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EU-Agrarpolitik muss umweltfreundlicher werden

Bund Naturschutz, Euronatur und Arbeitsgemeinschaft noch produzierender Landwirte in Ostbayern (AnpLO) befürworten Ökologisierungsvorschläge der EU

Bäuerliche Arbeitsleistung für die Erhaltung artenreicher Kulturlandschaft muss besser gewürdigt werden

 

26.10.2012

In der derzeitigen Debatte um die Neuorientierung der EU Agrarpolitik sind die gezielten Ökologisierungskomponenten, die ab 2014 von den Landwirten erbracht werden müssen, besonders umkämpft.

Die EU-Kommission hatte in ihrer Mitteilung vom  November 2010 klar gemacht, dass sie einen Paradigmenwechsel bei der Agrarförderung anstrebt. Dieser besteht darin, dass die Bauern nur noch dann in den Genuss von Zahlungen kommen sollen, wenn sie Leistungen – besonders im ökologischen Bereich – erbringen, die oberhalb der gesetzlichen Auflagen liegen.

Diese  beinhalten drei verpflichtende Komponenten, nämlich die Erhaltung von Wiesen und Weiden (Grünlandumbruchverbot) am jeweiligen Betrieb, die Einschränkung von Monokulturanbau durch einen verbindlichen Fruchtartenwechsel auf dem Acker und die Pflicht,  7 % der Ackerfläche als  ökologische Vorrangfläche zu bewirtschaften.

Allein Gesetze einzuhalten wird nicht länger als Subventionierungstatbestand anerkannt.

Bund Naturschutz und Euronatur begrüßen diesen Paradigmenwechsel in Richtung „public money for public goods“, der allerdings nur funktioniert, wenn die von der Kommission vorgeschlagene verbindliche Kopplung der Basisprämie an die Einhaltung der Ökokomponente bestehen bleibt. „Diese verbindliche Kopplung ist derzeit die zentrale Frage!“, so Lutz Ribbe von der Umweltstiftung Euronatur. „Es ist absolut falsch, die Behauptung aufzustellen, die Kommission plane Flächen „stillzulegen““, betont auch Richard Mergner, BN Landesbeauftragter. „Denn die EU Kommission habe deutlich klar gemacht, dass solche Maßnahmen Vorrang erhalten sollen, die sowohl klima- als auch umweltpolitische Ziele verfolgen“, so Mergner weiter.
„Klar sei, dass auf den entsprechenden Flächen nicht „betriebswirtschaftlich höchster Ertrag“, sondern „ökologischer Vorrang“ im Vordergrund stehe“, so Marion Ruppaner, BN Agrarreferentin. Wildnisflächen können hierbei einen besonders hohen ökologischen Effekt bieten, denn sie sichern über das Blüten- und Nahrungsangebot z.B. Insekten, die eine wichtige Rolle bei der Bestäubung landwirtschaftlicher Kulturen spielten und das natürlicher Gleichgewicht zwischen Nützlingen und Schädlingen aufrecht erhalten. Hecken als ökologische Vorrangflächen können die  Winderosion verhindern und auch der energetischen Nutzung dienen, wenn sie abschnittsweise auf den Stock gesetzt werden.“ Daneben befürwortet der BN auch Ackerkulturen, die ohne Pestizide und Düngung bewirtschaftet werden und besondere Leistungen für die Artenvielfalt erbrächten. (Beispielhafte Auflistung siehe Anlage zu dieser PM).

Auch  Cornelia Maurer von AnPLO weist auf die Vorteile der geplanten EU Agrarreform hin: „Im bayerischen Wald gibt es noch jede Menge Flächen für die Natur. Das Ärgerliche ist, dass kleine Flächen unter 500 Quadratmeter gar nicht mehr als landwirtschaftliche Flächen anerkannt werden, und das summiert sich teilweise bis zu einem halben Hektar pro Betrieb auf. Gerade diese kleinen Flächen sind jedoch ein wichtiges Kapital für den Naturschutz und damit für den Tourismus. Im Übrigen können die bäuerlichen Betriebe im Bayerischen Wald die geplanten Vorgaben sehr leicht erfüllen, da sie viel Grünland bewirtschaften, das von den Vorrangflächen nicht betroffen ist und am Acker eine Fruchtfolge mit gleichmäßigen Anteilen z.B. von Mais, Getreide und Kleegras für tierhaltende Betriebe kein Problem ist“.

Hans Kienberger, 2. Vorsitzender von Anplo , sieht die 7% ökologischen Vorrangflächen als machbar an: „Hecken und Ackerraine zu pflegen oder  Kleegras anzubauen macht für bäuerliche Betriebe Sinn. Was der Umwelt dient, dient auch dem Bauern. Die geplante Neuregelung der EU- Agrarpolitik kann auch dazu beitragen dass das  Image der Landwirtschaft in der Bevölkerung wieder verbessert wird“, so Kienberger, und weiter:„Wir Bauern wollen Bauern bleiben und nicht in der Falle des Wachsens oder Weichens gefangen bleiben.“ Deshalb fordert  AnpLO, dass die Zahlungen der EU künftig nicht mehr nur an der Fläche, sondern auch an den Arbeitserfordernissen der Betriebe festgemacht werden. „Jedes Land der EU sollte selbst entscheiden können, ob der  kalkulatorische Arbeitszeitbedarf, der bei kleinen Betriebseinheiten höher liegt, berücksichtigt werden kann. Die Prämienhöhen sollten sich in jedem europäischen Land am eigenen außerlandwirtschaftlichen Vergleichseinkommen orientieren“, so Kienberger.

