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Tiere und Pflanzen

Bund Naturschutz kritisiert Wegebau im Bergwald

Unberührte Wälder an der Glaswand sollen erschlossen und genutzt werden

09.06.2008

Im Rahmen einer Pressefahrt in die Glaswand an der Südflanke der Benediktenwand kritisiert der Bund Naturschutz (BN) einen Wegebau des Staatsforstbetriebes Bad Tölz. Der BN fordert, die wenigen noch unerschlossenen Bergwälder als unberührte Rückzugsräume für oft hoch bedrohte Tier- und Pflanzenarten zu erhalten. „Der Wegebau mit der damit einhergehenden Holznutzung zerstört die unberührte und intakte Struktur im bislang unerschlossenen ca. 150 ha großen Glaswald und muss deshalb eingestellt werden“ fordert Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN. Der noch intakte Bergmischwald im Glaswald soll nach Ansicht des BN als Naturwaldreservat ausgewiesen werden und der natürlichen Entwicklungen überlassen werden.

 

Gerade weil es nur noch sehr wenige intakte Bergmischwälder in Bayern gibt, müssen die letzten Reste nach Ansicht des BN erhalten bleiben. Beim Glaswald handelt es sich um intakteBergmischwälder aus Fichte, Tanne und Buche in einer Stabilität, einer Größe und einem noch guten Gesundheitszustand, wie er sonst nur noch äußerst selten zu finden ist. Außerdem ist - von auf kleinflächige Nutzungen aus jüngerer Zeit abgesehen - seit mindestens 100 Jahren dort keine Holznutzung mehr durchgeführt wurden. Deshalb dienen derartige Bergmischwälder als unersetzliche Lebensräume für oft hoch bedrohte Tier- und Pflanzenarten. So kommt hier z.B. das Auerhuhn vor, das von Aussterben bedroht ist und besonders störanfällig ist. Auf Wegeneubauten und die nachfolgenden Holznutzungen sowie Störungen durch Erholungssuchende reagieren die Auerhühner sehr sensibel und verschwinden sogar nach derartigen Erschließungsmaßnahmen.

 

Der BN kritisiert, dass der Wegebau vom Staatsforstbetrieb offenbar mit einer prophylaktischen Borkenkäferbekämpfung und vor allem mit den sich ergebenden Nutzungsmöglichkeiten begründet wird.

 

Nach Ansicht des BN lässt sich dieser Wegebau nicht vertreten, weil der Glaswald kein fichtendominierter Waldbestand ist, der umgebaut werden muss, oder bei Borkenkäferbefall vom völligen Zusammenbruch bedroht ist. Außerdem gebietet der Artenschutz, z. B. beim Auerhuhn, den Verzicht auf Neuerschließung und anschließender Holznutzung. Der bereits in Angriff genommene prophylaktische Wegebau zur Borkenkäferbekämpfung wird daher abgelehnt.

 

 

In diesem Zusammenhang fordert der BN für die Erschließung und Nutzung der staatlichen Bergwälder:

  • Die Walderschließung ist grundsätzlich abgeschlossen. Deshalb darf es grundsätzlich keine neue Erschließung mit Forstwegen geben, insbesondere keine prophylaktischen Wegeneubauten zur Borkenkäferbekämpfung.
  • Unerlässlich notwendige und begründete Ergänzungserschließung solle es nur geben, wenn gleichzeitig Wege rückgebaut werden und wenn keine Artenschutzgründe dagegen sprechen.
  • Es muss aus Artenschutzgründen auch einen Verzicht auf Neuerschließung und anschließender Holznutzung bislang unerschlossener Bergwälder geben, z.B. bei Auerhuhnvorkommen.
  • Holzeinschlag nur nach strenger ökonomischer und ökologischer Prüfung, insbesondere keinen Holzeinschlag in Bergmischwaldbeständen, soweit die Tanne dort nicht in befriedigendem Anteil aufgewachsen ist und diese Verjüngung nicht gesichert ist.
  • Holzbringung unter Wahrung des Bodenschutzes und Berücksichtigung wasserwirtschaftlicher Belange.
  • Ausdehnung und Vernetzung der Schutzwaldflächen und Naturwaldreservate auch zur Erhaltung der Biodiversität.
  •  Bestockungsziele müssen Klimawandel berücksichtigen, dies bedeutet geringere Anteile für die Fichte. Das Ziel sollte in Bergmischwaldzone mindestens 1/3 Tanne und maximal 1/3 Fichte sein. Diese Ziele müssen auch im Katastrophenfall verfolgt und verwirklicht werden.
  • Schutzwaldausweisung und Schutzwaldsanierung müssen angesichts der Klimaerwärmung neu geplant werden und die Schutzwaldssanierung muss nach einem langfristigen, finanziell gesicherten und deutlich aufgestocktem Programm umgesetzt werden.
  • Die Umsetzung des Grundsatzes Wald vor Wild mit dem Ziel, dass alle standortheimischen Pflanzenarten ohne besondere Schutzmaßnahmen aufwachsen können, muss oberste Priorität haben. Insbesondere darf es keine Kommerzialisierung der Jagd, keine Schalenwildhege und keinen Trophäenjagd geben.

 

Dr. Ralf Straußberger

BN-Waldreferent

 

Für Rückfragen:

Hans Kornprobst, Bergwaldexperte 0171 / 9784500

Carola Belloni, Vorsitzende BN-Kreisgruppe Bad Tölz Wolfratshausen 0163 / 2874569