Was interessiert Sie besonders?

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Bund Naturschutz fordert als Konsequenz aus Fukushima den Sofortausstieg aus lebensbedrohender Atomenergie

Bayern muss vom führenden Atomstromland zum Spitzenreiter bei Energieeffizienz und den Erneuerbaren Energien werden

24.03.2011

Bund Naturschutz fordert als Konsequenz aus Fukushima den  Sofortausstieg aus lebensbedrohender Atomenergie

Bayern muss vom führenden Atomstromland zum Spitzenreiter bei Energieeffizienz und den Erneuerbaren Energien werden

Japan ist mit einer unvorstellbaren nuklearen Katastrophe konfrontiert. Die Auswirkungen der Naturkatastrophe zeigen: eine hundertprozentige Sicherheit technischer Anlagen gibt es nicht. „Bayern muss sofort aus der Atomenergie  aussteigen und mit aller Kraft vom führenden Atomstromland zum Land der Energieeffizienz und der Erneuerbaren Energien werden“ fordert der BN-Vorsitzende Hubert Weiger von Ministerpräsident Horst Seehofer.

Wie der Präsident des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, vor kurzem bestätigte, exportiere Deutschland heute eine Leistung von 15 Gigawatt Strom pro Jahr. Dies entspräche der Leistung von 9 Atomkraftwerken. „Damit ist der Ausstieg aus der Atomkraft in Bayern in spätestens ein bis zwei Jahren möglich, wenn die Bayerische Staatsregierung endlich statt Atomlobbypolitik zu betreiben massiv Energieeffizientmaßnahmen fördert und den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreibt. Nur mit diesem klaren Signal an die Gesellschaft kann die notwendige Energiewende in Bayern mit aller Kraft gestartet werden“, so Weiger.

Einige bayerische Kommunen gehen beispielhaft in der Energiewende voran, wie die Gemeinde Furth im Landkreis Landshut, mit Bürgermeister Dieter Gewies, oder die Gemeinde Wildpoltsried, mit Bürgermeister Arno Zengerle, im Oberallgäu. Hier arbeiten die Bürgermeister, Gemeindeverwaltungen und Bürger zusammen und installieren vorbildlich Fotovoltaikanlagen, Biomasseverwertung und Windkraftanlagen. Die Gemeinden produzieren ihren Strom selbst und liefern sogar Energie an die Nachbarkommunen.

 Wichtigster Schritt zu einer Energiewende Bayern ist das ernsthafte Einsparen von Energie. Rund ein Viertel des bayerischen Energieverbrauchs liegt heute im Haushalt, dort werden mehr als vier Fünftel der Energie für Wärme und Warmwasser „verheizt“. Bayern dümpelt jedoch mit einer Rate von rund einem Prozent bei der energetischen Sanierung im Gebäudebestand vor sich hin – wir benötigen jedoch dringend einen Sprung nach vorn, auf über drei Prozent. Ein erster wichtiger Schritt hierfür ist die flächendeckende Einführung unabhängiger und aktiver Energieberater in allen bayerischen Landkreisen. Das gibt es bereits zum Beispiel mit der Energieagentur Nordbayern wie auch im Allgäu – aber einzelne Leuchttürme und gute Beispiele reichen nicht aus – ein solches Angebot muss für alle Bürger in Bayern zugänglich sein.

Ein Viertel des bundesdeutschen Energieverbrauchs sind Verluste bei der Stromproduktion. Kohle-, Atom- und Ölkraftwerke setzen die Primärenergie nur zu rund einem Drittel in Strom um, zwei Drittel der Energie werden bei Großkraftwerken als Abwärme in Flüsse und in die Luft abgegeben - die heutige Technologie der Stromerzeugung durch Dampfturbinen ist technisch überholt. In der vom Bund Naturschutz geforderten „Energiewende Bayern“ muss die „Kraftwärmekopplung“ zwingend vorgeschrieben werden. Die Abfallwärme unserer Kraftwerke muss als Nah- und Fernwärme in Haushalten, Gewerbe und Industrie genutzt werden. Eine Nutzung der Primärenergie zu mehr als zwei Drittel muss gesetzlich vorgeschrieben werden. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft von 2008 zeigt, dass das Potential zusätzlicher Einsparung von Primärenergie in Deutschland durch Kraftwärmekopplung bei 173 Terrawattstunden Energie liegt. Das entspricht der Leistung von 15 – 20 Großkraftwerken. Eine Reduktion des Heizölverbrauchs hilft dem Klimaschutz und entlastet die Mineralölmärkte. Der Druck auf die Kraftstoffpreise und Rohölpreise für die Stromerzeugung könnte so abnehmen.

Der Anteil von Atomstrom in Deutschland beträgt heute ca. 22 Prozent oder ca. 130 Terrawattstunden. Vom Wuppertaler Institut ermittelte kurz- und mittelfristige Einsparpotentiale für Strom betragen ebenfalls ca. 20 Prozent unseres deutschen Strombedarfs. Mit intelligentem Stromsparen könnten wir alle Atomkraftwerke in Bayern sofort abschalten.

