Geplanter Steinbruch bei Rothenstein - Rote Karte für Klimasünder und Landschaftszerstörer
Das Steinbruchunternehmen Schotter- und Steinwerk Weißenburg GMBH & Co. (SSW) hat am Montag, 21. Februar 2011 begonnen, den Wald bei Rothenstein, südlich von Weißenburg zu roden, um dort einen umstrittenen Steinbruch für Plattenkalke im Naturpark Altmühltal einzurichten. Gegen diesen Steinbruch ist nach wie vor eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Ansbach anhängig, über die bislang nicht entschieden wurde.
Am Freitag, 18. Februar 2011, hatte der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München die Beschwerde des BN, mit der ein Baustopp erreicht werden sollte, ohne öffentliche Verhandlung abgewiesen. Die Steinbruchfirma SSW hatte nur zwei Tage vorher beim VGH den Antrag gestellt, bereits jetzt roden und den Oberboden abschieben zu dürfen. Sie begründet die Eile mit der Nachfrage nach Plattenkalken aus China (!) und mit Vogelschutz (!).
"Wir sind entsetzt über die Genehmigung des Sofortvollzuges durch das VGH. Offenbar wurden unsere Kritikpunkte zu den im Genehmigungsverfahren vorgelegten Gutachten zur Trinkwasserfrage gar nicht genauer angesehen. In der Kürze der Zeit dürfte das auch schwer möglich gewesen sein. Hier wiederholt sich, was wir im ganzen Verfahren bemängelt haben: Niemand schaut genau hin. Wir befürchten, dass die letzte Trinkwasserquelle von Suffersheim wie die vorletzte durch den Steinbruch unbrauchbar wird", so Erhard Bendig, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Weißenburg-Gunzenhausen.
"Pünktlich zum internationalen Jahr der Wälder 2011 wird im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen Wald im großen Stil gerodet. Und das, weil die Firma SSW die Nachfrage auf dem chinesischen Markt befriedigen will. Gerade für China, das derzeit die Ausfuhr von seltenen Erden unterbindet. Es ist grotesk, dass hier der Wald für Villen und Prunkbauten in China gerodet wird. Es ist gleich zweimal klimaschädlich, denn durch die Waldvernichtung verlieren wir einen wesentlichen Kohlendioxidspeicher und durch den Transport um die halbe Welt wird Energie in großem Stil vergeudet", so Tom Konopka, Regionalreferent für Mittelfranken. "Wir zeigen den Klimakillern deshalb die rote Karte."
"Leider haben unsere Appelle an die Verantwortlichen der Firma SSW, wenigstens auf einen Teil der geplanten Rodung und des Steinabbaues zu verzichten, um die Gefahr für Suffersheim zu verringern, bislang nicht gefruchtet. Im Gegenteil: Jetzt beantragte sie bei der Fortschreibung des Regionalplans der Region 8 Westmittelfranken, nicht nur die strittigen 8 ha innerhalb der Naturparkschutzzone, sondern dessen ganzes Umfeld als „Vorranggebiet für Steinabbau“ auszuweisen.
Man will hier offenbar schnell Fakten schaffen, damit die größten Eingriffe bereits passiert sind, bevor sich das Gericht im Detail mit der Planung befasst. Das ist leider unsere Erfahrung aus ähnlichen Fällen, wo das Bundes-Berggesetz zur Anwendung kommt", so Konopka.
"Dass mit der jetzigen Rodung auch dem Vogelschutz Genüge getan werden soll, ist ein Hohn angesichts der geplanten Vernichtung von 30 Hektar Waldvogel-Lebensraum durch SSW", so Bendig. Hintergrund: Damit Fichtenkreuzschnabel und Erlenzeisig nicht bereits das Brüten beginnen, wird noch schnell jeder potentielle Brutbaum gefällt. Dies war eine der wenigen Auflagen des Landratsamtes Weißenburg-Gunzenhausen im Genehmigungsverfahren. Desselben Landratsamtes, das keine Bedenken gegen die Rodung und den Steinbruchbetrieb an sich hatte und als Ausgleich für den Eingriff Gefälligkeiten der Fa. SSW gegenüber dem ehemaligen Grundstückseigner, Albrecht von Egloffstein, genehmigte. Dies wird vom VGH möglicherweise als problematisch angesehen und wird im Prozess sicher zur Sprache kommen.
"Für das Klageverfahren und zum Schutz des Suffersheimer Trinkwassers bitten wir um Spenden auf das Konto 9300 000 050 bei der Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 700 205 00, Stichwort: „Steinbruch Rothenstein", so Konopka.
