Flughafen Nürnberg GmbH will Rodung, um Geld zu sparen
Derzeit läuft beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürth ein Rodungserlaubnisverfahren "Hindernisbereinigung am Flughafen Nürnberg" mit Umweltverträglichkeitsprüfung. Die öffentliche Auslegung fand bereits vor Weihnachten statt, die Außenstelle Erlangen des Amtes brütet derzeit vermutlich über den Einwendungen.
Darunter befindet sich auch eine ausführliche Stellungnahme des Bundes Naturschutz in Bayern e.V. (BN), in dem der Naturschutzverband seine grundsätzliche Kritik an der geplanten formalen Rodungserlaubnis und den Waldbeseitigungen und dem Weghauen hoher alter Bäume zur Höhenbegrenzung auf 20 Hektar formuliert hat.
"Selbstverständlich sehen wir es als unabdingbar an, die Sicherheit des Flugverkehrs zu gewährleisten, um Schaden an Leib und Leben von Passagieren oder AnwohnerInnen abzuwenden. Es drängt sich aber der Eindruck auf, dass die Sicherheit des Flugverkehrs mit der billigsten Methode, nämlich der Reichswaldrodung, erreicht werden soll. Die Sicherheit des Flugverkehrs könnte auch durch alternative Maßnahmen wie Einrichtung eines zweiten Instrumentenlandesystems gewährleistet werden. Diese Alternative wird zum Beispiel am Flughafen Frankfurt genutzt, wo ja der Waldschutz für Frankfurt eine ähnlich hohe Bedeutung hat wie der Schutz des Nürnberger Reichswaldes für Nürnberg und der dort auch als Bannwald geschützt ist", so der Landesbeauftragte des Bundes Naturschutz, Richard Mergner.
"Das will sich die Flughafen GMBH offenbar sparen. Es wäre dann aber eine weitere Subvention des klimaschädlichen Flugverkehrs, die wir ablehnen", so Mergner.
Günter Raß, der Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt erklärt dazu:
"Wir lehnen deshalb die beantragte Rodungserlaubnis für über 20 Hektar Reichswald zum derzeitigen Zeitpunkt ab, weil diese Alternative erstmal geprüft werden muss und appellieren an das Amt für Land- und Forstwirtschaft, die Erlaubnis nicht zu erteilen. Zumal die Summenwirkung der vielen geplanten Rodungen im Wald für die Nordspange, den LKW-Rastplatz bei Moosbach oder Gewerbegebiete wie bei Feucht noch gar nicht ordentlich geprüft sind. Immerhin handelt es sich ja um ein Vogelschutzgebiet für die europaweit gefährdeten Arten wie Schwarzspecht und Co."
"Sollte sich das alternative Anflugverfahren aus technischen Gründen nicht realisieren lassen, wäre zur Hindernisbereinigung auch Einzelstammentnahme im Wald möglich. Dass diese Maßnahme teurer wäre als die geplante Tabula-rasa-Rodung, ist naheliegend. Warum sollte aber die Allgemeinheit ihren Wald verlieren, bloß weil eine GMBH dann billiger wegkommt?", so Raß.
"Derzeit müssen wir damit rechnen, dass die Flughafen Nürnberg GMBH nach einer gewissen Schamfrist die per Rodungserlaubnis aus dem Wald herausgenommenen Bereiche als Parkplatz nutzt. Dann hätten wir mitten im Reichswald riesige PKW-Wüsten", so Raß.
Vorgeschichte
Bereits 2009 wurde ohne Beteiligung der Verbände, ohne Beteiligung der Öffentlichkeit und ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ein Rodungserlaubnisverfahren abgeschlossen. Von den vom Flughafen beabsichtigten Rodungsflächen wurde ein Teil von 4,89 Hektar Umfang abgetrennt (sog. Fläche "VSS-Mitte") und damit die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Öffentlichkeitsbeteiligung umgangen (ab 5 ha wäre UVP zwingend gewesen). Die Rodung dieser 4,89 ha Wald im Osten der Start- und Landebahn wurde bereits im Oktober 2009 durchgeführt. Dies hat zu massiver Kritik der Öffentlichkeit gesorgt, die quasi vor vollendete Tatsachengestellt wurde.
Öffentliches Verfahren ist zu begrüßen
Der BN begrüßt, dass im laufenden Verfahren nun eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt wird. Dies war angesichts des bisherigen Vorgehens der Flughafen Nürnberg GMBH leider nicht zu erwarten. Erst die Proteste der Bevölkerung und des BN führten hier offenbar zur Einsicht.
