Geplante Erweiterung der Uni Erlangen - Keine Bebauung im Biotop Exerzierplatz!
Die Universität Erlangen-Nürnberg plant derzeit eine massive Bebauung des Exerzierplatzes im Erlanger Röthelheimpark. Dazu sollen auf einer Fläche von 11,5 Hektar (oder 115.000 Quadratmetern) der südliche Bereich des beliebten Naturgebietes u.a. mit einem Max-Planck-Institut für Licht bebaut und bis zu 1.500 PKW-Stellplätze angelegt werden. Das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 380 läuft derzeit.
Die geplanten Eingriffe beträfen eines der bedeutendsten Naturgebiete Erlangens. Es handelt sich um ein Kerngebiet der SandAchse Franken wie das Naturschutzgebiet (NSG) Tennenloher Forst bei Tennenlohe, das NSG Hainberg bei Oberasbach, das NSG Büg bei Eggolsheim oder das NSG Muna Bamberg. Es ist nicht nur im staatlichen Naturschutzkataster vollständig als Biotop erfasst, sondern steht auch in Teilbereichen unter dem Schutz des Bayerischen Naturschutzgesetzes (Art. 13d).
Am Exerzierplatz kommt das Wappentier der SandAchse, die Blauflügelige Ödlandschrecke genauso vor wie das Silbergras, die Heide-Nelke und die Sand-Grasnelke. Hier kommen europäisch geschützte Arten wie die Zauneidechse oder die Kreuzkröte vor, hier brüten Heidelerche und sucht der Grauspecht nach Futter, hier jagen geschützte Fledermäuse wir der Große Abendsegler, der Kleine Abendsegler oder die Mückenfledermaus. Tausende von BiologiestudentInnen lernten und lernen hier die Besonderheiten der fränkischen Sandlebensräume kennen.
Die Bebauung würde das in den 90er Jahren als "landesweit bedeutsam" kartierte Gebiet des Exerzierplatzes (damals ca. 70 Hektar) nochmals empfindlich verkleinern. Von den heute noch vorhandenen 40 Hektar würden 11,5 Hektar oder 29% bebaut und damit als Lebensraum gefährdeter und geschützter Arten verloren gehen.
Die Bebauung läge darüber hinaus in unmittelbarer Nähe zum ausgewiesenen Naturschutzgebiet und würde dieses massiv beeinträchtigen. Die Flächenverluste würden zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der geschützten Populationen im NSG führen. Die verbliebenen Restflächen wären einer umso stärkeren Erholungsnutzung ausgesetzt.
Der Bund Naturschutz lehnt die geplante Bebauung entschieden ab. Soeben erst hat Bundeskanzlerin Merkel alle BürgerInnen aufgefordert, den Erhalt der Biodiversität genauso entschieden anzugehen wie den Klimaschutz. Erlangen plant dagegen im internationalen Jahr der Biodiversität 2010 die Bebauung eine seiner wertvollsten Naturflächen mit einer Reihe europaweit bedrohter und geschützter Arten.
Der BN fordert vor einer weiteren Beplanung des Geländes eine belastbare Untersuchung von Planungsalternativen. Bislang ist nicht zu erkennen, dass eine nachvollziehbare Abwägung mit den Belangen des Naturschutzes vorgesehen wäre.
Diese Einschätzung wird auch gestützt durch einen "Bettelbrief" des Staatlichen Bauamtes Nürnberg. Mit diesem fragt die planende Behörde u.a. beim Bund Naturschutz in Nürnberg (!) an, ob dieser in dem "sich schwierig gestaltenden Zusammenhang" bei der Suche nach möglichen Ausgleichsflächen behilflich sein könne.
Der BN wird sich selbstverständlich nicht an der Suche nach Ausgleichsflächen beteiligen, da er die Bebauung des Geländes grundsätzlich ablehnt.
