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Bayerisches Agrarbündnis fordert Nachbesserungen bei den Kommissionsvorschlägen zur Reform der EU-Agrarpolitik

12.10.2011

Die Verbände im bayerischen Agrarbündnis kritisieren die heute veröffentlichten Vorschläge zur  Reform der EU Agrarpolitik als unzureichend, um Bayerns Bauern eine Zukunftsperspektive aufzuzeigen. Zwar gebe es erste positiv zu wertende Umsteuerungselemente in Richtung sozialer und  ökologischer Komponenten, doch sei der große Wurf noch nicht gelungen. Um die noch vielseitige Landwirtschaft in Bayern vor der Agrarindustrie zu schützen werden die Agrarbündnisverbände u.a. in den nächsten Monaten Diskussionsprozesse auf Höfen innerhalb der Kampagne „Meine Landwirtschaft“ in Bayern veranstalten, Gespräche mit EU Parlamentariern führen und für die 2. Großdemonstration in Berlin am 21. Januar 2012 gegen Agrarfabriken und für eine gentechnikfreie Landwirtschaft mobilisieren.

Fehlende Marktpolitik
Unter den Vorzeichen der geringeren Finanzmittelausstattung des EU Agrarhaushalts in der Periode 2014 - 2020 und den anstehenden Umschichtungen zu Gunsten der späteren Beitrittsländer kritisieren die 12 im bayerischen Agrarbündnis zusammengeschlossenen Verbände vor allem die fehlenden Aussagen zur künftigen Marktpolitik der EU und das Festhalten am Instrument der  Exportsubvention und Intervention. Die Abkehr von der Liberalisierung der Märkte und der Weltmarktorientierung kann nur durch die Schaffung von fairen Marktrahmenbedingungen geschehen.  Versicherungslösungen für Marktschwankungen beseitigen nicht die Ursachen von Marktschwankungen, die häufig in der Produktion von Übermengen liegen.

Exportorientierung schädlich
Die EU hatte bei der WTO Ministerkonferenz 2005 zugesagt, alle Exportsubventionen bis 2013 abzuschaffen, wenn die Doha-Runde abgeschlossen würde. Nun werden die Exportsubventionen nicht nur beibehalten, sondern auch in der Zielsetzung ausgedehnt. Nicht mehr das Ziel der Binnenmarktstabilisierung steht im Vordergrund, sondern die Erschließung von Exportmärkten. Eine Überprüfung der Wirkung auf die oft kleinen und fragilen Märkte der Entwicklungsländer soll nicht stattfinden. Das bayerische Agrarbündnis fordert ein Ende der Exportsubventionen, da sie der Ernährungssouveränität insbesondere von Nettonahrungsimporteuren zuwiderlaufen und das Recht auf Nahrung verletzen. Die EU muss ihre internationale Verantwortung wahrnehmen und ihre Agrarpolitik muss mit ihrer Entwicklungspolitik übereinstimmen.

Arbeitsbedarf der nachhaltig, bäuerlich wirtschaftenden Betriebe nicht berücksichtigt
Bestehende Ungerechtigkeiten zwischen arbeitsintensiv und vielfältig wirtschaftenden Grünland- und Viehhaltungsbetrieben und weniger Arbeitskraft benötigenden flächenstarken Ackerbaubetrieben werden nicht beseitigt und Arbeitskräfte auf Großbetrieben zum Teil noch voll finanziert, anders als Familienarbeitskräfte auf bäuerlichen Betrieben. Das bayerische Agrarbündnis fordert daher, dass den Mitgliedsstaaten das Recht eingeräumt wird, den kalkulatorischen Arbeitsaufwand als gleichberechtigte Möglichkeit für die Bemessung der Direktzahlungen einzubeziehen. Dies würde vor allem zu einer gerechteren Honorierung der gesellschaftlichen Leistungen kleinerer, vielfältigerer Betriebe mit flächengebundener Tierhaltung und Grünlandbewirtschaftung führen.

Die EU-Kommission hat stattdessen vorgeschlagen, „um unverhältnismäßige Auswirkungen auf landwirtschaftliche Großbetriebe mit vielen Beschäftigten“ zu vermeiden,  eine einzelbetriebliche Staffelung der Zahlungen an landwirtschaftliche Betriebe vorzunehmen, die bei mehr als 150.000 € Zuwendung nach Abzug der Lohnkosten beginnen soll und bei 300.000 € endet. In Bayern erhielten laut Agrarbericht 2010 ganze acht Betriebe mehr als 200.000 € Direktzahlungen, sechs Betriebe mehr als 300.000 € und gemeinsam 5,4 Millionen € oder 0,5% der Direktzahlungen. Das Agrarbündnis bezweifelt die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme: durch Betriebsteilung könnten Kürzungen in vielen Fällen verhindert werden.

