Licht und Schatten bei Bayerischen Staatsforsten
Die Verbände im Wald Bündnis Bayern ziehen 2 Jahre nach der Umsetzung der Forstreform und dem Start der Bayerischen Staatsforsten eine zwiespältige Bilanz, mit Licht aber auch mit viel Schatten. Positiv anzuerkennen sind z.B. die Bemühungen, den Grundsatz Wald vor Wild verstärkt umzusetzen und ein fortschrittliches Naturschutzkonzept auf den Weg zu bringen. Kritisch gesehen werden dagegen Zentralisierungstendenzen bei gleichzeitigem Personalabbau in der Fläche, die zunehmende Holzvermarktung an Großsägewerke und der massive Einsatz von Großmaschinen bei der Holzernte bis hin zur Vollbaumnutzung im Gebirge. Trotz einiger, in den letzten Jahren nicht mehr gekannter massiver Kahlschläge und Bodenschäden ist klar, dass die eigentliche Bewährungsprobe noch bevorsteht, wenn die Revierreform am 01. Juli 07 in Kraft tritt und die Zahl der Forstreviere von 558 auf 370 reduziert wird. Es zeichnet sich aber bereits jetzt ab, dass der Waldschutz durch die Forstreform geschwächt wurde.
Auf dem Weg zu naturnäheren Wäldern ist die Absenkung überhöhter Wildbestände gemäß dem Grundsatz Wald vor Wild unerlässliche Voraussetzung. Mit dem jährlichen Vegetationsaufnahmen haben die Bayerischen Staatsforsteein gutes Controllinginstrument, um Fehlentwicklungen abzustellen bzw. gute Ansätze zu verstärken. Es bleibt zu hoffen, dass nach dem Ausscheiden vieler qualifizierter Jäger das deutlich reduzierte Personal zusammen mit den privaten Jägern diese richtungweisende Aufgabe bewältigen kann.
Das Wald Bündnis Bayern begrüßt das insgesamt sehr fortschrittliche und richtungsweisende Naturschutzkonzept der Bayerischen Staatsforste, das zumindest für die naturnahen Wäldern gute Vorgaben bei Biotopbaumschutz und Totholzangebot vorsieht. Allerdings bedarf es gerade bei dem Schutz der ökologisch wertvollsten alten Wälder noch einer Nachbesserung: hier muss die Substanz verbessert und nicht nur gehalten werden, will man den letzten Platz unter allen Bundesländern in der Hitliste „wie dick dürfen die Buchen in unserem Bundesland werden“ verlassen will. Kritisch gesehen wird auch, dass diese Zielvorgaben nur für das Viertel des Staatswaldes gilt, das aus naturnahen Wäldern besteht. Hier fordern die Verbände im Wald Bündnis Bayern deshalb, dass diese guten Vorgaben mittelfristig auf den ganzen Staatswald übertragen werden müssen.
In Widerspruch zu diesen guten Konzepten stehen allerdings zunehmend Kahlschläge in Staatswäldern in Natura2000-Gebieten wie im Nürnberger Reichswald, im Naabtal und auf der Riesalb sowie imBergwald bei Schloss Elmau. Dass die jeweils mehrere Hektar großen Kahlschläge in Vogelschutz- bzw. FFH-Gebieten dann auch noch teilweise in der Hauptbrutzeit durchgeführt wurden, wirft ein schlechtes Licht darauf, welchen Stellenwert die Naturschutzziele und der naturnahe Waldbau haben und wie dies vom Vorstand kommuniziert und von den Forstbetrieben umgesetzt wurde. Gerade in hochrangigen Schutzgebieten müssen die Gemeinwohlfunktion im Staatswald absoluten Vorrang vor einer gewinnorientierten Holznutzung haben. Positiv ist jedoch, dass nicht zuletzt auch aufgrund öffentlicher Kritik der Vorstand der Bayerischen Staatsforsteentsprechend reagiert hat und solche Negativfälle zukünftig abstellen will.
Dem bedrohten Bergwald droht eine Ausweitung der Holznutzung und vor allem durch die Vollbaumnutzung ein gewaltiger Aderlass. Weil bei der Vollbaumnutzung der gesamte Baum mitsamt Ästen und Zweigen am Seil auf Trassen aus dem Wald gebracht und dann aufgearbeitet wird, können große Schäden an den Randbäumen und der Waldverjüngung auf den Seiltrassen entstehen. Daneben gehen dem Waldökosystem lebensnotwendige Nährstoffe verloren, so dass nach Untersuchungen der TU München dieses Verfahren als nicht nachhaltige Waldwirtschaft bezeichnet werden muss. Trotzdem sieht das sog. Nachhaltigkeitskonzept der Bayerischen Staatsforstedieses waldschädliche Verfahren wegen Kosteneinsparungen für viele Steillagen im Flachland und Bergland vor.
