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Dritter Autobahnanschluss Dingolfing

Neuer Firmenanschluss für BMW soll durch den Aus- und Neubau des nachgeordneten Straßennetzes legitimiert werden. Bund Naturschutz (BN) fordert Gesamtverkehrs-konzept und lehnt zusätzlichen Autobahnanschluss und weitere Straßenbaumaßnahmen ab.

 

13.11.2008

Angesichts der inzwischen relativ konkreten Planungen für den neuen Autobahnanschluss „Dingolfing-Höfen“ hat der Bund Naturschutz (BN) seine Kritik an diesem Vorhaben erneut bekräftigt. „Durch die Verknüpfung mit einem Aus- und Neubau von Kreisstraßen soll praktisch der Anschluss des BMW-Logistikzentrums an die A 92 gerechtfertigt und auf Kosten der Steuerzahler finanziert werden“, so Josef Viehbeck, der 1. Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Dingolfing-Landau. Nach Ansicht des BN besteht für diese Straßenplanungen jedoch kein Bedarf und somit auch keine Rechtfertigung. „Eine überörtliche Notwendigkeit ist nicht erkennbar und wenn überhaupt, dann wäre höchstens eine verbesserte Anbindung des BMW-Werkes diskutabel“, sagte Viehbeck. Eine gravierende Folge der jetzigen Planungen, die im Süden an der Isar und im Norden an der Autobahn enden, ist außerdem, dass damit weitere Straßenbauten über den eigentlichen Planungsraum hinaus vorprogrammiert wären. Josef Rehmeier, Vorsitzender der BN Ortsgruppe Dingolfing, wies außerdem darauf hin, dass die geplanten Eingriffe im Grüngürtel entlang der Isar auch aus naturschutzfachlichen Gründen abzulehnen sind. „Das hat eine im Auftrag des BN durchgeführte Kartierung ausgewählter Tierarten klar bestätigt“, erklärte Rehmeier. Noch gravierender wären aber vermutlich die Auswirkungen auf die Wiesenbrütergebiete im Dornwanger Moos, wenn hier, wie bereits jetzt verlangt, eine Umgehung der Ortschaft Dornwang gebaut würde.

Richard Mergner, der Landesbeauftragte des BN forderte die Verantwortlichen daher auf, die Planungen für den dritten Autobahnanschluss aufzugeben und stattdessen ein Gesamtverkehrskonzept zu entwickeln, bei dem Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung und Verkehrslenkung vorrangig zu berücksichtigen sind. „Und daran muss sich auch BMW, als Hauptverursacher des Autoverkehrs in der Region, aktiv beteiligen und so einen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten“, betonte Mergner. Er kritisierte in diesem Zusammenhang auch, dass im Rahmen der Planungen für das Logistikzentrum offensichtlich kein vernünftiges Verkehrskonzept erstellt wurde. Mergner: „Auch dieses Beispiel belegt daher die dringende Notwendigkeit einer abgestimmten, übergeordneten Verkehrsplanung im Landkreis Dingolfing-Landau. Mit der unkoordinierten Flickschusterei beim Straßenbau muss endlich Schluss sein.“

Bereits im Sommer hat der Kreisausschuss die Beantragung eines Planfeststellungsverfahrens (PFV) zum Autobahnanschluss Dingolfing-Höfen mit Zubringerstraßen beschlossen. Vorangegangen war die Entscheidung, dass hierfür die sogenannte „Grüblhoftrasse“ (Planungsfall 2) realisiert werden soll. Das Gesamtprojekt umfasst im wesentlichen folgende Baumaßnahmen: Autobahnanschluss im Bereich der Kreisstraße DGF 16, Verbreiterung der Verbindungsstraße Dingolfing-Loiching, Neubau einer Spange zwischen Kreisverkehr Grüblhof (St 2074) bis zur Isarbrücke bei Teisbach und den Neubau eines Zubringers von der Isarbrücke Teisbach bis zur Isarbrücke Loiching.

