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Tiere und Pflanzen

Bayerisches Agrarbündnis zieht Bilanz:

07.02.2012

Nach der überwältigenden Demonstration in Berlin mit 23.000 Teilnehmern und großer bayerischer Beteiligung, sieht sich das Bayerische Agrarbündnis aus Bauern, Umwelt-, Verbraucher- und Entwicklungsverbänden gestärkt, notwendige Veränderungen in der bayerischen und europäischen Agrarpolitik voranzubringen.

Gebetsmühlenartige Aussagen des bayerischen Bauernverbandes, dass eine intensive Bewirtschaftung und Agrarexporte aus Europa nötig sind, um den Hunger in der Welt zu verringern, werten die Vertreter/innen des bayerischen Agrarbündnisses als unhaltbare Polemik und Blockadepolitik.

„Die Landwirtschaft in Europa, Deutschland und Bayern muss nicht intensiver werden, sondern wieder bäuerlicher und damit nachhaltiger und tier- und standortgerechter“, so Hubert Weiger, BN Landesvorsitzender zu den Attacken des Bauernverbandes auf die Legislativvorschläge der EU Kommission, Leistungen der Landwirtschaft für die Sicherung der Artenvielfalt und bedrohter Lebensräume verpflichtend für künftige Agrarzahlungen zu machen. „Nach wie vor hat Europa ein Agrarhandelsdefizit und nimmt mehr Flächen in armen Ländern für Futtermittelanbau und Energiepflanzenimporte in Anspruch, als es in Form von Lebensmittellieferungen wieder zurückgibt, so Weiger.

„Menschen leiden deshalb an Hunger und Mangelernährung, weil ihnen der Zugang zu Ressourcen fehlt. So können sie weder selbst genügend produzieren, noch sich Nahrungsmittel kaufen“, so Marlies Olberz von der Menschenrechtsorganisation FIAN. „Der eigentliche Skandal sei“, so Olberz weiter, „dass der Export europäischer Agrarüberschüsse  in den Empfängerländern die Einkommensgrundlage vieler Bauernfamilien vernichtet und damit weiteren Hunger auslöst. Es werden ausreichend Nahrungsmittel produziert um die Weltbevölkerung zu ernähren.“

Dem pflichtet auch Angela Müller von der kirchlichen Organisation Mission EineWelt bei: „Wir haben genug! Die weltweite Getreidemenge würde für 12 Mrd. Menschen reichen, doch es wird nur knapp die Hälfte direkt verzehrt. Der Rest wird als Futtermittel, Energie- oder Industrierohstoff verwendet. Die Ernährung der Hungernden kann nur vor Ort durch die bäuerliche Bevölkerung funktionieren. Hier werden gerade mit ökologisch angepassten Methoden die besten Fortschritte erreicht.“

Das bayerische Agrarbündnis setzt sich auch dafür ein, eine leistungsgerechte Bezahlung bäuerlicher Arbeit für naturgerechte Bewirtschaftung und nachhaltige Lebensmittelerzeugung bei der kommenden Agrarförderperiode von 2014 bis 2020 zu erreichen.

„Bäuerliche Betriebe erzeugen regionale Lebensmittel, bewahren ökologisch wertvolle Landschaften, bauen tiergerechte Ställe, erhalten geschlossene Nährstoffkreisläufe und lebenswerte Bauerndörfer“, so Josef Schmid von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, und weiter: Diese Leistungen für die Gesellschaft können nur durch die Arbeit von Bäuerinnen und Bauern erbracht werden. Eine weitere Industrialisierung der Landwirtschaft ersetzt Menschen durch Maschinen, erzeugt anonyme Massenware, maschinengerechte Agrarsteppen, verursacht Futtermittelimporte, Massentierhaltung, Belastung des Grundwassers und letztendlich sterbende Dörfer und Schlafsiedlungen. Industrielle Landwirtschaft bringt keine gesellschaftlichen Leistungen – sie verursacht oft sogar noch Schäden, deren Reparatur dann zusätzliche Steuergelder kostet. Deshalb fordern wir, dass bei der Agrarförderung in Zukunft, nach dem Grundsatz „öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen“, die bäuerliche Arbeit und nicht der Grundbesitz honoriert wird“, so Schmid.

