Was interessiert Sie besonders?

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Virtuelles Wasser: Ein Konzept macht globale Wassernutzung sichtbar

Jedes Produkt enthält mehr Wasser, als wir sehen können. Dieses sogenannte virtuelle Wasser enthält den Verbrauch von Regen-, Grund- und Oberflächenwasser, sowie das im Laufe der Produktion verschmutzte Wasser. Ein besonderes Problem ist das mit den Produkten importierte Wasser aus trockenen Regionen, in denen Wasser ohnehin knapp ist.

Wasserverbrauch bewusst machen

“Virtuelles Wasser” nennt man die Wassermenge, mit der weltweit Produkte und Dienstleistungen für unseren Konsum angefertigt und bereitgestellt werden. Das sind pro Kopf satte 7.200 Liter täglich.

Auf Kosten anderer Länder

86 Prozent des deutschen Wasserverbrauchs geht auf importierte Produkte zurück, nicht zuletzt Fleisch und Futtermittel. Wir leben als Nettoimporteure virtuellen Wassers über unsere Verhältnisse, also auf Kosten der Wasserressourcen anderer Länder. 

Ökologische und soziale Folgen

Dabei sind die verfügbaren Wasserressourcen extrem ungleich verteilt. Deutschland ist ein verhältnismäßig wasserreiches Land. Unser Wasserverbrauch trifft oft ohnehin schon wasserärmere Länder. Das kann dort zu ökologischen und sozialen Katastrophen führen.

Virtuelles Wasser kurz erklärt

Rund 135 Liter Trinkwasser werden in Bayern täglich pro Kopf verbraucht. Diese Zahl hat mancher schon gehört. Doch dabei bleibt es bei weitem nicht.

7.200 Liter Wasser

verbraucht jede*r von uns täglich,

wenn man die gesamte Wassermenge berücksichtigt, mit der weltweit Produkte und Dienstleistungen für unseren Konsum angefertigt und bereitgestellt werden. Das ist das "Virtuelle Wasser".

Woher das virtuelle Wasser kommt und wie viel in einem Produkt steckt, zeigt der Wasserfußabdruck. Er ist ein Instrument, mit dem globale Wasserströme erfasst werden können – vergleichbar dem ökologischen Fußabdruck. Er beschreibt, wie viel Wasser für die Herstellung eines Produkts an einem bestimmten Ort verbraucht wurde. 

Der Wasserfußabdruck setzt sich zusammen aus

  • “grünem Wasser” in Form von Niederschlag und Bodenfeuchte,
  • “blauem Wasser” als Grund- und Oberflächenwasser sowie
  • “grauem Wasser”, das im Prozess verschmutzt wurde. 

Mithilfe des Wasserfußabdrucks lässt sich besser abschätzen, wo eine Übernutzung von Wasserressourcen droht. 

Über 80 Prozent des Virtuellen Wassers wird importiert. Fast alle Länder leben als Nettoimporteure virtuellen Wassers über ihre Verhältnisse, also auf Kosten der Wasserressourcen anderer Länder. Einige Beispiele für den Wasserverbrauch, der zur Herstellung eines Produkts nötig war:

  • 1 Kilogramm Erdbeeren aus Andalusien: 300 Liter Wasser
  • Baumwoll-T-Shirt (250 Gramm): 2500 Liter Wasser
  • 200 Gramm Rindersteak Deutschland: 1200 Liter Wasser

Virtuelles Wasser

In jedem Produkt finden sich drei Arten von Wasser. Daraus ergibt sich der "Wasserfußabdruck" des Produkts:

Grünes Wasser

Regenwasser und natürliche Bodenfeuchtigkeit für Pflanzenwachstum

Blaues Wasser

Grund- und Oberflächenwasser für Bewässerung oder Produktherstellung

Graues Wasser

Verschmutzung im Produktionsprozess, etwa durch Pestizide und Chemikalien

Deutschland ist ein verhältnismäßig wasserreiches Land, der Freistaat mit seinen Alpenflüssen gilt gar als “Wasserland”. Dabei gibt es auch hier regionale Unterschiede. Das nördliche Franken etwa leidet regelmäßig unter Wasserstress. 

Der zusätzliche, umfangreiche Import von virtuellem Wasser schont zwar die hiesigen Vorkommen. Damit wird jedoch der Blick für die Notwendigkeit von nachhaltigem Wassermanagement und politischen Reformen abgelenkt. 

Zudem werden die mit dem Wasserverbrauch einhergehenden Probleme in andere Länder verlagert, in denen es erst recht schwerfällt, die Ressourcen nicht zu übernutzen: 

Rund 80 Prozent des von Deutschland importierten Wassers entfallen auf Agrarprodukte, angefangen bei Kaffee, Kakao und Ölfrüchten, über tierische Produkte und Futtermittel bis hin zu Baumwolle.

Virtuelles Wasser ist eine Frage der Verteilung

Global gesehen geht Wasser nicht verloren, wenn es genutzt wird. Doch nur bei drei Prozent der weltweiten Wasservorkommen handelt es sich um Süß- oder Trinkwasser. Davon sind 90 Prozent in Gletschern und Eis gebunden. Von unseren Grundwasservorkommen sind weltweit 94 Prozent fossil, erneuern sich nicht und sind durch enthaltene Stoffe nicht nutzbar. 

