Kabinettsbeschlüsse zur Forstreform müssen ergänzt werden
Der Bund Naturschutz (BN) begrüßt die Kabinettsbeschlüsse zur neuen Ausrichtung der Bayerischen Staatsforsten (BaySF) als einen Schritt in die richtige Richtung. Die Aufgabe der überzogenen Renditeziele, die stärkere Berücksichtigung des Gemeinwohls und der Verzicht auf den Abbau weiterer Forstreviere waren überfällige Korrekturen an den damaligen Forstreformbeschlüssen. „Wir fordern allerdings, dass die Staatsregierung nicht auf halben Weg stehenbleibt, sondern einen eindeutigen Vorrang für das Gemeinwohl im Staatswald im Gesetz festschreibt“, so Hubert Weiger, Vorsitzender des BN. Außerdem müssen alle Beschlüsse zur Forstreform auf den Prüfstand, also insbesondere auch die zur Forstverwaltung.
Erste Schritte in die richtige Richtung
Der BN begrüßt, dass die Staatsregierung die massive Kritik an der einseitig gewinnorientierten Ausrichtung der BaySF aufgegriffen hat und einige Punkte korrigieren will. Dazu zählen vor allem die Aufgabe der maßlos überzogenen Renditeziele, die stärkere Berücksichtigung der Gemeinwohlziele und dass sich die BaySF auf das Kerngeschäft beschränken soll, damit das knappe Personal nicht auch noch in die Erschließung sogenannter “Neuer Geschäftsfelder“ gesteckt werden muss. Der BN appelliert an Forstminister Helmut Brunner, die vorgestellten Beschlüsse zur Forstreform auch konsequent umzusetzen. Der Wechsel in der Führungsebene der BaySF - Tschacha hat den Vorstand verlassen – sollte zu grundsätzlichen Korrekturen und einer Neuausrichtung genutzt werden.
BN stellt Erfolg der Forstreform in Frage
Forstminister Helmut Brunner hat kurz vor der Sommerpause die Kabinettsbeschlüsse zur Forstreform vorgestellt, die er in nächster Zeit präzisieren will. Dabei stellte Brunner die Forstreform als „Gewinn für den Freistaat“ und als „erfolgreich“ dar. Der BN stellt jedoch Erfolg der Forstreform grundsätzlich in Frage. „Es wurde noch keine Gesamtrechnung vorgelegt, anhand derer sich belegen lässt, ob die Forstreform ein Erfolg oder Misserfolg war“, so Weiger. Die dem BN vorliegenden Fakten lassen eher auf einen Misserfolg schließen. So hätte bei den guten Holzpreisen der letzten Jahre auch die ehemalige Staatsforstverwaltung bessere Ergebnisse erzielt. Bei den Bayerischen Staatsforsten kommen z.B. Mehreinnahmen in einer Größenordnung von mindestens 50 Millionen € pro Jahr allein dadurch zustande, dass die Holzeinschläge und insbesondere die Holzpreise seit der Forstreform deutlich gestiegen sind. Dem Gewinn der BaySF müssten in einer Gesamtbilanz die Ausgaben für die Forstverwaltung sowie für die Förderung der Waldbesitzer gegenübergestellt werden, die in einer ähnlichen Größenordnung wie die o.g. Mehreinnahmen liegen. Das ist aber bis heute nicht erfolgt, so dass es nach wie vor nicht möglich ist einen umfassenden Vergleich mit dem Haushalt der Staatsforstverwaltung vor 2004 zu ziehen. Hinzu kommen noch Folgelasten aus dem sog. „Klausner-Vertrag“, nach dem die Staatsforsten zu Dumpingpreisen Holz liefern müssen, jetzt auch an den neuen russischen Eigentümer Ilim. Dies kostet den bayerischen Steuerzahler mindestens 15 Millionen € pro Jahr. „Vor dem Hintergrund dieser Zahlen und des von der Staatsregierung stark eingeschränkten Bewertungsumfanges der Forstreform kann man nicht von einem Erfolg der Forstreform reden“, so Weiger. Der Bund Naturschutz fordert deshalb in einem nächsten Schritt auch die ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen der Forstreform auf die Forstverwaltung, die Privat- und Gemeindewälder und die Waldbesitzervereinigungen eingehend zu untersuchen und endlich eine Gesamtbilanz der Forstreform vorzulegen.
