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Glyphosat: Gift auf Bayerns Äckern
Glyphosat ist auch in Bayern ein vielgenutztes Pflanzenvernichtungsmittel. Es landet auf etwa elf Prozent der bayerischen Äcker und tötet dort alles Grün. Es schadet Tieren und Wildpflanzen und steht im Verdacht, Krebs auszulösen. Der BN setzt sich dafür ein, dass Glyphosat endlich vom Markt verschwindet!
Glyphosat ist der Hauptwirkstoff im Pflanzenvernichtungsmittel (Herbizid) "Roundup". Bayrische Landwirte setzen es nicht nur ein, um einzelne Unkräuter abzutöten. Vielmehr werden komplette Felder damit begiftet, um Vorkulturen oder anderen Pflanzenaufwuchs zu vernichten und so den Acker für die Einsaat der gewünschten Ackerfrucht vorzubereiten. Das "Totspritzen" der bestehenden Pflanzendecke mit dem billigen Herbizid erscheint vielen Bauern heute wirtschaftlicher als der Einsatz lange erprobter Verfahren wie Bodenbearbeitung mit dem Schälpflug, Grubber oder Stoppelhobel.
Die Wiederzulassung für Glyphosat wurde in der EU im Jahr 2002 für zehn Jahre erteilt. Die Zulassung basierte auf von der Industrie gelieferten Daten. Eine Neubewertung stand für 2012 an, wurde aber auf 2015 verschoben. Nachdem 2015 die Internationale Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation WHO Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend für Menschen" eingestuft hatte, setzte eine sehr kontroverse öffentliche Debatte ein.
Ende November 2017 wurde in der entscheidenden Sitzung des Ständigen Ausschusses für Lebensmittelsicherheit der EU durch die Zustimmung Deutschlands die notwendige qualifizierte Mehrheit für eine fünfjährige Zulassung von Glyphosat bis Ende 2022 erreicht. Die Zustimmung Deutschlands erfolgte nur vom damaligen Agrarminister Christian Schmidt (CSU) und entgegen der Abmachung zwischen Bundesumweltministerium und Bundeslandwirtschaftsministerium, was der gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien widerspricht.
Mitte November 2023 hat die EU-Kommission Glyphosat für weitere zehn Jahre zugelassen. Deutschland hatte sich bei der Abstimmung enthalten, weil in der Regierungskoalition die FDP für eine weitere Zulassung war. Die Grünen waren dagegen. Laut Kommission sind zwar Einschränkungen möglich, doch ein nationales Verbot von Glyphosat, wie es im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP eigentlich vereinbart wurde, rückt damit in weitere Ferne.
Den sofortigen Ausstieg aus der Glyphosatanwendung. Es stehen genügend ungiftige Verfahren der Beikrautregulierung zur Verfügung.
- Moderne mechanische Verfahren, mit denen „Unkraut“ reguliert werden kann, auch kameragestützte digitale Verfahren. Im Biolandbau werden sie bereits erfolgreich eingesetzt. Diese Verfahren müssen weiterentwickelt werden.
- Auch über die Entscheidung, welche Feldfrüchte er nacheinander auf einem Acker anbaut (Fruchtfolge), kann der Landwirt großen Einfluss auf „Unkräuter“ nehmen.
- Auf erosionsgefährdeten Standorten muss der Anbau von Hackfrüchten wie Kartoffeln, Zuckerrüben oder Mais eingeschränkt werden, weil sie eine mehrmalige Bodenbearbeitung nötig machen.
Für den Glyphosateinsatz in Bayern gibt es keine offizielle Statistik. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) schätzt die eingesetzte Menge aber auf gewaltige 600 Tonnen pro Jahr (Stand: 2024). Glyphosat wird in Bayern für die Stoppel-/Nacherntebehandlung nach Getreide und Raps, sowie für die Vorsaat-/Vorauflaufanwendung von Getreide und Mais eingesetzt.
Glyphosat kommt uns teuer zu stehen
Das Pflanzenvernichtungsmittel Glyphosat steht für eine intensive Landwirtschaft, die wegen des Kostendrucks zu den vermeintlich billigsten Maßnahmen greift. Wie teuer uns der Einsatz von Ackergiften wie Glyphosat tatsächlich zu stehen kommt, zeigt sich aber auch in unserer bayerischen Agrarlandschaft: Die Äcker sind verarmt – Tiere und Pflanzen, die seit jeher in der Feldflur zuhause waren, sind vom Aussterben bedroht. Einige wenige internationale Agrarchemie-Megakonzerne wie Bayer/Monsanto, DuPont, Syngenta und BASF verdienen Unsummen an diesem Raubbau.
