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Bayern braucht aktiven Klimaschutz- 13 Jahren 30% weniger CO2 Emissionen nötig

23.04.2007

Am 21. Februar 2007 rief der UN-Klimarat die Industriestaaten auf, bis 2020 den CO2-Ausstoß drastisch zu reduzieren. Sonst lasse sich der Klimawandel nicht bei plus zwei 2 zusätzlichen Celsiusgraden stabilisieren, sondern er laufe vollends aus dem Ruder. Seither ist energiepolitisch nichts mehr wie es war. Klimaschutzmaßnahmen, die seit fast drei Jahrzehnten bekannt sind, aber nicht in Angriff genommen wurden, müssen jetzt in 13 Jahren nachgeholt werden. Dies gilt auch für Bayern. Bayerns CO2-Ausstoß stagniert seit 1990, dem Bezugsjahr für internationale Beschlüsse. Rechnet man den in der amtlichen Statistik nicht erfassten Tanktourismus und den Import von Kohlestrom aus anderen Bundesländern hinzu, haben die Emissionen sogar zugenommen. Bayern ist damit meilenweit von dem 30%-Reduktionsziel entfernt, wie es z.B. der britische Premier Blair vorgab.

Dennoch ist es auch in Bayern kurzfristig möglich, den CO2-Ausstoß um 30% zu verringern. Bayern kann zum Vorbild für andere Industriestaaten werden und als Technologieexportland auch davon profitieren. Der Bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hat angekündigt, Bayern zum Klimaschutzvorreiter zu machen. Dazu bedarf es großer Anstrengungen und Investitionen in den Endenergiesparten Gebäudeheizung, Verkehr und Strom, was einem kräftigen Konjunkturprogramm mit Investitionen von mehr als 10 Milliarden Euro im Jahr gleichkommt.  Die Kosten sind tragbar, die meisten Investitionen amortisieren sich in wenigen Jahren. Darüber hinaus werden die Folgekosten des Klimawandels eingegrenzt, die nach dem britischen „Stern-Report“ zwischen fünf und 20 mal teurer wären als die Klimaschutzvorsorge.

„Die Bayerische Staatsregierung muss beim morgigen Klimagipfel endlich „Nägel mit Köpfen“ zu machen“, fordert der BN Landesvorsitzende Prof. Hubert Weiger. „Nach jahrelangem falschem Setzen auf die Atomenergie muss nun endlich dem aktiven Klimaschutz der Weg bereitet werden. Dabei ist es unabdingbar, selbst mit gutem Beispiel voranzuge-hen: Bei der energetischen Sanierung aller öffentlichen Gebäude, einer energiesparenden Verkehrspolitik mit Priorität für den öffentlichen Verkehr und dem Verzicht auf neuen Straßen- und Flughafenbau sowie einer Förderpolitik für eine Energie und Ressourcen sparende Wirtschaft.“
Dies bedeute auch die bessere Förderung einer Klima schonenden  ökologischen Landwirtschaft und, als größter Waldbesitzer Mitteleuropas, einer naturnahen Waldwirtschaft.
 
Der Bund Naturschutz fordert ein bayerisches Klimaschutzprogramm mit folgenden Maßnahmen:

Bayern muss Spitzenreiter bei der Gebäudesanierung werden

Um bei der Gebäudeheizung eine Einsparung von 30% zu erzielen, müssen jährlich vier Prozent aller bayerischen Wohngebäude saniert werden. Das kommt einer Investition von 7 Mrd. € gleich, ein Konjunkturprogramm für den heimischen Mittelstand: Maler, Verputzer, Glaser, Installateure, Energieberater und die Dämmstoffwirtschaft. In diesen Branchen werden mehr als 30.000 Arbeitsplätze geschaffen, die nicht ins Ausland abwandern. Bayern ist Spitzenreiter unter allen Bundesländern bei der Fördermittelvergabe der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Im vergangenen Jahr sind Kredite in Höhe von rund 1,3 Mrd. Euro zur Gebäudesanierung nach Bayern geflossen. Das ist aber bei weitem nicht ausreichend für das ehrgeizige 30%-Programm.

