Durchwachsene Bilanz der Bayerischen Staatsforsten
Die Bilanz zum Nachhaltigkeitsbericht der Bayerischen Staatsforsten fällt aus Sicht des Bundes Naturschutz (BN) sehr durchwachsen aus. Positiv anzuerkennen sind aus Naturschutzsicht einige Zielvorgaben in den Bereichen Naturschutz und Jagd sowie die Bereitschaft auf Fehlentwicklungen entsprechend zu reagieren, um sie abzustellen. Der BN kritisiert jedoch, dass die hohen Gewinne im Staatsforst nicht dazu verwendet werden, um die vorhandenen Defizite im notwendigen Umfang zu beheben, wie z.B. die geschädigten Schutzwälder zu sanieren und die verbreiteten Nadelholzmonokulturen in Mischwälder umzuwandeln. „Wir fordern deshalb den Vorstand der Bayerischen Staatsforsten und Forstminister Josef Miller als Aufsichtsratsvorsitzenden auf, die Gewinne zu 100 % in den Staatswald zu investieren und wegen der Übernutzungen die Einschläge in den nächsten Jahren deutlich zu reduzieren“, so Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN.
Der Bund Naturschutz kritisiert insbesondere, dass im Staatswald
§ viel zu wenig Geld für die Schutzwaldsanierung ausgegeben wird,
§ die verbreiteten Monokulturen trotz Klimawandel nur sehr schleppend in Mischwälder umgewandelt werden sollen,
§ die Gewinnmaximierung die Nachhaltigkeit in Frage stellt,
§ die satten Gewinne durch den hohen Holzeinschlag und die hohen Holzpreise verursacht wurden,
§ Großsägewerken Sonderkonditionen gewährt werden, die das Aus für kleine und mittelständische Sägerwerke bedeuten,
§ immer mehr Holz durch immer weniger Förster und Waldarbeiter geschlagen wird,
§ der Rehwildabschuss trotz hoher Verbissbelastung eingebrochen ist.
Der Bund Naturschutz hebt positiv hervor, dass die BaySF ein
§ wegweisendes Naturschutzkonzept auf den Weg gebracht haben,
§ mit einem Konfliktmanagement auf Fehlentwicklungen reagiert und diese abgestellt haben,
§ Verfahren eingerichtet haben, um jährlich den Wildverbiss festzustellen.
Kurzstellungnahme des Bundes Naturschutz zum Nachhaltigkeitsbericht der Bayerischen Staatsforste (BaySF)
Viel zu wenig Geld für Schutzwaldsanierung
Die sanierungsdringlichen Waldflächen werden trotz der bisherigen Bemühungen immer mehr, 9.000 Hektar Staatswälder können ihre Schutzfunktion nur unzureichend erfüllen. Es fehlt an ausreichenden Finanzmitteln und es fehlt immer noch an der Lösung der Wald-Wild-Frage, weil wegen des Wildverbisses ein intakter Bergwald vielerorts nicht nachwachsen kann. Trotz Rekordgewinn wurden aber nur geringe Eigenmittel der BaySF in die Schutzwaldsanierung investiert. Anstatt mit den erzielten Gewinnen den notleidenden Schutzwaldwald zu sanieren, geht ein Großteil an den Finanzminister. Der BN appelliert an den Aufsichtsratsvorsitzenden Josef Miller, endlich die seit Jahrzehnten andauernden Probleme im Schutzwald zu lösen und dafür ausreichend staatliche Finanzmittel sowie die Gewinne der BaySF zur Verfügung zu stellen.
Monokulturen auch im Staatswald in Mischwälder umwandeln
Nach der Bundeswaldinventur stocken im bayerischen Staatswald 380.000 Hektar Fichtenwälder, davon über 85.000 Hektar Fichtenmonokulturen. Allein im bayerischen Staatswald sind in den letzten Jahren über 20.000 Hektar Jungbestockungen aus reinen Fichtenwäldern nachgewachsen. Vor diesem Hintergrund erscheinen die von den Bayerischen Staatsforsten angestrebten ca. 2.000 Hektar Neukulturfläche pro Jahr deutlich zu gering. Der BN fordert, dass die Gewinne nicht in der Schatulle des Finanzministers landen, sondern dass sie angesichts der vielen Fichtenmonokulturen im Staatswald zu 100% in einen zukunftsfähigen Wald von morgen investiert werden, so z.B. in die Begründung von Mischwäldern aus standortsheimischen, stabilen Baumarten. Wenn der Staatsforst weiter in diesem Schneckentempo beim Waldumbau vorgeht, werden in wenigen Jahren riesige vergraste Kahlflächen ohne entsprechende Verjüngung entstehen. Die riesigen Grassteppen, die mittlerweile in den Wäldern des Wittelsbacher Ausgleichsfonds im Köschinger Forst nördlich von Ingolstadt entstanden sind, sind ein warnendes Beispiel dafür, wenn ein rechtzeitiger Waldumbau unterlassen wird.