Letztlich sind nur 0,3 Prozent allen Wassers auf der Erde ist als Trinkwasser nutzbar. Dabei sind die verfügbaren Wasserressourcen extrem ungleich verteilt.

  • In den immerfeuchten Tropen ist der Wasserkreislauf nahezu geschlossen. Daher sind Produkte von Regenwaldpflanzen wie Kaffee und Kakao trotz ihres sehr hohen Wasserfußabdrucks in dieser Hinsicht wenig problematisch. Kritisch ist hier eher die Vernichtung von großen Waldflächen für industriellen Plantagenanbau.
  • Große Teile Afrikas und des Nahen Ostens leiden hingegen unter starkem Wasserstress. Hier ist die Gefahr groß, dass lokale Wasserressourcen übernutzt werden und es langfristig zu einem völligen Zusammenbruch der Versorgung von Menschen und Ökosystemen kommt.
  • Auch Spanien ist betroffen: Andalusien und Katalonien sind die wichtigsten europäischen Anbauregionen für Gemüse und Obst. Von dort stammte 2022 rund ein Viertel aller deutschen Obst- und Gemüseimporte. Doch Wasser ist auch hier Mangelware.

Gefahr für Ökosysteme in wasserarmen Regionen

Tropische und subtropische Bedingungen eignen sich hervorragend für die landwirtschaftliche Produktion, doch in diesen Regionen herrscht vielfach Wassermangel. Wird dann kontinuierlich mehr verbraucht, als den Ökosystemen wieder zugeführt wird, drohen sinkende Grundwasserspiegel, versalzene Seen und ausgetrocknete Flüsse. 

Weiter verstärkt wird der globale Wasserstress durch den Klimawandel, aber auch durch Wasserkraftnutzung beziehungsweise Stauseen (vergleiche Science, 2023). Bezogen auf die Landwirtschaft reichen die Beispiele von den Gemüseanbauregionen in Südeuropa bis hin zu den Baumwollfeldern im Mittleren Osten und Zentralasien: Rund ein Fünftel des Wassers aus den Zuflüssen des Aralsees wurde als virtuelles Wasser nach Europa exportiert – heute ist der See fast vollständig ausgetrocknet. 

20 Prozent

Nutzt der Mensch mehr als ein Fünftel des verfügbaren Wassers spricht man von Wasserstress.

86 Prozent

In Deutschland entfällt der Großteil des Wasserverbrauchs auf den Import von virtuellem Wasser.

Zudem wird Baumwolle unter hohem Einsatz von Pestiziden produziert. Grundsätzlich landet ein Teil der in der Landwirtschaft eingesetzten Pestizide direkt in Gewässern. Sie werden vom Wind verweht und bei Regen fortgeschwemmt oder sie sickern ins Grundwasser ein. Bei der Produktion von Baumwolle entfällt so 20 Prozent des “Verbrauchs” auf die Wasserverschmutzung, das graue Wasser. 

Graues Wasser ist auch ein zentrales Problem derauf Export ausgerichteten Massentierhaltung in Deutschland: Weil die Böden hierzulande nicht mehr die gesamte Gülle aufnehmen können, die dabei anfällt, sickert sie ins Grundwasser ein oder wird in Oberflächengewässer gespült (siehe auch Landwirtschaft “Nitrat im Grundwasser”).

Hinzu kommt die Menge an virtuellem Wasser, die bereits in importierten Futtermitteln enthalten ist und für intensiven Sojaanbau in anderen Ländern genutzt wurde. Die systemischen Folgen für die Ökosysteme, die beispielsweise durch die Regenwaldrodung in Südamerika entstehen (Verwüstung, ausbleibende Niederschläge auch in entfernteren Regionen), werden durch die Berechnungsmethoden für virtuelles Wasser bislang jedoch nicht abgebildet.

Virtuelles Wasser schafft Bewusstsein – aber noch keine Lösung

Das Konzept des virtuellen Wassers kann die effiziente Verwendung unserer wichtigsten Ressource fördern, indem es unterschiedliche Fußabdrücke von Produkten aus verschiedenen Regionen bemisst.

Die sehr gute Bewässerungstechnik führt beispielsweise in Spanien zum Verbrauch von 89 Litern Wasser für die Produktion von einem Kilogramm Tomaten – im weltweiten Durchschnitt liegt er bei 214 Litern. Doch in Spanien sind 29 Liter davon “blaues Wasser”, von dem sich nur ein Fünftel neu bildet. 

Von einer nachhaltigen Verwendung ist man also weit entfernt. In Deutschland etwa werden insgesamt nur 38 Liter Wasser pro Kilogramm Tomaten verbraucht – dafür sind sie hier aber nicht ganzjährig ökologisch zu kultivieren.

Es müssen also auch Maßnahmen für geschlossene Wasserkreisläufe ergriffen werden. Dazu gehört es, zu verhindern, dass private Investoren von der Übernutzung der Wasserressourcen profitieren. 

Zum anderen muss die lokale Bevölkerung aus der Notlage befreit werden, ihre natürlichen Ressourcen aus Unwissenheit oder Mangel an Alternativen zu zerstören: Dies kann beispielsweise durch Aufklärung über verbessertes Wassermanagement, aber auch durch direkte Hilfen für nachhaltigere Bewirtschaftungsmethoden erfolgen.