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Wildbienen in Bayern – faszinierend und unersetzlich
Wildbienen sind für die Bestäubung unserer Pflanzen unersetzlich – und doch nur wenig bekannt. Erfahren Sie, wie viele verschiedene Arten es in Bayern gibt, wie sie leben – und worunter sie leiden.
Was sind eigentlich Wildbienen? Ist von Bienen die Rede, denken die meisten Menschen an die Honigbiene. Dabei ist diese nur eine von 20.000 bisher bekannten Bienenarten. Sie ist lediglich die einzige domestizierte Art, deshalb werden alle anderen Arten als „Wildbienen“ bezeichnet.
Jeder hat schon Wildbienen gesehen, aber nur selten werden sie als solche erkannt, stattdessen werden sie mit Fliegen, Wespen oder anderen Insekten verwechselt. Nur die Hummeln, die auch zu den Wildbienen gehören, sind wohl jedem geläufig.
In Deutschland leben laut Bayerischer Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) 580 verschiedene Wildbienenarten. In Bayern sind 520 davon zu finden. Sie teilen sich in sechs verschiedene Familien auf. Der größte Teil der bayerischen Wildbienen gehört zur Familie der Echten Bienen (Apidae). Dazu zählen auch die Hummeln (Bombus). Die Honigbiene (Apis mellifera) ist eine eigenständige Art dieser Familie. Die anderen Wildbienen verteilen sich auf die Familien Andrenidae, Colletidae (Urbienen), Halictidae (Schmalbienen), Megachilidae und Melittidae.
Lebensweise: Wie Wildbienen wohnen und warum manche Honig produzieren
Die Wildbienen in Bayern sehen nicht nur völlig unterschiedlich aus, sie haben auch gänzlich verschiedene Ansprüche an ihren Lebensraum. Nur die wenigsten Wildbienen leben wie die Honigbiene in sozialen Gemeinschaften, etwa die Hummeln. Die meisten Arten sind solitär, das heißt, jedes Weibchen baut seine eigene Nistanlage. Einige Gattungen sind Brutschmarotzer: Sie werden unter dem Begriff Kuckucksbienen zusammengefasst, weil sie wie der Kuckuck ihre Eier in fremde Nester legen.
Die allermeisten Wildbienen sind echte "Schönwetter-Insekten": Sie lieben es warm und trocken. Zudem muss ihr Lebensraum ausreichend blühende Pflanzen als Nahrung, Nistmöglichkeit und Material für den Nestbau bieten.
Geeignete Lebensräume sind zum Beispiel blütenreiche Wegränder, breite Wald- und Heckensäume, Acker- und Wiesenbrachen, extensiv genutzte Halbtrockenrasen, aber auch Flussauen, Kies- und Lehmgruben oder Felshalden. Die verschiedenen Wildbienenarten stellen dabei aufgrund ihrer unterschiedlichen Nistweisen und Blütenvorlieben unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum.
Die meisten Wildbienen errichten ihre Nistanlagen in der Erde, viele nagen sie in das Mark dürrer Stängel. Andere benutzen vorhandene Hohlräume wie Fraßgänge von Käfern oder Felsspalten, einige sind auf verlassene Eichengallen oder Schneckenhäuser spezialisiert, und wieder andere mauern ihre Brutzellen aus Lehm oder Harz.
Honigbienen und Wildbienen ernähren sich normalerweise rein vegetarisch von Nektar und Pollen an Blütenpflanzen. Bei den in Gemeinschaften lebenden Bienenarten übernehmen Arbeiterinnen die Nahrungsbeschaffung. Im Bienenstock verteilen sie den Pollen an andere Arbeiterinnen zur Ernährung der Brut.
Oft finden Wildbienen ihre Nistmöglichkeiten nicht in unmittelbarer Nähe von geeigneten Nahrungspflanzen und müssen so mühsam den Pollenproviant für ihre Brut aus der Umgebung zusammensuchen. Bei Sammelflügen legen die Weibchen Distanzen zwischen 300 und 1.500 Metern zurück.
Sammeln die Bienen mehr Pollen ein, als die Brut braucht, wird der Pollen in Waben eingelagert. Der Nektar wird durch Wasserentzug eingedickt, wodurch er haltbar wird. Schließlich entsteht die sirupartige Zuckerlösung, die wir als Honig kennen.
Aus dem Ei der Wildbiene entwickelt sich zunächst eine Larve. Diese macht sich etwa zwei bis vier Wochen lang über den eingelagerten Proviant her. Wenn der Vorrat aufgezehrt ist, beginnen viele Wildbienenarten sich in einen schützenden Kokon einzuspinnen. So überdauern sie den Winter.
Steigen die Temperaturen im Frühjahr wieder an, verpuppen sich die Larven. Nach zwei bis drei Wochen verwandeln sie sich in das geflügelte Insekt. Die meisten Wildbienenarten fliegen dann nur vier bis sechs Wochen bevor sie sterben.
