Was interessiert Sie besonders?

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Bund Naturschutz begrüßt Biber in Fürth

Gemeinsam mit vielen Fürthern begrüßt auch der Bund Naturschutz (BN) die Rückkehr des Bibers in die Kleeblattstadt. Obwohl die meisten Fürther von den nachtaktiven Bibern nur die Spuren, wie etwa angenag-te Bäume oder Zweige entdecken, freuen sie sich über die Rückkehr des Bibers. Und das nicht ohne Grund. Hundert Jahre nach seiner Aus-rottung besiedelt er jetzt seine alte Heimat wieder. Nach Prof. Dr. Hubert Weiger, dem Vorsitzenden des Bund Naturschutz ist das ein Grund zur Freude: „Mit der Rückkehr des Bibers ist Fürth um eine Attraktion rei-cher. Naturinteressierte Bürger können so hautnah und vor der eigenen Haustür wieder ein Stück Wildnis erleben, und dies mitten in der Stadt“.

26.01.2009

Dies will der Bund Naturschutz mit einem Vortrags- und Führungsprogramm über den Biber begleiten. Damit wird die interessierte Öffentlichkeit über den Biber, aber auch zum Zusammenleben zwischen Mensch und Biber informiert.

Der Vorsitzende der BN Kreisgruppe Fürth, Reinhard Scheuerlein: „Wir werden damit nicht nur auf die faszinierende Lebensweise des Bibers aufmerksam machen, sondern auch seine große Bedeutung für den Naturhaushalt aufzeigen.“

Und die ist in der Tat enorm. Studien belegen, dass gerade im vorbeugenden Hochwasserschutz der Biber durch dezentralen Wasserrückhalt einen wichtigen Beitrag leistet. Der Biber arbeitet hier sozusagen „Hand in Pfote“ mit der Wasserwirtschaft und das noch völlig kostenfrei.

Nach Prof. Dr. Hubert Weiger ist dies ein wichtiger Ansatzpunkt: „Hier müssten die zuständigen Behörden den Biber deutlich mehr als bisher in ihre Planungen integrieren. Zudem er noch einen unschätzbaren Beitrag zum Erhalt unserer Artenvielfalt leistet. Durch seine Bautätigkeit schafft er die dringend benötigte Dynamik an unseren Gewässern. Diese ist wiederum die Grundvoraussetzung für viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten.“

Der BN unterstützt so seit Jahren die Rückkehr des Bibers. Als Träger des bayerischen Bibermanagements, mit zwei hauptamtlichen und ca. 200 ehrenamtlichen entwickelt er ein modernes Wildtiermanagement, dass sowohl die Belange des Menschen als auch die des Bibers berücksichtigt. Gemeinsam mit den zuständigen Behörden werden so für den Einzelkonflikt passgenaue Lösungen entwickelt. „ Damit haben wir die Grundlage geschaffen, dass auch die Bürger in Fürth den Biber jetzt wieder beobachten können.“, so Hubert Weiger als Fazit.

 

Gez. Jens Schlüter

Biberbeauftragter Bund Naturschutz

Tel. 0171-2432269, jens.schlueter@bund-naturschutz.de

 

Anhang

 

Das bayerische Biberberatersystem

 

Nach Vorläuferprojekten in der Region Ingolstadt besteht seit 1998 ein landesweites Bibermanagement, in dem zwei landesweite hauptamtliche Biberberater zusammen mit ca. 220 ausgebildeten ehrenamtlichen Biberberatern, überwiegend örtlichen Landwirten, Naturschützern und Jägern, die konkrete Konfliktlösungen vor Ort durchführen. Allein die beiden landesweiten Biberberater nehmen jährlich ca. 500 Ortstermine mit über 60.000 Fahrtkilometer wahr. Dies erfolgt unter der Trägerschaft des Bund Naturschutz (BN) und wird finanziert vom Bayerischen Naturschutzfonds und vom BN (jährlicher Aufwand 154.000 €) und erfolgt in engster Abstimmung mit dem StMUGV und allen bayerischen Naturschutzfachbehörden.

 

Die Spannweite von der individuellen Beratung vor Ort über ein Bündel wirkungsvoller Präventivmaßnahmen (z.B. Einsatz von staatlichen Fördermitteln, Verbissschutz, Elektrozäunen, Ankauf) bietet alle erdenklichen Maßnahmen, um Einzelkonflikte mit einer Erfolgsquote von über 90% (!) vor Ort zu lösen. Seit 1. August 2008 besteht ein staatlicher Entschädigungsfonds von 250.000 € / Jahr für besonders von Schäden betroffene Land- und Teichwirte.

