus Abfluss an der Oberfläche (und schnellem Abfluss in der obersten Bodenschicht). 

In einem naturnahen System sollte der Anteil des Basisabflusses etwa 85 bis 90 Prozent betragen. Gemäß dem hydrologischen Atlas von Deutschland waren es 2003 real jedoch nur 41 Prozent. Statt 327 Liter pro Jahr und Quadratmeter durchströmen nur 135 Liter (beziehungsweise 16 Liter pro Tag) das Interstitial. Heute dürfte der Direktabfluss bereits deutlich über 60 Prozent liegen. Nach einem starken Niederschlag läuft immer mehr Wasser über Drainagen und Gräben schnell ab und trägt zum Aufbau einer Hochwasserwelle bei, immer weniger Wasser nimmt den langsamen Weg durch den Boden. Diesen Trend umzukehren und die Neubildung von Grundwasser zu fördern ist also auch praktizierter Hochwasserschutz.

Bei einem Hochwasser steigt der Wasserstand im Fluss oder See über den Grundwasserspiegel und die Fließrichtung kehrt sich zeitweise um: Wasser strömt durch das Interstitial ins Grundwasser ein, auch dieser Vorgang könnte eine Hochwasserspitze vermindern, wenn die Anbindung an die Au intakt wäre.

Das Grundwasser ist auch keine Deponie, in der wir unseren überschüssigen Stickstoff oder Schadstoffe einlagern und vergessen können, so wie in manchen Phantasien CO2 in der Tiefsee entsorgt werden soll. Die Strömung des Grundwassers verfrachtet diese Stoffe in Richtung Fluss und weiter ins Meer oder zu unseren Quellen und Brunnen.

Gefahren für das Grundwasser gehen nicht nur von der Verdichtung und Versiegelung der Böden aus, sondern auch von ihrem Abtrag: Eine intakte und gesunde Bodenschicht über den Grundwasservorkommen ist elementar.

Unser Bedarf an Kies, Sand, Kalk, Gips und anderen abbaubaren Rohstoffen kennt scheinbar keine Grenzen. Immer neue Flächen werden in Anspruch genommen und immer größere und tiefere Löcher gegraben. Die Gewinnspannen sind offenbar so hoch, dass selbst teure Ausgleichsflächen und -maßnahmen kein Hindernis darstellen.

Die Auswirkungen auf das Grundwasser lassen sich aber nicht mit einem Ausgleich an anderem Ort vom Tisch wischen. Die schützende Deckschicht ist hier vor Ort weggebaggert und ganz besonders der Verlust des belebten Oberbodens lässt Schadstoffe leicht bis ins Grundwasser gelangen. Wenn dann noch entgegen der Genehmigung Baufahrzeuge in der Grube abgestellt und Treibstoffe dort gelagert werden, müsste eigentlich das Landratsamt für das Grundwasser aktiv werden.

Fälle wie das Versiegen der Aischquelle als Folge des Gipsabbaus bringen dem Thema zwar kurzfristige mediale Aufmerksamkeit, eine grundlegende Besserung der Situation ist aber nicht in Sicht. Bei uns gibt es nicht einmal eine verbindliche Festsetzung der Höhe der Deckschicht, die beim Abbau verbleiben muss, wie sie in der Schweiz schon lange existiert.

Das bayerische Landesamt für Umwelt schreibt mit Bezug auf Tiefengrundwasser wörtlich: “Auch tiefgreifender Rohstoffabbau oder tiefe Bohrungen können diese empfindlichen Grundwasservorkommen schädigen und sind daher zu vermeiden.” 

Belastungen des Grundwassers: Nähr- und Schadstoffe

Die Nitrat- und Phosphatkonzentrationen liegen teilweise weit über den Grenzwerten, Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und halogenierte organische Verbindungen wie PFAS aus Altlasten belasten das Grundwasser: An knapp sechs Prozent der bayerischen Messstellen werden etwa die Grenzwerte für Nitrat (> 50 mg/l) im Grundwasser überschritten (Stand 2021, Bayerisches Landesamt für Umwelt, in über 25 Prozent gelten sie als vom Menschen beeinflusst (25 bis 50 mg/l) – und die Ergebnisse verbessern sich seit Jahren nicht (siehe auch BN-Kritik am Wasserpakt). 

Das Nitrat aus der Landwirtschaft stammt aus Gülle und anderen Düngemitteln, wenn Feldpflanzen ihn beim Wachstumsprozess oder im Winter nicht aufnehmen konnten. Die enormen Mengen an Gülle wiederum entstehen bei der intensiven Tierhaltung, von einer Kreislaufwirtschaft wie in der Biolandwirtschaft ist man hier weit entfernt.

