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BUND NATURSCHUTZ LEGT VERFASSUNGSBESCHWERDE EIN UND FORDERT POLITISCHES ENDE DER 3. START- UND LANDEBAHN AM FLUGHAFEN MÜNCHEN

11.08.2015

Nach der Abweisung der Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Bundesverwaltungsgericht vom 22.06.15, die den Klägern am 17.07.15 zugestellt wurde, hat der BN nun weitere rechtliche Schritte unternommen: am 31.07.2015 hat der BN, vertreten durch Rechtsanwältin Philipp-Gerlach, Anhörungsrügen nach § 152a VwGO beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Zudem wird der BN fristgerecht voraussichtlich zum 14.08.15 eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Davon unabhängig hofft und fordert der BN nach wie vor auf eine rechtsverbindliche Aufgabe der 3. Bahn durch eine politische Entscheidung der bayerischen Staatsregierung, die Hauptgesellschafter der Flughafen München Gesellschaft (FMG) ist.

"Es ist mit unserem Rechtsverständnis und auch mit gesundem Menschenverstand nicht vereinbar, dass im bisherigen Gerichts-Prozess weder der Bayerische Verwaltungsgerichtshof noch das Bundesverwaltungsgericht den Bedarf für die 3. Bahn wirklich überprüft haben. Daher gehen wir weiter vor das Bundesverfassungsgericht." erklärt Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN). "Wir werden es nicht hinnehmen, dass nachweislich unzutreffende Bedarfsprognosen, die die zentrale Grundlage für Enteignungen, immense Eingriffe in Grundrechte und Naturzerstörung sind, von Gerichten immer wieder unter Verweis auf frühere Urteile und die immer gleichen Gutachter bestätigt werden.

"Wir haben seit Beginn des Verfahrens und im Prozess ausführlich vorgetragen, dass es zahlreiche offenkundige Defizite in den Bedarfsgutachten gibt und die Realität sich immer weiter von den prognostizierten Flugbewegungen entfernt." ergänzt Dr. Christine Margraf, Leiterin der BN-Fachabteilung München Deswegen hat der BN auch eine Anhörungsrüge beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht. "Auch beim Themenkomplex des europäischen Naturschutzes haben die beiden Gerichte grundlegende Mängel der Planung nicht überprüft unter Verweis auf die sogenannte naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative der Behörde."

Zudem fordert der BN ein schnelles politisches Ende der 3. Bahn: "Wir würden es sehr begrüßen, wenn es im Herbst 2015 eine endgültige politische Entscheidung gäbe. Die kann aber nur gegen die 3. Bahn ausfallen. Und sie muss auch rechtsverbindlich sein, um das Damoklesschwert über einer ganzen Region endlich wegzunehmen" so Richard Mergner, der Landesbeauftragte des BN. "Wir erwarten, dass insbesondere das Münchner Votum gegen die 3. Bahn von 2012 auch von der CSU endlich respektiert und endgültig beachtet wird. Die CSU muss sich entscheiden, was ihr wichtiger ist: Bürgernähe, Klimaschutz, verantwortlicher Umgang mit knappen Ressourcen und Erhalt der Heimat oder die Interessen der Lufthansa und der Größenwahn von Kerkloh, Söder und Co."

Der BN bedankt sich explizit bei Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter, dass er gleich nach der Urteilsverkündung klargestellt hat, dass er nach wie vor zu seinem Votum steht und für eine neuerliche Bürgerbefragung keinen Anlass sieht, solange sich die Rahmenbedingungen wie die Anzahl der Starts und Landungen nicht grundlegend und dauerhaft ändern. "Es ist überhaupt nicht absehbar, dass sich diese Rahmenbedingungen dauerhaft und grundlegend ändern, da selbst die Luftfahrtexperten der Deutschen Flugsicherung keine hohen Wachstumsraten im Flugverkehr in Deutschland mehr sehen." erklärt Dr. Christian Magerl, MdL und Kreisvorsitzender des BN Freising.

Gerade in Bezug auf die von Ministerpräsident Seehofer angekündigten Gespräche im Herbst 2015 erinnert der BN, dass die Argumente gegen die 3. Bahn seit Jahren bekannt sind. Auch der Bürgerwille ist oft und deutlich geäußert worden:

  •  > 80.000 Einwendungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens - von der Regierung von Oberbayern im Planfeststellungsbeschluss alle ignoriert

  •  Bürgerentscheid in München am 17. Juni 2012: eine Mehrheit von 54 % der Bürgerinnen und Bürger lehnte den Bau einer 3. Start- und Landebahn ab. Dieser Entscheid ist so lange für die Stadt bindend, bis der Stadtrat einen anderen Beschluss fasst. Das hat er bis heute nicht getan.