Der BN fordert daher auch den Aufsichtsratsvorsitzenden Staatsminister Josef Miller eindringlich auf, gegen die einseitige Gewinnmaximierung einzuschreiten und den Vorstand der Staatsforsten für die gesetzlich vorgeschriebene Gemeinwohlorientierung des Bürgerwaldes in die Pflicht zu nehmen.
Positives Naturschutzkonzept und Konfliktmanagement
Als richtungsweisend für die deutsche Forstwirtschaft wird ein fortschrittliches Biotopbaum- und Totholzkonzept gesehen, das zumindest für die naturnahen Wälder anspruchsvolle Ziele vorgibt. Positive anerkannt wird die Bereitschaft der BaySF, Fehlentwicklungen aufzugreifen und abzustellen. Nachdem auch zu Beginn 2007 von Bund Naturschutz 2 einige Hektar große Kahlschläge in europäischen Schutzgebieten entdeckt wurden, hat der Vorstand reagiert und diese groben handwerklichen Schnitzer wurden abgestellt.
Gutes Verfahren, Einbruch beim Rehwildabschuss, Zunahme beim Verbiss
Sehr positiv zu bewerten sind die sog. „Trakt-Aufnahmen“, anhand derer flächendeckend für den Staatswald die Verbissbelastung festgestellt werden kann.Mit den jährlichen Vegetationsaufnahmen haben die Bayerischen Staatsforsteein gutes Controllinginstrument, um Fehlentwicklungen abzustellen bzw. gute Ansätze zu verstärken. Es bleibt zu hoffen, dass nach dem Ausscheiden vieler qualifizierter Jäger das deutlich reduzierte Personal zusammen mit den privaten Jägern diese richtungweisende Aufgabe bewältigen kann. Überraschend ist, dass trotz der zu hohen Verbissquoten bei Eichen, Tannen und Edellaubbäumen nach den Ergebnissen des BaySF-eigenen Traktverfahrens deutlich weniger Rehe abgeschossen wurden. Ein massiver Einbruch um mehr als 20% bei den Rehwildabschüssen in den Staatsforsten im Jagdjahr 2006/2007 ist ein augenfälliger Beweis für die verfehlte Unternehmenspolitik mit Personalabbau und verstärkter Vermarktung der Jagd. So ist es nicht verwunderlich, dass im letzten Vegetationsgutachten eine Verbisszunahme festgestellt wurde. Hier droht dem kurzfristigen Gewinn nicht nur der gesetzlich vorgeschriebene Grundsatz „Wald vor Wild“ geopfert zu werden, sondern auch die Zukunft des Bürgerwaldes.
Schnäppchenpreise nur für Großsägewerke: Aus für kleine Sägerwerke
Die BaySf hätten dagegen – ohne gegen Nachhaltigkeitsgebote zu verstoßen – deutlich mehr Geld verdienen können, wenn sie das Holz nicht zu Schleuderpreisen an Großsägewerke verkaufen müssten. So erhielt das Großsägewerk Klausner beispielsweise etwa 900.000 Festmeter Holz pro Jahr zu vergleichsweise niedrigen Preisen vom Staatsforst. Durch diese langfristigen Verträge mit Sonderkonditionen für Klausner drohen den Bayerischen Staatsforsten jährlich Mindereinnahmen in Höhe zweistelliger Millionenbeträge. Die klein- und mittelständischen Sägewerke müssen dagegen deutlich mehr bezahlen oder drohen, leer auszugehen. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist das Sägewerk Höfelmayr in Memmingen, das aufgrund der dramatisch verzerrten Wettbewerbsbedingungen nach 160 Jahren den Betrieb schließen musste. Dadurch verlieren 20 Vollzeitbeschäftigte ihren Arbeitsplatz. Das Sägewerk Höfelmayr sieht sich als Opfer bayerischer Forstpolitik bzw. der Geschäftspolitik der Bayerischen Staatsforste, die mit Sonderkonditionen für Großsägewerke die etwa 500 mittelständischen Sägewerke benachteiligt. Der BN protestiert deshalb gemeinsam mit Sägewerksverbänden gegen diese einseitige Strukturpolitik, die Großsägewerke mit einseitigen Zusagen und Sonderkonditionen subventioniert, und damit die regional ansässigen mittelständischen Betriebe kaputt macht.