Der Bund Naturschutz hat sich seit Bekanntwerden der Planungen für einen dritten Anschluss an die A 92 im Raum Dingolfing intensiv mit diesem Vorhaben befasst und  wiederholt auf die Planungsdefizite und vielfältigen negativen Auswirkungen hingewiesen. Unabhängig von der grundsätzlichen Ablehnung des Vorhabens sind nach Ansicht des BN insbesondere folgende Aspekte zu kritisieren:

Fehlende Planrechtfertigung

Der geplante Ausbau der Weilnbachtrass e (Kreisstraße DGF 15), als weitere Ausbaustufe der Ostumgehung von Dingolfing, wird in absehbarer Zeit verwirklicht und damit eine überörtliche Anbindung von der Autobahn (Dingolfing Ost) in Richtung Süden hergestellt sein. Eine überörtliche Funktion, als Voraussetzung für einen weiteren Autobahnanschluss bei Dingolfing, ist daher nicht erkennbar. Darüber hinaus enden die jetzigen Planungen an bestehenden Kreisstraßen bzw. in kleinen Ortschaften , was ebenfalls mit einer überregionalen Funktion nicht zu vereinbaren ist. Nach Ansicht des BN ist daher offensichtlich, dass es eigentlich nur um einen Firmenanschluss für das BMW-Werk geht, für den kein überregionaler Bedarf und keine überregionale Bedeutung besteht.

Verkehrszunahme verharmlost und neue Straßen vorprogrammiert

Ein neuer, allgemeiner Autobahnanschluss verbunden mit dem Aus- und Neubau nachgeordneter Straßen wird unweigerlich zu einer Verkehrszunahme und zu entsprechenden Verkehrsverlagerungen führen. Völlig außer Acht gelassen wurde bei den Planungen die Anbindung Richtung Norden. Der Verkehr auf der bestehenden Kreisstraße (DGF 16) würde sich nach Ansicht des BN jedoch sicher vervielfachen, weil die neue Anschlussstelle eine relativ geradlinige, ampel- und mautfreie Verbindung nach Straubing ermöglicht. Über eine entsprechende Umgehung der Ortschaft Dornwang wird deshalb bereits diskutiert.

Im Süden enden die Planungen an der Isar, im Bereich der Teisbacher und Loichinger Brücke. Für die Ortschaften Loiching und Teisbach bzw. den Dingoflinger Stadtteil Krautau ist dadurch ein erheblich höheres Verkehrsaufkommen zu erwarten als bisher. Eine Fortsetzung der Straßenplanungen ist daher auch im Süden praktisch schon vorprogrammiert.

Gleichzeitig werden neue, belastende Schleichwege ermöglicht. So ergibt sich beispielsweise von der St 2111 (Krankenhaus Dingolfing) über Teisbach und die Isarbrücke zum neuen Autobahnanschluss ein um ca. 5 km kürzerer Weg als über die Ostumgehung – ohne Ampeln und ohne Maut.

Diese offensichtlichen, direkten Folgewirkungen des geplanten Vorhabens würden somit einen „Rattenschwanz“ weiterer Planungen nach sich ziehen, die wiederum zu ganz massiven Eingriffen führen. Zumindest hätte dies aber bei den bisherigen Planungen entsprechend berücksichtigt werden müssen. Dass dies nicht erfolgte, stellt nach Ansicht des BN ein schweres Defizit dar. Mit der prognostizierten Verkehrsreduzierung an einigen Straßen sind die Planungen, angesichts der früher oder später zu befürchtenden Folgeprojekte, jedenfalls nicht zu rechtfertigen.