Mit 370 Forstrevieren an der absoluten Untergrenze
Der BN begrüßt zwar, dass keine weiteren Forstreviere aufgelöst werden sollen. Dabei stellen die aktuellen 370 Forstreviere aber die absolute Untergrenze dar. Die Staatsregierung hatte im Rahmen der Forstreform 2005 beschlossen, dass der 800.000 Hektar große Staatswald anstatt von bisher den 565 Forstrevieren vor der Reform nur noch von 370 Revieren betreut wird. Dies führte zu Überlastungen der Mitarbeiter in den übergroßen Forstrevieren. Die Revierförster verbringen mittlerweile mehr Zeit im Auto und im Büro wie im Wald, um ihre mehrere 1000 Hektar großen Reviere zu „managen“. Die Waldarbeiter drohen immer mehr durch Forstmaschinen verdrängt zu werden. Naturnahe Waldwirtschaft braucht aber gut ausgebildete Waldarbeiter und Förster vor Ort im Wald. Der BN fordert deshalb, dass die Anzahl der Forstreviere an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen - insbesondere Klimawandel und Waldumbau - und wieder anzuheben ist. Der ursprüngliche Forstreform-Beschluss mit dem vorgesehenen 20%-Personalabbau ist dementsprechend zu ändern.
Der BN fordert, dass die Forstreform in folgenden Punkten korrigiert werden muss:
1. Vorrang des Gemeinwohls vor Nutzfunktion im Staatswald
Bei der Waldpflege und Holzernte müssen Schutzfunktionen und Naturschutzbelange effektiv gesichert werden. Die aufgetretenen Fehlentwicklungen, die Resultat des im Rahmen der Forstreform geänderten Waldgesetzes sind, werden von der Bevölkerung nicht mitgetragen. Deshalb fordert der BN eine Präzisierung des Waldgesetzes für die Bewirtschaftung des Staatswaldes, in dem Sinne, dass die Gemeinwohlfunktionen im Zweifel Vorrang vor den Nutzfunktionen haben sollen. Außerdem bedarf es einer geänderten Prioritätensetzung des Vorstandes der BaySF. Erforderlich sind waldpflegliche Maschinen bzw. Holzernteverfahren, eine Rückkehr zur schonenden, naturnahen Waldwirtschaft, eine Abkehr von einer maschinengerechten Waldwirtschaft.
2. Mittelstandsfreundliche Geschäftspolitik der BaySF
Die Geschäftspolitik der BaySF darf sich nicht durch Bevorzugung von Großkunden negativ auf die Regionalentwicklung und Standortpolitik auswirken. Zur Sicherung der Arbeitsplätze im Ländlichen Raum dürfen in Zukunft die kleinen und mittleren Betriebe der Sägewerke und Forstunternehmer nicht benachteiligt werden.
3. Vorrang gesetzlicher Zielvorgaben vor Gewinnmaximierung
Die Umsetzung der gesetzlichen Zielvorgaben (Optimierungsgebot) muss Vorrang haben vor Gewinnmaximierung (Waldgesetz vor Gewinn). Dies bedeutet, dass bestimmte Renditevorgaben zu unterlassen sind. Hierauf hat auch der Aufsichtsrat im Besonderen zu achten.
4. Flächige und konsequente Umsetzung des Grundsatzes Wald vor Wild
Die Umsetzung des Grundsatzes Wald vor Wild mit dem Ziel, dass alle standortheimischen Pflanzenarten ohne besondere Schutzmaßnahmen aufwachsen können, muss oberste Priorität haben, besonders im Bergwald und im Schutzwald. Die Ergebnisse des Wildverbissmonitorings („Traktverfahren“) sind in regionalisierter Form zu veröffentlichen. Gleiches gilt für die Erhebungen zur Schutzwaldsanierung.
