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Grüne Bilanz 2005

Bund Naturschutz in Bayern zieht
positive "Grüne Bilanz 2005" warnt aber vor Wachstumsgläubigkeit und Dominanz von Konzerninteressen in der Politik

03.01.2006

Ein vielfältiges Bürgerengagement für Natur- und Umweltschutz hat im Jahr 2005 zahlreiche Landschaften gerettet, neue Wege zum Klimaschutz und Energiesparen aufgezeigt sowie Fehlinvestitionen verhindert. Der Bund Naturschutz, Bayerns größter Umweltverband, zieht daher trotz einiger Rückschläge insgesamt eine positive "grüne Bilanz". Mit Kreativität und Zivilcourage wurden Prestigeprojekte von der geplanten Donaukanalisierung über den Transrapid bis zu Flächen verschwendenden Gewerbegebieten "auf der grünen Wiese" bislang erfolgreich abgewehrt. Der Bund Naturschutz freut sich, dass auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten vielen Mitbürgern die Erhaltung von Natur und Heimat den Einsatz von hunderttausenden ehrenamtlichen Stunden wert ist. Dass der Bund Naturschutz auf immer größerer Akzeptanz seiner Kernanliegen in der Bevölkerung stößt, beweist der Mitgliederzuwachs auf knapp unter 170.000 zum Ende des Jahres 2005.

Im Jahr 2006 wird der Bund Naturschutz seinen Einsatz für die Erhaltung der freien Landschaft, für umfassenden Klimaschutz, für eine gentechnikfrei Landwirtschaft und für die Donau fortsetzen.

Trotz einiger Rückschläge zieht der Bund Naturschutz daher insgesamt eine positive Bilanz für das Jahr 2005. Der mit 77 Kreis- und 770 Ortsgruppen stärkste Naturschutzverband auf Landesebene in Deutschland hat wieder erfolgreiche Arbeit für ein lebenswertes Bayern geleistet. Ein von Geldern aus Politik und Wirtschaft völlig unabhängiger Mitgliederverband ist angesichts des drohenden Abbaus von Umwelt- und Bürgerrechten unter dem Deckmantel der "Reform" und des Heilsbringers "Wirtschaftswachstum" ohne Beachtung der natürlichen Lebensgrundlagen notwendiger denn je.

Neue Allianzen für Mensch und Natur
Die Unabhängigkeit und Überparteilichkeit sowie die Gesprächs- und Demonstrationsbereitschaft des Bundes Naturschutz waren bei der Umsetzung der Jahresschwerpunkte ebenso wie bei der überraschenden Bundestagswahl ein wichtiger Grundpfeiler.
Dass es keine Mehrheit der WählerInnen für den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke oder den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft gibt, ist auch ein Erfolg der Aktions- und Informationsarbeit des Bundes Naturschutz. In Bayern gibt es nicht nur die meisten gentechnikfreien Zonen sondern auch die meisten Solaranlagen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Aufstockung des CO2 - Gebäudesanierungsprogramms, die Sicherung des "Grünen Bandes" als

Teil des nationalen Naturerbes oder das Bekenntnis zur eigenständigen Entscheidung der Kommunen bei der Wasserversorgung sind weitere positive Ergebnisse.

Die von Teilen der CSU geforderte Kanalisierung der frei fliesenden Donau ist aufgrund des breiten Widerstandes, der inzwischen auch Fischer, Bauernverband und den örtlichen Sportvereine umfasst, sowie dem Einsatz der SPD nicht im Koalitionsvertrag enthalten. Durch das Festhalten der Staatsregierung an den Kanalisierungsplänen wird der Einsatz für den "sanften Donauausbau ein Arbeitsschwerpunkt im kommenden Jahr. Auch die Wachstumsgläubigkeit der großen Koalition, ihre Festlegung auf Prestigeprojekte im Verkehrsbereich oder das geplante Planungsbeschleunigungsgesetz sind große Herausforderungen.

Erfolgreicher Widerstand wurde gegen den Erprobungsanbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in Bayern geleistet Von den ursprünglich 44 für Bayern geplanten Standorten wurden 30 im Laufe des 1. Halbjahres 2005 von privaten Landwirten wieder zurückgezogen. Dies geschah nicht zuletzt auf Grund der Aufklärungsarbeit des BN und des Protestes benachbarter Bauern, Imker und Verbraucher. In Bayern gibt es inzwischen knapp 30 Initiativen für gentechnikfreie Regionen mit einer Fläche von 681.141 Hektar. Bayern ist das Bundesland mit den meisten dieser Initiativen im Bundesgebiet. Die neue Bundesregierung will jedoch die Anwendung der "grünen" Gentechnik massiv fördern und plant eine Änderung des Gentechnikgesetzes. Gegen diesen Kniefall des neuen Landwirtschaftministers Horst Seehofer vor agrochemischen Konzerninteressen zu Lasten der bäuerlichen Landwirtschaft wird der Bund Naturschutz im Jahr 2006 massiv vorgehen.