Erhebliche Beeinträchtigungen im Reichswald drohen
Die geplanten Maßnahmen würden nach Ansicht des BN das europäische Vogelschutzgebiet beeinträchtigen und zu einem Verlust von Bannwaldschutz, damit auch Erholungswaldschutz und Lärmschutzwald führen. Die vorgeschlagenen flächenmäßig geringen Ersatzaufforstungen weitab vom Eingriffsort in Unterferrieden ersetzen den Eingriff nicht.
Sicherheit im Flugverkehr kostet Geld
Für die Gewährleistung der Sicherheit im Flugverkehr gibt es nationale und internationale Regeln, die einzuhalten sind. Diese Regeln lassen jedoch auch Abwägungen zu, insbesondere wenn es um Gesundheitsschutz oder Natur- und Umweltschutz geht.
Zumeist geht es bei den dafür nötigen Kompromissen um viel Geld. Das ist nachvollziehbar angesichts des immensen Finanzumfanges, mit dem zumeist privatwirtschaftlich organisierte internationale Flughäfen und auch der Verkehrsflughafen Nürnberg operieren. Ist beispielsweise besserer Lärmschutz nötig, kostet das entweder Geld bei der Beschaffung leiserer Flugzeuge oder es mindert den Erlös der Flughäfen durch Nachtflugverbote oder es kostet viel Geld bei der Nachrüstung von Wohngebäuden mit Lärmschutzfenstern.
Beim Naturschutz, den die Flughäfen zu beachten haben, ist es nicht anders. Jede Ausweitung des Flughafengeländes kostet i.d.R. land- oder forstwirtschaftlich genutztes Land. Auch jede Ausweitung von Hindernisbegrenzungsflächen kostet i.d.R. land- oder forstwirtschaftlich genutztes Land, das nicht mehr entsprechend genutzt werden kann. Auch die Vermeidung solcher Ausweitungen kostet bei Zunahme des Flugverkehrs oder Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen Geld, weil z.B. die Anflugverfahren angepasst werden müssten. Das wollen sich Flughäfen im internationalen Konkurrenzgerangel gerne sparen.
Ursache für den Antrag der Flughafen Nürnberg GMBH ist die Nutzung des LOC-DME-Verfahrens für Notfälle. Dies ist allerdings nicht das einzige mögliche Verfahren.
Die beantragte Rodungserlaubnis und die geplanten Maßnahmen zur Hindernisbereinigung wären vermeidbar, wenn ein zweites ILS-System pro Landerichtung eingerichtet würde. Das kostet natürlich Geld (es ist mit ca. 1 Mio. € pro Seite zu rechnen).
Der Flughafen berühmt sich derzeit einer Passagierzahl von 4.000.000 pro Jahr. Würde die Einrichtung des alternativen Verfahrens zwei Millionen Euro kosten, ergäbe dies für ein Jahr 0,50 € pro Passagier. Auch die einzelstammweise Freihaltung der hindernisfreien Zone kostet Geld. Würde sie jährlich eine halbe Million Euro kosten, was sehr hoch veranschlagt ist, so ergäbe dies 0,13 € pro Passagier pro Jahr. Der Frachtumsatz ist bei diesen Überlegungen noch nicht berücksichtigt.
Parkplätze im Wald als Nebeneffekt?
Die Rodungserlaubnis würde der Flughafen Nürnberg GMBH erlauben, jederzeit die im Antrag als "Mittelwald" dargestellten Bestände zu roden und anderweitig zu nutzen.
Dem Freistaat Bayern und der Flughafen Nürnberg GMBH als Eigentümer der Flächen wird es nach den vorgelegten Unterlagen nirgends auferlegt, dauerhaft für diese Art der Bestockung zu sorgen.
Damit bestünde die Möglichkeit, dass die Flughafen Nürnberg GMBH diese Flächen dann jederzeit als Abstellflächen für Gepäckfahrzeuge oder Lagerplätze für Materialien aller Art oder Parkplätze für die möglicherweise wegfallenden Parkplätze im Süden des Flughafens nutzen kann. Immerhin sind die Einnahmen aus den Parkplatzgebühren mittlerweile eine der Haupteinnahmequellen auf deutschen Flughäfen.
Auch der Betrieb Bayerische Staatsforsten könnte die dann nicht mehr als Waldflächen geführten Bereiche veräußern, z.B. an die Flughafen Nürnberg GMBH.
gez. Tom Konopka
Regionalreferent für Mittelfranken
Tel. 0911/81 87 8-14, Fax 0911/86 95 68
Mail tom.konopka(at)bund-naturschutz.de
Die 16-seitige Stellungnahme kann beim BN angefordert werden.