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Was wäre wenn: Wo stünde Bayern ohne bremsende Energiepolitk der CSU?

Auf die Versäumnisse der vergangenen zehn Jahre hinzuweisen mag kein Kraftwerk ersetzen und unsere kurzfristigen Probleme zur Energieversorgung nicht lösen. Es kann aber dazu beitragen, die aktuelle Situation richtig einzuschätzen und die passenden Konsequenzen für die künftige Entwicklung zu fordern: anstelle eines Blicks in die Kristallkugel hier also ein Blick zurück.

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine wird wieder öffentlich über Alternativen zur Stromerzeugung aus russischem Gas diskutiert. Doch die Notwendigkeit des Umstiegs von Gas, Kohle und Atom auf regionale und erneuerbare Energieträger (EE) ist seit Jahrzehnten bekannt, vor allem wegen der enormen Auswirkungen auf die Klimakrise. Getan hat sich trotz dieses Wissens zu wenig – insbesondere in Bayern.

2014 vollzog die Staatsregierung mit der Einführung der 10H-Regel eine Vollbremsung und blockierte die Windkraft. Die Freiflächen-Photovoltaik wurde auf schmale Gebiete entlang von Eisen- und Autobahnen begrenzt. Als Teil der alten Bundesregierung hat die CSU alle Schikanen mitbefördert, die den Erneuerbaren schadeten und die Energiewende bremsten.

Fossile Energien treiben die Strompreise hoch

Die Preise für fossile Energien stiegen auch schon vor dem Ukrainekrieg und sie sind der treibende Faktor für die hohen Strompreise. Die Erneuerbaren als billigste Form der Energieerzeugung wirken dagegen preissenkend. Hätte Bayern nicht den Ausbau vor allem der Windenergie durch politische Blockade verhindert, würden wir den Effekt viel deutlicher in einem geringeren Strompreis sehen. Dies monieren auch zahlreiche Wirtschaftsvertreter.

Stromerzeugung aus Erneuerbaren in Bayern 2020:
38 TWh = 52 % der gesamten Erzeugung, davon:

  • 13 TWh Photovoltaik
  • 11 TWh Wasser
  • 9 TWh Biomasse (inkl. Abfall)
  • 4 TWh Wind

Welche alternativen Szenarien wären denkbar?

Bereits ein recht gemächlicher Ausbau-Kurs (je Szenario 1) hätte das Atomkraftwerk Isar 2 schon 2022 rechnerisch ersetzt. Die wenigen Wind- und Sonnen-Flauten könnten die Gaskraftwerke mit geringen Gasmengen überbrücken.

Ein immer noch vorsichtiger Ausbaukurs jedoch mit moderater politischer Unterstützung (je Szenario 2) hätte schon 2022 die dreifache Strommenge von Isar 2 zusätzlich erzeugt. Gaskraftwerke würden sehr selten laufen.

Für beide Szenarien wären Netzausbau und ergänzende Speicher notwendige Voraussetzung gewesen.

Die 10H-Abstandsregel wurde von der Staatsregierung 2014 eingeführt, wäre der Ausbau der Windkraft damit nicht ausgebremst worden, ergäben sich folgende Überlegungen:

  • 2015 bis 6/2022 = 7,5 Jahre
  • 70 Landkreise in Bayern à durchschnittlich 977 qkm
  • Volllaststunden: 2.000

Annahmen:

  • Errichtung von 1 Anlage pro Jahr pro Landkreis,
  • davon die Hälfte mit 3,0 MW, die andere Hälfte mit 5,5 MW Leistung:
35 Landkreise mal 7,5 Jahre mal 3,0 MW ergibt Leistung vonca. 780 MW
35 Landkreise mal 7,5 Jahre mal 5,5 MW ergibt Leistung vonca. 1.440 MW
ergibt Gesamtleistung von2.220 MW
2.000 Std. mal 2.220 MW ergibt Summe Arbeit pro Jahr4.440 GWh
Ergebnis: Zusätzliche Produktion der neuen Windräder pro Jahr4,4 TWh

Bayern hat einen überdurchschnittlichen PV-Anteil in Deutschland von ca. 25 %.

Annahmen

  • 70 Landkreise
  • 2014 bis 2020 = 6 Jahre
  • 1.000 Volllaststunden (in der Praxis oft 10 % mehr)

Freiflächenanlagen

Mehrere Beschränkungen behindern die Anlagen, die die großen Mengen erzeugen können. Viele davon sind reine Schikane und treiben lediglich die Pachtpreise für einige Grundeigentümer nach oben. Deshalb spielten die Freiflächen bis 2020 in der Erzeugung von Solarenergie eine nur kleine Rolle (ca. 33 %).

Laut Horst Seehofer und auch Markus Söder ist Bayern ein reines Sonnenland. Hätte die CSU sich im gleichen Umfang für die Freiflächen eingesetzt, wie sie das zugunsten der Biogasanlagen-Betreiber tat, könnten z. B. schon länger Freiflächen nicht zwanghaft an Bahnlinien, sondern an für die Kommunen optimalen Plätzen errichtet werden. 2021 hat eine EEG-Novelle das für die Bundesländer teilweise ermöglicht. Das Aiwanger-Ministerium ergriff diese Möglichkeit.

