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Die neue Bayerische Staatsregierung und der Donauausbau: Eine Chance für die frei fließende Donau?

Die neue Bayerische Staatsregierung lässt den Bund Naturschutz (BN) auf einen Kurswechsel in der Frage des Donauausbaus in Niederbayern hoffen. Weil sich die bayerische FDP eindeutig gegen die Staustufenkanalisierung positioniert hat, erwartet der Bund Naturschutz, dass seine Kernforderungen zum weiteren Vorgehen beim sanften Ausbau der Donau ohne Staustufen in dem jetzt FDP-geführten Wirtschaftsministerium umgesetzt werden:

 

• Zusätzliche Untersuchungen zum Donauausbau dürfen sich entsprechend dem Bundestagsbeschluss von 2002 ausschließlich auf die ökologische Optimierung der Ausbauvariante A (ohne Staustufen) beziehen.

 

• Die Rhein-Main-Donau AG bzw. die RMD Wasserstraßen GmbH darf wegen ihres wirtschaftlichen Eigeninteresses an einer Staustufenkanalisierung bei vorklärenden Untersuchungen nicht mehr einbezogen, bei Berechnungen und Planungen nicht mehr federführend beteiligt werden.

 

17.11.2008

 „Wenn die FDP und ihr neuer bayerischer Wirtschaftsminister Martin Zeil glaubwürdig bleiben wollen, muss die Blockadepolitik der Staatsregierung gegenüber einem naturnahen Ausbau der Donau ohne Staustufen nun beendet werden“, fordert Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN.

 

Die Blockadehaltung der bisherigen Bayerischen Staatsregierung gegenüber dem von Berlin beschlossenen Donauausbau ohne Staustufen hat bisher den Fortschritt bei der Verbesserung der Schifffahrtsbedingungen zwischen Straubing und Vilshofen und in weiten Bereichen auch beim Hochwasserschutz verhindert. Mit der Notwendigkeit für die CSU, eine Regierung in Koalition mit der FDP zu bilden, hat sich die Situation geändert. Die Bayerische FDP hat sich schon lange eindeutig für die Erhaltung der frei fließenden Donau mit ihren bedeutenden Naturräumen und ihren Glanzlichtern bayerischer Kultur positioniert. In der Koalitionsvereinbarung konnte zum Thema Donauausbau erwartungsgemäß keine Einigung erzielt werden: „Wir wollen den Donau-Ausbau vorantreiben. Dazu haben die Koalitionspartner unterschiedliche Auffassungen. Die CSU will die Variante C/C280, die FDP die Variante A realisieren. ...“ (Koalitionsvertrag, S. 33)

 

Die Lösung der Frage wurde vertagt – erst nach Vorliegen der Ergebnisse der „zusätzlichen Untersuchungen“, für die auf Betreiben der Staustufen-Kanalisierungslobby 33 Millionen Euro bereit gestellt werden (finanziert zur Hälfte von Deutschland, zur Hälfte von der EU), soll weiter beraten werden.

 

Entscheidend wird sein, welche Untersuchungen für die 33 Millionen angestellt werden – und das wird davon abhängen, wer die Untersuchungsaufgaben definiert, wer die Untersuchungen plant, steuert und durchführt.

 

Bisher war in allen Fragen des Donauausbaus die Rhein-Main-Donau (RMD) AG bzw. deren Tochter RMD Wasserstraßen GmbH federführend. Weil die Vorwürfe der Umweltverbände und der Bürgerinitiativen aus der Donauregion, die RMD würde mit der ausschließlichen Fokussierung auf den Staustufenbau wirtschaftliche Eigeninteressen verfolgen, in der EU-Kommission und in den Bundesministerien ernst genommen werden, sollen die Organisati­onen über einen „Planungsbeirat“ bei den Untersuchungen beteiligt werden. Bund Natur­schutz und Bürgerinitiativen wollen dabei nicht nur umfassend informiert werden, die Organisationen wollen aktiv auf Art, Inhalt und Umfang der Untersuchungen Einfluss nehmen. Der Bund Naturschutz wird sich jedoch nur dann konstruktiv im „Planungbeirat“ beteiligen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

 

· Der Bundestagsbeschluss vom 7. Juni 2002 muss vollinhaltlich umgesetzt und darf nicht auf dem Verwaltungswege und unter dem Deckmantel angeblich „variantenneutraler“ Untersuchungen unterlaufen werden. Die Bundesregierung ist durch den Beschluss und auch durch öffentliche Aussagen des Bundesverkehrsministers gebunden, ausschließlich die flussregulierende Variante A weiter zu verfolgen. Diese Variante stellt den äußersten, gerade noch tolerierbaren Kompromiss zwischen den Belangen des Naturschutzes und dem Interesse an der Verbesserung der Fahrwasserbedingungen dar. Der Bund darf keine Haushaltsmittel für Planungen oder Gutachten für die Errichtung einer Staustufe in der Donau (Ausbauvariante C/C2,80) ausgeben.

