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Hochwasserschutz an der frei fließenden Donau: Liefert RMD mit zweifelhaften Berechnungen Vorwand zur Beseitigung geschützter Auengehölze?

Mit den Bestrebungen einer Vollkanalisierung der frei fließenden Donau in Niederbayern wird seit Jahren der erforderliche Ausbau des Hoch¬wasserschutzes verschleppt. Durch Rodungsmaßnahmen in den Au¬wäldern im Deichvorland soll jetzt versucht werden, dem Hochwasser die Spitze zu nehmen. Grundlage der Maßnahmen sind hydrologische Berechnungen der Rhein-Main-Donau Wasserstraßen GmbH (RMD). In Sorge um die wertvollen Weichholzauen hat der Bund Naturschutz diese Berechungen durch einen Wasserbauexperten überprüfen lassen. Die Nachrechnung bestärkt die Befürchtungen: mit zweifelhaften Be¬rechnungen wird der Vorwand geliefert, entlang der Donaustrecke, die die RMD mit Staustufen ausbauen will, geschützte Auenbestände ver¬schwinden zu lassen.

12.02.2009

Beim Hochwasser im Jahr 2002 stieg bei Straubing der Wasserspiegel bis zu einem Meter höher, als nach der durchfließenden Wassermenge zu erwarten gewesen wäre. Als Ursache wurde hoher Bewuchs zwischen den Deichen ausgemacht. Gehölze und große Maisfelder hindern den Abfluss und lassen den Wasserspiegel steigen. „Deichvorland-Management“ werden die Maß­nahmen genannt, mit denen der Hochwasserabfluss zwischen den Deichen gesichert und beschleunigt werden soll. Der Maisanbau im Deichvorland wurde mittlerweile verboten, Weichholzauen wurden zum Teil erheblich dezi­miert.

Während das Verbot des in vieler Hinsicht schädlichen Maisanbaus unmit­telbar an der Donau aus Naturschutzsicht begrüßt wird, hat der Bund Natur­schutz wie auch andere Umweltverbände erhebliche Bedenken gegen die Rodung der Auengehölze. Der Plan, im Isarmündungsgebiet über 35 ha wertvolle Auenbestände zu beseitigen, hat die Umweltverbände höchst alarmiert. Wird hier unter dem Vorwand des Hochwasserschutzes die Stau­stufenkanalisierung der Donau vorbereitet?

Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. hat den Wasserbauexperten Prof. Dr. Ing. Hans Helmut Bernhart mit der Aufgabe betraut, die Berechnungen der RMD zu überprüfen. In seiner „Bewertung der Planungen gemäß den hydraulischen Nachweisen der RMD Wasserstraßen GmbH“ stellt Prof. Bernhart erhebliche Mängel in den vorgelegten Berechnungen fest.

Prof. Bernhart: „Der Hauptfehler liegt in falschen Annahmen der hydrau­lischen Widerstände für die einzelnen Vegetationstypen im Deichvorland. Die RMD hat die hydraulische Rauheit der Maisfelder deutlich zu niedrig ange­setzt, dafür den Durchströmungswiderstand der Gehölze erheblich über­schätzt. So belegen die Berechnungen, dass die Gehölze wegmüssen, um die Hoch­wasserspiegel zu senken.“ Grundlage dieser Feststellung ist ein Modell­versuch der TU München, in dem der Abflusswiderstand der Mais­pflanzen empirisch untersucht wurde. Prof. Bernhart: „Bei einem korrekten Modellaufbau würde sich zeigen, dass vor allem der Maisanbau im Deichvor­land für die Wasserspiegelerhöhungen verantwortlich war. Das lässt sich eindeutig aus der Wasserspiegelkurve entlang der Donau ablesen.“ Bernhart kritisiert besonders, dass für die kritischen Annahmen zu den hydraulischen Rauheiten nicht analysiert  wurde, wie sensibel die Berechnungsergebnisse auf veränderte Parameter reagieren.

Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern e.V., kritisiert scharf, dass eine ursprünglich vorgesehene, naturnähere Lösung für den Hochwasserabfluss im Isarmündungsgebiet, die vor allem die Reaktivierung von vorhandenen Altwasserzügen vorsah, offensichtlich auf Druck der RMD nicht mehr weiter verfolgt wurde. „Die RMD blockiert alles, was die ökologische Wertigkeit des Gebiets erhalten oder verbessern würde und versucht dies unter dem Deckmantel »Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes« zu verschleiern. Einziges Ziel der RMD scheint die Staustufenkanalisierung der niederbayerischen Donau zu sein – zum eigenen Vorteil. Alles, was auf dem Weg zu diesem Ziel im Wege steht, wird beiseite geräumt; dabei werden auch Behörden, die sich in bester Absicht für Land und Leute einsetzen, hinters Licht geführt.“

Dieter Scherf, Mitglied des BN-Landesvorstands und Betroffener in der Region mahnt mit Nachdruck konsequente und wirkungsvolle Hochwasser­schutzmaßnahmen für die Gemeinden an der frei fließenden Donau, ganz besonders für Niederalteich, an. „Mit der Donaukanalisierung bis Straubing hat sich die Hochwassergefährdung für die Anrainer der frei fließenden Donau erhöht. Mit „Deichvorland-Management“ ist hier wenig geholfen. Es ist höchste Zeit, ein wirkungsvolles Hochwasserschutzkonzept für die gesamte bayerische Donau auszuarbeiten und umzusetzen. Zeitgemäßer Hochwas­serschutz trägt den ökologischen Bedingungen des Flusssystems Rechnung. Anachronistischer Wasserstraßenausbau würde die Hochwasserprobleme für Anrainer und Unterlieger weiter verschärfen.“

Georg Kestel, Deggendorfer Kreisvorsitzender des Bundes Naturschutz, der sich als Landschaftsarchitekt fachkompetent mit der Hochwassergefährdung und den Planungen zum Hochwasserschutz auseinandersetzt, sieht in den Flächen, die in den vergangenen Jahren für die Staustufenkanalisierung der Donau durch die RMD für die Bundesrepublik Deutschland erworben wurden, ein großes Potenzial für einen wirkungsvollen und für die Ökologie der Land­schaft vorteilhaften Hochwasserschutz. „Bestandteil eines ökologischen Hochwasserschutzkonzeptes muss die weitere Renaturierung des Isar­mündungsgebietes und die Wiedergewinnung der früheren Überschwem­mungsflächen gerade in diesem Bereich sein. Das könnte schnell umgesetzt werden, wenn die bisher für die Staustufenplanungen vorgesehenen Mittel und Flächen umgewidmet würden. Dass die Rhein-Main-Donau Wasser­straßen GmbH die Flächen, die sie im Zuge der Donaukanalisierungspläne für die Bundesrepublik Deutschland erworben hat und verwaltet, jetzt als „Sperrgrundstücke“ gegen einen vernünftigen Hochwasserschutz einsetzt, darf nicht länger hingenommen werden.“

Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. sieht in den Vorgängen an der nieder­bayerischen Donau, besonders im Gebiet der Isarmündung eine politische Bedeutung, die weit über den regionalen Aspekt hinaus geht. Ein Privatunter­nehmen, das eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt, gibt einer staatlichen Institution, hier dem Wasserwirtschaftsamt, vor, was zu tun und was zu lassen ist. Die Ausführenden der Behörden sehen sich angesichts der vorgelegten „sachlichen und fachlichen Begründungen“  gezwungen, wider besseres Wollen diesen Vorgaben zu folgen. Eine Möglichkeit, die Richtigkeit der Vorgaben zu hinterfragen, besteht für die Behörden offensichtlich nicht. Der Bund Naturschutz fordert deshalb:

·         Weil das Vertrauen in die Seriosität der RMD-Planungen zum Hochwasserschutz zerstört ist, darf diese Firma nicht länger mit Planungsaufgaben im Bereich der frei fließenden Donau betraut werden. 

·         Alle Daten zu bisherigen RMD-Planungen zum Hochwasserschutz an der Donau müssen offen gelegt und überprüft werden, die hydrologischen Bedingungen in den Deichvorländern müssen neu berechnet werden.

·         Die Bundesrepublik Deutschland darf nicht länger dulden, dass  ihre Flächen als „Sperrgrundstücke gegen den Hochwasserschutzmaß­nahmen“ lanciert werden; die Bund-Grundstücke dürfen nicht länger von der RMD verwaltet werden. Es ist völlig inakzeptabel, dass RMD-Vertreter als Grundstückseigner auftreten und entsprechend (ver)handlen.

·         Im Isarmündungsgebiet: müssen alle Planungen aus Naturschutz­sicht entwickelt werden; das hat auch positive Nebenwirkungen für den Hochwasserschutz. Seit mindestens 1994 gibt es entsprechende Konzepte, deren Umsetzung bisher von der RMD verhindert wurde. Die Behörden dürfen nicht länger von der RMD bevormundet werden.

 

 

Für Rückfragen:

 

Georg Kestel, Tel. 0991-341354 oder mobil 0175-5068367

Dieter Scherf, Tel. 08547-7292 oder mobil 0160-90221141