Was interessiert Sie besonders?

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Zum Bebauungplan auf dem Auerberg, Gemeinde Bernbeuren, Lkr. Weilheim-Schongau

Im Aufstellungsbeschluss der Gemeinde Bernbeuren mit Datum 10.1.2008 werden Planungen vorgelegt für zwei neue, große Gebäude mit je bis zu 300 m² Grundfläche für Ferienwohnungen und Fremdenzimmer. Außerdem sollen ein Parkplatz erweitert und zwei große Parkplätzen neu ausgewiesen werden (siehe Anlage). Das ist zuviel für den Auerberg. Der Bund Naturschutz fordert mit Nachdruck, dieses empfindliche Idyll nicht durch Bauwerke zu zerstören!

19.02.2008

Der Auerberg, ein markantes, 1055 m hohes Bergmassiv, beherrscht weithin sichtbar, das schwäbisch-bayerische Voralpenland, unmittelbar vor dem Nordfuß der Allgäuer Alpen. Er ist wegen seiner Fernsicht in die Alpen Magnet für Touristen, Symbol für Heimatverbundenheit sowie für die Geschichte Bayerns von herausragender Bedeutung. Die ersten römischen Pioniere und Legionäre errichteten auf dem Auerberg eine befestigte Siedlung, die älteste bekannte in Bayern.

Die Gegend zwischen Wieskirche und Königsschlössern hat „Weltbühnencharakter“, so der Experte Dr. Josef Heringer (ehemals bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege) in seinem Vortrag bei den Dorfkulturtagen 2003, die Bernbeuren ausrichtet.

Für das hier für das Alpenvorland typische Landschaftsbild ist der Auerberg von ganz herausragender Bedeutung.

Plandarstellungen:

Es handelt sich beim Gipfel des Auerberg nicht um ein Baugebiet wie üblich. Im Flächennutzungsplan ist ein großer Bereich als „Ensemble Auerberg“ unter dem Kapitel „Denkmalschutz“ eingetragen (In der Anlage). Der Regionalplan Oberland wie auch der Regionalplan Allgäu weist den Auerberg als „landschaftliches Vorbehaltsgebiet“ aus. Er ist wegen seiner Schönheit und seiner Wirkung auf Erholungssuchende und Bergfreunde sowie auf unser innerstes Wohlgefühl ein besonders schützenswertes Gebiet. Ab einer bestimmten Belastung verliert der Auerberg seinen Charme! Und die ist bereits erreicht, wenn an schönen Wochenenden die Besucher weit über die ausgewiesenen Parkplätze hinaus entlang der Straße und auf den römischen Siedlungs-Terrassen parken. Zum archäologischen Hintergrund siehe Anhang 1.

Die Auerberggemeinden sind schon lange Jahre in Dorferneuerungen, LEADER, INTERREG Programmen aktiv. Zu diesen Programmen gehören immer auch Leitbildentwicklung und Kulturlandschaft. Wie passt das mit den jetzigen Planungen zusammen? Der Bernbeurer Bürgermeister war und ist häufig als Gastreferent in der Schule der Dorf- und Landentwicklung Thierhaupten eingeladen, oder Bernbeuren ist Exkursionsziel. Die Auerberglandgemeinden gelten als Vorbilder, sie haben zahlreiche Preise für Good Practice erhalten!

Und schließlich haben sich die Auerberg-Gemeinden bei den "7. Bayerische Tage der Dorfkultur" (Oktober 2003) im Auerbergland mit dem Standortfaktor Kultur gerühmt. Siehe: http://www.landentwicklung.bayern.de/publikationen/15810/berichte_heft_82.pdf. Dr. Peter Jahnke (damals im StMLF für Ländliche Entwicklung, jetzt im Ruhestand) hatte eine Vortrag über "Baukultur – Visitenkarte der Region" gehalten (Zitat: auch das Nichtbauen ist Baukultur). Dr. Josef Heringer hielt einen mitreissenden Vortrag zu "Kulturlandschaft – Bühne des Lebens". (Zitat: Die Kulturlandschaft zwischen Wieskirche und Königsschlössern hat »Weltbühnen-Charakter)!

Wie geht Bernbeuren jetzt, 5 Jahre später, mit dieser „Weltbühne“ um? Im Umweltbericht zum Bebauungsplan wird als Ergebnis der Überprüfung des Eingriffs auf Kultur- und Sachgüter mit „keine Erheblichkeit“ dargestellt.