 

· Die „Zusätzlichen Untersuchungen“ müssen sich darauf konzentrieren, die Variante A ökologisch zu optimieren. Dazu, und um die Auswirkungen der Ausbaupläne auf die europäischen Schutzgebiete und das bundesweit bedeutsame Schutzgebiet „Isarmündung“ fachlich korrekt und angemessen zu berücksichtigen, muss auch das Bundesamt für Naturschutz einvernehmlich in die weiteren Planungen und Untersuchungen einbezogen werden.

 

· Die Untersuchung aller Möglichkeiten für einen ökologischen Hochwasserschutz müssen wesentlicher Bestandteil der „Zusätzlichen Untersuchungen“ sein.

 

· Die RMD AG bzw. die RMD Wasserstraßen GmbH dürfen bei den künftigen Planungen und Entscheidungsvorbereitungen keine Rolle mehr spielen und keine weiteren Aufträge mehr erhalten. Der bestehende Auftrag zur Abwicklung der Untersuchungen bis 2010 ist der RMD unverzüglich zu entziehen, da wegen der bestehenden Interessen keine objektiven und keine belastbaren Ergebnisse zu erwarten sind. Ein Projekt, das entsprechend Vorgaben der RMD entschieden wird, wird in der betroffenen Region keine Akzeptanz finden.

 

Das Eigeninteresse der RMD an einer Realisierung einer Stauvariante ist offensichtlich: seit 1966 sehen die Planungen der RMD nicht nur eine Staustufe bei Aicha und den Durchstichskanal in der Mühlhamer Schleife, sondern auch ein Kraftwerk in diesem Durchstichskanal vor. Nachdem die RMD per Konzessionsvertrag die einzige Begünstigte bei einer möglichen Wasserkraftnutzung wäre und sich zu praktisch 100% im Eigentum von entsprechend interessierten Energieversorgungsunternehmen (e-on, EnBW und LEW, vgl. www.rmd.de) befindet, ist diese Gesellschaft kein „neutrales Planungsbüro“, vielmehr wird sie von einem einseitigen wirtschaftlichen Eigeninteressen an Stau, Durchstichskanal und Kraftwerk geleitet.

 

In diesem Sinne setzt die RMD z.B. auch grob irreführende und unwahre Veranschaulichungen (z.B. Kurzfilme zur geplanten Staustufe Aicha und zu den angeblichen „Ausgleichsmaßnahmen“) ein, die – wie eindeutig belegt werden kann – eine Häufung von Falschaussagen enthalten. Auch bei ihrem letzten öffentlichen Auftritt, einer Veranstaltung des Hafenforums in Deggendorf am 29.10.2008 haben die Vertreter der RMD eben nicht – wie dies allein schon nach Ingenieurrecht Pflicht für ein beauftragtes Ingenieurbüro wäre – die Interessen und die Beschlusslage des Auftraggebers (des BMVBS) vertreten, sondern entgegen allen Fachstellungnahmen vor allem die ökologisch verheerenden Wirkungen der geplanten Staustufe verharmlost und die Stauvariante als die einzig mögliche und sinnvolle Planungsvariante dargestellt.

 

Die langjährig wahrnehmbare einseitige Orientierung der RMD ist so offensichtlich, dass bereits heute festzustellen ist, dass jede Entscheidungsvorbereitung, bei der diese Gesellschaft eine Rolle spielt, in der betroffenen Region keine Akzeptanz finden würde. Ein Konsens zu den strittigen Fragen und ein Fortschritt hin zu einer Verbesserung der Fahrwasserbedingungen werden auf dieser Basis nicht zu erreichen sein. Auch die grundsätzlich zu begrüßende „Monitoringgruppe“, die auf Anregung der EU-Koordinatorin Karla Peijs installiert werden soll, würde zu einem bloßen Feigenblatt verkommen, solange mit der RMD die Staulobby selbst die Untersuchungen bestimmen könnte.

