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Bund Naturschutz legt Klage gegen die Zerstörung wertvollster Lebensräume ein

Geplantes Wohngebiet Urlas der US-Armee bei Ansbach

09.05.2008

Gegen die geplante Bebauung des Standortübungsplatzes am Urlas bei Ansbach durch die US-Armee hat der Bund Naturschutz am 30.04.08 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingereicht und wird dabei von der Bürgerinitiative "Etz langts - Gegen die Ausbaupläne der US-Armee, für eine friedliche Region Ansbach" unterstützt.

 

Die US-Armee will auf dem Ansbacher Übungsgelände eine Wohnsiedlung mit 500 Häusern, Supermarkt, Tankstelle, Hallenbad, Sportanlagen und ein Wasserwerk sowie eine Umfahrung des Ortsteiles Katterbach im Zuge der B 14 und einen alternativen Kontrollzugang zu ihrer Kaserne in Katterbach errichten.

 

Das Gebiet liegt im Naturpark "Frankenhöhe" und ist als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.

 

Die Bebauung plant das Staatliche Bauamt Nürnberg. In einem ersten Bauabschnitt sollen nun 138 Wohneinheiten errichtet werden. Hiergegen richtet sich die Klage des BN. Für den ersten Bauabschnitt würden ca. 18 Hektar Fläche (25 Fußballfelder) bebaut und weitere 15 Hektar während der Baumaßnahmen zerstört. Die Bauvorbereitungen, insbesondere der Abriss von Bunkeranlagen, Rodungen u.a. ist bereits im Gange. Dagegen wird der BN noch eine Klage auf Baustopp einlegen.

 

Es ist nicht akzeptabel, dass hier ausgesprochen wertvolle Lebensräume ohne Not vernichtet werden. Hier leben europaweit bedrohte Vögel wie Bekassine und Kiebitz, hier haben wir eine der größten Laubfroschpopulationen des Ansbacher Landkreises, der immerhin so groß wie das Saarland ist.

 

Die ganze Welt schaut wegen der soeben anlaufenden internationalen UN-Artenschutzkonferenz in Bonn auf Deutschland. Dort wird der Wert der Artenvielfalt und der Beitrag Deutschlands und Bayerns zu dessen Schutz intensiv diskutiert.

 

In Bayern sind noch vor wenigen Jahren häufige Arten wie Feldlerche, Rauchschwalbe und Grasfrosch bereits in der amtlichen Roten Liste der gefährdeten Arten enthalten. Statt lächerlichen 2,65 € staatlicher Ausgaben für den konkreten Biotop- und Artenschutz pro Einwohner und Jahr muss Bayern ein eigenes Investitionsprogramm auflegen und schon im nächsten Landeshaushalt die Mittel für die Bewahrung der Schöpfung verdoppeln – und Aufhören mit ständig neuen Landschaftseingriffen wie Fichtelgebirgsautobahn, Donauausbau oder am Urlas!

 

BN und Bürgerinitiative fordern deshalb den Verzicht auf die Neubebauung und die Sanierung, ggf. Ergänzung der bestehenden Kasernen in Katterbach (Bismarck) und am Urlas (Shipton). Was der Bevölkerung in Erlangen, Herzogenaurach, Nürnberg und vielen anderen Konversionsstandorten nach der Sanierung als Wohnung bestens taugt, sollte auch den US-amerikanischen Soldaten genügen.

 

Wir brauchen keine weiteren Splittersiedlungen in unserer fränkischen Landschaft, die das Gegenteil europäischer Baukultur darstellen und aus Klimaschutzgründen nicht genehmigt werden dürften. Bei absehbar sinkender Bevölkerung und möglicherweise Abzug der US-Armee in den nächsten Jahren sind die Bauten auch langfristig nicht nötig. Wir wollen Bayerns Schönheit bewahren!

 

Die Bürgerinitiative und der Bund Naturschutz bitten zur Finanzierung der Klage und weiterer Aktivitäten um Spenden auf das Konto 170844, Gewerbebank eG Ansbach, BLZ 765 600 60.

 

Am Urlas, einem Gebiet von 144 Hektar befinden sich wertvolle Biotopbereiche von 40 bis 50 Hektar. Dort konnte sich die Natur in den letzten 50 Jahren weitgehend ungestört von Kunstdünger und Pestiziden entwickeln. Es wurde jahrzehntelang mit Schafen beweidet. Flockenblume, Echtes Labkraut, Wilde Möhre und teilweise sogar Thymian bilden herrliche Blütenaspekte. Hinzu kommen temporär Wasser führende Mulden – für Amphibien ein kleines Paradies. Seltene Vögel wie Rebhuhn, Wiesenpieper, Wachtel, Kiebitz und Haubenlerche brüten hier.

 

Bund Naturschutz und Bürgerinitiative waren am Planungsverfahren zur Bebauung des Urlas nicht beteiligt worden. Es kostete einige Anstrengungen, die Planungen überhaupt einsehen zu können, weil die militärischen US-Behörden das Verfahren zur Sicherheitsangelegenheit erklärten.

