Riesige Rodungen im Reichswald bei Nürnberg-Fischbach und -Altenfurt geplant
Die Autobahndirektion Nordbayern will die Autobahn A6 durch den Nürnberger Reichswald weiter gigantisch ausbauen. Derzeit läuft bei der Regierung von Mittelfranken das Planfeststellungsverfahren für den Umbau des Autobahnkreuzes Nürnberg-Ost bei Nürnberg-Altenfurt und damit verbunden ein Umbau der Anschlussstelle Nürnberg-Fischbach. Für riesige Overfly-Brücken sollen bis zu 17 m hohe Brücken über das Kreuz und bis zu 54 m breite Dämme im Wald gebaut werden.
Der BUND Naturschutz hat im Anhörungsverfahren eine ablehnende Stellungnahme abgegeben, weil dieser Bau zu einem erheblichen Eingriff in das europäische Vogelschutzgebiet Nürnberger Reichswald führen würde. Darüber hinaus handelt es sich bei dem bedrohten Wald um Bannwald, bei dem der Walderhalt Vorrang vor anderen Nutzungen genießt.
Bei einem Ortstermin im Nürnberger Reichswald bei Altenfurt erläuterten Vertreterinnen und Vertreter des BN ihre Kritik an der staatlichen Planung.
"Es wäre mit 20 Hektar Rodung für Baustelle und Straßenkörper trotz teilweiser Nutzung bestehender Straßentrassen der derzeit größte Eingriff in den Bannwald und das Europäische Vogelschutzgebiet, nachdem die geplante Nordspange zum Flughafen auf Eis liegt und das Gewerbegebiet bei Feucht durch einen Bürgerentscheid vereitelt werden konnte. Wir sehen die geplante Waldvernichtung mit großer Sorge, weil permanent für Sandabbau und Straßen am Reichswald geknabbert wird", so Heide Frobel, Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Nürnberger Land.
"Der Reichswald ist die grüne Lunge der Großstädte und unersetzliches Naherholungsgebiet. Seit vielen Jahren kämpfen wir um dessen Erhalt. Mehrere Overfly-Brücken und die Vergrößerung der Anschlussstelle bei Fischbach sind überdimensioniert und würden den Autoverkehr nur noch anheizen", so Wolfgang Dötsch, Geschäftsführer der BN-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt.
"Wir halten den Ausbau der Bundesstraßen und Autobahnen für völlig überzogen. Es gibt genug Straßen in Bayern, der KFZ-Verkehr darf nicht noch weiter gefördert werden. Aus Klimaschutzgründen, zum Erhalt unserer Landschaft und unversiegelter Böden muss endlich eine Verkehrswende eingeleitet werden. Der Umbau des Autobahnkreuzes ist das völlig falsche Signal", so Richard Mergner, BN-Landesbeauftragter und Sprecher des bundesweiten BUND-Arbeitskreises Verkehr.
"Der BUND hat deshalb bei der Europäischen Kommission Beschwerde gegen den in Aufstellung befindlichen neuen Bundesverkehrswegeplan 2030 eingelegt, um eine strategische Umweltprüfung zu erreichen."
Stefan Pieger vom BN-Arbeitskreis Reichswald: "Wir haben in den letzten Jahren mit etlichen Bürgerinitiativen zusammen wieder eine Waldschutzbewegung aufbauen können. Einige der schlimmsten Eingriffe in den Reichswald konnten wir verhindern. Beim sechsspurigen Ausbau der A 6 südlich von Nürnberg mussten wir die Rodungen aber hinnehmen. Wendelstein bekommt seither deutlich mehr Lärm ab, auch weil die intensive Waldbewirtschaftung der bayerischen Staatsforsten den Lärmschutzwald ausgedünnt hat. Die geplanten Ersatzaufforstungen im Bereich der ehemaligen Muna bei Feucht sind kein wirklicher Ausgleich, sondern nur Augenwischerei! Der mit Kampfmitteln aus dem 2. Weltkrieg belastete Muna-Wald bleibt weiterhin Sperrgebiet und ist für die Bevölkerung nicht nutzbar."
Leider gehen aber auch andere Planungen für Eingriffe in den Reichswald weiter:
- Es droht noch immer der Ausbau der A 73 im Nürnberger Süden auf sechs Spuren. Das Planfeststellungsverfahren läuft bereits. Auch hier steht sehr viel Reichswald auf dem Spiel. Der BN klagt aktuell gegen den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellweges in Nürnberg, der den Transitverkehr auf der A 73 auch in Richtung Hafen und Kreuz Nürnberg-Süd ansteigen lassen würde.
- Beim geplanten LKW-Parkplatz bei Moosbach an der A6 ist die Zeit der Zurückstellung offenbar bereits abgelaufen. Die Planung wurde 2016 wieder aufgenommen, es drohen fünf Hektar Rodung. Hier agiert der BN zusammen mit der BI Moosbach.