Dachanlagen

Auf ca. 10 % der Gebäude in Bayern befinden sich 600.000 Anlagen mit einer Leistung von ca. 8,8 GW. Auch hier bremsten jedoch die Schikanen der Großen Koalition ab 2011 den zügigen Ausbau, wenn auch weniger als andernorts.

Mangels genauer Zahlen arbeitet das Folgende zum Teil mit Schätzwerten:

Seit den großen Beschränkungen 2012 gab es deutlich weniger, sehr unterschiedlich große Ausbauvolumen. Zugleich setzte der weitestgehende Niedergang der PV-Industrie in Deutschland ein. Wären die Bremsmanöver 2012 weniger rigide ausgefallen, z. B. auf ca. 75 % des Spitzenwertes der Installationszahlen von 2011, dann stünden in Bayern bei gleichem Bundesanteil 4,6 GW mehr installierte Leistung auf Dächern zur Verfügung. 2020 näherte sich das Ausbauvolumen dem Spitzenjahr 2011 wieder auf 70 % an. In Bayern haben sich seit 2011 deutlich weniger Errichter von PV-Anlagen von der erheblich verschlechterten Wirtschaftlichkeit abschrecken lassen als in anderen Bundesländern. Dies hat jedoch nichts mit dem Handeln der Staatsregierung zu tun. Es ist sogar anzunehmen, dass bei besserem Ertrag das Potenzial voll ausgeschöpft worden wäre. Der Preisanstieg bei den fossilen Energien in Folge des Ukrainekriegs hat die Investitionsbereitschaft noch einmal deutlich gesteigert.

Freiflächen-Schätzung

Die CSU argumentierte beim Ausbremsen der Windenergie durch die Einführung der desaströsen 10H-Regel, dass Bayern reines Sonnenland sei. Dem hätten konsequente Erleichterungen bei der Freiflächen-PV folgen können.

  • Zubau in den ersten 3 Jahren nur eine Anlage pro Landkreis pro Jahr mit 5 MW (entspricht 6 ha),
  • in den zweiten 3 Jahren je 2 Anlagen mit je 5 MW und nur eine Anlage mit 10 MW,

(gemeinsam 24 ha = 0,24 qkm; durchschnittlicher Landkreis: 977 qkm  )

entspricht

70 mal 3 (Jahre) mal 5 MW ergibt Leistung vonca. 1.050 MW
70 mal 3 (Jahre) mal 20 MW ergibt Leistung vonca. 4.200 MW
ergibt Gesamtleistung von5.250 MW
Ergebnis: Zusätzliche Produktion der neuen Freiflächen-Photovoltaik pro Jahr5,25 TWh

Dachanlagen-Schätzung

Annahme deutschlandweit: nur jeweils 75 % der Maximalmenge von 2011 (7,9 GW) 

ergäben pro Jahr neu:  6,0 GW

Die Mindermengen von 2013 bis 2021 mit den tatsächlichen Mengen und
dem möglichen Ziel von 6,0 GW aufsummiert ergibt Leistung von
ca. 28,2 GW
Davon sind geschätzt 2/3 Dachanlagen ergibt Leistung vonca. 18,6 GW
Ergebnis Bayern geschätzt ¼ von Deutschland: zusätzliche Produktion
der neuen Dachanlagen-Photovoltaik pro Jahr
4,6 TWh

Hätte die Staatsregierung darauf verzichtet, die 10H-Abstandsregel einzuführen und außerdem als Teil der Großen Koalition die Windkraft auf Bundesebene unterstützt, wäre im Vergleich zum Szenario 1 mit der doppelten Ausbauleistung (Errichtung von 2 Anlagen pro Jahr je Landkreis) zu rechnen gewesen. So ergäben sich folgende Überlegungen:

  • 2015 bis 6/2022 = 7,5 Jahre
  • 70 Landkreise in Bayern à durchschnittlich 977 qkm
  • Volllaststunden: 2.000

Annahmen:

  • Errichtung von 2 Anlagen pro Jahr pro Landkreis,
  • davon die Hälfte mit 3,0 MW, die andere Hälfte mit 5,5 MW Leistung:
35 Landkreise mal 7,5 Jahre mal 3,0 MW mal 2 Windkraftanlagen ergibt Leistung vonca. 1.560 MW
35 Landkreise mal 7,5 Jahre mal 5,5 MW mal 2 Windkraftanlagen ergibt Leistung vonca. 2.880 MW
ergibt Gesamtleistung von4.440 MW
2.000 Std. mal 4.440 MW ergibt Summe Arbeit pro Jahr8.880 GWh
Ergebnis: Zusätzliche Produktion der neuen Windräder pro Jahr8,8 TWh

Die Grundlagen für die Annahmen finden Sie unter "Szenario 1: Photovoltaik – Annahmen und Berechnung für Ausbaukurs ohne Blockaden"

Annahmen für vorsichtigen Kurs ab 2012

Die Große Koalition hätte auf Drängen der CSU bereits 2012 bessere Regelungen eingeführt, das wären somit drei Jahre mehr als im Szenario 1.