Lutz Ribbe machte klar, dass die jetzt geplante Neuorientierung der EU Agrarpolitik nicht neu sei, sondern auf eine Idee des damaligen Agrarkommissars MacSharry zurückgehe, der bereits 1992 kritisierte, dass im Agrarbereich Milliarden von der EU ausgegeben würden und in der Folge dennoch Bauern aufgeben müssten und die Umwelt zerstört würde. MacSharry forderte damals, neue Ziele für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) zu formulieren, u.a. „Bauern zum Bleiben motivieren, Umwelt erhalten und ländliche Räume entwickeln“.

Für Rückfragen: Marion Ruppaner,
BN Landwirtschaftsreferentin,
Tel. 0911 8187820

 

Lutz Ribbe,
Euronatur
Tel. mobil: 0170 - 41 25 787

Anlage

Vorschläge des BN zur Ausgestaltung der Ökokomponente im Rahmen des EU Kommissionsvorschlags zur neuen DirektzahlungsVO

Der Bund Naturschutz hat im Vorfeld der Veröffentlichung der Legislativvorschläge der Kommission sich klar zur Ökologisierung der GAP positioniert. Er hatte sich u.a. für einen Anteil von 10% an Ökologischen Vorrangflächen auf allen Betriebsflächen (Acker und Grünland) ausgesprochen, entsprechend der Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats des Bundeslandwirtschaftsministeriums.

Der Bund Naturschutz spricht sich dafür aus, die drei von der Kommission vorgeschlagenen Greening-Komponenten grundsätzlich ohne Einschränkung anzuwenden als Voraussetzung für den Erhalt von Direktzahlungen.

 

Teil 1: 10% Ökologische Vorrangfläche (Von der Kommission vorgeschlagen: 7 %)
Im Rahmen der Regelung muss sichergestellt werden

  • die Verpflichtung für Ökologische Vorrangflächen muss der Antragsteller auf von ihm bewirtschafteten Flächen in der jeweiligen Gemeindegemarkung erfüllen.
  • Vertragsabschlüsse für ökologische Vorrangflächen außerhalb der Reichweite der Bewirtschaftung des jeweiligen Betriebes sind unzulässig.

 

Vorschläge für  Vorrangflächen:

  • Hecken und Einzelgehölze
  • Artenreiche Kurzumtriebsplantagen als Gehölzstreifen außerhalb von Schutzgebieten mit einer Maximalbreite von 10 Metern oder als Kleinflächen bis maximal 0,1 ha Größe
  • Sonstige Landschaftselemente, Uferstreifen an Gräben mit Mindestbreite von 5 m ohne Düngung und Pflanzenschutz, Pufferstreifen und kartierte Biotope
  • Blühflächen und Blühstreifen (zu 50% auch inklusive Kleegras oder Luzerne bei frühester Schnittnutzung nach der Blüte, ohne Düngung und Pflanzenschutz)
  • Ackerraine, die nach der Blüte, frühestens zum 1.7., gemäht werden
  • Streuobstbestände (gepflegt und bewirtschaftet)
  • Umwandlung von Ackerflächen in artenreiches Dauergrünland (für 5 Jahre als „Ökologische Vorrangfläche“ anrechenbar)[1]
  • Mischkulturen mit mindestens drei Kulturen (mindestens aus 2 Pflanzenfamilien, und Mindestanteil 10% pro Art, zu 50% anrechenbar, ohne Düngung und Pflanzenschutz)

In Dauerkulturen (Obst, Wein, Hopfen): Sollten diese Kulturen künftig in die Direktzahlungsregelung eingebunden werden, soll für diese Flächen (analog der Vorrangflächenregelung in der Schweiz) die Verpflichtung für ökologische Vorrangflächen auf die Hälfte des für Acker und Grünland vorgeschriebenen Flächenanteils angesetzt werden.

Als Elemente sollen angerechnet werden können:

  • Streuobstflächen und Hochstammobstbäume
  • Artenreich begrünte Rebgassen
  • Blühmischungen/ Blühstreifen in Obst- und Hopfenkulturen

Teil 2: Fruchtartendiversifizierung

1.)   Fruchtartendiversifizierung mit der Vorgabe, dass eine Frucht maximal  50% der Ackerfläche einnehmen darf.

2.)   Ein Anteil von 20% Leguminosen in der Fruchtfolge

 

Teil 3: Erhaltung von Dauergrünland

Der BN fordert zu 100 % die weitere Erhaltung von Dauergrünlandflächen, statt, wie von der EU vorgesehen, eine weitere Abnahme um 5% auf 95% hinzunehmen.

Als Stichtag darf nicht der 1.1.2014 gelten, sondern muss ein Termin in der Vergangenheit gewählt werden, nach Möglichkeit der 1.1. 2011.

 


[1] gilt nur für Ackerflächen, die zum Stichtag 1.10.2011 keine Grünlandfläche waren