Natur- und umweltverträglichere Alternativen

Auf Grund der derzeit verfügbaren Informationen lehnt der BN die vorliegenden Planungen entschieden ab. „Da ein reiner Werksanschluss anscheinend nicht genehmigungsfähig ist, ist aus der Sicht des BN als einzige Alternative höchstens der Ausbau der Anschlussstelle Dingolfing West, mit einer Abzweigung entlang der Autobahn nach Westen bis zum Logistikzentrum vorstellbar“ so Josef Viehbeck. Diese Variante würde keine weiteren Umgehungen erfordern, bei gleichzeitig sehr geringem Flächenverbrauch, keinerlei neuen Durchschneidungen und deutlich geringeren Kosten. Die Kreis- und Ortsgruppe des BN fordern daher den Landkreis und die Stadt Dingolfing dazu auf, eine entsprechende Initiative zu starten um eine ernsthafte Prüfung dieser Alternative zu ermöglichen. „Das wäre, wenn unbedingt eine Maßnahme erforderlich sein sollte, die einzig sinnvolle, angemessene  und ausreichende Lösung“, bekräftigte auch Josef Rehmeier.

Zerstörung wertvollster Lebensräume

Durch die im Bereich des Grüngürtels entlang der Isar geplanten neuen Straßen würde ein wichtiges Naherholungsgebiet von Dingolfing zerschnitten und dadurch für die Bevölkerung völlig entwertet. Der Straßenbau auf potentiellen Auenstandorten im „Grünkorridor Isar“ ist darüber hinaus mit übergeordneten naturschutzfachlichen Zielen nicht zu vereinbaren und die hier vorhandenen Lebensräume zahlreicher bedrohter Arten würden massiv beeinträchtigt oder sogar zerstört. Besonders gravierend für die Tierwelt wären neben der Zerschneidung der Lebensräume und der Barrierewirkung, auch die verkehrsbedingten Verluste, Schadstoffeinträge oder die Verlärmung. Diese Effekte sind beim Straßenbau grundsätzlich nicht vermeidbar und nicht ausgleichbar.

Um die hohe Wertigkeit des von der Planung betroffenen Gebietes zu belegen, hat die BN Kreisgruppe in diesem Jahr die Erhebung einiger relevanter Tierartengruppen bei einem fachlich qualifizierten Gutachterbüro in Auftrag gegeben. Die Untersuchungen umfassten insbesondere Käfer, Fließgewässerlibellen und Amphibien und die Ergebnisse liegen seit September vor. Insgesamt wurden 17 Arten der Roten Liste Bayern nachgewiesen, sowie 11 Arten, die europarechtlich (FFH-Richtlinie) geschützt sind. Darunter auch der dringende Verdacht auf das Vorkommen des Eremiten, einer gemäß FFH-Richtlinie prioritär geschützten, holzbewohnenden Käferart. Die Einschätzung der Kreisgruppe hinsichtlich der hohen Bedeutung des Raumes südlich von Schönbühl und Kronwieden für den Artenschutz, wurde durch die Studie voll bestätigt, obwohl es sich nur um eine qualitative Untersuchung in einem relativ kurzen Zeitraum handelte. Für die Kreisgruppe ist daher klar, dass die hier geplanten Straßen den Vorgaben des Artenschutzrechts vermutlich nicht standhalten werden.

Möglicherweise noch gravierender wären aber die Auswirkungen auf die Wiesenbrütergebiete im Dornwanger und Rimbacher Moos, nördlich der Autobahn. Schon durch die derzeitige Planung wäre das Gebiete am Rande durch den Bau des Autobahnanschlusses betroffen. „Die bereits diskutierte Umfahrung der Ortschaft Dornwang würde diese wertvollen Lebensräume für Brachvogel, Kiebitz und andere seltene Arten der offenen Feldflur, aber ganz massiv beeinträchtigen“, erklärte Dr Christian Stierstorfer, Geschäftsführer des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) Niederbayern. BN und LBV werden daher ihre Zusammenarbeit intensivieren um gemeinsam die Realisierung des Projekts und damit auch den vorprogrammierten Straßenbau im Dornwanger Moos zu verhindern, betonten die Vertreter der beiden Verbände.

Für Rückfragen:
Kurt Schmid
Regionalreferent für Niederbayern
Tel.: 089/548298-88, E-mail: kurt.schmid@bund-naturschutz.de