Was interessiert Sie besonders?

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Kein Weg ist das Ziel:

Bund Naturschutz kritisiert weitere Almerschließung und finanzielle Förderung am Beispiel Rappinalm

 

01.04.2009

Der Streit um die Erschließung der Rappinalm im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen geht in eine neue Runde: erneut hat der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) eine Petition im Bayerischen Landtag eingereicht und appelliert an die Abgeordneten, zum Schutz der Alpen auf die Erschließung der Rappinalm auch auf der Walchgrabentrasse zu verzichten. „Diese Trasse ist nicht besser als die von den Behörden bereits als unrealisierbar eingestufte Trasse über die Kochler Alm.“ wertet die BN-Kreisvorsitzende von Bad Tölz-Wolfratshausen Carola Belloni. „Die Rappinalm ist ein einzigartiges Kleinod für die Natur und eine naturnahe Erholung. Ein Erschließungsweg würde diesen Rückzugsraum zerstören.“


„Wir sind für den Erhalt der Almwirtschaft und für die Förderung der Milchwirtschaft, aber nicht um jeden Preis.“ betont Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN. „Aber es kann doch nicht sein, dass für dringendst nötigen Klima- und Naturschutz oder bei der Bildung Geld fehlt, aber allein an der Rappinalm für 26 Stück Hornvieh ein Weg für mehr als 300.000 € gebaut werden soll.“


Bei der Landbewirtschaftung müssen zunehmend auch die Leistungen für Wasserhaushalt, Klimaschutz, Naturschutz (Biodiversität) oder Tourismus im Vordergrund stehen. „Staatliche Förderung muss sich nach dem Beitrag für diese Aufgaben richten und diese in eine echte Kosten-Nutzen-Rechnung miteinbeziehen.“ so der BN. Dies wäre auch im Sinne der Alpenkonvention. Die derzeit neu geplanten Almwege stehen nach Ansicht des BN dazu aber meist in scharfem Widerspruch.

Dies gilt auch für viele Forstwege: „Wir stellen auch hier eine aktuelle durch hohe Fördersätze verursachte Forstwegebau-Welle fest, oft zu Lasten der Natur“.  Auch an den Kosten des Weges zur Rappinalm will sich der Forstbetrieb Bad Tölz beteiligen, weil er sich Einnahmen durch entsprechenden Holzeinschlag verspricht.


Im Hinblick auf diese Erschließungsoffensive, hat der BN erneut eine Änderung der staatlichen Förderpolitik gefordert: „Wir brauchen für die 8 % der nicht mit einer PKW-befahrbaren Straße erschlossenen 1.380 Almen in Bayern ein abgestuftes System der finanziellen Entschädigung, das sich an den tatsächlichen Erschwernissen und der ökologischen Wertigkeit orientiert.“ In der forstwirtschaftlichen Förderung muss umgeschichtet werden weg von der LKW-Straße hin zu alternativen Bringungsmethoden.

Am Beispiel der Rappinalm (siehe Anlage) begründet der BN seine Kritik an neuen Almwegen (= kraftfahrzeugtauglichen Strassen) und Forstwegen (vielfach LKW-Straßen) mit negativen Auswirkungen auf Natur, Landschaft und Funktionsfähigkeit der Lebensräume:

  • Zerstörung, Zerschneidung und Beunruhigung von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen,
  • Störung und Zerstörung des Landschaftsbildes,
  • Erzeugung von legalem und illegalem Kfz-Verkehr auch von nicht landwirtschaftlichen Nutzern (Hüttenpächtern, Besuchern) mit entsprechenden Folge-Konflikten und erhöhtem Nutzungsdruck.
  • Förderung von teilweise naturschädlichen Freizeitverkehr (z.B. Mountainbikern in Außentageszeiten),
  • Anreiz für nichtlandwirtschaftliche Nutzung von Almen für den Tourismus (Umwandlung in Tagesgaststätten mit Schaffung neuer Tourismusschwerpunkte) mit entsprechenden Folge-Konflikten durch erhöhten Nutzungsdruck.
  • Erhöhte Nutzung des Waldes, oft mit Kahlschlägen und Entnahme alter Bäume.
  • Weitgehend irreversible Schäden durch die Eingriffe der Baumassnahmen, z.B. Flächenversiegelung, Hanganschnitte, Entwässerungen.
  • Schaffung von Ansatzpunkten für Erosion.


Forderungen des BN:

 

  • Staffelung von Zuschüssen für die Almwirtschaft in Relation zu ihrer naturschutzfachlichen Bedeutung und Erschließungssituation (z.B. Einführung eines Förderzuschlages für erschwerte Bewirtschaftung ohne Straße wie in Österreich). Dabei auch Berücksichtigung der Tallagen (z.B. Einführung einer Beweidungsprämie). Einer Staffelung der alm-/ alpwirtschaftlichen Förderung in Abhängigkeit von der jeweiligen Erschließungssituation … könnte grundsätzlich beigetreten werden. …Allerdings wäre dies mit einem erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verbunden. Deshalb wurde dieser Weg bisher nicht eingeschlagen.“ (Landtags-Drs. 15/5263 Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage der Grünen)
  • Koppelung finanzieller Zuschüsse an klare ökologische Vorgaben. In besonders wertvollen Gebieten müssen besondere Zahlungen möglich sein (v.a. auch Einführung einer Natura 2000-Prämie).
  • stärkere Umsetzung der Alternativen: Hubschrauberflüge, Seilbahnbringung, Tragtiere und Spezialfahrzeugen als Alternativen zum PKW-befahrbaren Weg.
  • Erstellung eines Gesamtkonzeptes, in dem jede noch nicht erschlossene Alm hinsichtlich ihrer ökologischen und naturschutzfachlichen Wertigkeit beurteilt wird, eine Risikoanalyse erstellt wird und Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie für jede einzelne Alm eine naturverträgliche Bewirtschaftung ohne Weg gesichert werden kann.
  • Dies sollte einbettet sein in ein Gesamtkonzept für eine ökologische Almwirtschaft, die die Leistungen erbringen kann, für die die Gesellschaft bereit ist, Subventionen zu erbringen. Angesichts der hohen finanziellen Unterstützung der Almwirtschaft werden diese Zahlungen nur bei Erhalt von Almwirtschaft und Natur dauerhaft erhalten werden können.


Für Rückfragen:


Dr. Christine Margraf, Fachabteilung München des BN (Tel.: 089/54829889, www.bund-naturschutz.de, christine.margraf@bund-naturschutz.de)
Carola Belloni, 1. Vorsitzende des BN Bad Tölz-Wolfratshausen (Tel.: 08171/26571, Bund-Naturschutz-Buero-Wor@web.de


Anlage (siehe download-Datei): 

Auszüge aus der Petition des BN vom 27.01.2009 an den Bayerischen Landtag