 

Die Aussage des BMVBS, die Beauftragung der RMD würde sich aus den Donauverträgen ergeben (Antwort auf die kleine Anfrage vom 21.12.2007, Bundestags­drucksache 16/7641, Seite 3) ist nicht richtig. Zwar ist die RMD in den genannten Verträgen mit der Durchführung des Donauausbaus beauftragt; daraus ergibt sich jedoch kein Mitspracherecht bei der Entscheidung, ob ausgebaut wird und wenn ja, wie ausgebaut wird (z.B. mit oder ohne Staustufen). Diese Entscheidungen hat allein der Bund im öffentlichen Interesse zu treffen. Die Privatfirma RMD hat dagegen keinerlei Mitspracherecht bei dieser Entscheidung und selbstverständlich auch nicht bei einem Untersuchungsprogramm, das der Entscheidungsfindung dienen soll.

 

Im übrigen hat ein Schiedsgerichtsverfahren in einem ähnlich gelagerten Fall (Vergabe von Dienstleistungsaufträgen zur weiteren Abwicklung des Endlagers Morsleben durch das Bundesamt für Strahlenschutz) ergeben, dass Planungs- und Untersuchungsaufträge eben nicht automatisch nach Altverträgen an mittlerweile privatisierte ehemalige staatliche Gesellschaften vergeben werden müssen, sondern ggf. europaweit ausgeschrieben werden können und müssen.

 

· Die Planungen und Untersuchungen müssen in jedem Planungsstadium, insbesondere auch vor der Festlegung der zu untersuchenden Fragestellungen, vollständig und detailliert öffentlich gemacht und in dem einzurichtenden Beirat für die Untersuchungen vorgestellt und diskutiert werden.

 

Vor den Untersuchungen zur Verbesserung der Schifffahrtsbedingungen muss eine Klärung der tatsächlichen Anforderungen an den Transportweg Wasserstraße und seine Einbindung in ein übergreifenden Güterverkehrsnetz stehen. Jeder Eingriff in das Flusssystem Donau zur Verbesserung der Schifffahrtsbedingungen, d.h. jede Veränderung des überragenden Naturraumes zwischen Straubing und Vilshofen, erfordert eine stichhaltige Rechtfertigung durch ein schlüssiges und umfassendes Verkehrskonzept für den Donaukorridor. Dieses Konzept fehlt bisher völlig. Wachstumsprognosen für den Güterverkehr allein reichen nicht als Argument für den Bau einer Staustufe in der niederbayerischen Donau, so lange nicht klar ist, welche Güter vermehrt transportiert werden müssen, welche Wege diese gehen, welche Verkehrsträger auf der Transportkette zu nutzen und welche logistischen Bedingungen zu erfüllen sind. Nur aus einem stimmigen Verkehrskonzept können die zukünftigen Anforderungen an die Wasserstraße abgeleitet werden. Bisher ist nicht belegt, warum eine Staustufe im letzten Freiflussabschnitt der Donau dem Güterverkehr auf Binnenwasserstraßen mehr helfen soll, als zum Beispiel eine Erhöhung der Brückendruchfahrten im Main-Donau-Kanal oder eine Verbesserung der Schnittstelen zwischen den Verkehrsträgern.

 

Der Bund Naturschutz und die Donau-Initiativen hoffen, dass mit dem neuen Wirtschaftsminister Martin Zeil eine Lösung möglich wird, die der Binnenschifffahrt hilft und gleichzeitig dem Wert der Natur- und Kulturlandschaft an der niederbayerischen Donau Rechnung trägt.

 

Für Rückfragen:

 

Prof. Dr. Hubert Weiger,

Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern e.V.

Bauernfeindstraße 23, 90471 Nürnberg

Tel. 0911-81878-10

 

Dieter Scherf,

Mitglied im Landesvorstand des Bundes Naturschutz in Bayern e.V.

Wehrweg 4, 94486 Osterhofen

Tel. 08457-7292

 

Georg Kestel,

Vorsitzender der Kreisgruppe Deggendorf des Bundes Naturschutz in Bayern e.V.

Schiffmeisterweg 7, 94469 Deggendorf

Tel. 0991-341354