 

Wenn es keine anderen Möglichkeiten in besonderen Konfliktsituationen gibt z.B. bei Kläranlagen oder an Fischteichen, erfolgt als ultima ratio durch sehr rasche behördliche Einzelgenehmigungen der Abfang mit Lebendfallen und auch die Tötung. In den letzten Jahren wurden aus Rücksicht auf Landnutzer über 2.000 Biber in Bayern an Konfliktpunkten gefangen und davon über 1.000 getötet. Momentan werden jährlich rund 500 Biber in Bayern gefangen, wobei dies meist die Tötung des Bibers bedeutet. War der Biber in früheren Jahren noch ein Exportschlager, so fand im November 2008 die letzte Auswilderung bayerischer Biber mit 15 Individuen in Ungarn statt. Außer in England und Schottland gibt es derzeit kein neues Wiederansiedelungsprojekt. Die in Bayern gefangenen Biber werden so bis auf Ausnahmefälle, wie Abgaben für Tierparks, usw. im Rahmen des Bibermanagement getötet.

 

Das bayerische Biberberatersystem hat sich als modernes, höchst effizientes Wildtier-Managementsystem bestens bewährt. Es hat die klassischen Konflikte Biber / Landwirtschaft inzwischen deutlich reduziert.

 

In gut 2/3 der knapp 3000 bayerischen Biberreviere kommt es zu gar keinen Konflikten mit der menschlichen Landnutzung!

 

 

Biber und dezentrale Wasserrückhaltung

 

In Zeiten des Klimawandels sind wegen immer stärkerer Niederschlagsereignisse und sommerlicher Dürreperioden alle Maßnahmen entscheidend, die den Wasserabfluss verzögern oder dämpfen. Biberdämme und Rückstaue halten dezentral Wasser an den Oberläufen der Bäche zurück und tragen dazu bei, Hochwasserspitzen zu kappen. Der Biber als einziger Wasserbauer im Tierreich hält Wasser in der Landschaft. An Gewässern dritter Ordnung im Bereich der Mittelgebirge und des Hügellandes können vom Biber mit Dämmen angestaute Bereiche gezielt als Hochwasserbremsen und Wasserrückhalt genutzt werden. Diese wasserwirtschaftlichen Effekte des Bibers werden künftig eine besonders positive und zwingend notwendige Funktion haben. Es wäre grotesk, Biberdämme im Oberlauf zu beseitigen und gleichzeitig ebenfalls mit Steuermitteln neue großtechnische Dämme im Unterlauf zu bauen.

 

Da die Staue sich oft in landwirtschaftlich genutzten Lagen befinden, sollten im Rahmen kommunaler Möglichkeiten oder mit der Flurneuordnung Flächentausche erfolgen. Der Freistaat darf die zuständigen Kommunen bei diesen dezentralen Ansätzen wie sie z.B. im Bereich der Gemeinde Scheinfeld, Lkr. Neustadt/Aisch bereits modellhaft laufen, aber nicht alleine lassen. Der BN fordert, ein vom Freistaat gefördertes Programm zur dezentralen Wasserrückhaltung im kommunalen Bereich von ca. 3 Mio. € unter gezieltem Einbezug der positiven Hochwasserwirkung des Bibers!

 

Biber und Artenvielfalt

 

Mit dem Biber kehrt eine ökologische „Schlüsselart“ der Feuchtgebiete zurück. Der Landschaftsarchitekt Biber kann als Motor der Auendynamik wie keine zweite heimische Tierart seinen Lebensraum aktiv gestalten. Vom Biber angelegte Lebensräume sind natürliche, dynamische und damit artenreiche Biotope für viele andere Arten, darunter wie neue Untersuchungen auch aus Bayern eindrucksvoll belegen, für eine Fülle von Arten der Roten Liste. Der fleißige Handwerker zimmert mit seiner Bautätigkeit Lebensraum für andere bedrohte Arten, vom Stichling über die Ringelnatter bis zum Schwarzstorch. Seine kostenlosen Renaturierungsleistungen sind für die Förderung der Biodiversität in der Kulturlandschaft unverzichtbar.

 

Neue Untersuchungen in Mittelfranken belegen eindrucksvoll die unverzichtbare Rolle des Bibers für den Artenreichtum in Bayern. Zur Dokumentation der biberbedingten Einflüsse auf die Landschaft und die Tier- und Pflanzenwelt werden seit 1999 turnusmäßige Erhebungen in insgesamt acht Bibergebieten um Treuchtlingen, bei Triesdorf und an der Wieseth durchgeführt. Hierbei erfolgt eine flächige Vegetationskartierung, eine Dauerbeobachtung der Vegetation auf fest eingerichteten Flächen sowie eine Bestandserhebung wert gebender Pflanzenarten und ausgewählter Tiergruppen.

 

Durch die Stautätigkeit der Biber sind in fünf von acht untersuchten Gebieten innerhalb weniger Jahre ausgedehnte Sumpfgebiete mit hohem Naturschutzwert entstehen. Sie umfassen neu entstandene Staugewässer mit großen Flachwasserzonen und mosaikartigen Röhrichtbeständen sowie ein dichtes Netz von Gräben, Bächen und Tümpeln. Die Tier- und Pflanzenwelt profitiert in auffälliger Weise von der Gewässer- und Auenrevitalisierung:

 

·        Positive Bestandsentwicklungen oder Neuansiedlungen von 29 gefährdeten Pflanzenarten auf fünf Probeflächen sind auf Bibereffekte zurückzuführen.

