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Brenner-Zulauf: Realistische und bezahlbare Verkehrspolitik, statt utopischer Prestigeprojekte, die zukunftsfähige Lösungen für den Alpentransit behindern

Bund Naturschutz sieht keine Notwendigkeit und keinen Planungsbedarf für eine neue Schnellbahntrasse von München bis Kiefersfelden als Zulaufstrecke zum Brenner-Basistunnel

10.01.2012

Im vergangenen Jahr wurden die ersten, etwas konkreteren Vorstellungen des Bundesverkehrsministeriums zum Ausbau der bayerischen Zulaufstrecke für den Brenner-Basistunnel (BBT) bekannt. Am kommenden Freitag sollte dazu zwischen Deutschland und Österreich eine Absichtserklärung unterzeichnet werden, die den Nordzulauf von München zur neuen Unterinntaltrasse bei Kundl beinhaltet. Dieses Treffen wurde heute von der österreichischen Verkehrsministerin Doris Bures wegen der laufenden Verhandlungen über Budget-Einsparungen in ihrem Lande kurzfristig abgesagt.

Die Projektidee für die Zulaufstrecke München – Landesgrenze ist eine neue zweigleisige Hochgeschwindigkeitstrasse für den Fernverkehr, die von München-Trudering bis Grafing im Tunnel, dann durchgehend oberirdisch über Großkarolinenfeld verläuft und Rosenheim westlich umgeht. Ab Brannenburg erreicht sie wieder die bestehende Trasse und führt neben dieser bis zur Grenze.

Der Bund Naturschutz (BN) betont aus diesem Anlass, dass das Projekt einer neuen Brenner-Schnellbahnachse seiner Ansicht nach verkehrspolitisch überflüssig, unwirtschaftlich und nicht finanzierbar ist. „Wir lehnen das Gesamtvorhaben nach wie vor entschieden ab und fordern stattdessen die Umsetzung längst überfälliger Maßnahmen, um den stark gestiegenen Anteil des Brenners am Alpentransitverkehr zu senken und somit auch das Inntal in Bayern zu entlasten“, sagte Richard Mergner, der Landesbeauftragte des BN. Für eine wirkliche Entlastung der Anwohner und der Umwelt fordert der Bund Naturschutz den Ausbau der nördlichen Zulaufstrecken zum Gotthard-Basistunnel und zur Tauern-Bahnachse. Dagegen sind der geplante Brennertunnel und die Zulaufstrecken angesichts der mittelfristigen Finanzplanung der
beteiligten Länder völlig unrealistisch, wie auch die heutige Absage des Treffens belegt. „Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer sollte endlich dringend nötige Mittel für den Ausbau der Bahnknoten und Engpässe für den Seehafenhinterlandverkehr bereitstellen, statt die Verschiebung von Schaufensterveranstaltungen mit Absichterklärungen zu ungewissen Großprojekten zu bedauern“, forderte Mergner.  Es drohe ein Milliardengrab statt einer schnellen, wirksamen Entlastung der Bevölkerung. Auch weil die Mischung von langsamem Güterverkehr und schnellem Personenfernverkehr, wie an anderen Stellen, nicht funktionieren würde.

Neben Verkehrsvermeidung und Steigerung der Verkehrseffizienz unterstützt der BN grundsätzlich eine Verlagerung notwendiger Gütertransporte auf die Schiene und den dafür erforderlichen Ausbau der Infrastruktur. Es muss dabei aber sicher gestellt sein, dass durch die Verlagerung tatsächlich eine Entlastung der Anwohner und der Umwelt sowie ein Beitrag zum Klimaschutz durch Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen erzielt werden.

Der geplante Neubau der Schienenachse München - Verona mit dem Brenner-Basistunnel als zentralem Teilstück, stellt jedoch keine zukunftsfähige Lösung der Transitproblematik dar. Wie verschiedene Studien zeigen ist von diesem Konzept keine wesentliche Entlastung der Inntal-Brenner-Autobahn vom Güterverkehr zu erwarten. Mit der neuen Bahn könnten bestenfalls die weiteren Zuwachsraten des Lkw-Verkehrs verringert werden, aber keine Reduzierung des Schwerverkehrs, der bereist im Jahr 2008 rund zwei Millionen Lkw umfasste.

