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Naturschützer und Parlamentarier fordern: Bundesverkehrsminister muss Vergabe von Untersuchungen für Staustufenvariante zum Donauausbau stoppen

Parlamentariergruppe „Frei fließende Flüsse“ besucht Donau

zwischen Straubing und Vilshofen

17.07.2008

„Der Bundestag hat im Jahr 2002 nach umfangreichen Untersuchungen und einer Expertenanhörung beschlossen, in der Donau zwischen Straubing und Vilshofen keine Staustufen mehr zu bauen. Diesen Beschluss muss der Bundesverkehrsminister ohne Wenn und Aber umsetzen“, forderte MdB Bruni Irber (SPD) aus Osterhofen anlässlich einer Informationsfahrt, zu der der Bund Naturschutz in Bayern (BN) die Parlamentariergruppe „Frei fließende Flüsse“ eingeladen hatte.

Hintergrund der Forderung an das Bundesverkehrsministerium ist, dass dieses derzeit weitere aufwändige Untersuchungen und Gutachten unter anderem auch für die Staustufenvariante (die sog. „Ausbauvariante C/C2,80“) vergeben will. Dies halten Abgeordnete wie Naturschützer für unzulässig.

„Der Bundesverkehrsminister darf nach dem Beschluss von 2002 keinen einzigen Cent für die Stauvariante ausgeben“, kritisiert Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BN und des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Es kann nicht sein, dass ein Klüngel aus bayerischer Staatsregierung, Rhein-Main-Donau AG und einzelnen Beamten des Bundesverkehrsministeriums unter dem Deckmantel von angeblich `variantenneutralen Untersuchungen´ den Beschluss des höchsten demokratischen Gremiums der Bundesrepublik aushebelt“, so Weiger. Die Parlamentarier wollen in dieser Sache verstärkt Druck auf das Bundesverkehrsministerium ausüben. „Neben der Bewahrung der frei fließenden Donau fordert das schon die Selbstachtung des Parlaments“, so MdB Bruni Irber, die Vorsitzende der Parlamentariergruppe.

Scharf kritisierten Naturschützer und Parlamentarier auch die erneute Vergabe von Aufträgen an die Rhein-Main-Donau AG (RMD). „Damit wird der Bock zum Gärtner gemacht. Die RMD ist mitnichten neutral, sondern hat ein eindeutiges wirtschaftliches Eigeninteresse an Staustufen. Denn nur so kann die RMD ihren Konzessionsvertrag, der ihr die Stromgewinnung auf Steuerzahlerkosten erlaubt, ausnutzen“, erklärte Weiger. Auch die Parlamentarier fordern, dass der RMD der Auftrag zur Koordinierung der weiteren Untersuchungen entzogen wird: „Dieser Auftrag muss schon nach EU-Recht ausgeschrieben und an ein entsprechend qualifiziertes Landschaftsplanungsbüro vergeben werden. Die RMD ist bisher nur einseitig als Staustufen-Lobbyistin in Erscheinung getreten und vertritt damit eben nicht die Interessen ihres Auftraggebers, der Bundesregierung. In die Untersuchungen müssen auch Umweltbundesamt, Bundesamt für Naturschutz und die betroffenen Region von Anfang an eingebunden werden“, forderte MdB Eva Bulling Schröter (Die Linke).

Der Einladung zur Informationsfahrt an die Donau waren trotz der Sommerpause sechs Parlamentarier gefolgt. Die Parlamentariergruppe hat sich vor etwa einem Jahr gegründet und will sich den speziellen Problemen, aber auch den Chancen der letzten verbliebenen, deutschland- und europaweit bedeutsamen Flusslandschaften z.B. an Donau, Elbe, Saale und Havel annehmen.