Gewinnmaximierung contra Nachhaltigkeit
Die hohen Gewinne im Staatsforst wurden nach Ansicht des BN durch hohe Holzpreise und Übernutzungen verursacht. Trotz Sturm Kyrill und drohender Borkenkäfermassenvermehrung wurden die Holzeinschläge nicht reduziert, wohl um den Gewinn weiter zu steigern. Doch auch durch die Gewinnabführung von 27,5 Millionen € an den Finanzminister wird der Staatsforst für den Freistaat nicht zum Goldesel, weil dies nur 0,07 % des Bayerischen Staatshaushaltes ausmacht. Der BN befürchtet, dass der Wald aller Bürger Bayerns die Zeche für die vom Vorstand der Bayerischen Staatsforste angepriesenen hohen Gewinne zahlen wird. Offenbar soll die massive Übernutzung weiter gehen, weil für das nächste Geschäftsjahr noch höhere Gewinne angekündigt werden.
Bei näherem Hinsehen zeigt sich nämlich, dass die Gewinne vor allem zu Lasten der Nachhaltigkeit erkauft wurden. Durch deutlich erhöhten Holzeinschlag, weniger Pflanzung und Pflege und durch Personalabbau. So haben die Bayerischen Staatsforste (BaySF) mit 7,1 Millionen Festmetern Einschlag weit mehr Holz genutzt, als der von ihnen selbst für 2007 festgesetzte Hiebssatz von 5,4 Millionen Festmetern vorsieht. Anstatt diese Übernutzung in Höhe von 1,7 Millionen Festmetern aber im kommenden Jahr auszugleichen, plant der Vorstand den regulären Holzeinschlag für 2008 aber nur um 0,6 Millionen Festmetern zu drosseln. Unklar bleibt, ob zu dieser forschen Einschlagsplanung noch die zu erwartenden Zwangsnutzungen z.B. durch Borkenkäferbefall hinzukommen. Denn auch im zurückliegenden Geschäftsjahr zeigten die BaySF wenig Zurückhaltung: obwohl Kyrill schon Mitte Januar zugeschlagen hat, wurde etwa in gleicher Höhe wie der Sturmholzanfall noch Frischholz eingeschlagen.
Satte Gewinne durch hohen Holzeinschlag und hohen Holzpreis
Wenn man Holzeinschlag und Holzpreise aus 2004, dem letzten Geschäftsjahr der Bayerischen Staatsforstwaltung, mit den aktuellen Zahlen der BaySF für 2007 vergleicht, wird Folgendes deutlich: bei den heute guten Holzpreisen im Vergleich zu 2004 und davor hätte auch eine Bayerische Staatsforstverwaltung im Geschäftsfeld Holzproduktion ordentliche Gewinne eingefahren. Die BaySF schlugen 2007 1,3 Millionen Festmeter mehr ein als die Staatsforstverwaltung 2004, was bei einem Holzpreis von ca. 58 € pro Festmeter Mehreinnahmen von 75 Millionen € bedeutet. Ebenso ist durchschnittliche Holzpreis 2007 um etwa 13 € pro Festmeter höher als 2004 (ca. 45 € pro Festmeter). Daraus errechnen sich für den Gesamteinschlag von 7,1 Millionen Festmeter Mehreinnahmen von 92 Millionen €. Insgesamt haben die BaySF im Vergleich zu 2004 Mehreinnahmen von weit über 100 Millionen € nur durch Mehreinschlag und höhere Holzpreise erzielt.
Mehr Holz, weniger Förster
Durch die Abspaltung der hoheitlich und beratend tätigen Forstverwaltung von der Staatswaldbewirtschaftung haben die BaySF heute deutlich geringere Personalkosten zu tragen als die ehemalige Staatsforstverwaltung. Doch damit nicht genug: Mit einer „Revierorganisation“ haben die BaySF erst kürzlich über 20% Försterstellen in der Fläche gestrichen, die Zentrale in Regensburg dagegen wird unaufhaltsam aufgebläht. Dafür greifen der Einsatz von Großmaschinen und die waldschädliche Vollbaumnutzung im Staatswald mit rasantem Tempo um sich. Für den BN ist daher klar: Es geht immer mehr darum, möglichst viel Holz mit möglichst geringem Aufwand zu Geld zu machen, die Pflege des Bürgerwaldes und die Zukunftsvorsorge bleibt zunehmend auf der Strecke.
Prof Dr. Hubert Weiger
Landesvorsitzender
Dr. Ralf Straußberger
BN-Waldreferent
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