Alte, ehrwuerdige Waelder als Zentren der Artenvielfalt bedroht
Anlässlich eines Seminars in Kloster Banz fordert der Bund Naturschutz (BN) einen besseren und konsequenten Schutz alter, ehrwürdiger Bäume und Wälder insbesondere im bayerischen Staatswald. „Alte Wälder und Baumpatriarchen sind mittlerweile Mangelware in den Staatswäldern geworden. Wir fordern deshalb entsprechend der Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung, dass wegen der Vorbildfunktion mittelfristig 10 % des Staatswaldes der natürlichen Entwicklung überlassen bleiben“, so Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern. Vorrangig muss dazu ein Nationalpark im Steigerwald auf den Weg gebracht werden.
Das Bundesland Bayern ist Schlusslicht unter allen Bundesländern, wenn es um die Frage geht, wie mächtig dürfen die Buchen im jeweiligen Bundesland werden. Nur 1,3 % der Buchen durften so alt werden, dass sie einen Durchmesser über 80 cm aufweisen. In Nordrhein-Westfalen sind es immerhin 6 %. Zudem gibt es alte Laubbäume in nennenswertem Umfang nur noch in wenigen Regionen, wie in den Alpen, in der Rhön, im Spessart oder Steigerwald. Ansonsten kommen alte Laubbäume nur noch in geringem Umfang bzw. in Ost- und Südbayern so gut wie gar nicht mehr vor.
Dementsprechend schlecht ist es um die Bewohner alter Bäume und Wälder bestellt. Die Situation von Fledermäusen, Spechten und Co. ist bedrohlich, die meisten stehen ganz oben auf den Roten Listen.
Problematisch sind aus Sicht des BN die zu hohen Einschläge in alten Laubwäldern, die durch eine starke Konzentration der Hiebsmaßnahmen auf wenige Waldorte entstehen. Auch Natura 2000-Gebiete sind davon stark betroffen. Dies führt dann auch zu massiven Bodenschäden infolge der Holzbringung, was viele Wanderer im Wald beklagen und was Hochwasserrückhaltefähigkeit der Wälder vermindert.
Entsprechend den Beschlüssen der Bundesregierung zur Biodiversitätsstrategie fordert der BN, dass diese auch in Bayern umgesetzt werden müssen.
Für den Staatswald
· Entsprechend den Vorgaben der Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung müssen wegen des Vorbildcharakters mittelfristig 10 % des öffentlichen Waldes der natürlichen Entwicklungen überlassen bleiben.
· Neben den 23.000 Hektar an staatlichen Wäldern, die bereits heute der natürlichen Entwicklung überlassen bleiben, müssen demnach in den nächsten Jahrzehnten weitere 50.000 Hektar aus der Nutzung genommen werden.
· Dazu ist in erster Linie ein Nationalpark Steigerwald auf den Weg zu bringen.
· Daneben sind die ungenutzten Kernflächen der bestehenden Nationalparke Bayerischer Wald und Berchtesgaden entsprechend den IUCN-Kriterien auf 75 % der Nationalparkfläche zu erweitern.
· Das Netz der bayerischen Naturwaldreservate ist insbesondere bei Buchenwäldern deutlich zu verdichten und die Reservatsflächen grundsätzlich auf mindestens 100 ha auszuweiten.
· Die natürliche Entwicklung der wenigen Reste naturnaher alter Wälder muss konsequent geschützt werden. Dazu fordert der BN, dass die 9.600 Hektar alte Wälder über 180 Jahre (Buche) bzw. 300 Jahre (Eiche, Nadelholz) konsequent der natürlichen Entwicklung überlassen werden.
· Es ist dafür Sorge zu tragen, dass künftig die Flächen an alten Wäldern deutlich zunehmen. Dazu müssen zum einem die 30.300 Hektar über 140 Jahre alten Wälder noch älter werden dürfen und besonders naturnah bewirtschaftet werden. Daneben müssen auch weitere naturnahe Wälder nachwachsen und alt und damit ökologisch wertvoll werden dürfen. Mittelfristig soll dann ein Teil dieser Wälder auch der natürlichen Entwicklung überlassen werden.
· Altbaumschutz, Altholinselprogramme und Totholzkonzepte sind als eine sinnvolle Art des Nichtnutzens in die Nutzungskonzepte und Bewirtschaftungsvorgaben zu integrieren, um dies für den Förster vor Ort umsetzbar zu machen.
· Die Umsetzung dieser Konzepte muss im Staatswald auch durch ausreichendes Personal im Wald, d.h. Revierförster und Waldarbeiter gewährleistet sein.
Für den Privat- und Körperschaftswald
· Auch im Privat- und Körperschaftswald (d.s. zwei Drittel der Wälder Bayerns) sollen alte Bäume im Rahmen des Vertragsnaturschutzprogrammes im Wald auf freiwilliger Basis geschützt werden.
· Dazu sind die Beratung zu intensivieren und der bürokratische Aufwand für die Antragstellung zu verringern.
· Eine Beschränkung der Fördermittel auf Gebietskulissen ist abzuschaffen.
· Die Finanzmittel sind deutlich aufzustocken.
Dr. Ralf Straußberger, BN-Waldreferent
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