5. Konsequenter Schutz der Biologischen Vielfalt
Der Schutz der Biologischen Vielfalt muss sowohl auf der gesamten Fläche erfolgen (integrativer Ansatz), als auch im Rahmen der Ausweisung neuer Schutzgebiete, die von der Holznutzung und anderen Eingriffen verschont bleiben. Entsprechend den Vorgaben der Nationalen Biodiversitätsstrategie ist dafür eine Zielgröße von etwa 10 Prozent des öffentlichen Waldes anzustreben. Das Naturschutzkonzept der BaySF ist umgehend flächendeckend umzusetzen und die Hiebssätze sind dementsprechend zu reduzieren. Außerdem soll geprüft werden, wie die Forstverwaltung sicherstellt, dass die Vorgaben zur Biodiversität in den verschiedenen Waldbesitzarten umgesetzt werden (Konzept, Förderung und Kontrolle der Umsetzung).
6. Mehr Personal im Wald
Die Größe der Forstreviere darf jeweils nur so groß sein, dass die Erfüllung der Aufgaben nach dem Waldgesetz gewährleistet ist. Die steigenden Anforderungen an die Forstwirtschaft durch die Bevölkerung, Natura 2000, Klimawandel und Waldumbau sowie durch die ständig wiederkehrenden Kalamitäten sind mit dem stark reduzierten Personal in der Verwaltung und in der BaySF nicht zu bewältigen. Deshalb ist wieder mehr Personal in der Fläche bei der BaySF und in der Beratung bei der Forstverwaltung vorzusehen.
7. Wiedereinführung der Gesamtverantwortung der Revierförster
Das Prinzip der Funktionalisierung führte zu einer Zunahme der Bürokratisierung, Reviergröße und Fahrtzeiten und hat sich nicht bewährt. Stattdessen soll die jahrzehntelang bewährte Territorialverantwortlichkeit der Revierleiter mit klarer Aufgabenverteilung wieder eingeführt werden.
8.Verbesserte und transparente Kontrolle, anstatt Abschaffung der Kontrolle
Die Forstreform hat entgegen den Aussagen vor der Forstreform die Kontrolle des Staatswaldes nicht verbessert, sondern nahezu abgeschafft. Deshalb muss die strikte Trennung von BaySF und Forstverwaltung überprüft und korrigiert werden. Die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten müssen vor Ort die staatlichen Forstbetriebe fachaufsichtlich überprüfen, ob sie nachhaltig und vorbildlich im umfassenden Sinne des Waldgesetzes wirtschaften. Dazu sind den Ämtern für die Kontrolle die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Forsteinrichtung im Staatswald ist im Einvernehmen mit der Forstverwaltung zu erstellen. Die Öffentlichkeit und die Verbänden sind darüber zu informieren. Der BN fordert außerdem, dass Vertreter aller Landtagsparteien in den Aufsichtsrat vertreten sein müssen.
9. Zertifizierung des Staatswaldes nach FSC
Der bayerische Staatswald soll nach den hochwertigen Standards von FSC zertifiziert werden. Recherchen des BN und die Ergebnisse des BUND-Schwarzbuches Wald zeigen, dass PEFC-Zertifizierungen, wie die des bayerischen Staatswaldes, Verbrauchertäuschung sind. Die unabhängige Kontrolle eines anspruchsvollen FSC-Standards könnte die verlorene Glaubwürdigkeit wieder herstellen. In einem ersten Schritt sollten dazu 1 Dutzend Forstbetriebe aus allen Regionen Bayerns umgehend nach FSC zertifiziert werden, in denen die Kriterien nach FSC bereits jetzt erfüllt werden.
Dr. Ralf Straußberger
BN-Waldreferent
Telefon 0911/81878-21
Handy 0171/7381724