Negative Effekte auf die Artenvielfalt
Laut Umweltbundesamt führt der intensive Einsatz von hochwirksamen Breitband-Herbiziden wie Glyphosat und Breitband-Insektiziden (Insektenvernichter) zwangsläufig dazu, dass unsere Pflanzenwelt verarmt und vielen Vogel-, Säuge- und anderen Tierarten der Agrarlandschaft die Nahrungsgrundlage fehlt. Das Umweltbundesamt weist weiter darauf hin, dass zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen, dass Pflanzenschutzmittel in der Nahrungskette eine der Hauptursachen für den Rückgang verschiedener Feldvogelarten, wie zum Beispiel der Feldlerche, der Goldammer oder des Rebhuhns sind.
Den weltweit beobachteten Rückgang von Blütenbestäubern führen viele Wissenschaftler unter anderem auch auf den massiven Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat zurück. Wildbiene & Co. fehlt der Blütenreichtum der mittlerweile fast aus der Agrarlandschaft verschwundenen Ackerwildkräuter.
Auch die Artenvielfalt im Boden ist durch Glyphosat bedroht. Dazu schreibt das Umweltbundesamt: „Nicht zuletzt können unerwünschte Nebenwirkungen des Pflanzenschutzmitteleinsatzes auch für die behandelten landwirtschaftlichen Flächen selbst ein Problem darstellen, etwa über Beeinträchtigungen der Bodenfruchtbarkeit durch Schädigung wichtiger Bodenorganismen.“
Rückstände in Böden und Gewässern
Glyphosat ist ein Breitband- oder Totalherbizid. Das heißt, es tötet alle Grünpflanzen, sofern sie nicht entsprechend gentechnisch verändert sind. Das Ackergift wird auf die Blattmasse ausgebracht. Von dort aus wirkt es „systemisch“, das heißt, es wird über die Blätter aufgenommen und gelangt von dort in alle Bestandteile der Pflanze: in die Sprossspitzen, Samen und Wurzeln.
- Glyphosat lässt sich nicht abwaschen.
- Es baut sich weder durch Erhitzen noch durch Einfrieren ab.
- Es gelangt in den Boden und bleibt dort bis zu einem Jahr und länger vorhanden.
- Das Glyphosat-Abbauprodukt AMPA ist langlebiger. Insbesondere in Gewässern beträgt die Halbwertszeit des Abbaus zwei Jahre.
- Glyphosat-Rückstände können in Lebens- und Futtermitteln mindestens zwei Jahre lang nachgewiesen werden, in Produkten mit hohem Stärkeanteil bis zu vier Jahre.
Glyphosat im menschlichen Urin
Von März bis Mai 2013 ließen der BUND und sein europäischer Dachverband Friends of the Earth (FOE) Urinproben von insgesamt 182 Stadtbewohnern auf Glyphosat analysieren. Es handelte sich dabei um die erste Studie dieser Art. Pro Land und Stadt wurden in der Regel zehn Urinproben untersucht. Das Ergebnis: Sieben von zehn der untersuchten deutschen Großstädter hatten das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat im Urin.
70 Prozent
der untersuchten Deutschen hatten Glyphosat im Urin
Studie BUND und Friends of the Earth
Bei den Maltesern ware es sogar 90 Prozent, bei Briten und Polen ebenfalls 70 Prozent, 63 Prozent bei den Niederländern und 60 Prozent bei den Tschechen. Belgier und Letten hatten zu je 55, Zyprioten zu 50 Prozent das Herbizid im Urin; bei Spaniern und Kroaten waren es 40 Prozent. Ungarn und Franzosen waren zu 30 Prozent, Österreicher und Georgier zu 20, Schweizer zu 17 Prozent belastet. Zehn Prozent der Bulgaren und Mazedonier hatten das Herbizid im Urin. Laut Selbstauskunft hatte keiner der untersuchten Stadtbewohner selbst Glyphosat eingesetzt. Folglich stammen die Belastungen aus Quellen, die der Einzelne nicht zu verantworten hat.
Gut gekontert! Argumentationshilfe gegen Glyphosat
Weil in vielen Diskussionen die Glyphosatbefürworter die immer gleichen Behauptungen und Argumente anführen, hat der BN eine Argumentationshilfe zusammengestellt. Hier finden Sie die wichtigsten Gründe dafür, warum die Glyphosatanwendung baldmöglichst beendet werden muss.
Wenn Glyphosat verboten wird, dann verschwindet vor allem eine sehr billige Möglichkeit, einen „Kahlschlag“ auf dem Acker anzurichten. Alle anderen derzeit am Markt befindlichen Herbizide sind teurer und ebenfalls risikoreich. Doch sie vernichten nicht den gesamten Pflanzenbestand auf dem Acker, es bleibt für die Natur noch etwas übrig.