- Die Nordspange zum Flughafen (B4f) würde 40 Hektar Reichswald kosten. Wegen der unabsehbaren Dauer zur Beseitigung der Löschschaumrückstände im Grundwasser hat der VGH München angeordnet, das Verfahren ruhen zu lassen. Leider hält die Staatsregierung am Projekt fest und will es wieder im kommenden Bundesverkehrswegeplan unterbringen.
- Mit der geplanten Bebauung großer Flächen westlich der Regensburger Straße in Nürnberg für Wohnungen würden Reichswaldflächen gerodet, die leider nicht unter Bannwaldschutz stehen. Hier geht es um mindestens zwei Hektar Wald.
- Südlich des Postfrachtzentrums an der Gleiwitzer Straße in Nürnberg stehen derzeit 17 - 20 ha Wald für Gewerbegebietserweiterung zur Disposition.
- Die Gemeinde Schwaig plant aktuell die Ausweisung eines Gewerbegebietes "Östliche Haimendorfer Straße". 1,5 Hektar Reichswald sollen hier gerodet werden.
- In Röthenbach an der Pegnitz drohen weitere Rodungen südlich der Bahnlinie im Bereich der "Alten Hut". Die Firma Zapf bietet dort auf bewaldeten Flächen 3,6 Hektar Gewerbefläche an.
- Seit 2013 kämpft der BN zusammen mit dem Fränkischen Albverein gegen den Versuch der Fa. Zapf, Wald am Birkensee für Sandabbau roden zu können. Das Bergamt Nordbayern hat die Rodung von 7,5 ha Wald bereits genehmigt.
- Die Erweiterung des Sandabbaugebietes "Neumühlschlag" bei Sperberslohe geht voran. 2016 sind bereits 18,3 ha und damit 42% der genehmigten Fläche gerodet.
- Seit 2015 droht ein weiterer Sandabbau außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten bei Abenberg-Beerbach im Südlichen Reichswald. Hier würden 9,7 ha Wald gerodet.
Es muss deshalb der Waldschutz in der Region verstärkt werden, um Bannwälder auch tatsächlich zu erhalten. Der Wald ist und bleibt für den globalen und für den lokalen Klimaschutz unverzichtbar. Es gibt nur wenige Kohlenstoffsenken, die das CO2 aus der Atmosphäre zurückholen. Moore und Wälder sind am besten. Und auf lokaler Ebene ist der Reichswald die natürliche Klimaanlage der Städte, die sonst zu überhitzen drohen. Mindestens drei Grad Celsius lägen die Temperaturen an den heißen Sommertagen höher, wenn wir den Reichswald nicht hätten, und das vor allem auch nachts.
Aktuell erfolgte Rodungen:
- Der sechsstreifige Ausbau der A6 geht ebenfalls auf Kosten des Reichswaldes. Trotz Klimakatastrophe baut der Freistaat und der Bund das Straßennetz munter aus. Die Verbreiterung der A 6 Kreuz Nürnberg-Süd bis Kreuz Nürnberg-Ost hat ca. 3 Hektar Wald gekostet. Die Rodungen erfolgten im ausgehenden Winter 2014/15.
- Die Erneuerung einer Brücke an der A3 westlich des Autobahnkreuzes Nürnberg (Bauwerk BW 402e) wird - wenig waldfreundlich - neben der bestehenden Fahrbahn und damit auf Kosten des Reichswaldes errichtet.
- 2015 wurde auch für den vom BN abgelehnten Ausbau der Staatsstraße 2239 Feucht - Penzenhofen gerodet. 4,4 Hektar Wald fielen und erst da wurde den meisten Bürgerinnen und Bürgern aus Feucht und Umgebung klar, welch' großer Eingriff die "Begradigung" einiger Kurven für den Wald ist. Etliche Anrufe beim BN zeigten das Entsetzen.
- An der Anschlussstelle Nürnberg-Nord an der A 3 wurde gerodet. Dort soll der Knoten aus Sicherheitsgründen umgebaut werden.
- Für den umstrittenen Kreisverkehr am Nürnberger Hafen wurde ebenfalls ein Hektar Reichswald gerodet.
- Im Zuge des Neubaues auf dem Gelände der Bereitschaftspolizei im Nürnberger Süden wurde Wald für ein Regenrückhaltebecken gerodet.
- Die Erweiterung des Sandabbaus bei Schwarzenbruck/Ochenbruck wurde 2014 leider genehmigt. Hier hat der BN bereits im Rahmen der Regionalplanung versucht, die Rodungen abzuwehren. Der Wald ist leider verloren.
- Im Erlanger Südgelände gehen die Rodungen für weitere Universitätsgebäude unvermindert voran. Die Flächen sind seit langem für die Bebauung vorgesehen und stehen deshalb nicht unter Bannwaldschutz.
Für Rückfragen: Tom Konopka Regionalreferent für Mittel- und Oberfranken Telefon 0911 81878-14 tom.konopka@bund-naturschutz.de