Geplanter Steinbruch bei Rothenstein am Hohlbeerbuck
Die Firma Schotter- und Steinwerk Weißenburg GMBH & Co. KG, ein Zusammenschluss aus den Firmen H. GEIGER GMBH, FIEGL Straßenbau-Kanalbau-Asphaltmischanlage-Quarzsand u. a., plant am Hohlbeerbuck, einem Berg zwischen Neudorf und Rothenstein, beides Ortsteile der Stadt Pappenheim, einen Steinbruch zur Gewinnung von Marmor und Kalkstein.
Auf dem Hohlbeerbuch stockt heute Wald mit Ausnahme eines Steinbruches am Osthang des Berges. Im geplanten 30,79 Hektar großen Abbaugebiet wächst 80 - 100-jähriger Buchenwald, randlich in geringerem Ausmaß auch Fichtenwald. Er soll vollständig gerodet werden.
Der Steinbruch soll am Gipfel des Hohlbeerbucks ca. 590 m Länge und 530 m Breite aufweisen. Statt des heute 573 m über NN liegenden Gipfels würde 58 m tief gegraben werden und ein riesiges, kastenförmiges, fast rechteckiges Loch bis auf die Sohle bei 515 m über NN in die Bergkuppe gesprengt werden. Auf drei Seiten des Steinbruches würden gerade Seitenwände mit einer Höhe von 27 - 45 m stehen bleiben. Die Untere Naturschutzbehörde sprach im Verfahren von der "Monotonie der langgezogenen Wände", der Kreisbaumeister von "reißbretthaft linearer" Gestaltung. Auf der vierten, östlichen Seite würde der Steinbruch mit dem bereits bestehenden Bruch der Fa. Stiegler vereinigt.
Der Abbau ist nach den Planunterlagen für ca. 20 Jahre vorgesehen, in der Genehmigung ist dieser Zeitraum aber nicht zwingend vorgegeben. Es könnte als auch wesentlich länger dauern.
Der geplante Steinbruch liegt zu ca. 20 Hektar im Vorranggebiet MA 15 für Gesteinsabbau des Regionalplans West-Mittelfranken. Hier ist ein Steinbruch seit längerem vorgesehen und weniger strittig.
Im Nordwesten des geplanten Abbaugebietes befindet sich die Schutzzone des Naturparkes Altmühltal, die auch als landschaftliches Vorbehaltsgebiet nach dem Regionalplan gelten kann. 8 Hektar davon sollen in den Steinbruch einbezogen werden.
Der Ausweisung der Naturpark-Schutzzone wurde hier dem Gesteinsabbau immer Vorzug gegeben, weil die Trinkwasserquellen des Weißenburger Ortsteils Suffersheim unterhalb dieser Bergflanke liegen und möglicherweise gefährdet wären. Insbesondere der ehemalige Weißenburger Oberbürgermeister Reinhard Schwirzer hatte sich dafür immer stark gemacht, auch im aktuellen Verfahren hat die Stadt Weißenburg die Planung massiv kritisiert. Der Kreistag hatte sich aber gegen Proteste des BN in einer Sitzung im Dezember 2009 für die Zulassung des Steinbruches in der Schutzzone ausgesprochen.
Drei Hektar des geplanten Steinbruches lägen ganz im Nordwesten im Vorbehaltsgebiet für Gesteinsabbau. Hier ist wie außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten üblicherweise ein langwieriges Raumordnungsverfahren nötig, um eine Abbaugenehmigung zu erhalten. Dies befand die Regierung von Mittelfranken aber nicht für nötig.
Klage gegen den Genehmigungsbescheid
Gegen den vom Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen genehmigten Gesteinsabbau hat der Bund Naturschutz am 13.04.2010 Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach eingelegt. Gegen den am 29.06.2010Albrecht Graf von und zu Egloffstein vom Landratsamt erlassenen Sofortvollzug hat der BN am 20.07.2010 ebenfalls Eilklage auf Baustopp eingelegt.
Die Klage richtet sich vor allem gegen die Genehmigung des Steinabbaus außerhalb der Vorrang-/Vorbehaltsgebiete, mit deren Nutzung nicht nur eine Naturparkschutzzone über Jahrzehnte zerstört, sondern auch noch das letzte Trinkwassereinzugsgebiet einer Gemeinde gefährdet würde. Und es geht um die Existenz des Naturparks Altmühltal.