Für den BN steht fest, dass eine dauerhaft stabile Situation mit niedriger Belastung unseres Grundwassers durch Nitrat nur erreicht werden kann, wenn die Einträge auch aus der Landwirtschaft drastisch reduziert werden. Das setzt jedoch eine Änderung hin zu einer Wirtschaftsweise voraus, die Stickstoff in einem Kreislauf hält und keinen überschüssigen Stickstoff als Produktionsabfall entsorgt. Es darf nur so viel Stickstoff als Dünger ausgebracht werden, wie von den Pflanzen aufgenommen wird. Dabei sind beispielsweise auch Ammoniak-Emissionen aus der Viehhaltung einzubeziehen.

Eine weitere Belastung durch die Landwirtschaft sind sogenannte Pflanzenschutzmittel, etwa Pestizide wieGlyphosat, oder Herbizide wie das seit 1991 verbotene Atrazin: Letzteres ist noch Jahrzehnte später flächendeckend in Bayern nachweisbar. 

Daneben gefährden Altlasten unser Grundwasser. Ob es sich dabei um Rückstände aus industrieller Produktion, ungenügend abgedichteten früheren Mülldeponien, militärischer Nutzung und Kampfmittelbeseitigung, Tankstellen und Werkstätten oder ganz anderen Quellen handelt: Die Schadstoffe bleiben vielfach über Jahrzehnte im Boden gespeichert und sickern langsam in das Grundwasser ein. 

Dazu zählen auch PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen), die bereits in knapp einem Drittel der bayerischen Vorkommen nachgewiesen wurden, wenn auch in aller Regel in Konzentrationen weit unterhalb der Grenzwerte.

Die Auswirkungen auf den Lebensraum Grundwasser sind kaum bekannt, doch auch an der Oberfläche entstehen Probleme, wenn derart belastetes Grundwasser auf natürlichem Weg über eine Quelle austritt, oder unbehandelt für die Feldbewässerung verwendet wird.

Das Altlastenkataster für Bayern listet 2024 15.982 Altlasten und altlastverdächtige Flächen auf. Dabei handelt es sich um 10.379 Altablagerungen und 5.603 Altstandorte. Seit 2001 wurden 10.287 Flächen aus dem Kataster entlassen, weil sie entweder saniert wurden (3447 Flächen) oder der Verdacht anderweitig ausgeräumt werden konnte (6840 Flächen). Im Jahr 2024 werden es 370 Flächen sein: Wenn keine neuen Flächen bekannt werden und das Tempo beibehalten werden kann, wäre das Kataster erst im Jahr 2076 leer. Ob und zu welchem Preis Hotspots wie der Chemiepark Gendorf oder der Flughafen Manching sanierbar sind, ist offen. In Gendorf dürfte eine Fläche von 200 Quadratkilometern betroffen sein. Um Trinkwasser zu gewinnen muss das aus dem Boden gepumpte Grundwasser in den nächsten 50 bis 100 Jahren durch große Aktivkohlefilter laufen.

Messwerte aus Schutzgebieten und belasteten Regionen aufrechnen?

Der Freistaat Bayern richtet ein flächendeckendes Netz von Messstellen ein, in dem das Grundwasser auf Nitrat und andere Stoffe kontrolliert wird. Diese Messungen bilden die Grundlage, auf der über die Ausweisung sogenannter roter und gelber Gebiete (vergleiche LfU Bayern) entschieden wird, in denen die Grenzwerte für Nitrat und Phosphat überschritten werden. Dort treten dann Einschränkungen nach der Düngeverordnung beziehungsweise Nitratrichtlinie in Kraft. 

Diese Messstellen sind jedoch so verteilt, dass sich Messwerte mit überhöhter Konzentration wieder ausmitteln: Der Anteil der Messstellen im Wald oder in Siedlungsflächen entspricht dem Flächenanteil der jeweiligen Nutzung. Außerdem werden ausdrücklich auch Messstellen der Wasserversorger in Wasserschutzgebieten in das Messnetz einbezogen. Die Folge: Messwerte mit überhöhter Konzentration mitteln sich wieder aus, Brunnen und Quellen können einen Gehalt aufweisen, der einem mehrfachen des Grenzwerts entspricht – ohne dass sie als rotes oder gelbes Gebiet ausgewiesen werden.

Der BN begrüßt es ausdrücklich, dass das Netz der Messstellen enger geknüpft und auf eine flächendeckende Kontrolle des Grundwassers ausgerichtet wird. Unabhängig davon müssen aber überall dort Maßnahmen ergriffen werden, wo Inhaltsstoffe des Grundwassers Grenzwerte überschreiten: Messwerte dürfen nicht gegeneinander aufgerechnet werden.


Auswirkungen von globaler Erwärmung auf das Grundwasser

Mit der Klimakrise verbinden die meisten Folgen wie Waldbrände, Dürre und Überschwemmungen, Starkregen und Stürme oder gar Tornados. Doch bei der globalen Erwärmung geht es nicht nur um die Lufttemperatur oder die Wassertemperatur der Ozeane. 