Außerdem würde mit dem Verbot des billigen Glyphosats der Einsatz mechanischer Verfahren finanziell auch wieder attraktiv. So urteilt das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (Julius Kühn-Institut), dass die mechanische Beikrautregulierung im Ackerbau bei einer einmaligen zusätzlichen Bodenbearbeitung betriebswirtschaftlich gleich oder sogar besser abschneiden kann als der Einsatz von Glyphosat.
Das stimmt nicht! Auf Deutschland bezogen entfallen 80 Prozent (4.000 Tonnen) des ausgebrachten Glyphosats auf die Landwirtschaft und nur 20 Prozent (1.000 Tonnen) auf Baumschulen, die Forstwirtschaft, Zierpflanzen, Bahngleise, Nichtkulturland sowie Haus- und Kleingärten.
Das ist richtig! Auch der BUND Naturschutz fordert dies, doch man muss die Relationen sehen: Landwirtschaft 4.000 Tonnen, Privat- und Kleingärten zwischen 40 und 70 Tonnen pro Jahr (laut Julius Kühn-Institut).
Auch bei Glyphosat-Ausbringung muss der Boden bearbeitet werden. Direktsaat kommt nur bei wenigen Kulturen vor. Während Glyphosat zusätzlich negative Auswirkungen auf viele Organismen hat, gelangt der Boden nach mechanischer Bearbeitung rasch wieder ins Gleichgewicht.
Humusaufbau: Eine reduzierte Bodenbearbeitung führt nur zur Verlagerung der Humusschichten zwischen den Bodenhorizonten, nicht jedoch zu einer Erhöhung des organischen Kohlenstoffgehalts in Ackerböden und damit zu mehr Humus. Da sind sich das Umweltbundesamt und das Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei (Thünen-Institut) einig.
Energieeinsparung: Der Treibstoffverbrauch kann nicht gegen Giftausbringung aufgerechnet werden. Mit dieser Diskussion kommen wir nicht weiter.
Wenn das billige Glyphosat verboten wird, müssen die Landwirte teurere Herbizide einsetzen. Oder sie wenden sich praxiserprobten mechanischen Verfahren zu, die dadurch automatisch wieder lukrativer werden. Auch könnten sich die Bauern wieder auf Verfahren der guten fachlichen Praxis besinnen, die früher erfolgreich zur Unkrautbekämpfung eingesetzt wurden. Mit dem Auslaufen des Monsanto-Monopols und dem daraus folgenden Preissturz bei Glyphosat sind diese Verfahren, wie Fruchtfolge und mechanisches Beikrautmanagement, vernachlässigt worden.
Bäuerliche Betriebe müssen oft aufgeben, weil Lebensmittel in der EU so billig verkauft werden, dass sie die Arbeit auf den Höfen nicht bezahlen. Und auch bei der Förderung setzt die EU-Agrarpolitik falsche Weichen: Die Subventionen beziehen sich auf die Fläche der Höfe. Damit werden Großbetriebe bevorzugt. Eine bessere, nachhaltig orientierte EU-Agrarpolitik wie sie der BN schon lange fordert, könnte das ändern.
Erfolge in Bayern
Das Volksbegehren "Rettet die Bienen", das der BN unterstützt hat, war das erfolgreichste der bayerischen Geschichte. 18,2 Prozent der Wahlberechtigten stimmten im Frühjahr 2019 für mehr Natur- und Artenschutz sowie Biodiversität in Bayern. Im Juni 2019 nahm der Landtag den Gesetzestext des Volksbegehrens samt Begleitgesetz und umfassendem Maßnahmenpaket an. Der Verzicht oder reduzierte Einsatz von Herbiziden auf landwirtschaftlichen und öffentlichen Flächen ist ein wichtiger Bestandteil des Maßnahmenpakets.
Auch pestizidfreie Kommunen gibt es mittlerweile schon in Bayern. Sie bewirtschaften ihre Grünflächen entweder ganz ohne Pestizide oder doch mindestens ohne Glyphosat.
Auch bayerische Unternehmen setzen sich aktiv für weniger Gifteinsatz in der Landwirtschaft ein. Die Molkerei Berchtesgadener Land war hier beispielsweise ein Vorreiter: Sie hat ihren Milchlieferanten den Einsatz von Glyphosat verboten. Im Dezember 2017 schrieb der BUND Naturschutz dann alle bayerischen Molkereien an und forderte sie auf, diesem Beispiel zu folgen. Wie die BN-Umfrage zeigte, waren 16 bayerische Molkereien dem guten Vorbild gefolgt.