Der Biber - Rückkehr der Burgherren
Der 1867 in Bayern ausgerottete Biber ist heute dank eines vor 40 Jahren begonnenen und 1982 erfolgreich abgeschlossenen Wiedereinbürgerungsprojektes des Bund Naturschutz (BN) und des Freistaates Bayern wieder in allen bayerischen Regierungsbezirken und vom Spessart bis in den Voralpenraum heimisch. Der heutige Biberbestand in Bayern liegt bei gut 8.000 Tieren in rund 2.000 Biberfamilien bzw. Revieren. 1/3 der geeigneten bayerischen Fließ- und Stillgewässersysteme ist besiedelt, dort stagniert der Bestand oder ist teilweise sogar rückläufig. In einem weiteren Drittel befindet er sich in der aktiven Ausbreitungsphase v.a. Richtung Alpenraum; ein knappes Drittel ist noch nicht besiedelt. Seit einigen Jahren gibt es den Burgenbauer auch wieder in und um München.
Von der Dammbau-, Grab- und Stautätigkeit des Bibers profitieren zahllose gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Durch seine Dämme im Oberlauf der Fließgewässer entsteht eine Verlangsamung des Abflusses, was beim dezentralen Hochwasserschutz enorm helfen kann. Hubert Weiger, Vorsitzender des BN: „Kein von Menschen künstlich angelegtes Feuchtgebiet kann die Naturschutz-Qualität und Artenfülle erreichen, die ein vom Biber geschaffenes Feuchtbiotop bietet.“
Der BN fordert daher die Fortführung des bestens bewährte Biberberater-Projekt in Bayern, die Einführung eines staatlichen Härtefall-Fonds zur finanziellen Hilfe bei Problemen und ein landesweites Förderprogramm für dezentrale Hochwasserrückhaltung, das die positiven Wirkungen des Biber integriert.
Das Comeback des Bibers in Deutschland ist ein ermutigendes Zeichen für den Naturschutz. Es kehrt damit eine ökologische „Schlüsselart“ der Feuchtgebiete zurück. Der Landschaftsarchitekt Biber kann als Motor der Auendynamik wie keine zweite heimische Tierart seinen Lebensraum aktiv gestalten. Vom Biber angelegte Lebensräume sind natürliche, dynamische und damit artenreiche Biotope für viele andere Arten, darunter für eine Fülle von Arten der Roten Liste. Der fleißige Handwerker zimmert mit seiner Bautätigkeit Lebensraum für andere bedrohte Arten, vom Stichling über die Ringelnatter bis zum Schwarzstorch. Das im Buch & Kunstverlag Oberpfalz soeben erschienene, reich bebilderte Fachbuch „Der Biber – Die Rückkehr des Burgherren“ (Autoren: Gerhard Schwab, Markus Schmidbauer, Prof. Dr. Volker Zahner, ISBN 3-935719-32-9; 136 Seiten, Preis: 24,80 €) belegt eindrucksvoll diese unverzichtbare Rolle des Bibers für den Artenreichtum in Bayern.
Am nördlichen Stadtrand von München, zwischen den Gemeinden Oberschleißheim und Ismaning gibt es wieder einige Biberreviere. Das südlichste Vorkommen befindet sich an der Isar auf Höhe des Deutschen Museum. Die Tierwelt profitiert deutlich und schnell von den neuen Lebensräumen, die der Biber geschaffen hat. Für viele Arten der „Rote-Liste“ wurden Neuansiedlungen bzw. eindeutig positive Bestandsentwicklungen registriert.
Ausgesprochen positive Effekte hat der Biber auf die Fischfauna: im direkten Umfeld des Ast-Dschungels einer Biberburg findet man Fischdichten, die bis 80 mal so hoch sind wie sonst. Vom Biber gefällte, im Fluss liegende Bäume und Äste sind die besten Unterstände für hoch bedrohte Fischarten. Die Bedeutung derartiger Totholzstrukturen in Fließgewässern wurde erst im Juni 2005 durch eine Dokumentation „Totholz bringt Leben in Flüsse und Bäche“ des Landesfischereiverbandes und des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft belegt. Totholz variiert Strömung und Wassertiefe, bietet Unterschlupf v.a. für Jungfische und führt nachweislich zu deutlich höheren Fischbeständen. Bayerische Fischereivereine bringen extra Totholz wieder in Fließgewässer ein – der Biber macht dies kostenlos und garantiert damit artenreiche Fischbestände!
Biber sind aber nicht nur für den Artenreichtum Bayerns unverzichtbar, sondern sie erbringen auch aus wasserwirtschaftlicher Sicht dringend notwendige Renaturierungsleistungen. Der Biber kann sein gemeinnütziges Handwerk nur ausüben, wo wir an den Ufern kleine Wildnisse zwischen Wasser und Nutzung zulassen. Mehr Abstand zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Fließgewässer wäre ein Gewinn für alle: auch die Wasserwirtschaftsämter fordern einen 5 bis 20 Meter breiten Streifen unberührter Natur als Puffer zu intensiv genutzten Flächen. Das entspricht exakt dem Raum, den auch der Feuchtbiotopgestalter Biber braucht.
