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Bund Naturschutz zur öffentlichen Klima- und Strompreisdebatte

Atomstrom hilft nicht in der Klimafrage
Strompreiserhöhung dient den Konzerngewinnen
aber nicht den Erneuerbaren Energien

13.09.2005

Bayerische Minister behaupten ebenso wie führende Bundespolitiker von CDU und FDP, Atomstrom sei im Kampf gegen den sich abzeich-nenden Klimawandel unverzichtbar. Der von der damaligen Umweltministerin Angela Merkel eingesetzte Chef des Umweltbundesamtes, CDU-Mitglied Andreas Troge hat dem erst kürzlich vehement widersprochen. Er hat recht, wie die amtlichen Statistiken, auch die der Elektrizitätswirtschaft bestätigen.

● Atomstrom ist nur mit 2,7% an der Weltenergieversorgung beteiligt.
● Beim klimaschädlichen Kohlendioxid-(CO2)-Ausstoß unterscheiden sich Staaten mit und ohne Atomstrom kaum.
● Trotz Ausbau der Atomkraft stieg der CO2-Ausstoß weltweit (auch in der EU) gravierend an.
● Der Stromsektor ist nach wie vor der mit Abstand größte CO2-Emittent (weit vor Haushalten, Verkehr und Industrie)
● Auch in Zukunft kann Atomkraft nicht gegen die Klimabedrohung helfen helfen, da die Uranreserven nicht einmal 3% der fossilen Reserven (Kohle, Öl, Gas) ausmachen.

Der von der Atomindustrie nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in die Welt gesetzte Slogan von der klimaschützenden Atomkraft hat also mit der Realität wenig zu tun, wie der Energiereferent des Bund Naturschutz, der Atomphysiker Dr. Ludwig Trautmann-Popp in Augsburg ausführte. Die "Waffe" Atomkraft ist zu klein und zu stumpf, um in der Klimafrage eingesetzt zu werden.

Der Strompreis für Haushaltskunden stieg seit dem Minimum im Jahre 2000 auf neue Rekordwerte. "Diese Strompreiserhöhung diente der Gewinnsteigerung der Stromkonzerne aber nicht der Markteinführung der Erneuerbaren Energien, führte der Augsburger BN Kreisvorsitzende Paul Reisbacher aus. Denn die Erhöhung der Umlage für Erneuerbare um 0,25 Ct/kWh und für Kraftwärmekopplung um 0,29 Ct/kWh sind kein Grund für die viel stärkere Strompreiserhöhung von mehreren Ct/kWh.

Atomstrom in der EU - bisher unwirksam gegen CO2

In den 15 alten EU-Ländern trägt der Atomstrom 6% zur (End-)Energieversorgung der Bürger bei (in unterschiedlichem Maße von 0% in vielen EU-Ländern bis 13% in Frankreich). Weltweit sind es nur 2,7%! (Weltenergiereport RWE)
Die atomstromfreien EU-Länder Österreich und Italien liegen beim CO2-Ausstoß pro Kopf mit dem Atomland Frankreich nahezu gleichauf. Die nahezu atomstromfreien Niederlande (Atomanteil 0,7%) schneiden in dieser Bilanz besser ab als der Atom-Nachbarstaat Belgien mit seinem 14mal so hohen Atomanteil. (Daten der EU / Kyoto-Protokoll)
Ein Zusammenhang "je mehr Atomstrom desto weniger Kohlendioxid" ist also im Ländervergleich beim besten Willen nicht festzustellen.

Der vermeintliche Zusammenhang zwischen Klimaschutz und Atomkraft fußt lediglich auf der Beobachtung, dass ein AKW kein CO2 freisetzt. Da die Stromkonzerne ihre Atomkraftwerke aber nicht als Ersatz für fossile Kraftwerke sondern zur Ausweitung der Stromverschwendung nutzten, machte sich diese Eigenschaft in der Realität nicht bemerkbar. Die damalige Umweltministerin Angela Merkel musste als Ergebnis der Studie "Nachhaltiges Deutschland" schon 1997 zugestehen: "Zur Erreichung des Klimaschutzziels ist die Kernenergie nicht notwendig". Sie ist sogar "ein Haupthemmnis für die zur Erreichung des Klimaschutzziels nötige Effizienzverbesserung?

CO2 stieg trotz Ausbau der Atomkraft.

