Flurbereinigung in der Fränkischen Alb
Der Bund Naturschutz und der Fränkische Albverein (FAV) sorgen sich um das Kapital des beliebtesten Erholungsgebietes in der Metropolregien Nürnberg, die kleinstrukturierte Landschaft der Fränkischen Alb.
Aktuelle Flurbereinigungsverfahren deuten darauf hin, dass das Amt für ländliche Entwicklung in Ansbach als Vorreiter eine Entwicklung vorantreiben will, bei der riesige Felder statt der hier so bezaubernden Mischung aus Feldern, Hecken, Wiesen und Rainen die Landschaft prägen würden. Schon vor Jahren hat der Präsident des Ansbacher Amtes, Jürgen Schulze, Ackerschläge mit 20 Hektar (fast 30 Fußballfelder) Umfang gefordert und der global ausgerichteten Landwirtschaft das Wort geredet. Zwischenzeitlich sind einige Verfahren im Landkreis Nürnberger Land begonnen worden und zeigen, wohin sich die Landschaftsstruktur entwickelt: In die überall anzutreffende, maschinengerechte Großfelder-Landschaft.
Der BN-Landesvorsitzende Hubert Weiger meint dazu: "Wir dürfen nicht wieder in die verheerende Philosophie der siebziger Jahre zurückfallen, als man glaubte, die Begradigung der Bäche und die Beseitigung der Hecken sei der Fortschritt. Wenn das Ansbacher Amt meint, sie muss die bei Ansbach ausgeräumten Landschaften jetzt auch in der Fränkischen Schweiz umsetzen, dann ist sie auf dem Holzweg. Wir brauchen die Kleinstrukturiertheit der Alb, weil sie den gestressten Städtern des Ballungsraumes und den Touristen am meisten Erholung bringt. Weil sie den typischen Vögeln und Blumen unserer Heimat Lebensraum erhält. Die Bauern können im Mittelgebirge sowieso nirgends mit Weltmarktpreisen konkurrieren. Sie brauchen staatliche und EU-Unterstützung für ihre Leistungen und Verbraucher, die die regionalen Produkte kaufen. Ein Plattmachen der Landschaft brauchen sie nicht."
"Die laufenden Flurneuordnungsverfahren in der Hersbrucker Alb zeigen deutlich, wie gefährdet diese einzigartige Landschaft ist. Es dürfen keine weiteren Verluste an wertvollen Strukturen hingenommen werden. Es muss einen endgültigen Stopp für die Flurneuordnung in der Hersbrucker und in der Fränkischen Alb geben, so die Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Nürnberger Land, Christiane Matern.
"Seit 1999 fordern Naturschutzbehörden und der BN z.B. für das Verfahren Heldmannsberg gesetzlich vorgeschriebene ökologische Untersuchungen. Das Amt für ländliche Entwicklung versucht aber beharrlich, diese zu vermeiden. Auch die zwingend nötige spezielle Artenschutzrechtliche Prüfung wird trotz einschlägiger Urteile des EU-Gerichtshofes nicht erstellt", ergänzt Heide Frobel, Vorsitzende der Ortsgruppe Hersbrucker Land.
Mit einer Bilderrahmenaktion zeigte der Bund Naturschutz und der Fränkische Albverein die Schönheit der Landschaft, die es vor der Kahlschlags-Flurbereinigung zu bewahren gilt (Foto zum downloaden s.u.).
Ökologische Flurbereinigung macht wenige Fehler wieder gut
In den 1970/80er Jahren wurden im Zuge von Flurbereinigungsverfahren bayerische Landschaften regelrecht ausgeräumt. Heute finden dort zur Wiedergutmachung früherer Fehler sog. ökologische Flurneuordnungsverfahren statt. Sie haben das Ziel, Bachläufe zu renaturieren, neue Biotope zu schaffen oder Biotopverbundsysteme einzurichten. Der Bund Naturschutz begrüßt diese Entwicklung, steckt darin doch auch ein Erfolg des langjährigen Ringens von Bauern, Bürgerinitiativen und Umweltverbänden um Einsicht in den Flurbereinigungsbehörden, den heutigen "Ämtern für ländliche Entwicklung". Der Bund Naturschutz unterstützt solche Flurbereinigungen sogar, weil ihm die Bewirtschaftung der Kulturlandschaft durch existenzfähige bäuerliche Betriebe ein besonderes Anliegen ist.
Zurück zur Kahlschlagsphilosophie in der Hersbrucker Alb?
Anders sieht es in der Fränkischen Alb und insbesondere dort in der Hersbrucker Alb - einer der letzten naturnahen Kulturlandschaften in Bayern - aus. Sie ist gekennzeichnet durch einen mosaikartigen Wechsel der Feld-Wald-Verteilung, zahlreiche Hecken und Raine sowie eine sehr kleinteilige, abwechslungsreiche Feldflur und Landnutzung. Diese Landschaft hat einen sehr hohen ökologischen und landschaftsästhetischen Wert. Für den Ballungsraum Nürnberg ist die Hersbrucker Alb ein beliebtes Naherholungsziel und auch das touristische Potential ist beträchtlich. Seit ca. zehn Jahren wird die Hersbrucker Alb nun zunehmend von Flurneuordnungsverfahren überzogen. Da im Zuge von Flächenzusammenlegungen und Wegebaumaßnahmen das Gesicht und ökologische Gefüge dieser Landschaft erheblich verändert wird, hat der BN von Anfang an derartige Verfahren abgelehnt.