Der aktuelle Stromspartipp für den privaten Haushalt lautet: keinen Verlass auf „stand-by“ bei elektronischen Geräten– meist liegt dieser Ruheverbrauch bei über einem Watt pro Stunde. Also - Netzstecker ziehen, oder den Schalter an der Steckdosenleiste ausschalten. Hochgerechnet auf Deutschland, würde das den Strom mehrerer Atomkraftwerke einsparen.

Laut Einschätzung des Bund Naturschutz sind bereits mit heutiger Technologie hohe Einsparpotenziale vorhanden: zum Beispiel durch Wärmedämmung im Altbau ca. 66 Prozent und durch Wärmedämmung im Neubau ca. 90 Prozent, durch Verlagerung von PKW auf Bus und Bahn und Einführung des 3-Liter-Autos ca. 65 Prozent, in Industrie und Gewerbe ca. 50 Prozent, durch ökologischen Landbau ca. 50 Prozent und durch sparsame Haushaltsgeräte ca. 75 Prozent.

 Absolut notwendig ist der naturverträgliche Ausbau der Erneuerbaren Energien. Bei der wichtigsten Stromquelle unter den Erneuerbaren Energie, der Windenergie, ist Bayern trauriges Schlusslicht in Deutschland: Während im Jahr 2010 in Deutschland bereits ca. sieben Prozent des Stroms mit Wind erzeugt wurde, sind es in Bayern nur ein Prozent, respektive zwei Prozent bezogen auf das vorhandene Potenzial. Das ist völlig unverantwortlich. In Bayern gibt es ausreichend Wind. Moderne und hohe Windanlagen sind heute in der Lage, auch in Bayern wirtschaftlich Wind zu „ernten“. Bayerns Wind-Beitrag zur bundesdeutschen Stromversorgung muss weit über 20 Prozent liegen. Das heißt, die Leistung der Windkraftanlagen in Bayern muss sich verzehnfachen. Anstatt heute nur ca. 400 Windräder benötigen wir 1500 – 2000 moderne und effektive Anlagen. Hier muss die Staatsregierung in Bayern vorbildlich vorangehen und im Landesentwicklungsplan und in den Regionalplänen ausreichend Flächen und Standorte für Windräder beschreiben. „Die Bundesregierung schlägt vor, ca. 20 Milliarden Euro in die Nachrüstung von Atomkraftwerken zu stecken. Das wären auf die Bayerischen Atomreaktoren bezogen ca. 5 – 7 Milliarden Euro. Aber das ist Unsinn und fehlgeleitetes Geld. Es ist sinnvoller, dieses Geld in den Ausbau der Windenergie in Bayern zu investieren, als in marode Atomkraftwerke“, so Dr. Herbert Barthel, BN-Referent für Energie und Klimaschutz.

 Der Ausbau der Fotovoltaik in Bayern verlief auch aufgrund der Informationsarbeit des Bund Naturschutz und der Solar-Initiativen, sowie der Einspeisevergütungen, rasant. Sie hat aber noch enorme Potentiale. Bayern produziert seinen Strom zu knapp 7 Prozent mit Fotovoltaik. Erforderlich gemäß einer Studie des Umweltbundesamtes von 2010 wären aber knapp 20 Prozent. Bayern bedarf also noch ein Mehrfaches an Leistung der Photovoltaik, als heute bereits installiert. Ebenso kann durch Solarenergie Strom bei der Warmwasserversorgung ersetzt werden. Der Bund Naturschutz fordert auch einen Biogasaktionsplan für Bayern. „Neiddebatten und hektisch-planloses Absenken der Vergütung für Fotovoltaik-Strom nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz ist hier völlig unangebracht und kontraproduktiv. Fotovoltaik liefert dann Strom, wenn wir ihn am meisten benötigen – nämlich tags über. Fotovoltaik passt hervorragend zu uns Menschen, denn sie ist tagaktiv – wie auch wir Menschen“, so Barthel.

Bayern benötigt einen Umbau der Leitungsnetze, das waren früher Einbahnstraßen, heute wird Strom durch die Leistung der Erneuerbaren Energien in beide Richtungen verteilt. Bayern benötigt Verbesserungen im Bereich Haushaltsstromnetz, das die Leistung der Fotovoltaikanlagen aufnimmt und Verbesserungen im Mittelspannungsnetz, das die Leistung von Windrädern, Biogasanlagen und Fotovoltaikfreiflächenanlagen aufnimmt. Großkraftwerke, wie Atom- und Kohlekraftwerke, liefern ins Hochspannungsnetz. „Wie ein Ausbau des 380 kV Netzes heute der wichtigste Punkt für die Energiewende sein soll, bleibt schleierhaft. Hochspannungsnetze produzieren keinen Strom, sondern verteilen diesen und verbrauchen diesen durch Leitungsverluste.

Was wir als Schritt eins benötigen, ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Um- oder Ausbau der Netze ist immer nur ein zweiter Schritt. Wichtiger als Netzneubau ist das Herunterregeln von Kohlekraftwerken bei Bedarf, dann ist Platz genug im Netz für den Strom aus Erneuerbaren Energien“, so Barthel.

 

 Für Rückfragen:

 Dr. Herbert Barthel,

Referent für Energie und Klimaschutz, Tel.: 0911-81878-17