 

Gemeinsam mit der Bürgerinitiative "Etz langts", dessen Mitglied der BN ist, hat der Naturschutzverband seit Bekanntwerden der Planungen Kritik an der Bebauung des naturschutzfachlich besonders wertvollen Gebietes geübt.

 

Die Ansbacher Bürgerinitiative hat in den letzten zwei Jahren eine Vielzahl von Kundgebungen, darunter zwei gut besuchte Ostermärsche, Gedenkgottesdienste des BI-Vorsitzenden und Pfarrers i.R. Hansjörg Meyer, Aufklärungsveranstaltungen, Sonntagsspaziergänge, zuletzt Anfang Mai mit dem BUND- und BN-Vorsitzenden Prof. Dr. Hubert Weiger und Aktionen durchgeführt.

 

Sie richten sich einerseits gegen den Ausbau des Militärstandortes Ansbach durch die US-Armee im Rahmen der NATO und der völkerrechtlich umstrittenen Einsätze in Irak und Afghanistan und die damit verbundenen Lärmbelastungen der Bevölkerung durch Hubschrauberübungen im gesamten Großraum.

 

Andererseits richten sich die Proteste gegen die Vernichtung wertvoller Lebensräume im geplanten Baugebiet. Gegen diesen Belang kann der BN als anerkannter Naturschutzverband klagen.

 

Im Einzelnen richtet sich die Klage gegen folgende Aspekte (Beispiele):

 

·        Lebensräume der nach der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) und der europäischen Vogelschutz-Richtlinie geschützten Arten werden zerstört oder beeinträchtigt, obwohl Alternativen vorliegen. Dies betrifft z.B. sieben Fledermausarten wie den Großen Abendsegler, Amphibien wie den Laubfrosch oder 58 Vogelarten, darunter die Bekassine, der Kiebitz oder das Rebhuhn sowie weitere Artengruppen.

·        Sog. Ausgleichsmaßnahmen sollen in einem weit entfernten militärisch genutzten Gebiet bei Oberdachstetten in einem anderen Naturraum durchgeführt werden, das z.T. dafür ungeeignet ist.

·        Dauerhafte Bebauung von 17,9 Hektar Boden ohne Bedarfsnachweis.

·        Allen zur Planung vorgelegten Untersuchungen mangelt es an einer Berücksichtigung der weiteren Bauabschnitte.

·        Formale Gründe: Ein Raumordnungsverfahren wurde nicht durchgeführt, die artenschutzrechtlichen Befreiungen wurden ohne Beteiligung des BN erlassen.

 

Aus rechtlichen Gründen kann der BN leider Lärm-, Klinaschutz- oder Bodenschutzbelange nicht mit Aussicht auf Erfolg beklagen. Hier fordert der BN seit langem vom Gesetzgeber Verbesserungen zum Schutz von Mensch und Umwelt.

 

Militärische Übungsplätze gehören in ganz Bayern heute zu den Gebieten mit den größten Populationen gefährdeter Arten, weil sie seit Aufkommen von Kunstdünger und Pestiziden vor ca. 70 Jahren nie landwirtschaftlich intensiv genutzt wurden. Die militärischen Beeinträchtigungen sind zwar auch relevant, beschränken sich aber oft nur auf bestimmte Zeiten der Übungen oder auf Teilgebiete (z.B. Ölunfälle).

 

Die größten noch genutzten Übungsplätze in Bayern, Grafenwöhr und Hohenfels, sind die größten FFH-Gebiete Bayerns. Auch in Mittelfranken sind die -zwischenzeitlich aufgegebenen Standortübungsplätze wie Exerzierplatz und Tennenlohe (beide bei Erlangen) oder der Hainberg westlich Nürnberg nicht nur als FFH- und/oder Vogelschutzgebiete, sondern auch als Naturschutzgebiete landesrechtlich geschützt.

 

Aktuell kämpft der BN in Nordbayern neben dem Erhalt des Urlas bei Ansbach gegen einen Moto-Cross-Park am ehemaligen Übungsplatz bei Ebern (Lkr. Hassberge) und für die NSG-Ausweisung des ehemaligen Übungsplatzes Schweinheim bei Aschaffenburg.

 

Der US-Standort bei Ansbach ist einer der fünf größten Militärstandorte der US-Armee in Europa. Hier ist die 12. Heeresfliegerbrigade Illesheim und Ansbach mit ca. 5.200 Soldaten incl. Angehörige stationiert. Laut US-Armee befinden sich üblicherweise in Illesheim 48 und in Katterbach 62 Hubschrauber. 200 Außenlandeplätze sind für die Übungen genehmigt, d.h. die gesamte Region ist Truppenübungsgelände. Seit 2003 befinden sich große Teile der hier stationierten Einheit im Irak.

 

Von den 900 Milliarden Euro an weltweiten Rüstungsausgaben entfallen 390 Milliarden allein auf die USA. Das ist ein neues Allzeithoch. Pro Kopf der Weltbevölkerung macht das rund 137 Dollar per anno. Dem gegenüber stehen 30.000 Hungertote täglich.

 

 

 

Für Rückfragen:

 

Tom Konopka

BN-Regionalreferent für Mittelfranken

Fon: 0911/818 78 24

Fax: 0911/86 95 68

Mail: tom.konopka@bund-naturschutz.de