Der BN hatte im fast dreijährigen Planungsverfahren mehrfach auf die Gefahren für das Trinkwasser von Suffersheim und die Beeinträchtigung schutzwürdiger Wälder hingewiesen. Leider hat sich das Landratsamt und auch der Kreistag bei seiner Entscheidung, den riesigen Steinbruch in der Naturparkschutzzone zuzulassen, damit nicht weiter aufgehalten.
Die Klage wurde eingereicht, um die Landschaft, vor allem aber das gute Trinkwasser von Suffersheim zu schützen. Niemand kann sicher ausschließen, dass der geplante Steinbruch das wichtigstes Lebensmittel der Suffersheimer, das Trinkwasser, nicht beeinträchtigt. Immerhin hat ein Steinbruch desselben Unternehmens die zweite Suffersheimer Trinkwasserquelle, die Steinriegelquelle, bereits vor Jahren kaputtgemacht. Damals hat derselbe von der Firma beauftragte Gutachter bereits gravierende Fehler gemacht. Die europäische Wasser-Rahmenrichtlinie der EU sollte ernster genommen werden. Sie schreibt einen besseren Schutz des Grundwassers vor.
Am 13.09.2010 lehnte das VG Ansbach die Eilklage des BN gegen den Sofortvollzug ohne mündliche Verhandlung ab. Dagegen legte der BN am 24.09.2010 Beschwerde beim VGH ein. Diese wurde nun am 18.02.2011 vom VGH abgewiesen, damit der Baustopp aufgehoben. Die Hauptsacheklage ist weiterhin beim VG Ansbach anhängig.
Der Firma Schotter- und Steinwerk Weißenburg GMBH & Co. KG geht es offenbar darum, noch vor dem Hauptverfahren beim Verwaltungsgericht Ansbach Fakten zu schaffen. Dabei ist ihr Antrag auf Sofortvollzug nur als erster Schritt zu sehen. Den zweiten Schritt, vollendete Fakten zu schaffen, tat sie mit der beantragten Fortschreibung des Regionalplans, in dem sie die bisher als Naturparkschutzzonenfläche ausgewiesene Umgebung einschließlich der umstrittenen 8 ha nun als „Vorranggebiet für den Steinabbau“ deklariert wissen will. Damit versuchen die betreffenden Grundbesitzer und Steinbruchunternehmer die Rechtsgrundlage für den Steinabbau nachträglich – noch vor dem Hauptverfahren - zu ihren Gunsten zu verändern.
Der Bund Naturschutz kämpft seit langem gegen immer größere, immer weiter die Landschaft zerfressende Steinbrüche. Er hat bereits im Zuge der Regionalplanung auf eine nachhaltigere Nutzung der Ressourcen, zum Beispiel durch Baustoffrecycling gedrängt und gefordert, eher weniger Vorrang- und Vorbehaltsgebiete auszuweisen.
Es ist ein Affront für alle Bürgerinnen und Bürger, die sich für Natur- und Landschaftsschutz im Tourismusland Bayern einsetzen. Der BN bezweifelt, dass es dem Tourismus im Naturpark dient, wenn zehn Stockwerk hohe, schnurgerade Wände ohne jegliche naturnahe Vorsprünge über einen halben Kilometer in die Landschaft gesprengt werden.
Steinbruch in der Naturpark-Schutzzone: Trinkwasser bedroht
Der bestehende Steinbruch der Fa. Stiegler am Rothenstein liegt auf der östlichen Seite des Berges. Er schneidet bislang nur Grundwasserschichten an, die offenbar nach Südosten laufen.
Bei dem nun geplanten Steinbruch würde allerdings über die Bergkuppe hinweg auch der nordwestliche Hang des Hohlbeerbucks angegraben. Dieser liegt in Sichtweite des Ortsteiles Suffersheim, dessen Trinkwasser aus einer Quelle im Schambachtal unterhalb des Hohlbeerbucks gewonnen wird.
Selbst das Wasserwirtschaftsamt Ansbach geht davon aus, dass das Grundwasser des Hohlbeerbuckes in Richtung Nordwesten, d.h. Richtung Suffersheim abfließt.
Damit bestünde die Gefahr einer Verunreinigung oder des Versiegens der letzten verbliebenen Trinkwasserquelle Suffersheims, nachdem die zweite Quelle am Ort vor einigen Jahren durch einen wesentlich weiter entfernt liegenden Steinbruch der Fa. SSW beeinträchtigt wurde und geschlossen werden musste.