Mitten über den Auerberg verläuft die Grenze zwischen den Landkreisen Ostallgäu und Weilheim-Schongau und damit auch zwischen Schwaben und Oberbayern. Die Gemeinde muss hier mit höchster Sorgfalt überlegen, wohin sich die Nutzung auf dem Auerberg entwickeln soll. Sie muss in diese Zielfindung auch die Bürger und alle Betroffenen einbeziehen. Der Auerberg ist nicht nur für Bernbeurer da. Doch sie haben eine Verantwortung weit über das eigene Gemeindegebiet hinaus für den Erhalt dieser einmalige Naturlandschaft.

Der Bund Naturschutz fordert insbesondere:

Das Landschaftsbild darf an diese Stelle nicht verändert werden. Jede Veränderung durch Bauten zerstört das Naturerlebnis und Erholungswirkung in der Nähe und auf die Ferne.

Wir können uns keine versiegelten Flächen auf diesem Berg leisten. Jeder Quadratmeter, der in dieser Höhenlage Regenwasser aufnehmen, zurückhalten und speichern kann, ist kostbar.

Würde der Verkehr noch mehr zunehmen, leiden nicht nur die Anwohner der Auerbergstraße in Bernbeuren, Auch die dafür nicht ausgerichtete Infrastruktur wie die Straßen ist dem nicht gewachsen und würde eine Erschließungsspirale nach sich ziehen.

Es ist damit zu rechnen, dass dies nicht die einzige Bautätigkeit auf dem Auerberg bleiben wird. Wie in Salamitaktik die schönsten Naturerholungsziele zugebaut werden, ist uns von vielen herrlichen Plätzen her bekannt.

Die Bernbeurer Bürger haben die Möglichkeit, sich mit einer schriftlichen Einwendung bis zur verlängerten Auslegungsfrist, die am 7.3.2008 endet, bei der Gemeinde zu äußern. Am 20.2.2008 findet die reguläre, jährliche Bürgerversammlung statt. Das Thema wird dort angesprochen werden. Über ein Flugblatt wurden alle Bürger darüber verständigt und eingeladen, mit der Gemeinde über die Pläne zu diskutieren (in Anlage). Ein Bürgerbegehren ist in Vorbereitung.

Rechtsprechung:

Da ein ähnlicher Fall bereits vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof behandelt wurde, wird ein Kommentar dazu in Anhang 2 beigelegt.

Dr. Christine Margraf
Leiterin der Fachabteilung München
E-Mail: christine.margraf@bund-naturschutz.de

Für Rückfragen:
Barbara Zach
Kreisvors. BN im Landkreis Weilheim-Schongau
Tel.: 08860/921452 und 0177 52 93 925
zach@uni-koeln.de

 
Anhang 1

Archäologie auf dem Auerberg

Der Auerberg, ein markantes, 1055 m hohes Bergmassiv, beherrscht weithin sichtbar, das schwäbisch-bayerische Voralpenland, unmittelbar vor dem Nordfuß der Allgäuer Alpen. Er ist auch aus archäologischer Sicht ein ganz besonderer Berg: Mit seiner extrem hoch gelegenen, ausgedehnten, von einem großen Erdwall umschlossenen römischen Siedlung ganz am Beginn der römischen Kaiserzeit steht er nicht nur im süddeutschen Raum einzigartig da.

Im Jahr 15 vor Christus hatten sich Truppen in Marsch gesetzt, die Gebiete nördlich der Alpen zu erobern. Damals herrschte Kaiser Augustus. Als sein Adoptivsohn Drusus die Alpen überquerte, besiegte er bei Oberammergau die einheimischen Stämme. Die Überlebenden sammelten die römischen Waffen auf und opferten sie ihren Göttern. Es sind die ältesten Beweise römischer Anwesenheit auf bayerischem Boden.

Nach nur einem Sommer waren 45 Stämme unterworfen. Darunter die keltischen Licates, die Bewohner des Lechtales.

Wir wissen heute, dass der Auerberg etwa 13./14 n.Chr. von Rom besiedelt und bereits um 40 n.Chr. wieder verlassen wurde. Mit seiner kurzen Siedlungsdauer, seinen vielschichtigen Baustrukturen und einem ungemein reichhaltigen, z.T. von weither importierten, qualitätvollen Fundmaterial ist der Berg für die Archäologie und Geschichte des süddeutschen Alpenvorlandes am Beginn der römischen Epoche von größter Wichtigkeit.