Doch die Klimakrise hat auch Folgen für das Grundwasser, zudem treibt unsere Flächennutzung die Grundwassertemperatur in die Höhe. In Ballungsräumen, exemplarisch gemessen für die Stadt Wien, liegt die Temperatur um zwei Grad Celsius höher als im umliegenden ländlichen Raum.

Eine aktuelle Studie unter Beteiligung des Karlsruhe Institute of Technology modelliert die Erwärmung des Grundwassers bis zum Jahr 2100. Auch bei konservativen Annahmen und einem gemäßigten Pfad der globalen Erwärmung ergibt sich ein mittlerer Temperaturanstieg von 2,1 °Celsius gegenüber dem Jahr 2000. Eine Untersuchung der Universität Halle-Wittenberg weist eine ähnliche Erwärmung anhand der Temperaturmessungen der letzten 30 Jahre an 32 Brunnen in ganz Bayern nach.

Die Temperatur des Grundwassers steigt, die Wasserqualität sinkt, Keime können sich leichter ausbreiten.

Eine solche Erwärmung bleibt nicht ohne Folgen für den Lebensraum Grundwasser, der sehr empfindlich auf alle Änderungen der Umweltbedingungen reagiert. Dazu zählen auch unmittelbare Auswirkungen auf die Qualität des Grundwassers beziehungsweise biochemische Prozesse.

Noch haben nur vergleichsweise wenige Länder weltweit Normen für die zulässige Temperatur des Trinkwassers. Dabei ist klar, dass sich in wärmerem Wasser Keime leichter ausbreiten können und es bei einem Schluck Wasser nicht nur um den subjektiven Eindruck einer Erfrischung, sondern auch um Aspekte der Hygiene geht.

"Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation haben nur 18 von 125 Ländern Temperaturrichtlinien für Trinkwasser. [...] Gegenwärtig leben mehr als 29 Millionen Menschen in Gebieten, in denen die von uns modellierten maximalen Grundwassertemperaturen 34 °C übersteigen. Wenn das Wasser in der Tiefe des Grundwasserspiegels entnommen wird, erhöht sich diese Zahl auf fast 31 Millionen. Nach den mittleren SSP 2-4,5-Projektionen [Shared Socioeconomic Pathways, deutsch: gemeinsame sozioökonomische Entwicklungspfade] werden diese Zahlen bis zum Jahr 2100 je nach Tiefe der Entnahme auf 77 Millionen bis 188 Millionen Menschen ansteigen. […]" (Susanne A. Benz)

Die genannten Studien berechnen auch das erhöhte Potential für die Energiegewinnung aus oberflächennaher Geothermie durch die erwartete Steigerung der Grundwassertemperaturen. 

BN-Forderungen für das Grundwasser Bayern

Dies betrifft sowohl landwirtschaftliche, industrielle und gewerbliche Nutzungen als auch die Aufgaben der Daseinsvorsorge Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung (zum Beispiel Schwemmkanalisation).

Alle Wasserentnahmen müssen mengenmäßig erfasst werden. Die Erfassung muss gegen Manipulationen geschützt sein, entnommene Mengen müssen direkt an eine Behörde gemeldet werden.
Das Überwachungsnetz für Menge und chemischen Zustand des Grundwassers sollte durch zusätzliche Messstellen auch für tiefere Grundwasserstockwerke lückenlos ausgebaut werden. Die gewonnenen Daten müssen für alle Bürger einfach, zeitnah und ohne Kosten und Anträge zugänglich sein. Dies gilt ganz besonders dort, wo Wasserentnahmen für privatwirtschaftliche Zwecke in Konkurrenz zu Entnahmen für die öffentliche Trinkwasserversorgung stehen. Solche Daten dürfen nicht als Betriebsgeheimnis privater Betriebe eingestuft werden.

Der Wassercent ist ein Instrument, um Grund- und Oberflächenwasserentnahmen schrittweise zu reduzieren und Mittel für einen effizienten Gewässerschutz zu generieren. Das Entgelt muss sozial verträglich ausgestaltet werden, der Vorrang der kommunalen Versorgung mit Trinkwasser muss dabei zum Ausdruck kommen.

Die Fachbehörden müssen einen Plan erarbeiten, um die Grundwassernutzung langfristig und überregional zu steuern. Die Umsetzung soll der Landtag beschließen.

Eine an ökologischen Gesichtspunkten ausgerichtete Flurneuordnung muss auf den sukzessiven Rückbau von Entwässerungen auf landwirtschaftlichen Flächen abzielen. Der Flächenschutz muss verstärkt werden.

Insbesondere der Autoverkehr in den Innenstädten muss reduziert werden, um sukzessive Straßen zugunsten von grüner und blauer Infrastruktur zurückbauen zu können.