BN-Wald Rohrachschlucht als Naturwald geschützt
Zusammen mit dem bayerischen Umweltminister Dr. Marcel Huber hat Martin Geilhufe, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz in Bayern (BN), das Naturwaldreservat Rohrachschlucht auf BN-eigenen Flächen offiziell ausgewiesen. Das Schutzgebiet ist das 165. Naturwaldreservat in Bayern. „Wir wollen damit vom BN auch auf eigenen Flächen dafür werben, dass es in Bayern wieder mehr Naturwälder gibt“, so Martin Geilhufe. „Hier darf sich ein Urwald vor der Haustüre entwickeln“, so Ralf Straußberger, BN-Waldreferent, „eine Waldwildnis zum Schutz der Artenvielfalt in den Wäldern“. In Naturwaldreservaten ruht die forstliche Holznutzung und die Bäume dürfen in diesen Naturwäldern richtig alt werden und in Würde sterben, ohne dass der Mensch eingreift. „Wir sind von der BN-Kreisgruppe Lindau sehr stolz, dass wir auf BN-eigenen Flächen das erste Naturwaldreservat im Landkreis Lindau und das erste Naturwaldreservat im Privatwald in Schwaben schützen können“, freut sich Erich Jörg, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Lindau.
Ökologisch sehr wertvolle Tobel- und Schluchtwälder
Die BN-Kreisgruppe Lindau hat im Rahmen der vom Bayerischen Naturschutzfonds geförderten Gebietsbetreuung Moore, Tobel und Bodenseeufer seit 2015 daran gearbeitet dieses Schutzgebiet einzurichten. „Wir danken der Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft, den Naturschutz- und Forstbehörden für die Unterstützung bei der Ausweisung“, so Gebietsbetreuerin Isolde Miller. Die 9 Flurstücke der 11 Hektar großen Fläche wurden in der Zeit von 1973 bis 1980 vom BN angekauft. Wegen des steilen Geländes wurde der Schluchtwald nur sehr extensiv bewirtschaftet.
Das Naturwaldreservat liegt im 177 ha großen Naturschutzgebiet und FFH-Gebiet „Rohrachschlucht“, das als landesweit bedeutsam eingestuft wird. Die sehr naturnahen Schluchtwälder sind durch vielfältige Standortbedingungen geprägt und weisen viele Waldgesellschaften und eine hohe Vielfalt an Tier-, Pilz- und Pflanzenarten auf. Unter den Baumarten dominieren Tannen, Buchen und Fichten, außerdem ist die seltene Eibe mit alten und großen Exemplaren vertreten. In dem Gebiet sind allein sieben Spechtarten anzutreffen, darunter der sehr seltene Weißrückenspecht und der Dreizehenspecht. Eine Erfassung holz bewohnender (xylobionter) Käferarten in den Allgäuer Tobelwäldern erbrachte 2017 für das Naturschutzgebiet Rohrachschlucht die meisten Individuen, Arten und gefährdeten Arten. Insgesamt wurden 111 Arten nachgewiesen, darunter zwei vom Aussterben bedrohte Käferarten. Der BUND Naturschutz mit der Gebietsbetreuung wird in den nächsten Jahren unter Federführung der Regierung von Schwaben weitere Artengruppen erforschen.
Naturwaldreservate notwendig als Perlen der Waldartenvielfalt
Naturwaldreservate gelten als Perlen für die Waldartenvielfalt. Hier können so viel Totholz und so viele Strukturen im Laufe der Jahrzehnte entstehen, wie es sogenannte Urwaldarten zum Überleben benötigen. Diese Waldarten sind sehr selten, weil sie sehr hohe Ansprüche an ihren Waldlebensraum stellen. Wer solche Arten erhalten will, muss auf großen Waldflächen 50 bis 100 Festmeter Totholz pro Hektar zur Verfügung stellen. Dies kann aber im Wirtschaftswald, auch wenn er naturnah bewirtschaftet wird, wegen der Holznutzung nicht gelingen. Im Rahmen eines Forschungsprojektes der Kreisgruppe, das mit Mitteln der Glücksspirale gefördert wurde, wurden im Naturwaldreservat bereits deutlich über 70 m³ Totholz pro Hektar festgestellt.
BN wirbt für mehr Naturwälder
Im gesamten Regierungsbezirk Schwaben gibt es gesetzlich geschützte Naturwälder nur auf 0,25 Prozent der Waldfläche, und nur auf 0,59 Prozent der öffentlichen Waldfläche. Bayernweit sind nur ca. 3 Prozent der öffentlichen Waldfläche so konsequent geschützt. Nach Ansicht des BN muss das sehr lückige Netz an Naturwäldern in Bayern weiterentwickelt werden und um viele kleine, etliche mittelgroße und einige große Naturwaldgebiete ergänzt werden. So gibt es z.B. neben den beiden Nationalparken kein zusammenhängendes Naturwaldgebiet über 500 Hektar in ganz Bayern. Der BN hat deshalb ein Naturwaldverbundkonzept vorgelegt und appelliert an die Forstverwaltung und die Bayerischen Staatsforsten zusammen mit der Umweltverwaltung naturschutzfachlich fundierte Konzepte vorzulegen, um diese Defizite zu beheben.
Für Rückfragen:
Dr. Ralf Straußberger, BN Waldreferent
Mobil 0171 / 738 17 24, Tel. 0911 / 81878-22
Isolde Miller, Gebietsbetreuung Moore, Tobel und Bodenseeufer
Tel. 08382 / 887564, Mobil 0176 / 81627380