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Atomkraft - kein Heilsbringer

Bund Naturschutz widerlegt Atompolitiker

28.08.2008

Mit kostspieligen Großanzeigen versuchen die Stromkonzerne den Mythos Atomkraft am Leben zu erhalten, obwohl seit Jahrzehnten die Zeichen nach unten zeigen. Etliche Politiker haben diese Pro-Atom-Werbung im Wahlkampf zu ihrem Thema gemacht und lenken dabei von den eigenen Versäumnissen beim Klimaschutz ab.

 

Seit Beginn des sog. „Nuklearen Renaissance“ in den 90er Jahren ging die Zahl der Atomkraftwerke in Europa um 13% zurück. Viele Staaten steigen aus der Atomkraft aus und nur wenige Atomkraftwerke sind noch in Bau, weit weniger als zum Ersatz der alten Kraftwerke nötig wären. Zum Klimaschutz haben sie kaum beigetragen wie sich in den vergangenen Jahren erwiesen hat. Klimaschutz funktioniert nicht mit Atomkraft sondern spielt sich auf anderen Gebieten ab.

Ein engagiertes Programm zur Gebäudesanierung, die Abschaffung Strom fressender Geräte, der verstärkte Bau von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und der Ausbau der Erneuerbaren Energien sind dringlich nötige Klimaschutzmaßnahmen.

Mit der Diskussion längerer Laufzeiten alter Atomkraftwerke lenken die Stromkonzerne davon ab und bauen gleichzeitig Kohlekraftwerke, die mehr als die Hälfte ihrer Energie verschwenden.

 

Strompreisreduzierung durch Weiterbetrieb alter Atomkraftwerke

ist ein leeres Versprechen

 

Der Strompreis bildet sich an der Börse, auf die der Betrieb von Atomkraftwerken keinen Einfluss hat. Allerdings steigen die Gewinne der Stromkonzerne, die Strom aus abgeschriebenen AKWs zum Börsenpreis liefern, mit jedem weiteren Betriebsjahr um mehr als 300 Mio. €.

 

Der Staat hat keine Handhabe, diese Gewinne abzuschöpfen. Als in den 70er und 80er Jahren die teuren Reaktoren finanziert wurden, ging der Strompreis deutlich nach oben. Er sank nicht, obwohl die Atomkraftwerke seit Jahren abgeschrieben sind. Auch die Gewinne aus einer Laufzeitverlängerung werden, wie bisher, nicht dem Stromkunden sondern dem Konzern und dem Aktionär zugute kommen.

 

Aber selbst wenn die Stromkonzerne ihr bisheriges Gewinnstreben ändern und den Zusatzgewinn mit dem Kunden teilen würden, käme nur ein kleiner Preisnachlass heraus: Pro Haushalt knapp 10 € im Jahr, wie man leicht ausrechnen kann. Und das ist bei einer durchschnittlichen Stromrechnung von 700 Euro so gut wie nichts.

 

Weit wirkungsvoller als der gefährliche Weiterbetrieb der alten Atomkraftwerke ist der Einsatz einer schaltbaren Steckerleiste, (mit der der unnütze Stand-by-Strom abgeklemmt wird und die Stromrechnung um 14 € im Jahr schrumpft) und der Kauf effizienter Elektrogeräte.

Drohende Stromlücke ist reine Angstkampagne

 

Mit der Behauptung, der Atomausstieg sei nur durch den Bau von Kohlekraftwerken zu kompensieren, ansonsten drohe „bereits in vier Jahren eine Energielücke und Stromabschaltungen“ (Bundeswirtschaftsminister Glos am 15.4.08), baut die Stromlobby eine Angstkampagne auf, die an der Realität völlig vorbeigeht.

 

Das Bundeswirtschaftsministerium hat im neuesten Monitoring-Bericht (11.8.2008) für den Zeitraum bis 2020 bestätigt, „dass die Versorgung mit Elektrizität stets im erforderlichen Umfang gesichert werden kann.“

Denn es gibt nicht nur die Scheinalternativen Kohle und Atom: Die Stromeinsparpotentiale sind groß, das Ausbaupotential für Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung noch viel größer, wie Bundeswirtschaftsminister Glos erst kürzlich bekannt gab. Die Überkapazität deutscher Kraftwerke ist riesig, die Erneuerbaren sind schneller gestiegen als der Atomstrom abgenommen hat.