Die Teilnehmer konnten zunächst an Bord der „Takatuka“, dem Umweltbildungsschiff des BN, das Kernstück des frei fließenden Abschnitts der Donau, zwischen Deggendorf und Niederalteich mit dem Auenschutzgebiet „Isarmündung“ erleben. „Wir sind vom Fluss und der Landschaft wirklich beeindruckt. Die fließende Donau hat  für die Region mit ihren Schutzgebieten an der Isarmündung und am Staatshaufen und mit der ungestauten Mühlhamer Schleife wesentlich mehr Bedeutung und Nutzen, als eine kanalisierte Wasserstraße“, ist sich MdB Toni Hofreiter (Bündnis 90 / Die Grünen) sicher. Auch für Bruni Irber, die im Bundestag das Amt der stellvertretenden Vorsitzenden des Tourismus-Auschusses bekleidet, wird die Entwicklung der Region abseits der Massengüter-Schifffahrt stattfinden: „Ich sehe in der Weiterverfolgung der Idee, die Landschaft als Weltnatur- und -kulturerbe durch die UNESCO anerkennen zu lassen, sehr viel mehr Chancen für die Region als in der Kanalisierung der Donau.“ Für die FDP machte MdB Horst Meierhofer deutlich, dass die zusätzlichen Untersuchungen unnötig sind: „Der Kompromiss zwischen Donauausbau oder Nicht- Ausbau ist nicht eine neue Staustufe statt drei neuen Staustufen, sondern flussbauliche Maßnahmen. Seit 2002 hat sich inhaltlich nichts verändert, daher ist die neuerliche Untersuchung nichts anderes als Geldverschwendung.“

Im Gespräch mit den Parlamentariern stellte Bürgermeister Thalhammer für die Gemeinde Niederalteich fest, dass sich seine Gemeinde im Raumordnungsverfahren sogar gegen jede Form des Ausbaus gewandt habe. „Niederalteich hat sich seit Jahrhunderten im Einklang mit der Natur entwickelt und will sich auch weiterhin nachhaltig entwickeln. Das ist ohne eine fließende, naturnahe Donau nicht vorstellbar – Niederalteich am Donaustau wird es nicht geben“, machte Thalhammer deutlich. Der weit überwiegende Teil der vom Ausbau betroffenen Kommunen hat sich entweder ganz gegen einen Ausbau gestellt oder direkt oder indirekt lediglich einem Ausbau mit flussregulierenden Mitteln zugestimmt. „Viel mehr beschäftigt uns und die übrigen Kommunen an der Donau die notwendige Verbesserung des Hochwasserschutzes. Das darf nicht durch die unsinnige Vertiefung von bereits abgehakten Stau-Varianten weiter verzögert werden“, so Thalhammer.

Den Abschluss der Informationsfahrt bildete ein Abstecher an die Staustufe Straubing und an die im Zuge des Ausbaus oberhalb der Staustufe abgetrennte „Öberauer Schleife“. Die Naturschutzfachleute führten an dieser Schleife vor Augen, dass die vollmundigen Versprechungen der RMD AG und ihrer Gutachter zum angeblich möglichen „Ausgleich“ von ökologischen Schäden „das Papier nicht wert sind, auf das sie gezeichnet und geschrieben wurden“, wie Georg Kestel, Landschaftsarchitekt, Donauexperte des BN und Vorsitzender der Kreisgruppe Deggendorf feststellt. „Ein Skandal ist es außerdem, dass die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Süd in Würzburg es nicht fertig bringt, die seit etlichen Jahren überfälligen Ergebnisse der ökologischen Nachuntersuchungen und die Kontrollbilanz vorzulegen“, ergänzt Dieter Scherf, Mitglied im Landesvorstand des BN. „Die Behörde will die Daten zum Ausgleichsdesaster an der Staustufe Straubing nicht auf den Tisch legen, um die Irreführung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten, dass Staustufen zwischen Straubing und Vilshofen ausgleichbar wären.“ Die Parlamentarier sagten zu, sich auch für eine schnelle Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse einzusetzen.