  • Bayernweite Emnid-Umfrage zur 3. Bahn im Juni 2012: 49% der bayerischen Bürger lehnt eine 3. Startbahn ab, 39% befürworten sie (12% weiß nicht).

  •  82.000 Petitionen gegen die 3. Bahn im Bayerischen Landtag, im Juli 2013 eingereicht - und im Februar 2015 mit der Mehrheit der CSU abgelehnt.

  • bayernweite repräsentative Telefon-Befragung im Auftrag des Privatsenders SAT1 Bayern, durchgeführt von der Hamburger GMS Dr. Jung Gesellschaft für Markt- und Sozialforschung, unmittelbar nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes, veröffentlicht am 23. Juli 2015: im Großraum München sind 63 % der Befragten gegen und nur 23 % für eine 3. Bahn. In ganz Bayern sind 52 % gegen die Bahn; nur 34 % dafür, 10 % sind unentschieden (4 % keine Angabe).

Auch "aufgeMUCKt", das Aktionsbündnis von über 80 Bürgerinitiativen, Verbänden und Gruppen gegen die 3. Bahn betont, dass die Fakten mehr denn je gegen eine 3. Bahn sprechen. "Unser Ziel ist nach wie vor klar: Die Ausbaupläne für eine 3. Start- und Landebahn am Münchner Flughafen müssen endgültig ad acta gelegt werden." betonen Helga Stieglmeier und Hartmut Binner in Bezug auf die von Ministerpräsident Seehofer für Herbst angekündigten Gespräche mit den Startbahngegnern:
"Wir warten nun auf die Einladung des Ministerpräsidenten. Dann werden wir auf einer Mitgliederversammlung entscheiden, wie wir damit umgehen. Der Ort eines möglichen Gespräches kann für uns nur Attaching sein. Der Ministerpräsident erlebt dann unmittelbar, was das Leben in der Einflugschneise bedeutet und muss dann entscheiden, ob er dies noch mehr Bürgerinnen und Bürgern zumuten will."

Die Faktenlage hat sich mit dem Leipziger Urteil, das Anlass für die Gespräche ist, nicht geändert:

  • München hat sich in dem Bürgerentscheid 2012 gegen einen Ausbau ausgesprochen; dieser Beschluss ist gültig und München stimmt als Gesellschafter keinem Ausbau zu.

  • Der Münchner Flughafen ist weit vom Höhepunkt der Flugbewegungen entfernt. Legt man das prognostizierte Wachstum der DFS von 1,5% zugrunde, so erreicht der Münchner Flughafen im Jahre 2025 443.000 Flugbewegungen. Bei einer Kapazität von 480.000 Flugbewegungen ist selbst im Jahr 2025 noch viel Luft nach oben.


Für Rückfragen:

Dr. Christine Margraf, Leiterin BN-Fachabteilung München
089/548298-89, christine.margraf@bund-naturschutz.de, www.dritte-startbahn-stoppen.de

 Dr. Christian Magerl, Vorsitzender BN-Kreisgruppe Freising,
08161/66631, christian.magerl@t-online.de

Aktionsbündnis aufgeMUCkt: SprecherIn:
Hartmut Binner, Freising 08161/73 77, binner@keine-startbahn3.de
Helga Stieglmeier, Erding 08122/9991952, stieglmeier@keine-startbahn3.de

www.keine-startbahn3.de

 

Anlage 1:
Inhalte der Anhörungsrügen des BN vom 31.07.15

Der BN erhebt Anhörungsrügen, weil das Bundesverwaltungsgericht zentrale Punkte der Beschwerde des BN gegen die Nichtzulassung der Revision nicht ausreichend in seiner Entscheidung gewürdigt hat. Der BN sieht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Das Gesetz lässt den Klägern 14 Tage Zeit, eine solche Rüge einzureichen. Der BN hat sie fristgerecht am 31.07.15 eingereicht.

Zentrale Punkte der Anhörungsrüge des BN sind:

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Bedarf als solches bzw. die Bedarfsprognosen nicht überprüft.