„Begrünung“ der Agrarpolitik“ begrüßt
Als Schritt in die richtige Richtung wertet das bayerische Agrarbündnis, dass die Direktzahlungen von der Erfüllung sog. „greening–Maßnahmen“ abhängig sein sollen. Landwirte, die in den vollen Genuss der Direktzahlungen kommen wollen, sollen künftig 7% ihrer Ackerfläche für besonders artenreiche Nutzungen sowie Hecken, Ackerraine, Blühflächen oder Biotopstrukturen  bereitstellen. Alle vorhandenen Landschaftselemente sind auf diese Fläche anrechenbar Plänen des Bauernverbandes, den intensiven Energiepflanzenanbau auf diese Flächen anzurechnen, erteilt das Agrarbündnis eine klare Absage.

 Kein Schutz vor agrarindustrieller Massentierhaltung und „Vermaisung“
Ein entscheidendes Versäumnis sehen die Verbände in der nicht erfolgten Bindung der Viehhaltung an die Fläche bzw. der fehlenden Festschreibung von Stickstoffbilanzüberschüssen. Denn bäuerliche nachhaltige Strukturen zeichneten sich durch eine flächengebundene Tierhaltung aus, bei der das Futter im Wesentlichen von der hofeigenen Fläche stamme.

Nur so könne die Abhängigkeit von Importfutter und der weitere Aufbau von  Überkapazitäten in der Fleisch- und Milcherzeugung, Einhalt geboten werden. Überschüsse, die zu Dumpingpreisen auf den Weltmärkten landen, ruinieren  europäische Bauern genauso wie ihre Kollegen in Afrika und Asien.

Die Einführung eines Fruchtfolgeanteils für Leguminosen wäre sinnvoll, da die EU momentan 78% der verbrauchten Eiweißfuttermittel importiert.  Der exportorientierte Sojaanbau in Südamerika verdrängt Kleinbauern von ihren Flächen und trägt zur Abholzung von Savannen und Regenwäldern bei. Deshalb muss eine Eiweißstrategie für die EU entwickelt und Sojaimporte reduziert und sozial wie ökologisch qualifiziert werden. Der Anbau von heimischem Soja und die Schaffung von Verarbeitungs- und Vermarktungswegen ist zu fördern, um den steigenden Eiweißbedarf auch mit regionalen Produkten bedienen zu können.

 Bei den diskutierten Fruchtfolgeregelungen hat sich die EU Kommission nicht über die schon jetzt gültigen Vorgaben hinausgewagt, die 70% Anteil für eine Fruchtart am Acker vorschreiben. Der „Vermaisung“ der Landschaft werde dadurch nicht entgegengewirkt.

Das vorgesehene Dauergrünlandumbruchverbot ab 1.1. 2014 in der EU sei zu begrüßen, für Bayern sei dieser Stichtag allerdings viel zu spät, da er geradezu dazu einlädt, vorher noch verstärkt umzubrechen. Zwingend notwendig wäre eine Regelung wie in Baden-Württemberg, wo der  Grünlandumbruch bereits seit Juni 2011 nur noch in wenigen begründeten Ausnahmefällen erlaubt ist.

Das Agrarbündnis wird sich in den nächsten Wochen intensiv in die weitere Debatte einmischen und unterstützt auch die bundesweite Kampagne meine Landwirtschaft mit einer Auftaktveranstaltung „Bauer hält Hof“ am 29.10.2011, um 10.00 Uhr in Heideck im Landkreis Roth.

  

Für Rückfragen:

Karin Deraëd, Diakonisches Werk Bayern-Brot für die Welt, 0911 9354-223

Manfred Hederer, DBIB,  0151 2303 8271

Eva-Maria Heerde-Hinojosa, Misereor Arbeitsstelle Bayern, 089/598279

Matthias Luy, LBV, 089/200 270 80

Marion Ruppaner, BN, Tel. 0911/81 87 8-20,

Josef Schmid, AbL Vorsitzender Bayern, 08742 80 39

Harald Ulmer, LVÖ, 089-210 209 98

Gisela Voltz, Angela Müller Mission EineWelt, 0911-36672-12 +  07932-605990

Fritz Wienert, Thorsten Sehm, BDM Tel. 09182/1662  + 08161/5384730

Unterstützerorganisationen eines Agrarbündnis Bayern,

Stand Oktober 2011:

  • Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Landesverband Bayern (ABL)
  • Bundesverband Deutscher Milchviehhalter, Landesverband Bayern (BDM)
  • Bund Naturschutz in Bayern e.V.
  • Deutscher Berufs und Erwerbs Imker Bund e.V., DBIB
  • Diakonisches Werk Bayern - Brot für die Welt
  • FIAN Deutschland e.V., Arbeitskreis Agrar , München
  • IG Bauen-Agrar-Umwelt, Regionen Bayern und Franken
  • Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV)
  • Landesvereinigung für den ökologischen Landbau (LVÖ) mit ihren Mitgliedsverbänden: Biokreis Bayern e.V., Bioland Bayern e.V., Demeter Bayern e.V., Naturland Bayern e.V.
  • MISEREOR-Arbeitsstelle Bayern
  • Mission EineWelt, Centrum für Partnerschaft, Entwicklung und Mission der Evang.-Luth. Kirche in Bayern
  • Tagwerk e. V.