Manfred Gilch vom Bundesverband deutscher Milchviehalter spricht sich im Gegensatz zum Bauernverband für eine Umorientierung der gesamten Agrarpolitik aus. Anstatt immer weiter auf die weltweite Wettbewerbsfähigkeit durch kostengünstigste Produktionsverfahren zu setzen, sollte die Agrarpolitik Werte wie Nachhaltigkeit und Vitalität der ländlichen Räume an erste Stelle setzen. „Was wir brauchen, sind vitale ländliche Räume und angemessene Bezahlung unserer Arbeit. Solange die Zahlungen der EU nur linear an die Flächengröße angepasst sind, wird bäuerliche Arbeit zu wenig gewürdigt, so Gilch. Um dem Vorwurf des Bauernverbandes, bei den Greening-Maßnahmen handle es sich um Stilllegung, jeglichen Boden zu entziehen, sollte die EU-Kommission z.B. den Anbau von Leguminosen wie Klee oder Luzernegemenge als Greening-Maßnahme anerkennen. Damit würde neben der Minimierung von Eiweißfuttermittelimporten eine Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit erreicht werden sowie Farbtupfer in der Landschaft entstehen.

Das Agrarbündnis plant in den nächsten Monaten zahlreiche Gespräche und Veranstaltungen mit Politikern, um eine Gegenwicht zu den nicht mehr zeitgemäßen Aussagen und Kampagnen des Bauernverbandes aufzubauen.

Die vom Bauernverband vielfach erhobenen Vorwürfe, die EU fordere Flächenstilllegung, bewertet das Agrarbündnis ganz klar als Verfälschung der Kommissionsvorschläge. „Wir brauchen ökologische Vorrangflächen, den Schutz unserer Wiesen und Weiden und einen Stopp von Monokulturen, um ein weiteres Bienen- und Insektensterben aufzuhalten, und die bayerische Kulturlandschaft in Ihrer Vielfalt auch für die Gesellschaft zu erhalten“, so Marion Ruppaner, BN Agrarreferentin. „Hecken, Blühflächen und Ackerraine dürfen in Bayern nicht zum Auslaufmodell werden, denn sie erhalten das Gleichgewicht zwischen Nützlingen und Schädlingen und schützen den fruchtbaren Boden vor Wind- und Wassererosion und müssen als wertvolle Leistungen der Landwirtschaft für eine intakte Kulturlandschaft bei der Bevölkerung herausgestellt werden. Nur auf diesem Weg lassen sich die EU Zahlungen an die Landwirtschaft sinnvoll begründen.“

 

Matthias Luy vom Landesbund für Vogelschutz betont, wie wichtig eine Ökologisierung der Landwirtschaft ist: „ Die Artenvielfalt im ländlichen Raum hat in den vergangenen Jahrzehnten einen dramatischen Rückgang erlitten. So leben in Bayern nur noch weniger als 500 Paare des Großen Brachvogels, hat das Rebhuhn 90% seines Bestandes eingebüßt, und selbst die ehemals überall häufige Feldlerche ist aus manchen Landstrichen verschwunden. Die geplanten 7% ökologische Vorrangflächen sind dringend zur Erhaltung der Artenvielfalt erforderlich. Dabei kann durchaus eine landwirtschaftliche Nutzung stattfinden, z.B. in artenreichen Streuobstwiesen.“

 

Für Rückfragen:

Marion Ruppaner, Bund Naturschutz, Tel. 0911/81 87 8-20

Marlies Olberz, FIAN e.V. 089 820 712 84

Manfred Gilch, BdM, 0173 765 8237

Josef Schmid, AbL,08742 80 39

Angela Müller, Mission EineWelt,07932 6059 90

Matthias Luy, Landesbund für Vogelschutz, Tel. 089/219 64 30 51