Also ist weit und breit keine Stromlücke zu sehen. Im Gegenteil: Deutschland ist in den letzten Jahren zu einem der größten Stromexporteure der Welt geworden, 2008 kündigt sich – trotz Stillstand vieler Atomkraftwerke – ein neuer Rekord an.

 

Die Behauptung, Erneuerbare Energien bleiben auf einen kleinen Prozentsatz beschränkt und Klimaschutz sei kaum zu bezahlen, wie uns die Int. Energie-Agentur (IEA, Lobbyorganisation für Kohle, Öl, Gas und Uran) kürzlich wieder einmal glauben machen wollte, geht an der Realität völlig vorbei.

 

Längst haben die Erneuerbaren Energien einen höheren Anteil an der Energieversorgung als die Atomkraft. In Deutschland 2007: Erneuerbare 8,6%, Atomstrom 4,5%, weltweit ist das Verhältnis noch günstiger.

 

Keine Hilfe beim Klimaschutz

 

Atomkraftwerke haben bisher kaum zur Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes beigetragen, weil die Stromkonzerne neben der Atomkraft auch die Kohlekraft ausgebaut haben. Durch Reduzierung der Kraftwärmekopplung haben sie den Klimaschutz jedoch blockiert.

 

Da Uran die mit Abstand kleinste alte Energiereserve ist (sie enthält nur 2,8% des Inhalts der fossilen Energiequellen und wird, so das Bayerische Wirtschaftsministerium, im Jahr 2035 weltweit erschöpft sein), kann Atomstrom auch in Zukunft nicht viel zum Klimaschutz beitragen. Derzeit liegt der Anteil des Atomstroms an der weltweiten Energieversorgung unter 3% (RWE-Weltenergiereport 2005), weit unter dem der Erneuerbaren Energien.

 

 „Zur Erreichung des Klimaschutzziels ist die Kernenergie auf Dauer nicht notwendig.“ Sie stellt sogar „ein Haupthemmnis für die zur Erreichung des Klimaschutzziels unabdingbare Effizienzverbesserung dar“. Das hat das Umweltbundesamt bereits 1997 veröffentlicht und die damalige Umweltministerin Angela Merkel hat diese Studie unzensiert veröffentlicht.

 

 

Atomkraftwerke bergen gigantisches Risiko

 

In demoskopischen Erhebungen wird oft gefragt, ob man mit dem Betrieb von „sicheren“ Atomkraftwerken einverstanden sei. Da keines der derzeit 439 Atomkraftwerke der Welt sicher ist, stellt dies eine Manipulation der Befragten dar.

 

Wie unbeherrschbar die Atomtechnik ist, belegen nicht nur die sich häufenden Störfälle und Reaktorkatastrophen. Den deutschen Atommeilern wird amtlich höchste Gefährlichkeit bescheinigt (Deutsche Risikostudie Kernkraftwerke, Innenminister Zimmermann 1979 und Bundesumweltminister Klaus Töpfer 1989). Die Auswirkungen wären demnach schlimmer als nach Tschernobyl: 14.000 Soforttote und hunderttausende sog. Langzeittote.

Die Unfallwahrscheinlichkeit ist nicht verschwindend gering, sondern liegt für jeden Reaktor höher als ein Promille, für die fast 200 europäischen Reaktoren also über 20%, höher als die Wahrscheinlichkeit auf Anhieb einen Sechser zu würfeln (16,7%).

Die Unfallwahrscheinlichkeit steigt mit längerer Laufzeit.

 

Die Tatsache, dass Betreiber von Atomkraftwerken von einer Haftung für diese Risiken gesetzlich befreit sind, unterstreicht die Gefahr noch einmal. Diese Befreiung stellt eine staatliche Beihilfe dar, wie das Bundeswirtschaftsministerium in einer ausführlichen Studie hat darstellen lassen (PROGNOS 1992).