Atomkraft drängte die Kohle nicht zurück, denn gleichzeitig wurde auch die Kohlekraft ausgebaut. Während sich die Leistung der Atomkraftwerke in Deutschland zwischen 1980 und 2000 mehr als verdoppelte, wuchs die der Steinkohlekraftwerke um 25 %. Die bereits zitierte UBA-Studie "Nachhaltiges Deutschland" kritisierte dies als "die angebotsorientierten Strukturen unserer Energiewirtschaft, auf gut deutsch: Verschwendungswirtschaft.
Die Enquete-Kommission "Zukünftige Kernenergiepolitik" hatte bereits 1980 andere Wege aufgezeigt. Demnach hätte Deutschland (alte Bundesländer) den CO2-Ausstoß bis 2000 um 15% reduzieren können, wenn es die Atomkraft beendet und stattdessen Energieeffizienz und Erneuerbare Energien ausgebaut hätte. (Diese Technologien stellen nachweislich viel mehr Arbeitsplätze bereit als Großinvestitionen wie Flughäfen oder Transrapid.)
In Wirklichkeit stagnierte der CO2-Ausstoß bei rd. 700 Mio. t auf hohem Niveau und wäre sogar gewachsen, wenn sich das hohe Wirtschaftswachstum eingestellt hätte, das die Enquete-Kommission ihrer Prognose unterstellte.
Die Handlungsanweisungen der 1980er Enquete-Kommission sind heute noch so aktuell wie vor 25 Jahren.

Wer den Anstieg der Welttemperatur und damit die nächsten Klimakatastrophen noch begrenzen will, muss daher die Energieeffizienz und die Erneuerbaren Energien ausbauen und den Betrieb von Atomkraftwerken beenden. Insbesondere in Bayern gibt es einen hohen Nachholbedarf an klimafreundlichen Techniken (Wärmesanierung im Gebäudebestand, BHKWs, moderne Antriebstechnik, stromsparende Geräte). Angesichts hoher Energiepreise sind die meisten klimafreundlichen Techniken schon jetzt, manche in naher Zukunft wirtschaftlich.



Erneuerbare Energien Grund für drastische Preissteigerungen" Atomstrom billig?

Die Stromkonzerne machen die Markteinführung der Erneuerbaren Energien dafür verantwortlich, dass der Strompreis für private Haushalte (der von 1995 bis 2000 rückläufig war) inzwischen über das bisherige Rekordniveau von 1995 gestiegen ist.
Aber die Umlagefinanzierung nach dem "Erneuerbare Energien-Gesetz" (EEG) hat sich seit 2000 nur um 0,25 Ct/kWh erhöht (Sie liegt derzeit insgesamt unter einem halben Ct pro Kilowattstunde).

Viel teuerer war im Vergleich dazu die Markteinführung der Atomkraft und der zugehörigen Infrastruktur in den 70er Jahren. Der Strompreis erhöhte sich von 6,3 (1970) auf 11,6 Ct/kWh (1985), hat sich also fast verdoppelt, wie den Statistiken der Elektrizitätswirtschaft zu entnehmen ist. Das war sehr viel mehr als die gegenwärtige Markteinführung von Sonnen-, Wind- und Biomasseenergie kostet für eine Technik, der in 30 Jahren der Brennstoff Uran ausgeht.

Atomstrom aus neuen Kraftwerken (d.h. unter Berücksichtigung von Investitions- und Betriebskosten) ist nicht konkurrenzfähig, wie sogar das Branchenblatt "atomwirtschaft" (Ausgabe 12/01) einräumt. Gas, Kohle und Wind produzieren billiger.
Nur wer - wie bei abgeschriebenen Atomkraftwerken üblich - Investitionskosten, Markteinführungskosten und staatliche Forschungsmilliarden vernachlässigt, kommt zu "billigem Atomstrom". Dass Atomkraft-Betreiber von einer angemessenen Haftpflichtversicherung befreit sind (Atomgesetz), muss genauso als Zusatzkosten gewertet werden wie die ungeklärten Entsorgungskosten.

Forderungen des BN:

Der Bund Naturschutz fordert Stromkonzerne und Politiker auf, endlich zu einer seriösen Debatte zurückzukehren und die Werbeslogans den einschlägigen Branchen zu überlassen.

Der Bund Naturschutz fordert den sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft und die Förderung effizienter Energienutzung.

Der Bund Naturschutz fordert die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft auf, endlich klimaschützende Techniken flächendeckend einzuführen.

gez. Dr. Ludwig Trautmann-Popp
Energiereferent des Bund Naturschutz in Bayern e.V.

gez. Paul Reisbacher,
Vorsitzender der Kreisgruppe Augsburg des Bund Naturschutz in Bayern

Bei Nachfragen: Energiereferat BN
Tel. 0951/51906-09
Fax 0951/51906-10
E-Mail: energie@bund-naturschutz.de