 

·        Kleinfische sind um die Biberburgen und ins Wasser hinein gefällte Gehölze auffällig zahlreicher und oft in großen Schwärmen vertreten.

 

·        In mehreren Gebieten mit flachen Biberteichen haben sich in kurzer Zeit große Laichgemeinschaften des Grasfrosches mit teils mehreren Tausend Tieren gebildet. Auch Laubfrosch und Knoblauchkröte haben sich angesiedelt.

 

·        Seit 1999 wurden auf den acht Probeflächen insgesamt 105 Vogelarten registriert, darunter 49 seltene Arten wie Wasserralle, Eisvogel und Blaukehlchen und elf hochgradig gefährdete bayerische Brutvogelarten wie Bekassine, Kiebitz, Krickente, Rohrdommel und Wachtelkönig. Vom hervorragenden Nahrungsangebot profitieren v.a. Vögel, die sich von Kleinfischen und Amphibien ernähren. Außerdem Röhrichtbrüter wie der Teichrohrsänger, die ihren Bestand seit Beginn des Monitorings nahezu verdoppeln konnten.

 

·        Unter den 34 bisher registrierten Libellenarten sind 14 seltene Arten mit unterschiedlichsten Lebensraumansprüchen (Pioniere, Fliess- und Stillgewässerbewohner, Arten von instabilen Gewässern). Die Artenzahl ist seit der Biberbesiedlung deutlich angestiegen und bleibt seither zumindest stabil, auf vier Probeflächen sogar weiter ansteigend.

 

Besonders eindrucksvoll zeigt sich ein fortgesetzt positiver Effekt der Biber auf konkurrenzschwache Arten, die auf noch unbewachsene Gewässerufer angewiesen sind. Während künstlich angelegte Flachgewässer i.d.R. schnell verlanden, halten Biber durch ihre Stau-, Fraß- und Grabtätigkeit Gewässer teilweise offen und schaffen kleinflächig immer wieder neue vegetationsfreie Bereiche. Pionierbesiedler wie Kleine Pechlibelle, Südlicher Blaupfeil und Grasfrosch können deshalb dauerhaft in den Biberrevieren leben und dort teils besonders große Bestände bilden. In durch Menschen "gemanagten" Naturschutzgewässern wären zu dieser Leistung immer wieder aufwändige, kostenträchtige und vor allem die Tierwelt massiv störende Gestaltungsmaßnahmen erforderlich.

 

Biber sind hier eindeutig billiger und effektiver als (für den Naturschutz eingesetzte) Bagger. Kein von Menschen künstlich angelegtes Feuchtgebiet kann die Naturschutz-Qualität und Artenfülle erreichen, die ein vom Biber geschaffenes Feuchtbiotop bietet.

 

Andere Untersuchungen belegen ausgesprochen positive Effekte des Bibers auf die Fischfauna: Vom Biber gefällte Äste und Bäume bilden im Wasser liegend eine Struktur, an die Fische ihren Laich anheften, hier findet die Fischbrut Verstecke vor ihren Feinden und auf seiner Oberfläche wachsen Algenrasen, die von Schnecken und Fischen abgeweidet werden. Auch Köcher- und Steinfliegenlarven nutzen dieses Element als Lebensraum.

 

Totholz führt außerdem im Wasser zu Verwirbelungen, wodurch sich Sauerstoff anreichert. Im strömungsärmeren Kehrwasser der Stämme stehen bevorzugt die Äschen. Im direkten Umfeld des Ast-Dschungels einer Biberburg findet man Fischdichten, die bis 80 mal so hoch sind wie sonst. Vom Biber gefällte, im Fluss liegende Bäume und Äste sind die besten Unterstände für hoch bedrohte Fischarten. Die Bedeutung derartiger Totholzstrukturen in Fließgewässern wurde erst im Juni 2005 durch eine Dokumentation „Totholz bringt Leben in Flüsse und Bäche“ des Landesfischereiverbandes und des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft belegt.

 

Totholz ist sogar so bedeutend für vielfältige und fischreiche Gewässer, dass die Wasserwirtschaft ebenso wie manche Fischereivereine dieses Element inzwischen künstlich in die Gewässer einbringen, wo diese Strukturen fehlen. An der Isar bei München wurde dies erfolgreich praktiziert und wissenschaftlich begleitet. Bayerische Fischereivereine bringen also extra Totholz wieder in Fließgewässer ein – der Biber macht dies kostenlos und garantiert damit artenreiche Fischbestände!

 

 

 

jens.schlueter@bund-naturschutz.de