 

Erst kürzlich musste das Bundesamt für den Strahlenschutz feststellen, dass auch der „Normalbetrieb“ für die Anwohner gefährlich ist. Leukämie und andere Krebsarten steigen bei Kleinkindern stark an.

 

Wie die zig-tausende von Tonnen abgebrannter Brennelemente über eine Mio. Jahre sicher von der Umwelt getrennt werden sollen, ist nach wie vor ungelöst. Nach den skandalösen Leckagen im Bergwerk Asse ist die Entsorgung in Salzlagern wieder in Frage gestellt. Es besteht die Gefahr, dass der wachsende Berg des Atommülls im Granit-Urgestein des Bayerischen Waldes vergraben wird.

 

Effizienztechnik statt Sozialtarife und Atomstrom

 

Das Wachstum der Energiepreise ist nicht durch Sozialtarife oder den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken zu stoppen.

Stattdessen muss die riesige Energieverschwendung abgebaut werden, die sich gerade auch Industriestaaten wie Deutschland leisten.

Der Strompreis hat längst ein Niveau erreicht, auf dem sich der Kauf extrem sparsamer Geräte auszahlt. Fortschrittliche Städte wie Frankfurt am Main vergeben darüber hinaus noch Prämien für die Nutzung stromeffizienter Geräte.

Der Ölpreis ist so hoch, dass sich die Sanierung vieler Gebäude allein durch die Einsparung bei der Ölrechnung finanzieren lässt.

Zu all diesen dauerhaften Sparbemühungen helfen staatliche Information oder praktische Hilfen eher als der Versuch, hohe Heizkosten durch Sozialtarife zu unterstützen.

Denn Almosen für die Energieverschwendung fließen in die Taschen der Gas- und Ölhändler, also vorrangig nach Russland. Gebäudesanierung und Stromspartechnik kommen aber heimischen Betrieben zugute.

 

Staudinger beendet Klimaschutz endgültig

 

Schon in den vergangenen Jahrzehnten haben die Stromversorger kaum einen Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Der Kohlendioxidausstoß blieb seit 1976 konstant über 250 Mio. Tonnen, der Stromsektor emittiert mehr CO2 als Verkehr und Haushalte zusammen.

Mit der Planung von Kohlekraftwerken wie am Standort Staudinger (Großkrotzingen am Main) wird der Ausstoß der Kraftwerke weiter steigen. Weit mehr als die Hälfte der aus der Kohleverbrennung gewonnenen Energie soll in Großkrotzenburg unnütz in den Main oder als Dampf in die Luft verschwendet werden. Das geplante Kraftwerk soll auch dann noch die Luft verschmutzen, wenn nach Ansicht des UN-Klimarates Industrieländer wie Deutschland ihren Kohlendioxidausstoß um 90 % verringert haben.

Mit dem geplanten Kraftwerk wird Klimaschutz aussichtslos. Daher rufen Bund Naturschutz und die bundesweite Klima-Allianz zu einer

Demonstrationen am 13. September am Kohlekraftwerk Staudinger bei Hanau in Hessen auf. BUND-Vorsitzender Prof. Hubert Weiger wird sich neben Franz Alt und weiteren bekannten Persönlichkeiten gegen den Ausbau des klima-, gesundheits- und umweltschädlichen Kohlekraftwerks aussprechen.

 

Forderungen des Bund Naturschutz:

 

Sofortausstieg aus der unbeherrschbaren Atomtechnologie

 

Ausbau von Kraftwerken mit Kraft-Wärmekopplung

 

Ausbau der Erneuerbaren Energien

 

Förderung der Effizienztechnologie wie Gebäudesanierung, sparsame Antriebe, umweltfreundliche Verkehrsmittel

 

Kein Bau von Kohlekraftwerken

 

gez. Sebastian Schönauer, stellvertretender Landesvorsitzender des Bundes Naturschutz,

 

gez. Dr. Ludwig Trautmann-Popp, Energiereferent