Die bayerische Staatsregierung muss mit gutem Beispiel vorangehen: Für die Sanierung der staatlichen Liegenschaften müssen mindestens 100 Mio. € in einem Nachtragshaushalt bereitgestellt werden, zum Sparen im wohlverstandenen Sinne. Alle bisherigen diesbezüglichen Anträge der Opposition hat die CSU-Landtagsmehrheit bislang abgelehnt.


Bayern muss seine Stromerzeugung umbauen: Priorität für Kraft-Wärme-Kopplung, erneuerbare Energien und Ausstieg aus der Atomkraft

Die fossile Stromerzeugung ohne Kraftwärmekopplung muss schleunigst reduziert werden. Mit der Stilllegung der Kohlekraftwerke Frauenaurach, Arzberg und Schwandorf hat e.on die CO2-Emissionen in andere Bundesländer verlagert, was zwar die amtliche bayerische CO2-Bilanz schönt, aber kein Kilogramm CO2 einspart. Die Stromkonzerne müssen alle Pläne zum Bau neuer fossiler Kraftwerke ohne Kraftwärmekopplung zurückziehen, darunter in Bayern die Kraftwerke Irsching, Dettelbach (Gas), und Großkrotzenburg (Stein-kohle)). Die einschlägigen Genehmigungsverfahren sind sofort einzustellen.

Alle Stromeinsparmöglichkeiten sind auszunutzen: Stand-by-Verbrauch muss abgeschafft werden, Einbau moderner Umwälzpumpen in Heizkreisläufen, sparsame Kühlschränke, Waschmaschinen etc. Die Subvention der Elektrowärmepumpe muss abgeschafft werden, da sie zu einem vermehrten Kohlestrombedarf im Winter führt.

Im Gegenzug muss der Ausbau der Erneuerbaren Energien mit den bisherigen Wachstumsraten fortgeführt werden, die Behinderung von Windkraftanlagen an geeigneten Standorten in Bayern muss der Vergangenheit angehören. Die natürlichen Bedingungen für Erneuerbare Energien sind in Bayern hervorragend. Bis 2020 können Zweidrittel des Strombedarfs aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Geothermie gedeckt werden, den Rest liefern KWK- und BHKW-Anlagen.

Windkraftwerke werden in Bayern vielerorts von unsachgemäßen Widerständen blockiert. Der Bund Naturschutz fordert die Windkraftnutzung auf rd. 1000 Standorten. Diese Flächen sind nach strengen Natur- und Landschaftsschutz-Kriterien an geeigneten Standorten zu bestimmen und endlich über die Regionalplanung verpflichtend ausgewiesen werden. Sie machen samt Umgriff kaum 1 Promille der Landesfläche aus.

Nach den Vorgaben des BN kann der CO2-Ausstoß im Stromsektor nach der Stilllegung der atomaren und fossilen Kraftwerke um weit mehr als die Hälfte reduziert werden. In diesem Sektor kann die CO2-Einsparung also deutlich höher als 30% ausfallen.


Ökologische Verkehrspolitik statt Prestigeprojekte

Der größte CO2-Emittent Bayerns ist mit mehr als einem Drittel der Straßen-verkehr, daran hat der PKW-Verkehr den Löwenanteil. Schon mit einfachen Maßnahmen wie Tempolimit, Fahrgemeinschaften und dem Zurücklegen kurzer Strecken mit dem Fahrrad oder zu Fuß lassen sich mehr als 10% des CO2 einsparen. Verlagerung jeder fünften  Fahrt auf ÖPNV und Reduzierung des Spritverbrauchs um 1 Liter/100 km bringen zusätzlich mehr als 20%.Vermeidung unnützer Leerfahrten, Abschaffung aller Transportsubventionen und Verlagerung der Gütertransports von der Straße auf die Schiene bringen auch hier große Einsparungen. Nach Einschätzung des BN bedarf es der Hilfe einer CO2-basierten Kraftfahrzeugsteuer, um die Innovationsfreudigkeit der deutschen Automobilindustrie anzukurbeln, damit endlich das familientaugliche 2-3 Liter Auto auf den Markt kommt. Ebenso muss der Spritpreis im Rahmen der Fortführung der ökologischen Steuerreform stufenweise erhöht werden.