Der Biber arbeitet „Hand in Pfote“ zusammen mit der Wasserwirtschaft. Biber tragen dazu bei, Gewässern ins ursprüngliche Bett zurückzuverlegen, ihre Tätigkeit führt zu Sedimentation großer Geschiebemengen und der Förderung der Ausbreitung ufertypischer Gehölze sowie die Neuschaffung von Stillgewässern, Flachwasserzonen und Kleinbächen. Biber bewirken eine erhebliche Abflussverzögerung, schaffen zusätzlichen Retentionsraum und verbessern die Selbstreinigungskraft und Wasserqualität der Fließgewässer.
Wegen des Klimawandels sind immer stärkere Niederschlagsereignisse zu erwarten. Wir brauchen mehr Rückhalteflächen in der Landschaft. Statt nur in fragwürdige technische Polder an den Unterläufen der großen bayerischen Flüsse zu investieren, muss endlich auch die Hochwasserrückhaltung im Oberlauf begonnen werden. Biberdämme und Rückstaue halten dezentral Wasser an den Oberläufen der Bäche zurück und tragen dazu bei, Hochwasserspitzen zu kappen. An Gewässern dritter Ordnung im Bereich der Mittelgebirge und des Hügellandes können vom Biber mit Dämmen angestaute Bereiche gezielt als Hochwasserbremsen genutzt werden.
Da die Staue sich oft in landwirtschaftlich genutzten Lagen befinden, sollten im Rahmen kommunaler Möglichkeiten oder mit der Flurneuordnung Flächentäusche erfolgen. Der Freistaat darf die zuständigen Kommunen bei diesen dezentralen Ansätzen wie sie z.B. im Bereich der Gemeinde Scheinfeld, Lkr. Neustadt/Aisch bereits modellhaft laufen, aber nicht alleine lassen. Der BN fordert, ein vom Freistaat gefördertes Programm zur dezentralen Wasserrückhaltung im kommunalen Bereich unter gezieltem Einbezug der positiven Hochwasserwirkung des Bibers!
Die weitaus überwiegende Zahl der Biber leben in Bayern ohne Probleme zu verursachen und oft wird sein Vorkommen selbst von Anwohnern kaum bemerkt. Da in den letzten Jahrzehnten die Landschaft durch den Menschen immer intensiver genutzt wurde und die landwirtschaftliche Nutzung unmittelbar bis an den Uferrand reicht, können aber Probleme mit Landnutzern entstehen (v.a. Äcker in Überschwemmungsgebieten, Entwässerungsgräben, Teiche sowie in Siedlungsnähe). Deshalb sind landesweit zwei Biberberater des BN tätig, die zusammen mit der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) über 200 lokale Biberberater und Ansprechpartner ausgebildet haben, die bei Konflikten mit Landwirten rasch und unbürokratisch helfen. In Nordbayern arbeitet als „Biberberater“ des BN Dipl. Biologe Markus Schmidbauer, in Südbayern der Wildbiologe Gerhard Schwab. Dieses Projekt wird vom Bayerischen Naturschutzfonds und den Naturschutzbehörden unterstützt. Die Biberberater betreuen jährlich landesweit 400 bis 500 Problemfälle, wobei es sich keineswegs immer um große Probleme handelt, sondern oft auch nur um Beratungsbedarf oder einfache Maßnahmen wie das Eindrahten von Obstbäumen im Garten. Der Beratungsbedarf zeigt deutliche regionale Unterschiede: Schwerpunkte sind die Oberpfalz, Schwaben und der niederbayerische Donauraum.
Dass die Biberberater in allen Fällen helfen und oft bereits wenige Stunden nach dem Anruf vor Ort als kompetente Gesprächspartner zur Verfügung stehen, hat die Akzeptanz für den Biber selbst bei von Problemfällen Betroffenen deutlich erhöht. Der Einsatz von qualifizierten Beratern als Mittler zwischen wiedereingebürgerten oder sich ausbreitenden, prominenten Wildtieren und v.a. der ländlichen Bevölkerung hat sich bestens bewährt.
Die für den Biberschutz investierten Gelder sind damit hochrentabel für die gesamte Gesellschaft. Der Biber kann integraler Bestandteil und Katalysator sein für die überfällige Renaturierung bayerischer Talauen und einen ökologischen, nachhaltigen Hochwasserschutz im Land.
gez. Prof. Dr. Hubert Weiger
Vorsitzender
gez. Rudolf Nützel
Geschäftsführer BN-Kreisgruppe München
gez. Dr. Christine Margraf
Artenschutzreferentin Südbayern
089/548298-89