Hier finden sich bis heute sichtbar Reste dieser frühen römischen Siedlung, einer der ältesten, die man in ganz Bayern findet. Der gesamte Gipfelbereich war mit Wallanlagen umgeben, an denen man heute noch entlang spazieren kann. Sie umschließen verschiedene Terrassen, auf denen zumindest teilweise Gebäude standen. Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass es hier Spuren früher Besiedlung gibt. Archäologen untersuchten an einzelnen Schnitten durch die Wälle deren Aufbau. Mit Suchschnitten fahndete man nach architektonischen Spuren und Lebenshinweisen. Fachwerkgebäude, Wasserbecken, ein Brandopferplatz und viele andere Befunde sind entdeckt worden.

Schon im 2. Jahrzehnt nach Christus arbeiteten hier innerhalb eines fast 2 km langen Walles römische Handwerker. Sie schmiedeten Eisen, gossen Bronze, produzierten Katapulte, antike Kriegsmaschinen, erzeugten Glas, töpferten, spannen Wolle und webten. Dass auf dem Auerberg auch Legionäre lebten, bezeugen vier Dolche mit reicher Verzierung aus Silber, Bronze und Emaille.

Da bisher nur kleine Areale wissenschaftlich untersucht sind (siehe Anlage), gilt es, dieses einzigartige Kulturdenkmal, dieses unterirdische Archiv für die Nachwelt vor der Zerstörung zu bewahren.

Text z.T. entnommen aus:

Ulbert, Günter 1994, Der Auerberg I. Topographie, Forschungsgeschichte und Wallgrabungen. München.

 

Anhang 2

Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs zu „Muderbolz“, Gemeinde Ofterschwang, Lkr. Oberallgäu

Hier Auszug aus einem Kommentar von Prof. Witzsch:
"Gemeinden, die sich so ohne Not an vielerorts noch intakten Landschaften Bayerns versündigen, berufen sich dabei auf ihre Planungshoheit und schützen gern angeblich wichtige Interessen ihrer wirtschaftlichen Entwicklung vor, obwohl sich der Verdacht von Gefälligkeitsentscheidungen zugunsten kapitalkräftiger oder politisch durchsetzungsfähiger Bauwerber geradezu aufdrängt.

Dem hat nun der Bayerische Verfassungsgerichtshof (VerfGH) in einer mutigen Entscheidung vom 31. Mai 2006 (AZ.: Vf .I-VII-05) eine Riegel vorgeschoben und die bayerischen Stadt- und Gemeinderäte nachdrücklich an ihre Verpflichtung zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen erinnert.

Der VerfGH hatte über die Verfassungsmäßigkeit eines Bebauungsplans der Gemeinde Ofterschwang (Landkreis Oberallgäu) zu befinden, mit den Ferienwohnungen auf einen landschaftsprägenden Höhenrücken, inmitten landwirtschaftlicher Nutzflächen, etwa 250 Meter vom Ortsrand entfernt, entstehen sollten, „in freier Natur“, „vollständig im Außenbereich“, wie der VerfGH missbilligend feststellte.

Gegen diesen als Satzung verabschiedeten Bebauungsplan hatte ein Bürger „Popularklage“ erhoben – ein Rechtsmittel, das in Bayern jedermann wegen der Verletzung eines durch die Bayerische Verfassung (BV) gewährten Grundrechts auch gegen Gemeindesatzung erheben kann, d.h. auch dann, wenn er von der Satzungsnorm selbst gar nicht unmittelbar betroffen ist (Art. 98 Satz 4 der Bayerischen Verfassung in Verbindung mit Art.2 Zif. 7 des Verfassungsgerichtshofgesetzes).

In ihrer gepfefferten Standpauke warfen die Verfassungsrichter dem Gemeinderat von Ofterschwang schlicht eine Verletzung wichtiger Bestimmungen der bayerischen Verfassung vor, insbesondere des Art. 3 Abs. 2 („Der Staat schützt die natürlichen Lebensgrundlagen und die kulturelle Überlieferung“) und des Art. 141 Abs. 1 Satz 4, nach dem es zu den vorrangigen Aufgaben auch der Gemeinden gehört, den Boden als natürliche Lebensgrundlage zu schützen".