Das größte Problem stellt wegen seiner gefährlichen Wachstumsraten der Flugverkehr dar. Im Gegensatz zum PKW sind technische Optimierungen beim Treibstoffverbrauch von Flugzeugen kaum noch möglich. Um auch diesen Bereich vom hohen Schadstoffausstoß zu entlasten, muss umgehend die Kerosinsteuer eingeführt werden, Inlandsflüge unter 600 Kilometer müssen verboten und auf die Bahn umgelegt werden, der Bau der 3. Startbahn München und weiterer Regionalflughäfen muss unterbleiben. Er darf auch nicht mit Landesmitteln subventioniert werden.

Klimaschutz durch ökologische Land- und Forstwirtschaft sowie fleischreduzierte Ernährung

Der Bund Naturschutz fordert, den Ökologischen Landbau sowie die ökologische Waldwirtschaft verstärkt zu fördern. Denn die ökologische Landwirtschaft braucht weniger als die Hälfte der Energie des konventionellen Anbaus. Diese gute Klimabilanz kommt vor allem durch den Verzicht auf den energie-aufwändigen mineralischen Stickstoffdünger sowie geringere Futtermittelzukäufe zustande. Soja als Tierfutter wird häufig aus Entwicklungsländern importiert. Regional erzeugte Lebensmittel sind wesentlich klimafreundlicher als importierte Produkte, die eine weite (Flug-)Reise hinter sich haben. Die Lebensmittelkennzeichnung muss mit der Angabe der Transportkilometer ergänzt werden, um dem Verbraucher die Entscheidung für ein Klima schützen-des Produkt zu ermöglichen. Naturnahe Wälder mit einem großen Anteil alter Bäume sind wirkungsvolle CO2-Senken. Sie müssen erhalten bzw. durchgesetzt werden. Im Bereich der Talräume und in erosionsgefährdeten Lagen sind neue Wälder anzulegen. Erneuerbare Energien können nur bei Erschließung der immensen Energieeinsparpotenziale einen wichtigen Beitrag zur Energieerzeugung leisten. Wer die Energie- Bereitstellung aus nachwachsen-den Rohstoffen nur als Substitution für ungebremsten Energieverbrauch versteht, verkennt, dass nicht die Endlichkeit der Vorräte an fossilen Brennstoffen das entscheidende Problem ist, sondern der weltweit steigende CO2 – Ausstoß mit den schädlichen Auswirkungen auf  Klima und Umwelt. Die Nutzung von Biomasse aus Landwirtschaft, Waldwirtschaft, Grün- und Biotoppflege muss ganzheitlichen ökologischen Kriterien entsprechen.


Klimaschädliche Projekte stoppen

Noch immer wird die Energieverschwendung mit gewaltigen Subventionen vorangetrieben, vor allem im Verkehrssektor. Staatliche Subventionen z. B. für den Autobahn- und Flughafenbau, ebenso wie für den Transrapid, müssen gestrichen, die freiwerdenden Mittel zur Förderung des öffentlichen Verkehrs auch im ländlichen Raum Gebäudesanierung umgewidmet werden. Alle Ener-gie verschwendenden Planungen, wie z.B. die Aufrüstung mit Schneekanonen oder Sommerskihallen wie im Fichtelgebirge müssen eingestellt werden.

Investitionen in den Klimaschutz jetzt vermeiden Milliardenschadenskosten in der Zukunft

Die jährlichen Investitionen in die Gebäudesanierung stellen mit 7 Mrd. € den größten Einzelposten dar. Der größte Teil davon wird aufgrund der vermiedenen hohen Energiekosten wieder erwirtschaftet. Effiziente Stromgeräte erzielen schon heute ein Mehrfaches ihrer Mehrkosten. Die daraus erwirtschafteten Gewinne können z.B. für die Gebäudesanierung eingesetzt werden.

Der alternative Kraftwerksbau (Sonne, Wind, Geothermie, BHKW) schlägt mit knapp 3 Mrd. € jährlich zu Buche, Kosten, die sich im Laufe der Jahre ebenfalls amortisieren.

Somit wird die Expertise von Sir Nicolas Stern bestätigt, wonach sich der größte Teil der Klimaschutzinvestitionen direkt refinanziert. Die durch Klima-wandel vernichteten Vermögen sind 5 bis 20mal größer als die Nettokosten des Klimaschutzes.