Ein Versuch, die mögliche Beeinträchtigung auszuschließen (sog. Tracer--Versuch) erbrachte keine brauchbaren Ergebnisse, wurde aber vom Landratsamt als ausreichend angesehen.
In der 13. Änderung zur Fortschreibung des Regionalplans Westmittelfranken (8)
Teilkapitels BII 1.1.1 (neu) Gewinnung und Sicherung von Bodenschätzen (Entwurf: 28.07.2010) werden die voraussichtlichen Umweltauswirkungen des geplanten Steinabbaus in diesem Gebiet auf biologische Vielfalt (Fauna, Flora) und auf Landschaft von den Verfassern selbst mit zweimal „sehr negativ“ bewertet, so dass „erhebliche Beeinträchtigungen“ für Natur und Landschaft bevorstehen.
Das ist mit seriöser Güterabwägung unmöglich zu vereinbaren. Dabei wird die Trinkwasserversorgung von Suffersheim selbst lt. Aussage des Regionalplans „möglicherweise“ erneut betroffen – und die einstigen Aussagen des Regionalplans zum Wasserschutz (7. Änderung) im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ad absurdum geführt.
Deponie durch die Hintertür
Die Fa. SSW plant im Zuge des Gesteinsabbaues auch die Deponierung von Fremdmaterial, eine lukrative Angelegenheit. Ursprünglich sollten nach ihrem Willen mehrere Millionen Kubikmeter Bodenaushub hier eingelagert werden. Durch Intervention des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach wurde die zu deponierende Menge Fremdmaterial auf ca. 390.000 Kubikmeter begrenzt. Ein gesondertes Genehmigungsverfahren für eine Deponie konnte dadurch umgangen werden.
Obwohl die Deponierungsgenehmigung ausschließlich unbelastete Böden der Klasse Z-0 vorsieht, ist hier Vorsicht geboten. Immerhin war erst vor kurzer Zeit ein Deponiebetreiber verurteilt worden, weil ihm der BN nachweisen konnte, dass er in einer Tongrube bei Oberniederndorf (Landkreis Neustadt/Aisch - Bad Windsheim) belasteten Gleisschotter abgelagert und damit das Trinkwasser der benachbarten Gemeinde gefährdet hatte.
Am Hohlbeerbuck handelt es sich allerdings nicht um eine Tongrube, sondern einen Steinbruch im Karst mit entsprechenden Klüften und Grundwasserleitern. Bei der Ablagerung sind Gefahren deshalb nicht auszuschließen.
Enorme Eingriffe in Natur und Landschaft
Die Eingriffe betreffen 30 Hektar Wald, Lebensraum von mindestens 23 Vogelarten, z.B. des europäisch geschützten Schwarzspechtes, potentieller Lebensraum europäisch geschützter Fledermäuse (z.B. Bechsteinfledermaus) und 96 Pflanzenarten, darunter 12 Arten der Roten Liste Bayerns wie die Orchidee Rotes Waldvögelein und vieler anderer schützenswerter Arten.
Nach dem Abbau soll in der Grube auf Deponiematerial wieder Wald auf 24 Hektar angepflanzt werden. Die Steilwände sollen für den Uhu als schutzwürdigem Brutvogel des benachbarten Steinbruches weitere Brutmöglichkeiten eröffnen, einige Flächen sollen der Sukzession überlassen bleiben.
Weil auch mindestens ein Hektar nach dem bayerischen Naturschutzgesetz geschützter Orchideenbuchenwald gerodet würde, wurde das Landratsamt von der Regierung von Mittelfranken genötigt, ein paar weitere Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen. Dabei handelt es sich um ein Fichtendickicht unter Buchen bei Pappenheim, das aufgelichtet werden soll und einen alten Steinbruch nebenan, wo eine nicht ordnungsgemäße Absturzsicherung durch einen Zaun und wenige Auflichtungsmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen für den Uhu geplant sind.
Der BN sieht diese Maßnahmen als völlig ungeeignet an. Eine mangelhafte Steinbruchsicherung muss der (ehemalige) Steinbruchbetreiber oder der heutige Grundstücksbesitzer errichten, dafür können keine Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe an anderer Stelle herangezogen werden. Dass eine waldbaulich anstehende Durchforstung sogar als Ausgleich anerkannt werden soll, grenzt an Begünstigung.
für Rückfragen:
Tom Konopka, Regionalreferent für Mittel- und Oberfranken
Tel. 0911/81878-14 / Fax 0911/869568,
tom.konopka(at)bund-naturschutz.de