Das Angebot an Biolebensmitteln für Verbraucher konnte erfolgreich ausgeweitet werden. Durch die Initiative des BN bieten inzwischen 15% der größeren Unternehmen in München ihren Mitarbeitern ein Mittagsgericht mit ökologischen Zutaten. Neue Koalitionen für Kochen mit Biolebensmitteln konnten mit dem Hotel- und Gaststättenverband, Köchevereinigungen und Ausbildungsstätten für Köche knüpfen. Erstmals wurde im November 2005 im Rahmen eines Biokochwettbewerbs der "Bio- oskar" für Nachwuchsköche in Nürnberg vergeben. Im Rahmen des Bundesprogramms Ökolandbau konnten 2005 an über 30.000 Verbraucher Kostproben von Biolebensmitteln verteilt werden.

Beim Schutz der Alpen hat die grüne Bilanz Licht und Schatten: Anfang 2005 hat der BN vor Gericht einen großen Erfolg errungen, weil die Klage des BN gegen den Bau einer Straße zur Rosslam auf dem Geigelstein in vollem Umfang vom Gericht bestätigt wurde. Damit wurde ein gravierender Eingriff in ein Natura 2000-Gebiet gestoppt und eine für die Almwirtschaft tragbarer Kompromiss gefunden. In die negative Bilanz fallen jedoch weitere Erschließungsmaßnahmen insbesondere für den Wintersport in fast allen Alpen-Landkreisen, die Aufweichung der Genehmigungsgrundsätze für die künstliche Beschneiung oder der weiterhin ungebremste Flächenverbrauch auch im Alpenraum. Das August-Hochwasser 2005 hat deutlich gezeigt, wie wichtig eine vorsorgende Flächenschutz- und Wasserrückhaltepolitik gerade im Alpenraum ist. Der BN wird daher 2006 insbesondere das Thema Klimaveränderungen und ihre Auswirkungen auf den Alpenraum in den Vordergrund stellen.

Ein Erfolg für den Bund Naturschutz war auch die Entscheidung des bayerischen Verwaltungsgerichtshofes zum Bau der A 94 in Oberbayern. Wegen Abwägungsmängeln und vor allem wegen ungeklärter Fragen zum Schutz des Natura 2000-Gebietes "Isental" wurden die Verhandlungen mit einem Baustop und einer Anfrage an den Europäischen Gerichtshof vertagt. Der BN schlägt hier den Ausbau auf der Trasse der bestehenden B12 vor.

Auch im Bereich des Arten- und Landschaftsschutzes und in der Umweltbildung wurden wieder tausende ehrenamtlicher Stunden und über eineinhalb Millionen Euro in eine Vielzahl von Artenschutzprojekten, Schutzkäufen und Naturerlebnisangeboten investiert. Fast flächendeckend wird inzwischen von BN-Kreisgruppen Umweltbildung für Kindergärten und Schulen angeboten. Die Veranstaltungen des BN-Bildungswerkes in Wiesenfelden sowie die Angebote im BN-Naturschutz- und Jugendzentrum Wartaweil am Ammersee sind landesweit gefragt.

Im November konnte der BN das Buch "Die Rückkehr der Burgherren" vorstellen " nach über 50 Jahren das erste umfassende Buch zur Biologie des Bibers und zu einer erfolgreich wieder zurückgekehrten Art. Es basiert auf den Erfahrungen des seit 1998 laufenden Biberberater-Projektes des BN. Auch bei der Wildkatze mehren sich die Nachweise in dem grenzüberschreitenden Projekt "Ein Rettungsnetz für die Wildkatze", das gemeinsam mit den Bundesländern Hessen und Thüringen durchgeführt wird. Das Rhönschafprojekt, eines der größten Naturschutzprojekte des BN konnte im September sein 20 jähriges Jubiläum feiern. Hier ist es nicht nur gelungen, mit Unterstützung zahlreicher Verbände, Behörden und Privatspender modellhafte Beweidungs- und Vermarktungskonzepte zu entwickeln, auch eine alte Regionalschafrasse ist vor dem Aussterben gerettet worden. Das langjährige Engagement der Schäferfamilie Kolb und des BN wurde mit dem erstmals verliehenen Biosphärenpreis gewürdigt.