Zentraler Punkt der Rüge ist der gerichtlicher Kontrollmaßstab für Prognoseunsicherheiten und eklatante Widersprüche zwischen Realität und Prognosen: Das Bundesverwaltungsgericht befasst sich mit vielen der von uns vorgetragenen Argumente, warum bereits 2011 (Planfeststellungsbeschluss) massive Zweifel an dem Prognosegutachten von Intraplan gerechtfertigt waren, nicht oder nicht ausreichend. Es verweist wie auch der VGH auf das Urteil zum Flughafenausbau Frankfurt, wonach eine reale Entwicklung einer Prognose nicht entgegengehalten werden kann. Wir sehen hier in der Rechtssprechung zu Prognoseunsicherheiten einen dringenden Bedarf der Fortentwicklung. Bedarfsgutachten müssen stärker der gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden, schließlich sind sie die zentrale Enteignungs-Grundlage zur Begründung eines Projektes und wie hier massiver Eingriffe in Grund- und Eigentumsrechte und europäische Schutzgebiete.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nicht ausreichend mit der Frage beschäftigt, a) ob das Vogelschutzgebiet Nördliches Erdinger Moos ausreichend rechtlich gesichert ist und b) für alle relevanten Vogelarten ausgewiesen wurde.

Hier ist insbesondere die Frage strittig und von grundsätzlicher Bedeutung, ob die rechtliche Sicherung des Vogelschutzgebietes Nördliches Erdinger Moos ausreichend erfolgt ist (Regimewechsel Vogelschutzgebiet). Hierzu sind einige Fragen unseres Erachtens bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes, warum dies kein Grund für die Zulassung einer Revision sei, gehen am Vortrag unserer Beschwerde vorbei und übersehen wesentliche Inhalte.

In diesem Zusammenhang ist in der Rüge auch die Auslegung des Begriffs der "öffentlichen Sicherheit" enthalten: es hätte auf europarechtlicher Ebene geklärt werden müssen, ob für die 3. Bahn auch Sicherheitsgründe zur Überwindung von Schutzbestimmungen des gesetzlichen europäischen Artenschutzes herangezogen werden dürfen oder nicht. Unseres Erachtens nach ist der 2-Bahn-Betrieb sicher - das ist Grundvoraussetzung jeglichen Betriebes - und eine Sicherung der Sicherheit des Flugbetriebes kann nicht als eigenständiges Ziel für eine 3. Bahn herangezogen werden. Das Bundesverwaltungsgericht sieht hier jedoch keinen Klärungsbedarf und sieht unsere Ausführungen als nicht revisionsrelevant an, reißt hierfür aber Sätze der Beschwerde aus dem Zusammenhang und verkennt den Kerngehalt der Beschwerde.

3. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nicht ausreichend mit der nötigen Klärung einer Verschlechterung nach Wasserrecht auseinandergesetzt

Und nicht zuletzt enthält die Rüge auch Kritik an der Ablehnung der Revision in Bezug auf unseres Erachtens nötige Ausnahmen nach dem Wasserrecht. Das Bundesverwaltungsgericht lehnt unseren Antrag auf Revision ab, weil wir nicht dargestellt hätten, dass eine Ausnahme nach dem Wasserrecht nicht hätte erteilt werden dürfen, weil die Voraussetzungen dafür fehlen. Unsere Beschwerde hatte die Revision aber damit begründet, dass überhaupt erst einmal grundsätzlich geklärt werden muss, ob der VGH zu Recht die Notwendigkeit einer Ausnahme verneint hat. Vom Bundesverwaltungsgericht zitierte Urteile sind auch deswegen unzutreffend, weil sie am Kern unserer Beschwerde vorbei gehen.

Anlage 2:
Gliederung der Verfassungsbeschwerde des BN
vom vsl. 14.08.15

I. Art. 14 (3) GG i.V.m. Art. 19 (4) GG

Art. 14(3): "Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen."
Art 19(4): "Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt."

1. Grundrechtsverstoß durch das BVerwG wegen Nichtzulassung der Revision

2. Grundrechtsverstoß wegen fehlerhafter Überprüfung der Prognose (Prognosemethodik und nachträgliche reale Entwicklung, "extrem abweichende" Entwicklung)

II. Art. 103 (1) GG

"Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör."

Ablehnung von Beweisanträgen durch den BayVGH, Perpetuierung durch das BVerwG (Bedarfsprognose: Methode ist nicht ordnungsgemäß, Prognoseannahmen sind fehlerhaft, Prognoseergebnis ist unplausibel), Ablehnung von Revisionszulassungsgründen (europäischer Naturschutz: Regimewechsel beim Vogelschutzgebiet, Auslegung der öffentlichen Sicherheit. Klärungsbedarf bei Prognoseunsicherheit, Ausnahme nach §31 Wasserhaushaltsgesetz

III. Art. 101 GG

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Nichtvorlage von Fragestellungen (Klimaschutz, Regimewechsel Vogelschutzgebiete u.a.) an den Europäischen Gerichtshof

und vsl. auch Bezug auf Art. 20a GG:

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.

 

Anlage 3:
Chronik der Planung einer 3. Start- und Landebahn am Flughafen München

Siehe eigene Datei