Dass derart gravierende Defizite in hochrangigen Schutzgebieten bzw. ökologisch sensiblen Wäldern bei gleichem Personalstand wie vor der Forstreform auftraten, lässt Schlimmes vermuten. Denn ab dem 01.07.07 wird infolge der Revier-Neuorganisation das für die Waldqualität unverzichtbare Personal vor Ort im Wald massiv abgebaut. Gleichzeitig soll der Maschineneinsatz nach dem Nachhaltigkeitskonzept erheblich und undifferenziert ausgeweitet werden. Die Reduktion des Forstpersonals im Wald droht dazu zu führen, dass das eigene Personal selbst kleinere bis mittlere Schadereignisse samt den oft noch größeren Belastungen in den Folgejahren nicht mehr bewältigen kann. Da in Zeiten des Klimawandels Witterungsextreme immer heftiger und immer regelmäßiger auftreten werden, sind derartige Personaleinsparungen der falsche Weg.
Kritisch gesehen wird der zunehmend zentralisierte Holzverkauf an Großsägewerke durch die Bayerischen Staatsforsten. Die Forstbetriebe in den Regionen sollen nur noch 15 % des Holzeinschlages an lokale Sägwerke und Kunden vermarkten. Das Wald Bündnis kritisiert, dass Großsägewerke wie die Firma Klausner durch langfristige Verträge mit Sonderkonditionen große Holzmengen zu Spottpreisen vom Staatsforst beziehen, während die klein- und mittelständischen Sägewerke leer auszugehen drohen. Dieser Trend wird noch verstärkt, weil beim Nadelschnittholz in süddeutschen Sägewerken eine Überkapazität von knapp 6 Mio. Festmetern pro Jahr und in zwei neuen Laubholzgroßsägewerken bei Aschaffenburg eine zusätzliche Einschnittkapazität von 0,5 – 1 Mio. Festmeter pro Jahr aufgebaut wurde. Dadurch ist zu befürchten, dass die kleinen und mittelständischen Sägewerke und die regionalen Wirtschaftskreisläufe in Bayern massiven Schaden nehmen werden.
Ähnlich kritisch wird der Aufbau von überdimensionierten Holzheizkraftwerken auf Betreiben bzw. unter Beteiligung der Bayerischen Staatsforstegesehen. Zum einen wird dadurch eine waldschädliche Vollbaumnutzung gefördert, wenn Baumkronen verheizt werden sollen. Zum anderen ist eine Übernutzung der Wälder, eine Mehrfachverplanung des Holzes bzw. ein Transport quer durch Bayern zu befürchten. Deshalb fordern die Verbände im Wald Bündnis Bayern, dass nur Holzbiomasse aus der Region mit einem Einzugsbereich von maximal 50 km verwendet werden darf. Zwingende Voraussetzung bei der Planung muss eine Holzaufkommensbilanz für die Region sein. Diese muss zeigen, wie viel im umfassenden nachhaltigen Sinne genutztes Holz überhaupt zur Verfügung steht.
Allgemein hatte die Zerschlagung der Bayerischen Forstämter Nachteile für den Schutz des Waldes und mehr Bürokratie gebracht. Der Waldschutz leidet vor allem darunter, dass es keine unabhängigen Forstämter mehr gibt, die sich für den Walderhalt auch gegenüber der Politik stark machen. Wegen der einseitigen Gewinnausrichtung sind die Bayerischen Staatsforsten zudem im Zweifel weniger daran interessiert den Wald zu erhalten und zu schützen, wenn die Fläche anderweitig gewinnbringender genutzt werden kann. Dies belegen Negativbeispiele wie geplante oder durchgeführte Rodungen von Staatswäldern für Sandabbauflächen im Nürnberger Reichswald oder Skiabfahrten wie die Kandaharabfahrt. Im Bereich der Jagdbehörden wurde für die Abschussplanung, Abschusserhöhung bzw. zwingend notwendige Schonzeitabschüsse der bürokratische Aufwand für die staatliche Forstbetriebe und für die Unteren Jagdbehörden massiv erhöht. Vorgänge, die vor der Forstreform einige Minuten gedauert haben oder ein Gespräch mit dem Kollegen im Zimmer nebenan erforderten, benötigen jetzt bis zu mehreren Wochen. Dies erschwert natürlich die Umsetzung des Grundsatzes Wald vor Wild immens.
Das Wald Bündnis Bayern appelliert an die Staatsregierung und den Aufsichtsrat der Bayerischen Staatsforste, die Verantwortung wahrzunehmen und rechtzeitig korrigierend einzugreifen, damit die Ziele des Bayerischen Waldgesetzes auch umgesetzt werden. Es darf nicht nur Gruppen des Bundes Naturschutz oder des Wald Bündnisses Bayern überlassen bleiben, Fehlentwicklungen aufzudecken, sondern dies muss eine zentrale Aufgabe der Bayerischen Staatsforsten selbst und der Forstverwaltung sein, die aber personell und finanziell dazu auch in die Lage versetzt werden muss.
Das Wald Bündnis Bayern wird deshalb die positiven wie negativen Entwicklungen im Bürgerwald weiterhin sammeln und in einem Bürgerwaldbericht dokumentieren.
i.A. Dr. Ralf Straußberger,
Geschäftsführer Wald Bündnis Bayern
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