  • 70 Landkreise
  • 2012 bis 2020 = 9 Jahre
  • 1.000 Volllaststunden pro Jahr (in der Praxis oft 10 % mehr)

Freiflächen-Schätzung

  • Nach 3 Jahren pro Jahr je 40 MW (= 48 ha ≈ 0,5 qkm ≈ 0,05 % der Landkreisfläche)

entspricht

70 mal 3 (Jahre) mal 5 MW ergibt Leistung vonca. 1.050 MW
70 mal 6 (Jahre) mal 40 MW ergibt Leistung vonca. 16.800 MW
ergibt Gesamtleistung von17.850 MW
Ergebnis: Zusätzliche Produktion der neuen Freiflächen-Photovoltaik pro Jahr17,85 TWh

Dachanlagen-Schätzung

  • Annahme deutschlandweit: jeweils die Ausbaumenge von 2011 (7,9 GW) 

ergäben pro Jahr neu:  7,9 GW

Die Mindermengen von 2013 mit 2021 zwischen den tatsächlichen Mengen und
dem möglichen Ziel von 7,9 GW aufsummiert ergibt Leistung von

ca. 45,3 GW
Davon sind geschätzt 2/3 Dachanlagen ergibt Leistung vonca. 29,3 GW
Ergebnis Bayern geschätzt ¼ von Deutschland: zusätzliche Produktion
der neuen Dachanlagen-Photovoltaik pro Jahr
7,4 TWh

Selbst dieser Kurs wäre noch deutlich von den technischen Möglichkeiten entfernt gewesen. Bei einem kontinuierlichen weiteren Ausbau der PV wäre vermutlich der Absturz der deutschen Solarindustrie mit dem Verlust vieler Arbeitsplätze und des nötigen Fachwissens verhindert worden. Damit wäre heute auch die Abhängigkeit von China deutlich geringer. 

Bei beiden Erzeugungsarten wäre eine Steigerung unrealistisch gewesen bzw. ist sie auch für die Zukunft unter ökologischen Gesichtspunkten nicht wünschenswert.

2022 ist es aufgrund der Ukrainekrise und des hohen Gaspreises Konsens, möglichst wenig Gas in Kraftwerken einzusetzen. Leider hat vor allem die bayerische Staatsregierung voll auf diesen Brennstoff als Brückentechnologie für die Zeit nach dem Atomausstieg gesetzt. Ein Beispiel für diese fehlgeleitete Fokussierung auf Gas ist das größtes fossile Kraftwerk in Bayern – das GuD (Gas- und Dampf-Kombikraftwerk) Irsching 5 nahe Ingolstadt mit 846 MW elektrischer Leistung. Irsching 5 ist aufgrund der schon jahrelang hohen Gaspreise immer schon nur wenige Stunden im Jahr gelaufen und daher eine Fehlinvestition. Die Betreiber nahmen das Kraftwerk sogar jahrelang vom Netz und wollten es stilllegen, mussten es aber widerwillig als Reservekraftwerk weiterhin bereitstellen.

Ein deutlich größeres erneuerbares Stromangebot könnte auch erheblich mehr Wärmepumpen zum Heizen zur Gänze klimaneutral machen. Damit könnte auch der Gaseinsatz für die Raumwärme reduziert und so die Abhängigkeit von Gazprom verringert werden.

Positive Nebeneffekte einer alternativen CSU-Energiepolitik 2012-2022

An dieser Stelle wurde skizziert, wo Bayern und seine Stromversorgung heute stünden, wenn der Ausbau der EE stärker gefördert worden wäre, als es tatsächlich erfolgt ist:

  • Die Nachfrage nach und Versorgung mit EE wäre über die Jahre gewachsen.
  • Bayern wäre weitgehend unabhängig von Energie-Importen.
  • Die hiesige EE-Produktion wäre nicht in den Ruin getrieben worden, Bayern und Deutschland verfügten noch über eine eigene EE-Industrie – ein gigantisches Wirtschaftsprogramm mit Kontinuität. Für Bayern wären bis zu 80.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden (siehe Studie: Zukunftsfähiges Bayern).
  • Bayern hätte heute die nötigen Wärmepumpen und Solarmodule in der erforderlichen Menge und könnte selbst jetzt noch kurzfristig unabhängig von Energieimporten werden, wie skizziert. Unter den bisherigen Rahmenbedingungen war dies jedoch selbst bei größtmöglicher Eigeninitiative der Bürgerinnen und Bürger nicht machbar.

Die Versäumnisse der letzten Jahre nötigen uns jetzt zu einem deutlich höheren Tempo – die Staatsregierung muss endlich auf Beschleunigen umschalten!