Nationalpark als Chance für die Region
Ungefähr 100 Gäste waren einer Einladung der Gemeinde Schönbrunn im Steigerwald und des Freundeskreises Pro Nationalpark Steigerwald in den Landgasthof Bähr gefolgt, um Expertenvorträge zum Thema „Nationalpark - Eine Chance für den Steigerwald, ein Gewinn für den Bayerischen Wald“ zu hören.
In seinem Grußwort zu Beginn der Veranstaltung betonte Erster Bürgermeister Georg Hollet, dass im Sinne der Ausgewogenheit nach den Gegnern eines Nationalparks Steigerwald nun auch die Befürworter in seiner Gemeinde Gelegenheit bekommen sollten, ihren Standpunkt zu erläutern, so dass jeder interessierte Bürger sich eine Meinung zu dem heiß umkämpften Thema bilden könne.
Dr. Ralf Straußberger, Waldreferent des Bundes Naturschutz in Bayern, begrüßte, dass die Landtagsparteien übereinstimmend die Artenvielfalt, den Tourismus und die Regionalentwicklung im Steigerwald fördern wollten. Nur über den besten Weg sei man sich uneins. Straußberger erläuterte die Unterschiede der Schutzkategorien Naturpark, Biosphärenreservat und Nationalpark. Er machte deutlich, dass ein Naturpark vornehmlich dem Tourismus, ein Biosphärenreservat der Erhaltung traditioneller Wirtschaftsformen und ein Nationalpark vor allem der Sicherung natürlicher Entwicklung ohne menschliche Nutzung diene. Allein in Bayern existierten bereits 17 Naturparke auf etwa 30% der Landesfläche, mit deutlichem Schwerpunkt in Nordbayern. Dagegen gibt es in ganz Deutschland nur 14 Nationalparke auf 0,5% der Landesfläche, so dass das Prädikat „Nationalpark“ als Premium-Siegel gelten dürfe. Würde der Naturpark Steigerwald in ein Biosphärenreservat umgewandelt, entsprechend dem Prüfauftrag der Landtags-CSU, wäre die Gesamtfläche des Naturparks von 128.000 ha betroffen, während der vorgeschlagene Nationalpark nur auf 10.000 bis 11.000 ha, ausschließlich im Staatswaldgebiet, errichtet würde.
Anhand einiger Tiergruppen verdeutlichte Straußberger, dass die Artenvielfalt in unbewirtschafteten Naturwaldreservaten im Vergleich zu gut gepflegten Wirtschaftswäldern deutlich höher ist. In einem Naturwaldreservat bei Ebrach kämen beispielsweise 15 der 20 bayerischen Fledermausarten vor auf einer 10 Hektar Fläche vor, so viele Arten wie im gesamten Nationalpark Kellerwald in Hessen. Großschutzgebiete wie Nationalparke sind deshalb unerlässlich, wenn die Artenvielfalt der heimischen Laubwälder erhalten werden soll.
Auch auf das Thema Holznutzung ging Dr. Straußberger ein und betonte, dass der Bund Naturschutz es gewesen sei, der sich gemeinsam mit dem Verband der Sägewerkbesitzer für die klein- und mittelständischen Säger eingesetzt hat und den bevorzugten Holzverkauf ins Ausland und an Großsägewerke kritisierte. An die Nationalpark-Gegner appellierte Straußberger, einem Moderationsprozess zuzustimmen und sich einer sachlichen Diskussion nicht weiter zu verschließen.