Unsere Aktion "Bayerns Schönheit bewahren" hat als Motto viele Aktivitäten geprägt, vom Einsatz für die Alternativen zu Flächenverbrauch und Landschaftsverschandelung ebenso wie zur Rettung von Kostbarkeiten unserer Heimatnatur. Die Sensibilisierung der Bevölkerung belegen die gewonnen Bürgerentscheide gegen Baugebiete in Oberasbach im Landkreis Fürth und Grasbrunn bei München.

Die Internationale Zusammenarbeit wird nicht nur für die Weltstaatengemeinschaft beim Klimaschutz sondern ebenso für den Bund Naturschutz immer wichtiger. Die Partnerschaften zur Rettung der Donau, die auch in Osteuropa von Stau und Kanalisierung bedroht ist, wurden weiter ausgebaut. Zudem werden die Aktivitäten zur Rettung des Grünen Bandes in Deutschland und des "Grünen Bandes Europa" von vielen anderen Naturschutzverbänden, wie z. B. in Österreich engagiert aufgegriffen. Mit Partnern von den Müttern gegen Atomkraft und friends of the earth in Tschechien und Österreich, der Kooperation mit Euronatur zur Lobbyarbeit in Brüssel oder der Zusammenarbeit im Bereich der Alpen, der beiden Nationalparke und der Flussallianzen versuchte der Bund Naturschutz, den globalisierten Strukturen der Naturzerstörung die positiven Beispiele einer tatsächlich zukunftsfähigen Wirtschafts- und Lebensweise entgegen zu setzen.
Seit über 16 Jahren setzt sich der Bund Naturschutz für die Sicherung des Grünen Bandes ein, die wertvollen Lebensräume entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Die Anstrengungen führten im November zu einem großen Erfolg. In den Koalitionsvereinbarungen von CDU, CSU und SPD wurde festgeschrieben, die bundeseigenen Flächen im Grünen Band als "Nationales Naturerbe" unentgeltlich in eine Bundesstiftung einzubringen oder für Naturschutzzwecke an die Länder oder Naturschutzverbände zu übertragen. Zur kurzfristigen Sicherung des Naturerbes wurde ein sofortiger Verkaufsstopp vollzogen. Mit der Flächenübertragung können fast zwei Drittel des Grünen Bandes endlich gesichert werden, die drohten, privatisiert zu werden. Das internationale Projekt "Grünes Band Europa" entlang des früheren Eisernen Vorhangs kommt weiter voran. Organisiert vom BN-Projektbüro Grünes Band fand mit 40 internationalen Vertretern im Oktober die erste Fachtagung zum zentraleuropäischen Grünen Band in Mitwitz (Oberfranken). Statt. Die einmalige Chance, das Grüne Band Europa als einzigartiges Naturerbe und lebendiges Symbol eines zusammenwachsenden Europas zu erhalten, muss genutzt werden. Die erfolgreiche Tagung war ein weiterer Schritt zur Realisierung dieser völkerverbindenden Idee.

Rückschläge für den Naturschutz sind das weitere Beharren der verantwortlichen Politik in Bund und Land auf umweltzerstörenden Infrastrukturgroßprojekten, wie dem Transrapid, der Erweiterung des Großflughafens München, der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt oder neuen Autobahnen. Während im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs und der Volkshochschulen weitere massive Sparmaßnahmen angekündigt sind, werden mit voller Hand Schulden finanzierte Milliardenbeträge "zum Fenster hinausgeworfen".

Mit Sorge sieht der Bund Naturschutz auch die Entwicklung im Staatswald, die letztlich auf eine völlige Kommerzialisierung zu Lasten der Gemeinwohlleistungen hinaus laufen. Auch die Eröffnung der Autobahn A 71 in der Rhön, die Verzögerungstaktik des bayerischen Innenministeriums bei der Gesundheitsgefährdung durch Lärm und Feinstaub sowie das Festhalten der Staatsregierung an der lebensbedrohenden Atomenergie und den Atommüllzwischenlagern sind Negativpunkte in der grünen Bilanz.

Als unabhängiger Mitgliederverband wird der Bund Naturschutz sein überparteiliches Gewicht im Jahr 2006 umso stärker für eine ressourcen- und klimaschonende Naturschutzpolitik einsetzen. Der sichtbare Klimawandel zeigt, dass nur konsequenter Naturschutz nachhaltig sparen hilft, eine Missachtung der Natur aber alle teuer zu stehen kommt. Mit Investitionen für natürliche Flußauen, für Breitwasser statt Hochwasser, für stabile Mischwälder statt Monokulturen, für Energieeinspartechnik und erneuerbare Energien statt Atomkraftwerke, für Bus und Bahnen statt Autobahn und Transrapid werden Arbeitsplätze vor Ort gesichert statt Kapital in Prestigeprojekten fehl investiert.