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Bayern muss aussteigen aus der Sackgasse Atompolitik und der unglaubwürdigen Diskussion um Atommüllendlager

BN fordert von bayerischer Staatsregierung zukunftsfähige Energiepolitik statt Atomlobbyaktivitäten

12.06.2009

Mit ihrer Ankündigung, sich nach der Bundestagswahl am 27. September verstärkt für den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken einzusetzen, gefährdet die Bayerische Staatsregierung nach Ansicht des Bundes Naturschutz nicht nur die Gesundheit der Bevölkerung und das Leben zukünftiger Generationen, sondern blockiert auch den Ausbau Erneuerbarer Energien und damit Bayerns Energiezukunft.

 

„Die Atomstromlobbypolitik von Staatsregierung und CSU ist schädlich  für den Klimaschutz und torpediert  die Zukunft  einer Stromversorgung mit erneuerbarer Energie“, so Bund Naturschutz- und BUND-Vorsitzender Hubert Weiger.  Das Argument von Ministerpräsident Horst Seehofer und Umweltminister Markus Söder, Atomkraft sei als „Brückentechnologie“ notwendig werde durch die jüngste Stellungnahme des Sachverständigenrates für Umweltfragen der Bundesregierung klar widerlegt. Darin warnt der federführende Professor für Energie- und Ressourcenwirtschaft an der Universität Flensburg  Olav Hohmeyer vor dem Weiterbetrieb der Atomkraftwerke und neuen Kohlekraftwerken: „Eine grundlastbasierte Stromerzeugung durch Atom- und Kohlekraftwerke ist nicht mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien kompatibel. Es ist technisch und ökonomisch nicht sinnvoll beide Pfade zu verfolgen“, so der Sachverständigenrat.

 

In den fünf bayerischen Atomkraftwerken wachse der Atommüllberg schneller als in anderen Bundesländern. Mit der Forderung nach dem Weiterbetrieb der Atomkraftwerke entlarve sich der Widerstand gegen die Planung eines Atommülllagers nahe der bayerischen Grenze beim tschechischen Krumau als St. Florians-Politik.

 „Der Bund Naturschutz und der BUND werden den Atomausstieg und die Atommüllentsorgung daher zum zentralen Thema des Bundestagswahlkampfes machen“, kündigte der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner an.

 Wegen des hohen Gefahrenpotentials fordert der Bund Naturschutz den Betrieb von Atomkraftwerken vor der nächsten Reaktorkatastrophe, also sofort einzustellen und stattdessen die effiziente Energienutzung und die Erneuerbaren Energien auszubauen. Im Rahmen der Umstrukturierung der bayerischen Landesbank fordert der Bund Naturschutz zudem den Rückzug aus der Finanzierung und Subventionierung des Neubaus eines Atomkraftwerkes im finnischen Olkiluoto.

Atommüllberg wächst und wächst

Bis zum Jahre 2000 wurden in westdeutschen Atomreaktoren mehr als 9.000 Tonnen hochradioaktiver Atommüll erzeugt. Der sogenannte „Atomausstieg“ bis 2023 wird diese Menge verdoppeln. Mit jedem weiteren Jahr Laufzeitverlängerung würde der deutsche Atommüllberg um 500 Tonnen anwachsen. Bei 20 Jahren Laufzeitverlängerung, wie dies von der Bayerischen Staatsregierung wie vom Bundeswirtschaftsministerium gefordert wird, würden zusätzlich 10.000 Tonnen Atommüll entstehen.

In Deutschland sind noch 17 Atomkraftwerke in Betrieb, davon 5 in Bayern. Diese bayerischen Atomkraftwerke in Ohu bei Landshut, Gundremmingen und Grafenrheinfeld haben bisher 4000 Tonnen hochradioaktiven Atommüll erzeugt. Jährlich sind es etwa 160 Tonnen. Das ist unverantwortlich angesichts der ungelösten Entsorgung.

Endlager Gorleben ungeeignet

Nach Auffassung des bayerischen Umweltministers Markus Söder „ist die Entscheidung für Gorleben eigentlich wissenschaftlich klar fundiert“. In Wirklichkeit ist Gorleben aus vielen Gründen für ein atomares Endlager ungeeignet. Niedersachsens ehemaliger Ministerpräsident Albrecht entschied sich 1979 „aus strukturpolitischen Gründen“ für Gorleben: Es diene „der wirtschaftlichen Entwicklung des Zonenrandgebietes“. Der Salzstock Gorleben war auf 3 Seiten von der damaligen DDR-Grenze umgeben.

Geowissenschaftliche Argumente spielten bei der Standortwahl keine große Rolle. Die Untersuchung des Salzstockes Gorleben führte in den Folgejahren zu vernichtenden Ergebnissen: Das schützende Deckgebirge ist von der Elbe weitgehend abgetragen. Wassereinbrüche wie in Asse 2 sind sehr wahrscheinlich. Die Erkundung endete zunächst in einem schweren Bergunfall mit einem Toten im Mai 1987. Nach einigen Jahren wurde weiter abgeteuft, seit 2000 herrscht aber ein Moratorium.

Die zuständigen Bundesbehörden bewerten seitdem weitere Endlagerstandorte. In Bayern sind dies die Schwäbische Alb (nordöstlich von Ulm) und Landshut (Tongestein) sowie die Granitformationen im Fichtelgebirge, um Finsterau, bei Falkenberg und Leuchtenberg (Nördl. Opf. Wald) sowie bei Saldenburg im Landkreis Passau. Welche Gesteinsformationen geeignet sind, ist international umstritten.