Die ohnehin schon unzumutbare und die Gesundheit gefährdende Belastung würde sich durch Bau und Betrieb der zusätzlichen Bahntrasse noch steigern, zum Nachteil der Bevölkerung und des Tourismus im Inntal. Natur und Landschaft würden weiter zerstört. „Die von den Inntal-Bürgermeistern geforderten Schutzmaßnahmen, wie Einhausungen weiter Streckenbereiche, werden dabei schon aus Kostengründen reine Utopie bleiben“ ist sich Peter Kasperczyk, der Vorsitzende der BN Kreisgruppe Rosenheim, sicher. Denn das errechnete Nutzen-Kosten-Verhältnis der Neubaustrecke von München bis zur Landesgrenze, für die derzeit 2,6 Milliarden angesetzt sind, beträgt lediglich 1,2 und wäre bei deutlichen Kostensteigerungen überhaupt nicht mehr zu rechtfertigen.

Forderungen des Bund Naturschutz

Angesichts der völlig unsicheren Realisierung des Brenner-Basistunnels, der derzeitigen Auslastung der Bahnstrecke von Rosenheim nach Kufstein sowie der prognostizierten Zugzahlen wenn der BBT in Betrieb wäre, sieht der BN keinen Planungszwang und keine Notwendigkeit für eine Kapazitätserweiterung in diesem Trassenabschnitt.
Auch hinsichtlich knapper Finanzmittel, massiver Rückstände beim Ausbau der Schieneninfrastruktur sowie Engpässen im bestehenden Bahnnetz und in zentralen Knotenpunkten für den Schienengüterverkehr, sind in Deutschland und Bayern andere Planungs- und Investitionsprioritäten erforderlich als eine neue Zulaufstrecke zum geplanten BBT.

Für eine wirkliche Entlastung der Anwohner und der Umwelt fordert der Bund Naturschutz den Ausbau der nördlichen Zulaufstrecken zum Gotthard-Basistunnel (voraussichtlich ab 2016 in Betrieb) und zur Tauern-Bahnachse. Diese Verbindungen stellen für die meisten Zielorte und Wirtschaftsräume südlich der Alpen (Mailand, Turin, Genua, Triest) eine deutliche Verkürzung der Transportwege und damit eine Verringerung der Transportkosten dar, so dass ein Teil der Gütertransporte tatsächlich von der Straße auf die Schiene verlagert werden kann.
Vordringlich sind hierfür der Ausbau und die vollständige Elektrifizierung der Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing und der Zulaufstrecken nach Lindau, sowie der Ausbau der Strecke Berlin-Regensburg-Passau. Weiterhin sind wirksame Lärmschutzmaßnahmen, insbesondere auch an den Güterwagons, erforderlich.

Zur Lösung der Transitproblematik im Brennerkorridor müssen primär und vorrangig wirksame Rahmenbedingungen zur Vermeidung unnötiger Gütertransporte und zur Verhinderung des Umwegverkehrs über den Brenner festgelegt werden. Beispiele hierfür sind die Angleichung und Erhöhung der Lkw-Maut auf das Niveau der Schweiz, die Harmonisierung der Kraftstoffbesteuerung sowie die Etablierung einer Alpentransitbörse in Verbindung mit einer Obergrenze der Lkw-Fahrten pro Jahr und Transitstrecke. Erforderlich ist weiterhin die Optimierung europäischer Logistikströme durch die Nutzung der Bahnverbindungen der Neuen Alpentransversale und der südeuropäischen Hafeninfrastruktur.

Für Rückfragen:

Richard Mergner,
BN Landesbeauftragter
Tel.: 0911-81878-25

Peter Kasperczyk
Vorsitzender BN Kreisgruppe Rosenheim
Tel.: 08051-7790

Kurt Schmid
BN Regionalreferent
Tel.: 089-548298-88