Einige Arten, zum Beispiel die Keulhornbienen und die Holzbienen, überwintern auch als voll entwickelte Insekten in geschützten Hohlräumen wie Pflanzenstängeln, Holz- oder Felsspalten.
Bedeutung: Bienen bestäuben Pflanzen und sorgen so für unser Essen
Neben der Honigproduktion erfüllt die Honigbiene noch eine zweite, wesentlich wichtigere Funktion: die Bestäubung von Blumen und Bäumen. Rund 80 Prozent aller Pflanzenarten sind auf eine Fremdbestäubung angewiesen und davon können wiederum etwa 80 Prozent potenziell durch Honigbienen bestäubt werden. Den Wildbienen kommt eine noch größere Bedeutung für den Naturhaushalt zu, da sie aufgrund ihrer Artenfülle ein viel größeres Spektrum bei der Bestäubung von Blumen, Sträuchern und Bäumen abdecken.
Dazu kommt noch, dass viele Pflanzen während der Jahrmillionen langen gemeinsamen Entwicklung mit den Bienen ihre Blüten an die speziellen Mundwerkzeuge ganz bestimmter Bienengattungen angepasst haben. Sie sind so zur Bestäubung vollkommen auf diese angewiesen. Umgekehrt sind auch etwa ein Drittel aller heimischen nestbauenden Wildbienen auf ganz bestimmte Blumen spezialisiert und können ohne diese nicht existieren.
Zwei Milliarden Euro
So hoch ist der Geldwert, den Bienen hierzulande jedes Jahr mit der Bestäubung erbringen
Etliche Wildbienen, insbesondere Pelzbienen und Hummeln, besuchen Blüten noch bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt. Honigbienen verlassen den Stock dann schon längst nicht mehr, sodass bei Frostperioden während der Obstblüte die Ernte durch kälteresistente Wildbienenarten wenigstens teilweise gerettet werden kann. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber sämtliche Wildbienen unter Schutz gestellt.
Der monetäre Wert der Bestäubung durch Honig- und Wildbienen entspricht in Deutschland etwa zwei Milliarden Euro, in Europa circa 15 Milliarden Euro pro Jahr. Wer Äpfel, Birnen, Erdbeeren oder Himbeeren mag, dem sollte auch der Schutz der Wildbienen am Herzen liegen.
Wildbienen in Bayern: Bedroht durch Ackergifte und Lebensraum-Verlust
Wir sind darauf angewiesen, dass Wildbienen und andere Insekten unsere Kulturpflanzen bestäuben. Doch viele Wildbienenarten sind mittlerweile gefährdet, 79 Arten sind sogar vom Aussterben bedroht.
Laut LfL sind von den etwa 520 Wildbienenarten in Bayern:
- 193 Arten (35 %) nicht gefährdet oder bedroht,
- 79 Arten (16 %) vom Aussterben bedroht,
- 61 Arten (12 %) stark gefährdet,
- 59 Arten (12 %) gefährdet,
- 40 Arten (8 %) ausgestorben beziehungsweise verschollen,
- 37 Arten (7 %) auf der Vorwarnliste,
- 21 Arten (4 %) wahrscheinlich gefährdet,
- 19 Arten (4 %) Arten mit defizitärer Datenlage und
- 11 Arten (2 %) extrem selten.
40 Wildbienenarten
sind in Bayern bereits ausgestorben
Die Ursachen für diesen Artenschwund sind:
- fortschreitender Flächenfraß
- intensive Landwirtschaft mit Gifteinsatz und Überdüngung
- für Bienen tödliche Ackergifte wie Glyphosat und Neonikotinoide.
Folge: Die Zerstörung der Wildbienen-Lebensräume führt zu einer katastrophalen Verarmung der Blütenvielfalt und damit der Nahrungsgrundlage für bestäubende Insekten.
Zudem werden immer mehr Kleinstrukturen für Nistplätze zerstört:
- Betonmauern weisen keinerlei Hohlräume mehr auf wie die Stein- oder Lehmmauern früherer Zeiten.
- Sand- und Lehmgruben werden nach dem Ende des Abbaus in aller Regel verfüllt und der landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt.
- Morsche oder abgestorbene Bäume und Äste werden aus der Landschaft entfernt und die Wildbienen somit ihrer Nistmöglichkeiten beraubt.
Da Wildbienen für die Bestäubung vieler Blütenpflanzen überaus wichtig sind, wirkt sich der Rückgang der Wildbienenpopulationen auch auf andere Arten und Ökosysteme aus. Viele bedeutsame Nutzpflanzen sind auf Wildbienen als Pollenüberträger angewiesen. Und eine ganze Reihe anderer Tiere, wie zum Beispiel einige Schlupf- und Goldwespen, Käfer, Fliegen oder Vögel, sind auf Wildbienen spezialisiert. Mit den Wildbienen sterben auch sie. So gibt es heute 75 Prozent weniger Insekten als 1989 und der Bestand an Feldvögeln ist seit 1965 um etwa 65 Prozent zurückgegangen.