Die Endlagerfrage ist damit völlig ungelöst. Feststeht, dass Endlagerung keine „Entsorgung“ im eigentlichen Sinne ist und die Problematik nur auf Generationen in der nächsten Million Jahre verlagert wird.

Kein Grund zum Weiterbetrieb von Atomkraftwerken

Wer von einer „drohenden Stromlücke“ beim bevorstehenden Atomausstieg spricht – oder wie Ministerpräsident Seehofer eine „Brückentechnologie“ für notwendig erachtet, ignoriert die Realität.

Der deutsche Strommarkt leidet seit einigen Jahren an wachsender Überversorgung, die mit nie da gewesenen Stromexporten kompensiert wird: Von 2002 bis 2008 stieg der deutsche Netto-Stromexport von -0,7 auf über 22 Mrd. kWh.

Da die großen Stromkonzerne nicht bereit sind, ihre eigenen Kraftwerke zu drosseln, ja sogar noch neue Kohlekraftwerke bauen, wird sich dieser Zustand weiter zuspitzen.

 „Der notwendige Ausbau der erneuerbaren Energien ist mit hohen Anteilen von Kohle oder Kernkraft an der Stromversorgung nicht vereinbar.“ Dies stellte erst kürzlich der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung (SRU) fest und beklagte „falsche Weichenstellungen“. Sogar das Bundeswirtschaftsministerium räumte in seinen Vergleichsgutachten zum Energiegipfel 2007 ein, dass keine Stromlücke beim Atomausstieg auftreten könne und es „in allen Szenarien zu einer erheblichen Reduktion der energiebedingten Treibhausgasemissionen“ kommt, ob mit oder ohne Atomstrom. Allerdings dämpft der Weiterbetrieb von Atomkraftwerken das Wachstum der Erneuerbaren.

 Die Erneuerbaren Energien wie Sonne, Wind und Biomasse haben in den letzten Jahren einen großen Anteil an der Stromerzeugung erreicht und werden – wenn sie nicht gebremst werden – am Ende der nächsten Legislaturperiode weit mehr Strom erzeugen als die bestehenden Atomkraftwerke.

 Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft  (BDEW) erwartet bis 2014, dass die Erneuerbaren Energien 156 Mrd. kWh Strom erzeugen, der Chef der Siemens Renewable, Rene Umlauft, rechnet sogar mit einem 53%-Anteil bis 2025. Zum Vergleich: Die Kernenergie lieferte im letzten Jahr 141 Mrd. kWh oder 23,5% des Stroms in Deutschland. Die Bundesregierung hat zum Ausbau der Stromeffizienz und der Kraft-Wärme-Kopplung für 2020 weitere Vorgaben in Höhe von 135 Mrd. kWh gemacht.

 „Von einer Stromlücke oder der Notwendigkeit einer „Brückentechnologie“ ist weit und breit nichts zu sehen. Der Weiterbetrieb alter Atomkraftwerke dient lediglich den Gewinnerwartungen der vier großen Atomstromkonzerne“, so der BN-Energiereferent Dr. Ludwig Trautmann-Popp.

Mehr Anstrengung beim Klimaschutz nötig

Das Engagement der Staatsregierung für konkrete Klimaschutzaktivitäten ist keineswegs ausreichend. Obwohl die Staatsregierung die Atomkraft angeblich aus Klimaschutzgründen weiterführen will, wurden die CO2-Reduktionsziele in den letzten Jahren drastisch zurückgenommen. Entgegen der Empfehlung des Klimabeirats der Bayerischen Staatsregierung und im Widerspruch zu den Vereinbarungen im sogenannten „Klimabündnis“ mit dem Bund Naturschutz gibt es nur noch das Ziel für 2020 von „unter 6 Tonnen CO2 pro Kopf der Bevölkerung“. Das, so der Energiereferent des Bundes Naturschutz, Dr. Ludwig Trautmann-Popp, „ist ein Wert, der vermutlich bereits im Jahr 2010 erreicht wird“. Wesentlich ehrgeiziger sind demgegenüber die Meseberger Beschlüsse der Bundesregierung, wonach der CO2-Ausstoß von 2008 bis 2020 um 20% sinken soll.

 Zudem blockiere CSU-Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg das Energieeffizienzgesetz und verhindere damit die Durchsetzung innovativer energiesparender Technologien. Der Bund Naturschutz fordert die Initiative Bayerns für dieses Gesetz, den Aufbau eines flächendeckenden, unabhängigen Energieberatungsnetzwerkes sowie ambitionierte Ziele zur energetischen Gebäudesanierung.

Atomkraft, keine Hilfe beim Klimaschutz

Weltweit trägt der Atomstrom nach Angaben der Int. Atomenergieorganisation mit weniger als 2,5% zur Energieversorgung bei. Eine Hilfe beim Klimaschutz war das nicht, vielleicht aber ein „Haupthemmnis für die zur Erreichung des Klimaschutzziels unabdingbare Effizienzverbesserung“, wie es Angela Merkel noch als Bundesumweltministerin im Jahr 1997 zu Protokoll gab.

 Der Weiterbetrieb von 17 deutschen Atomkraftwerken um einige Jahrzehnte erhöht das Risiko einer Reaktorkatastrophe im dicht besiedelten Deutschland enorm, trägt aber so gut wie nichts zum Klimaschutz bei.

Es ist also höchste Zeit, diese gefährliche und teuere Atomtechnologie zu beenden. Sihat auch nach über fünf Jahrzehnten die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt, sondern großes Leid über die Menschheit gebracht.

Für Rückfragen:

Richard Mergner, BN-Landesbeauftragter 

Tel.: 0911-8187825 u. 0171-6394370

Dr. Ludwig Trautmann-Popp, BN-Energiereferent

Tel.: 0951-5190609