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Bleifreies Benzin und Katalysator
Bereits 1976 fuhren in Kalifornien die ersten Autos mit einem geregelten Drei-Wege-Katalysator. Auch in Japan und im restlichen Amerika wurden daraufhin strenge Gesetze zur Reduzierung der Autoabgase erlassen. In Deutschland dauerte es länger, doch heute sind Katalysatoren auch hierzulande eine Selbstverständlichkeit – zum Wohle von Natur und Mensch.
Ziel: Auch die deutschen Autos müssen sauberer werden.
In Japan und in Amerika wurden in den 1970er Jahren strenge Gesetze zur Reduzierung der Autoabgase erlassen. Deutsche Autofirmen bauten deshalb bereits Ende der 70-er Jahre Katalysatoren ein. Allerdings nur in ihre Exportfahrzeuge. Erst als Anfang der 80-er Jahre der saure Regen, das Waldsterben und kranke Kinder die Diskussion bestimmten, beschloss man auch in Deutschland, zu handeln.
Maßnahme: Bleifreies Benzin und Katalysator werden zur Regel
Stickoxide wurden eindeutig als Säurebildner erkannt. Neben den Kraftwerken und der Industrie musste auch der Kfz-Verkehr einen Beitrag leisten. Die Bundesregierung legte deshalb durch Verordnungen fest:
- Ab 1988 darf in Deutschland kein bleihaltiges Normalbenzin, ab 1996 auch kein bleihaltiges Superbenzin mehr verkauft werden. Denn das zugesetzte Blei verhindert die Wirkung des Katalysators.
- Ab 1989 dürfen in Deutschland nur noch Neuwagen mit geregeltem Katalysator verkauft werden. Hauptsächlich für vorzeitigen Kauf und für Umrüstungen gab es spürbare Steuervergünstigungen.
Bilanz: Die Umrüstung verlief ohne Probleme
Entgegen der massiven Warnungen von Seiten der Wirtschaft brachte die Umstellung keine Probleme. Weder kam es zu Horrorpreisen für den Kat, noch zu einem nennenswerten Mehrverbrauch von Benzin. Im Zusammenhang mit den Vorschriften zur Luftreinhaltung für die Industrie (siehe Werkzeugkasten "Großfeuerungsanlagen") konnten sich die Wälder erholen. Bei den Menschen war zudem ein signifikanter Rückgang der sehr problematischen Bleiwerte im Blut nachzuweisen.
Ein politisches Lehrstück vom Feinsten
Der Reinigung der Autoabgase ging ein ebenso komplizierter wie spannender Prozess voraus. Denn obwohl die Automobilindustrie bereits seit den 70-er Jahren Exportfahrzeuge mit Katalysatoren ausrüstete, verweigerte sie diese Technik dem einheimischen Markt. Unter der Drohung des massiven Verlustes von Arbeitsplätzen wollte keine der damaligen drei Bundestagsparteien gesetzliche Eingriffe riskieren. Noch Anfang des Jahres 1983 bezeichnete der für Umwelt zuständige Innenminister Fritz Zimmermann (CSU) entsprechende Forderungen als "weltfremd".
Wenn die Not immer größer wird...
Wenige Wochen später zogen die Grünen erstmals in den Bundestag ein. Kurze Zeit später berichtete der "wandernde Bundespräsident" Carl Carstens Bundeskanzler Kohl von den abgestorbenen Bäumen in den Hochlagen des Bayerischen Walds. Regierungsmitglieder informierten sich durch Hubschrauberflüge.
Gleichzeitig wurde die Angst weiter Teile der Bevölkerung vor dem Waldsterben immer stärker. Völlig unerwartet schloss sich sogar der ADAC der Forderung nach schnellen Maßnahmen an. In der Mitgliederzeitschrift war zu lesen: "Der Autofahrer ist bereit, den Preis für saubere Luft zu zahlen." Innenminister Zimmermann, der ein sehr ausgeprägtes Gespür für politische Stimmungen hatte, erinnerte sich glücklicherweise nicht mehr an sein "Geschwätz von gestern", sondern begann bereits im Sommer 1983 mit den oben geschilderten Maßnahmen.
Fazit: Es braucht eine Doppelstrategie
Der abgestorbene Fichtenzweig, den die Grünen - anstelle von Blumen - dem frisch gewählten Kanzler Kohl im Bundestag überreichten, hat hohe symbolische Bedeutung. Er erinnert daran, wie wichtig es war und ist, dass die Umweltbewegung einen parlamentarischen Arm bekommen hat und damit die anderen Parteien unter Konkurrenzdruck setzte. Und er zeigt, dass auch vermeintlich unbewegliche Blöcke sehr schnell handeln können, wenn inner- und außerparlamentarischer Druck stark genug werden.
Da aber eine ökologische Partei noch deutlich von einer alleinigen Mehrheit entfernt ist, dürfen weiterhin die anderen demokratischen Parteien nicht vernachlässigt werden. Wer eine enkeltaugliche Politik haben möchte, muss eine Doppelstrategie anwenden. Das heißt: Sich in den Bürgerinitiativen und NGOs engagieren, sich gleichzeitig aber auch um die entsprechenden Mehrheiten in den Parteien bemühen. Und das geht am besten, wenn man einer demokratischen Partei beitritt. Denn dort kann die Basis durchaus Macht haben, vorausgesetzt sie nimmt selbstbewusst und wachsam ihre Rechte wahr. Die reichen von Ideen und Initiativen zu Gesetzen bis hin zur Aufstellung von KandidatInnen für die Parlamente. Ob einfaches Mitglied oder Bundesvorsitzende/r - jede Stimme zählt gleich (Grundgesetz Art. 21).
Text und Redaktion: Heiner Müller-Ermann (Sprecher BN-Arbeitskreis Wirtschaft)