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Militärische Hinterlassenschaften im Reichswald bei Feucht

Wiedergutmachung ist das Gebot der Stunde

08.12.2008

Mitten im Lorenzer Reichswald südlich von Nürnberg liegen als Folge der nationalsozialistischen Militarisierung und der folgenden Nutzung durch die US-Armee teilweise stark verseuchte Gebiete der ehemaligen Heeres-Munitionsanstalt (Muna) Feucht.

 

Aus aktuellem Anlass - die Autobahndirektion Nordbayern sucht nach Ersatz-Aufforstungsflächen für die geplanten Rodungen im Reichswald für den Ausbau der Autobahn A6 - sind die waldfreien Bereiche der ehemaligen Muna Feucht in die Diskussion gekommen.

 

Es wäre eine richtige Entwicklung, die drei waldfreien Gebiete inmitten des Reichswaldes wieder in Wald zu verwandeln und damit die Lücken im Lorenzer Reichswald zu schließen. Anders als z.B. in Tennenlohe haben die Flächen heute keine nennenswerte Bedeutung z.B. für Arten der offenen Sandlebensräume.

 

Der Markt Feucht (13.282 EinwohnerInnen) hat nach Abzug der US-Armee in den neunziger Jahren die Gunst der Stunde genutzt und sich die drei waldfreien Gebiete als Gewerbeflächen ausgewiesen. Gleichzeitig hat sie zusammen mit der Stadt Nürnberg und dem Markt Wendelstein das interkommunale Gewerbegebiet "Gewerbepark Nürnberg-Feucht-Wendelstein" (ca. 70 ha) auf dem ehemaligen US-Hubschrauberflugplatz trotz Protesten der Naturschutzverbände Ende der 90er Jahre ausgewiesen. Es liegt flächenmäßig zu 20 Prozent auf Nürnberger Gebiet, 32 Prozent entfallen auf die Gemarkung Wendelstein und 48 Prozent auf Feuchter Terrain. Es ist mittlerweile zu ca. 3/4 mit Gewerbebetrieben belegt. Die Gewerbesteuern und andere Steuereinnahmen haben Feucht zwischenzeitlich zu einer der reichen Kommunen im Großraum Nürnberg gemacht.

 

Aktuell plant der Markt Feucht den Bau einer Verbindungsstraße zum Gewerbegebiet Nürnberg-Feucht-Wendelstein auf ca. zwei Kilometer Länge mitten durch den Wald.

 

Weil die drei waldfreien Inseln nun aufgeforstet werden sollen, will die Marktgemeinde Feucht "als Ersatz" 20 Hektar Reichswald für Gewerbeansiedlungen östlich des Gewerbegebietes Nürnberg-Feucht-Wendelstein ausweisen und roden.

 

"Über Jahrzehnte wurde der Reichswald durch Siedlungs-, Straßen-, ICE-Trassen- und Gewerbebau immer weiter verkleinert. Die mitten im Lorenzer Reichswald verstreut liegen waldfreien Inseln – ein Erbe der militärischen Nutzung seit dem Nationalsozialismus müssen endlich dem Wald zurückzugeben werden. Der Straßenbau durch das europäische Vogelschutzgebiet darf nicht genehmigt werden", fordert Christiane Matern, 1. Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Nürnberger Land.

 

"Die Marktgemeinde Feucht kriegt offenbar den Hals nicht voll. Wir fordern die Gemeinde auf, ihrem Ruf als Naturschutzkommune gerecht zu werden und auf das neue Gewerbegebiet zu verzichten. Wiedergutmachung am geschundenen Wald bei Feucht ist das Gebot der Stunde, nicht die Gier nach immer mehr Gewerbesteuer", meint dazu Eckhard Schulz, Vorsitzender der BN-Ortsgruppe Feucht und Mitglied des Feuchter Umweltbeirates.

 

Drei waldfreie Inseln liegen westlich von Feucht im Reichswald: Das ehemalige und teilweise wieder bewaldete Bunkerareal (FASA) an der Verbindungsstraße Langwasser-Wendelstein mit ca. 6,3 ha, das ehemalige Tanklager "Petrol Oil Lubrication (POL)" mit ca. 8,8 ha westlich der ICE-Trasse bei Feucht und die Fläche "NATO 23" im Süden mit ca. 6,7  ha.

 

Das ehemalige Bunkerareal und das ehemalige Tanklager eignen sich geradezu in idealer Weise für Ausgleichsmaßnahmen im Zuge von Eingriffen in Natur und Landschaft. Sie sind z.T. versiegelt und ihre Renaturierung wäre eine der bisher seltenen Entsiegelungsmaßnahmen für Versiegelungen an anderer Stelle. Das ehem. Bunkerareal hat allein 10 große und 22 kleine Betonabstellplätze mit ca. 24.000 Quadratmeter und 1,4 km Asphaltstraße mit ca. 8.400 Quadratmetern Fläche. Die Versiegelungen im ehem. Tanklager dürften trotz bereits erfolgter Abrissmaßnahmen noch mindestens denselben Umfang haben.

 

Die dritte Fläche (NATO 23) unterliegt allerdings der Sanierungspflicht des Bundes als Eigentümer. Es ist hochverseucht und hat das Grundwasser bereits vergiftet. Seit Jahren werden dort mit Millionenaufwand Altlasten u. a. der Giftgasmunition ("Gelbkreuz", Polycyclisch aromatische Kohlenstoffe „PAK“ oder "Lost") gesichert. Die Behörden haben sich hier für das "kontrollierte Liegenlassen" und Abdichtung der kontaminierten Gefahrenstellen entschieden. Eine bis zu 30 (!) Meter in die Tiefe reichende Betonmauer wurde rings um das verseuchte Gelände errichtet. Die fast fertige Abdichtung soll nun mit flach wurzelnden Bäumen aufgeforstet werden. Diese Maßnahme gehört zur Sanierung und kann nicht als Ausgleichsmaßnahme für Rodungen an anderer Stelle angerechnet werden.