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Kahlschläge im Löwenstein'schen Fürstenwald

Kahlschlag im Spessart: Mitten in einem europäischen Schutzgebiet holzt das Fürstenhaus Löwenstein alte Buchenwälder durch große Kahlschläge ab. Uralte dicke Buchen, Höhlen- und Biotopbäume fallen der Säge zum Opfer. Seltene Vogelarten wie Spechte, Kleineulen und Greifvögel, die hier eigentlich Schutz finden sollten, verlieren ihre Heimat. An solchen Waldverwüstungen trägt die bayerische Staatsregierung Mitverantwortung.

18.04.2016

Erst Ende Januar diesen Jahres hat der BUND in seinem BUND Waldreport 20 Fallstudien aus 11 Bundesländern veröffentlicht, darunter auch drei aus Bayern. Anhand der Negativbeispiele erhob der BUND Naturschutz damals die Forderung, dass es klare gesetzliche Vorgaben für die Waldwirtschaft in Bayern geben muss, vor allem in Schutzgebieten. Die aktuellen Vorfälle im Fürstlich Löwenstein‘schen Wald im Hafenlohrtal verdeutlichen die große Dringlichkeit dieser Forderungen:

Der BUND Naturschutz in Bayern (BN) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV) üben heftige Kritik an der Waldbewirtschaftung im Fürstlich Löwenstein'schen Wald im Hafenlohrtal im Landkreis Main-Spessart. Wie Recherchen des BN ergeben haben, werden die ehemals vorherrschenden alten Buchenwälder seit einigen Jahren durch große Kahlschläge abgeholzt und durch Douglasienan­pflanz­­ungen in Nadelholzforste umgewandelt. Den Kahlschlägen fielen im ausgewiesenen europäischen Vogelschutz­gebiet auch viele uralte, dicke Buchen sowie Höhlen- und Biotopbäume zum Opfer. Wegen der gravierenden Vorfälle sind auch die Naturschutz- und Forstbehörden eingeschritten bzw. tätig geworden und es ist ein Verfahren anhängig. Der BN hat über die Vorfälle eine ausführliche Bild-Dokumentation angefertigt und fordert zusammen mit dem LBV ein Ende der Kahlschläge und der Douglasienanpflanzungen. "Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf, für die Waldwirtschaft endlich klare Regeln und Sanktionen bei groben Verstößen festzulegen, damit nicht noch weitere Waldschäden entstehen", so BN und LBV. "Wir brauchen dringend ökologische Mindeststandards für die Waldbewirtschaftung".

Großes Entsetzen über Kahlschläge und gefällte Biotopbäume

"Die großflächigen Kahlschläge bei Hafenlohr im Fürstlich Löwenstein'schen Wald haben ein unerträgliches Ausmaß angenommen", ist Erwin Scheiner, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Main-Spessart entsetzt. "Wir sind erschüttert, ob dieser Kehrtwende in der Löwenstein'schen Waldwirtschaft, weil das Fürstenhaus sich früher für den Erhalt der naturnahen Wälder über Generationen hinweg einsetzte". Die früher verbreiteten alten Buchenwälder zeugen davon. "Die Kahlschläge der alten Buchenwälder im europäischen Vogelschutzgebiet Spessart sind eine Katastrophe für eine Vielzahl seltener und bedrohter Vogelarten", so Hartwig Brönner, Vorsitzender des LBV-Kreisgruppe Main-Spessart. "Diese Arten sollten hier eigentlich geschützt werden, aber das Gegenteil ist der Fall". Das europäische Vogel­schutz­­gebiet Spessart hat eine besondere Bedeutung für altholz­gebun­dene Arten, vor allem für Spechte, Kleineulen und Greifvögel. Es ist Erhaltungsraum für waldbewohnende Arten mit Weltverbreitungs­schwerpunkt in Europa, hier gibt es die einzige baumbrütende Mauerseglerpopulation Bayerns.

Keine ordnungsgemäße Forstwirtschaft

"Das von uns dokumentierte riesige Ausmaß der Kahlschläge in alten Buchenwäldern, die großflächigen Anpflanzungen von nordamerikanischen Douglasien und der Einschläge von Alt- und Biotopbäumen, deren Schutz sogar von Staat finanziell gefördert wurde, fallen nach unserer Auffassung nicht unter eine ordnungsgemäße Forstwirtschaft. Nach unserer Ansicht stellen sie im Gegenteil klare Verstöße gegen Wald- und Naturschutzschutzgesetze sowie gegen die Schutzvorschriften des Vogelschutzgebietes dar", so Ralf Straußberger, Waldreferent des BN. Der BN begrüßt es, dass die Forst- und Naturschutzbehörden hier eingeschritten sind und die zerstörerischen Hiebsmaßnahmen eingestellt haben. "Wir appellieren an das Fürstenhaus Löwenstein zu einem rücksichtsvollen Umgang mit der Natur zurückzukehren, wie es auf der Haus-eigenen Website beschrieben wird. Denn nur dann können die früher auf großer Fläche vorherrschenden Buchen-Altbestände auch künftig noch das Waldbild prägen", so Scheiner.

Klare Regeln für Waldwirtschaft sind überfällig

Aus Sicht des BN trägt die Bayerische Staatsregierung eine Mitverantwortung für derartige Waldverwüstungen, weil sie es über Jahre hinweg versäumt hat, klare Regeln und ökologische Mindeststandards für die Waldwirtschaft zu definieren ("gute fachliche Praxis"). "Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf, die gute fachliche Praxis auch im Wald klar zu definieren, damit die Waldbesitzer wissen, was erlaubt ist und was nicht", so Straußberger. Der BN kritisiert, dass in Bayern bei der Waldwirtschaft mit zweierlei Maß gemessen wird. Dies führt dazu, dass selbst grobe Verfehlungen in der Waldwirtschaft kaum geahndet werden können. "Während in der freien Landschaft in der Brutzeit und Zeit der Jungenaufzucht keine Hecken und Bäume um geschnitten werden dürfen, gibt es im Wald dazu keinerlei Vorgaben", kritisiert Straußberger. So dürfen in der Feldflur z.B. keine Bäume von März bis September gefällt werden - Zuwiderhandlungen können mit einer Geldbuße bis 10.000 € geahndet werden -, im Wald ist dies ganzjährig erlaubt. Sogar in den allermeisten Schutzgebieten gibt es in der Brutzeit keinerlei gesetzlichen Schutz zugunsten der Brutvögel. Selbst Kahlschläge sind nicht verboten, sondern sollen nach dem Bayerischen Waldgesetz nur vermieden werden. "Es kann doch nicht sein, dass man mit einer Geldbuße belegt werden kann, wenn man unbefugt ein Zelt im Wald aufstellt, während der Waldbesitzer, der den Wald um das Zelt herum großflächig kahlschlägt, nicht belangt wird," so Straußberger.

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