30%-CO2-Reduzierung ist erst der Anfang

Dem Weltklima ist noch nicht geholfen, wenn Industriestaaten ihre Emissionen langfristig um 30% reduzieren. Bayern belastet jeden Quadratkilometer seiner Atmosphäre über 20-mal mehr als im Weltdurchschnitt. Daher ist 2020 nur eine Zwischenetappe. Nach Berechnungen der BN-Energieposition kann bei Fortführung der hier aufgeführten Maßnahmen bis 2030 eine CO2-Reduzierung von 80% (im Vergleich zu 1990) erreicht werden

Das zentrale Problem der bayerischen Energieversorgung ist nach wie vor, dass die meisten Anlagen - vom Kraftwerk bis zum Verbraucher – noch aus einer Zeit stammen, in der es Energie (aus heutiger Sicht) fast zum Nulltarif gab. Deshalb hat die Energieverschwendung immense Ausmaße.

Intelligente Technik, die aus wenig Energie viel Nutzen (warme Räume, Kühlung, Information, Transportkilometer) zieht, war jahrzehntelang nicht gefragt. Extrembeispiele: Die bayerischen Großkraftwerke, die mehr Energie unnütz an die Luft abgeben als alle bayerischen Häuser zum Heizen benötigen, Standby-Geräte, die im ausgeschalteten Zustand mehr Kilowattstunden verbrauchen als in der wirklichen Betriebszeit, Häuser, die ihre Heizenergie in kürzester Zeit an die kalte Umgebung verlieren.

Das Festhalten an der Atomkraft verhindert den Klimaschutz

Der Bund Naturschutz lehnt die Atomkraftnutzung wegen des großen Reaktorrisikos und der ungelösten Entsorgung ab. Zur Lösung der Klimaproblematik trug die Atomkraft so gut wie nichts bei. Denn Atomstrom deckt nur noch 2,5% der Weltenergieversorgung, Tendenz weiter abnehmend. Es trifft also nicht zu, dass mit der Atomkraft der Klimawandel zu bekämpfen, mit dem Teufel also der Beelzebub auszutreiben sei, wie die Befürworter der Atomkraft gerne unterstellen. Wenn keine einschneidenden Klimaschutzmaßnahmen im Bereich der Energieeffizienz und der Erneuerbaren Energien durchgeführt werden, bleibt die Klimagefährdung nahezu unvermindert erhalten, zum Beelzebub kommt der Teufel also noch hinzu.

Neue Atomkraftwerke würden kaum noch in der von der UN-Klimakommission genannten Gnadenfrist von 17 Jahren in Betrieb gehen, da der Bau von Atomkraftwerken kostspielig und langwierig ist. Sie würden dann bald ohne Brennstoff dastehen. Denn für die derzeitigen 440 Atomkraftwerke weltweit reicht das Uran nur noch bis 2035, der Ausbau der Atomkraft würde das Uran noch schneller erschöpfen.


BN schlägt Energiespar-Gesetzesinitiativen vor

Die Bayerische Staatsregierung muss im Bundesrat einen Gesetzent-wurf vorlegen, der für Energiesparmaßnahmen und Effizienztechnik nach dem Vorbild des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes finanzielle Anreize schafft.

Der lineare Stromtarif muss wieder eingeführt werden, um Stromspargeräte noch attraktiver zu machen. Insbesondere im Verkehrsbereich muss eine spürbare CO2-Steuer eingeführt werden.

Der Bund Naturschutz fordert die Fortführung der Ökologischen Steuerreform, denn sie entlastet die Umwelt, senkt die Lohnnebenkosten und baut ökologisch schädliche Subventionen ab. Sie führt damit zu einer Beschleunigung der Einführung effizienter Techniken, ohne den Geld-beutel des Bürgers zu belasten.

Alle klimaschädlichen Projekte wie Autobahn- und Staatstraßenbau, Transrapid, 3. Startbahn am Flughafen München, Schneekanonen müssen sofort eingestellt werden

Für Rückfragen:
Richard Mergner, BN-Landesbeauftragter  0911-8187825 u. 0171-6394370
Dr. Ludwig Trautmann-Popp, BN-Energiereferent Tel.: 0951-5190611