Max Gibis, CSU-Bürgermeister der Gemeinde Mauth am Südrand des Altparks im Nationalpark Bayerischer Wald, begründete das Auftreten der Bayerwald-Bürgermeister damit, dass Kommunalpolitiker aus der Bayerischen Wald im Steigerwald aufgetreten sein, die ein falsches Bild vom Nationalpark Bayerischer Wald zeichneten. Auch dort habe es heftige Auseinandersetzungen um die Einrichtung des Nationalparks gegeben, und die Fichtenborkenkäferkalamität der 1990er Jahre habe erneut Diskussionen aufflammen lassen. Mittlerweile sind die Diskussionen aber im Bereich des Altparks nahezu verstummt. Während früher der Bayerwald als das Armenhaus Bayerns galt, hat es die Region wegen des Nationalparks zu gewissen Wohlstand gebracht. Anhand von eindrucksvollen Bildern zeigte der Referent, dass der Wald auch in den Hochlagen des Bayerwaldes in einem ganz natürlichen Prozess wieder nachwächst. Wegen der Höhenlage dauert dies halt im Bayerwald etwas länger wie im Steigerwald, aber es wächst wieder Wald nach. In einem kommunalen Nationalpark-Ausschuss arbeiten dort Gemeinden, Landkreise und die Nationalpark-Leitung zusammen, um für die Region größtmöglichen Nutzen zu erzielen. Dabei werden durchaus Bedenken der Bevölkerung berücksichtigt. So sei z.B. die Frist für die Kernzonenausweisung im Erweiterungsgebiet des Nationalparks um zehn Jahre verlängert worden, um mehr Zeit für den nötigen Waldumbau zu haben. Der Nationalpark sei für seine Gemeinde der Werbeträger Nummer 1, von der Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung profitieren beide Partner.
Dr. Olaf Heinrich, CSU-Bürgermeister der Stadt Freyung im Nationalpark Bayerischer Wald, bestätigte in seinem Vortrag die große wirtschaftlichen Wirkung und Nutzen des Nationalparks für seine Region. Nach einer wissenschaftlichen Untersuchung von 2007 gab fast die Hälfte der befragten Besucher an, dass sie den Bayerischen Wald wegen des Nationalparks als Reiseziel gewählt hätten. Der Referent bekundete „der Nationalpark ist das zentrale Thema, mit dem wir werben“ und zeigte, dass derzeit bei insgesamt sinkenden Touristenzahlen in der Region Niederbayern/Oberpfalz die Region Freyung-Grafenau einen leichten Anstieg der Besucherzahlen registriere. Die Einrichtung des Nationalparks sei eine „unglaubliche Initialzündung“ gewesen, so dass heute von seinen 20 Stadträten 19 absolute Nationalparkbefürworter seien – über alle Parteigrenzen hinweg. Neben 200 direkt beim Nationalpark beschäftigten Arbeitnehmern geben die Touristen soviel Geld im Bayerischen Wald aus, dass davon knapp 1000 Vollzeitarbeitsplätze finanziert werden können. Ohne Tourismus gäbe es viel weniger Arbeitplätze. Unabhängig vom Nationalpark verfolge er das Ziel seine Gemeinde weiterzuentwickeln, aber da helfe der Nationalpark eben immens: als Werbeträger und Arbeitgeber.
Die anschließende Diskussion wurde moderiert von Richard Mergner, Landesbeauftragter des Bundes Naturschutz in Bayern und verlief lebhaft und nahezu ohne Polemik. Fragen von Nationalpark-Befürwortern wie auch -Gegnern, z.B. bezüglich Brennholzversorgung, Arbeitsplätzen und Jagd beantworteten die Referenten kompetent und sachlich. Dabei wurde deutlich, dass eine Diskussion, die sich auf Argumente statt auf Anfeindungen stützt, schneller zu einer Entscheidung führt, die am Ende alle Beteiligten mittragen können. Die Bürgermeister Heinrich und Gibis appellierten an die Bevölkerung im Steigerwald sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, sich zu informieren und sachlich zu diskutieren. Sie luden die Anwesenden ein, sie in ihrer Heimat zu besuchen und sich selbst ein Bild vom Nationalpark Bayerischer Wald zu machen. Erst am Ende der Veranstaltung wurde es turbulent, als Bürgermeister Heinrich Thaler aus Burgwindheim den beiden Gästen aus dem Bayerischen Wald aufgeregt vorwarf, sie seien „nicht ganz ehrlich“ gewesen. Bürgermeister Heinrich entgegnete dazu mit dem passenden Zitat von Schiller: „Mit Heftigkeit ersetzt der Irrende, was ihm an Wahrheit und Kräften fehlt“.
für Rückfragen:
Dr. Ralf Straußberger, BN-Waldreferent , Tel. 0911/81 87 8-21