Die Generalversammlung der UNO hat 2010 zum Internationalen Jahr der Biodiversität erklärt. Biodiversität ist die Vielfalt des Lebens. Die Vielfalt des Lebens lässt sich auf drei Ebenen beschreiben: Vielfalt der Ökosysteme (Lebensräume wie Wasser, Wald), Vielfalt der Arten (Tiere, Pflanzen, Pilze, Mikroorganismen), Vielfalt der Gene (Rassen oder Sorten von wildlebenden und genutzten Arten).
Der Bund Naturschutz hat sich der Ankündigung des Abzuges der US-Armee seit 1993 intensiv für die bauliche Wiedernutzung des Kasernen- und Aufmarschgeländes im Norden des US-Areals (gesamt ca. 136 ha) eingesetzt. Dafür sollte ein kleinerer Teil im Süden, die sandigen Offenflächen des Exerzierplatzes mit 40 Hektar Umfang als Biotopflächen erhalten bleiben. Diese waren im staatlichen Arten- und Biotopschutzprogramm 1992 vom bayerischen Landesamt für Umweltschutz als "landesweit bedeutsames Biotop" bewertet worden. 1994 wurde das gesamte Areal von der US-Armee geräumt und freigegeben.
Gleichzeitig gab es schon frühzeitig Begehrlichkeiten, die Flächen trotz ihrer Bedeutung für den Naturschutz für eine Bebauung durch die Universität zu nutzen.
Während im Norden mittlerweile der neue Stadtteil Röthelheimpark entstanden ist, gab es um den Erhalt des südlichen Sandgebietes noch lange Auseinandersetzungen.
Eine Petition zum Erhalt der Gesamtfläche, die der Bund Naturschutz im Jahre 1997 an den Bayerischen Landtag gerichtet hatte, wurde mit den Stimmen von CSU und SPD abgelehnt. 1999 konnte der BN verhindern, dass eine Straße mit Allee in Nord-Süd-Richtung durch das Gelände gebaut wurde. Im Jahr 2000 wurde endlich ein Teil des Gebietes als Naturschutzgebiet Exerzierplatz Erlangen mit 25 Hektar unter Schutz gestellt. Am südlichen Rand waren aber 15 Hektar nicht in das NSG einbezogen worden. Die Stadt Erlangen hat diese Flächen trotz erheblicher Bedenken des Naturschutzes im Flächennutzungsplan als "Sonderbaufläche Universität" ausgewiesen.
Auf diesen Flächen will nun die Universität bauen. Was aus Sicht der Stadt und der Universität als logische Folge ihrer Entscheidungen dargestellt wird, ist und bleibt aber ein massiver Eingriff in ein landesweit bedeutsames Biotop, der nicht ausgeglichen werden kann.
Die Stadt Erlangen war und ist eine der zwölf Gebietskörperschaften zwischen Bamberg und Weißenburg, die sich in dem Projekt SandAchse Franken zusammengeschlossen haben (www.sandachse.de). Zwischen 2000 und 2006 wurden allein vom bayerischen Naturschutzfonds 1 Mio. € Fördermittel eingesetzt, um die letzten Sandlebensräume, die typischen mageren Offenflächen unserer Heimat mit ihrer hohen Bedeutung im Artenschutz zu retten.
Derzeit bemühen sich die beiden Trägerverbände Bund Naturschutz und Landschaftspflegeverband Mittelfranken e.V. zusammen mit dem Tourismusverband Franken und den Gebietskörperschaften um die Qualitätssicherung des SandAchse-Radweges als zentrale Verbindung zwischen dem Main-Radweg und dem Altmühl-Radweg. Der Radweg führt auch am Exerzierplatz Erlangen entlang.
für Rückfragen:
Tom Konopka, Regionalreferent für Mittelfranken, Tel. 0911/81 87 8-14
Fax 0911/86 95 68, Mail tom.konopka(at)bund-naturschutz.de