Das Flurneuordnungsverfahren in den Ortschaften Heldmannsberg, Waizenfeld und Mittelburg (Gemeinde Pommelsbrunn, Landkreis Nürnberger Land) zeigt dies deutlich. Für dieses Verfahrensgebiet sind die Landschaftspflegemaßnahmen noch nicht abgestimmt worden. Jedoch haben Landwirte im Zuge der bereits begonnenen Neuverteilung und der damit verbundenen Vergrößerung der Flächen wertvolle und gesetzlich geschützte Biotopstrukturen beseitigt, die zur Erhaltung vorgesehen waren. Außerdem sollen nach den aktuellsten Planungen u.a. insgesamt 10,5 km linienhafte Strukturen (Hecken, Raine) aus der Landschaft verschwinden. So wird das Biotopnetz immer grobmaschiger, bestimmten Tierarten werden Wanderwege und Lebensräume genommen. Betroffen werden Feldvogelarten wie z.B. der Neuntöter, Goldammer oder Dorngrasmücke, viele Kleintiere und Feldhase sein.
Verfahren mangelt es an Sorgfalt bei der Berücksichtigung der Natur
Sowohl der BN als auch die Höhere Naturschutzbehörde (Regierung von Mittelfranken, Ansbach) und die Untere Naturschutzbehörde (Lkr. Nürnberger Land) fordern u.a. für alle Verfahrensgebiete Umweltverträglichkeitsprüfungen und zoologische Untersuchungen, mit denen u.a. die Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt abgeschätzt werden und die bei allen Flurneuordnungsverfahren in strukturreichen Landschaften unerlässlich sind. Dazu gehört auch die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP).
Ein weiterer Kritikpunkt ist der vorgesehene Ausgleich für die zur Beseitigung vorgesehenen Landschaftsstrukturen. Zwar werden die Planungen so gestaltet, dass sich scheinbar eine positive Gesamtbilanz ergibt, jedoch ist dieser Ausgleich nur auf die Fläche und nicht auf die Funktion bezogen. Insbesondere fehlt ein solcher funktionaler Ausgleich für linienhafte Landschaftselemente. Anstatt beispielsweise alle 40 m einen Rain zwischen den Bewirtschaftungsflächen zu belassen, damit die Gesamtlandschaft gegliedert wird, sind an wenigen Stellen in Randlagen größere Ausgleichsflächen vorgesehen.
Wenige Vorteile für wenige Bauern, viele Nachteile für viele Bauern und für die Allgemeinheit
Viele Landwirte haben die große Hoffnung, dass sich durch die Flurneuordnung ihre Existenzbedingungen verbessern werden. Aber das Sterben kleinerer Bauernhöfe kann mit diesen Verfahren nicht aufgehalten werden. Nebenerwerbslandwirte geben offen zu, dass sie kaum Zukunftschancen für ihre Betriebe sehen (z.B. weil Nachkommen die Höfe nicht übernehmen wollen), sie aber auf die höheren Pachteinnahmen für die bereinigten Flächen bauen. Die wenigen Haupterwerbsbetriebe in den Gemeinden der Hersbrucker Alb werden durch Zupachtung von Flächen noch größer werden. Aber auch sie werden langfristig nicht wettbewerbsfähig sein, weder gegenüber ihren bayerischen Berufskollegen (z.B. im Gäuboden), noch gegenüber den nord- und ostdeutschen.
Im Falle des Flurneuordnungsverfahrens Heldmannsberg-Waizenfeld profitieren z.B. lediglich zwei Haupterwerbslandwirte. Die Nachteile aber werden viele zu spüren bekommen und auch die Kosten hat der Steuerzahler zu tragen. Nach Einschätzung des BN ist damit der große finanzielle Aufwand für die Verfahren nicht gerechtfertigt und er läuft auch der EU-Förderung für die Gesundheitsregion Hersbrucker Alb zuwider.
Landwirtschaft für Allgemeinwohlleistungen honorieren!
Es müssen sinnvolle Alternativen eingeführt werden, die der Stützung einer naturverträglichen Landwirtschaft und gleichzeitig dem Erhalt der Kulturlandschaft sowie der heimischen Tier- und Pflanzenwelt dienen, ohne dass die vielfältigen Werte der Landschaft beeinträchtigt werden.
Hier ist einerseits die Politik gefordert, indem beispielsweise eine vom BN seit Jahren vorgeschlagene spezielle Förderung von erschwerten Bewirtschaftungsbedingungen bei kleinteiliger Feldflur eingeführt wird. Oder auch eine umfangreichere Honorierung für landschaftspflegerische Leistungen und die Erzeugung gesunder Nahrungsmittel. Andererseits sollte die für die Flurneuordnung zuständige Direktion für ländliche Entwicklung in Ansbach umschwenken und öfter mal neue Wege gehen, wie z.B. in Engelthal, wo erstmalig die Dorferneuerung auch ohne Flurneuordnung gefördert wird.