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Klimawandel und Waldumbau erfordern höhere Abschüsse

BN und ÖJV kritisieren hohen Rehverbiss und teure Zäunung

01.04.2009

Der Bund Naturschutz (BN) und der Ökologische Jagdverband (ÖJV) kritisieren den zu hohen Rehwildverbiss in vielen Gebieten Bayerns. Dies wirkt sich im Landkreis Ansbach besonders verheerend aus, weil hier großflächig Fichtenwälder abgestorben sind und wieder aufgeforstet werden müssen. Obwohl in vielen Sonntagsreden bekundet wird, dass dies ohne teure Zäunungen gelingen muss, reiht sich im Landkreis Ansbach in vielen Wäldern Zaun an Zaun, wie das Beispiel der Jagdgenossenschaft Hessbach zeigt. „So lange Zaun an Zaun nötig ist, wird zu wenig Rehwild erlegt. Wenn man das gesetzlich verankerte Motto „Wald vor Wild“ als Maßstab nimmt, dann hat die Jagd großflächig versagt“, so der stellvertretender ÖJV-Vorsitzende von Mittelfranken Hans Webersberger. „Wir sehen die Jäger in großer Verantwortung den Worten jetzt endlich Taten folgen zu lassen und die immer noch überhöhten Rehwildbestände abzusenken, damit stabile Mischwälder auf den Katastrophenflächen auch ohne Zaun nachwachsen können“, so der BN-Wald- und Jagdreferent Ralf Straußberger. BN und ÖJV appellieren aber auch an die Waldbesitzer höhere Abschüsse vehement einzufordern und in Jagdpachtverträgen festzuschreiben, dass Verbissschäden nach dem bewährten Rosenheimer Modell entschädigt werden.

 

Nachwachsende Mischwälder hinter Zaun teuer und unsicher

Die Region Westmittelfranken ist besonders stark vom Klimawandel betroffen. So sind bereits mehrere 1000 ha Fichtenwälder abgestorben und müssen wieder aufgeforstet werden. Die hohen Rehwildbestände und der daraus resultierende hohe Verbiss erweist sich dabei zunehmend als immense Belastung für Waldbesitz und Artenvielfalt. Die Katastrophenflächen werden immer mehr, an der zu hohen Verbissbelastung hat sich trotz vieler Appelle der Förster und Waldbesitzer und Versprechen seitens der Jäger aber nichts geändert. Bei vielen öffentlichen Terminen wurde zwar bekundet, dass die Wiederaufforstungen ohne die teuren und aufwendigen Zäunungen gelingen müssen. Die Realität sieht jedoch anders aus. Auf den Schadensflächen reiht sich Zaun an Zaun, weil die Verbissbelastung katastrophal ist und offensichtlich nur hinter Zaun zukunftssichere Mischwälder nachwachsen können. So schreiben auch die Beratungsförster bei Förderanträgen fast immer einen Zaun bei einer Anpflanzung vor, weil ansonsten das Risiko sehr hoch ist, dass die ungezäunte Anpflanzung wegen Verbiss ausfällt und dann hohe Rückforderungen auf den Waldbesitzer zukommen. Da die großen Zäune nicht rehwildfrei zu halten sind, ist auch unsicher, ob die mit hohem Aufwand eingebrachten Mischbaumarten überleben. „Es führt langfristig kein Weg daran vorbei, überhöhte Rehwildbestände abzusenken, wenn zukunftssichere Mischwälder aus heimischen Baumarten nachwachsen sollen“, sagt Helmut Altreuther, Geschäftsführer der Ansbacher BN-Kreisgruppe. Die Grundlagen dazu werden zur Zeit im Rahmen des Vegetationsgutachtens 2009 von Förstern bayernweit erhoben. Der BN und der ÖJV begrüßen, dass im Rahmen dieser Erhebungen in einigen Landkreisen erstmals zusätzlich Aussagen zur Verbissbelastung für einzelne Jagdreviere gemacht werden. Damit wird eine langjährige Forderung der Verbände zumindest teilweise erfüllt.

 

Millionenschwere Schäden für Waldbesitzer

Das Vegetationsgutachten aus dem Jahr 2006 belegt, dass die Verbissschäden an jungen Waldbäumen durch Rehe in vielen Regionen Bayerns auf einem erschreckend hohen Niveau liegen. So ist auch im Landkreis Ansbach bei der letzten Verbissinventur 2006 in 19 von 25 Hegegemeinschaften festgestellt worden, dass die Verbissbelastung zu hoch ist. Dies zeigt, dass der Grundsatz „Wald vor Wild“ erst noch Wirklichkeit werden muss. Dieser Grundsatz besagt, dass alle heimischen Baumarten im Wesentlichen ohne besondere Schutzmaßnahmen aufwachsen können müssen. Nach einer vorsichtigen Schätzung müssen die Waldbesitzer in Bayern Jahr für Jahr Verbissschäden und Mehrkosten für Schutzmaßnahmen durch Schalenwild in zweistelliger Millionenhöhe hinnehmen, deutschlandweit sind dies etwa 250 Millionen Euro. Für jeden Hektar Wald errechnen sich daraus Schäden, Kosten und Mehraufwendungen von 25 Euro pro Jahr. Die ist höher als der Gewinn mancher Forstbetriebe.

 

BN und ÖJV für verbesserte Entschädigung durch Wildverbiss

Nach Ansicht des BN und ÖJV sollen der Eigentümer bei Wildschäden im Wald einfacher und gerechter entschädigt werden. Als Vorbild kann das bewährte Rosenheimer Modell dienen. Dazu sollen in die Jagdpachtverträge die entschädigungspflichtigen Baumarten und die Höhe der Entschädigung bei Wildschaden aufgenommen werden.

 

Mehr Beratungsförster und Fördermittel für Waldbesitzer gefordert

Die Wiederbegründung von Mischwäldern stellt gerade die betroffenen Waldbauern vor große Herausforderungen. Bayernweit drohen aufgrund des Klimawandels über 300.000 ha an Fichtenwäldern in trocken-warmen Gebieten in nächster Zeit abzusterben. Angepasste Mischbaumarten wie die Buche, Eiche oder Weißtanne müssen rechtzeitig eingebracht und als entscheidende Voraussetzung die überhöhten Wildbestände reduziert werden. Der BN und ÖJV fordert deshalb die Staatsregierung auf, die Waldbauern hier verstärkt zu unterstützen. Zum einen müssen die Fördergelder für Mischwaldbegründung deutlich erhöht werden und mehr Förster als unabhängige und fachkundige Berater zur Verfügung stehen. Zudem muss staatlicherseits mehr auf die Umsetzung des im Waldgesetz formulierten Zieles „Wald vor Wild“ gepocht werden.

 

 

Dr. Ralf Straußberger, Waldreferent Bund Naturschutz
Tel. 0911/81 87 8-21 , Fax 0911/86 95 68, Handy 0171/7381724
E-Mail: ralf.straussberger@bund-naturschutz.de