Natur im Klimastress: Bund Naturschutz fordert Aktionsprogramm für Bayern
Der Klimawandel hat dramatische Veränderungen im Naturhaushalt und auf die biologische Vielfalt in Deutschland und Bayern in Gang gesetzt. Er ist eine massive Zusatzbelastung in einer für viele Arten und Lebensräume ohnehin überaus kritischen Situation. Zwischen Naturschutzzielen und den ökologischen Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel besteht eine große Übereinstimmung: Moore und alte Wälder sind unverzichtbare Lebensräume und CO2-Senken in unserer Landschaft, renaturierte Auen und natürliche Flüsse puffern Hochwässer ab.
Der Bund Naturschutz legt nun in seiner Studie „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ eine Analyse der Natur in Bayern vor und fordert Konsequenzen.
„Die neuen bayerischen Landtagsabgeordneten und die Staatsregierung werden in den kommenden fünf Jahren ein Aktionsprogramm für den Klimaschutz und die Erhaltung für die Erhaltung der biologischen Vielfalt umsetzen müssen“, fordert der BN-Landesvorsitzende Prof. Dr. Hubert Weiger.
Jede weitere Zerschneidung der Landschaft durch neue Straßen gefährde den Schatz der Artenvielfalt, den es in Bayern noch gibt. Derzeit sei der Artenverlust fast ungebremst – es sei nicht nur, aber erst recht angesichts des zusätzlichen Stressfaktors Klimawandels „5 vor 12“.
Statt Geld für neue Autobahnen und Flughäfen zu fordern, sei ein milliardenschweres Programm nötig, um die Fehler der Vergangenheit wieder gut zu machen und die Natur für die bereits beginnenden Veränderungen durch den Klimawandel fit zu machen. „Damit die Arten möglichst flexibel auf die Veränderungen reagieren können, müssen alle anderen Gefährdungen - wie Flächenverluste oder intensive Landnutzung - reduziert werden“, so der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner .“ Der BN schlägt daher großflächigere strukturreiche Rückzugsräume wie einen Nationalpark im Steigerwald und funktionierende Verbundzonen, sowie eine flächendeckend naturverträgliche Land- und Forstwirtschaft vor: „Je intakter die Natur ist, umso flexibler kann sie auf die Veränderungen durch den Klimawandel reagieren.“ Eine hohe Biologische Vielfalt und eine intakte Natur seien kein Luxus, sondern die beste Lebensversicherung - nicht nur gegen die Folgen des Klimawandels, so der BN.
Die völkerrechtlichen Verträge von Rio verpflichten auch Bayern
Naturschutz ist damit auch die kostengünstigste Form des Klimaschutzes.
1992 haben sich die Staaten der Welt in Rio zum Erhalt der Artenvielfalt verpflichtet. Das Abkommen ist für die Natur, was Kyoto für das Klima ist. Die Bedrohung und der Schutz von Klima und Artenvielfalt stellen vergleichbare Herausforderungen für die Welt dar. Sie hängen auch inhaltlich zusammen und müssen gemeinsam gelöst werden: Die Artenvielfalt ist durch den Klimawandel stark bedroht. Laut Bundesamt für Naturschutz wird für Deutschland ein Verlust von 5-30% der Arten in den nächsten Jahrzehnten prognostiziert. Bayern ist mit seinen Berggebieten und Alpen, seinen Feuchtgebieten und Flüssen stark betroffen
Der BN verweist auf bereits dokumentierte Rückgänge von Arten in Bayern, am Beispiel von Pflanzen- oder Libellenarten:
„Gesunde Ökosysteme sind gegenüber dem Klimawandel unempfindlicher und daher besser in der Lage, die Ökosystemdienstleistungen aufrechtzuerhalten, von denen unser Wohlstand und Wohlergeben abhängt. Sie sind der Kernpunkt jeder Anpassungspolitik. Deshalb müssen sogenannte konventionelle Belastungen, die für die Fragmentierung, die Verschlechterung, die übermäßige Nutzung und die Verschmutzung von Ökosystemen verantwortlich sind, reduziert werden („Klimasicherung der Ökosysteme“).“ (EU-Kommission 2007)
Die Vielzahl der Beispiele bereits auf den Klimawandel zurückzuführender Veränderungen bei Arten (vgl. Anlage 3) verdeutlicht die Komplexität der Wirkungen: Spezialisierte Libellenarten der Moore oder einige Pflanzenarten der Hochlagen gehen zurück, eingespielte Verhaltensweisen bei einigen Vogelarten werden gestört. Räumliche, zeitliche und biologische Veränderungen der Arten bringen komplexe biologische Zusammenhänge durcheinander, z.B. zwischen Blüten und Bestäubern oder zwischen Brut und Nahrungsverfügbarkeit. Arten verschieben ihre Vorkommen – sofern sie dazu in der Lage sind – das kann auch für die Leistungen der Natur für den Menschen gravierende Probleme verursachen.
Gerade in Nordbayern ist die Wirkungder Klimaänderung mit dem Absterben der Fichtenwälder in Mittelfranken schon dramatisch zu erkennen. Ein spezielles Aktionsprogramm für die Umgestaltung monotoner Fichtenwälder hin zu einem stabilen Mischwald ist in Mittelfranken wie im Frankenwald und dem Fichtelgebirge erforderlich. Statt center parcs in Westmittelfranken, Skilifte im Fichtelgebirge oder einen Flugplatz in Hof zu subventionieren muss ein sanfter Naturtourismus und eine Kulturlandschaft erhaltende bäuerliche Landwirtschaft gefördert werden.
Besonders stark trifft der Klimawandel auch den Alpenraum. In den Alpen sinkt im Schnitt pro 100 Höhenmeter die Temperatur um 0,5°C. Bei einer Erwärmung um 3°C bis Ende des Jahrhunderts müssten die Arten theoretisch um 600 Meter nach oben wandern. Die aktuelle Ausbreitungsgeschwindigkeit alpiner Arten liegt aber bei ca. < 50 Höhenmeter/ 100 Jahre. Gerade in den Höhenlagen der Alpen leben viele Arten, die nur hier vorkommen. Sie werden irgendwann von den Arten, die von unten nach oben wandern, verdrängt – denn der Berg hat oben ein Ende. Damit können weltweit einzige Vorkommen verloren gehen. Hier sind daher besondere Schutzmaßnahmen und die Förderung von klima- und naturverträglichen Entwicklungen besonders dringlich.
Klimaschutz ist daher auch für den Erhalt der Arten zwingend nötig, darf aber nicht zu Lasten der Natur gehen. Denn nur solange sich die Klimaveränderungen in einem geringen Rahmen bewegen, haben Tiere und Pflanzen eine gewisse Chance auf Anpassung. Maisanbau für Agrosprit, Ausbau der Wasserkraft, Douglasie statt Fichte oder gentechnisch veränderte Arten sind aber für den BN kein echter Klimaschutz bzw. keine echte Anpassung, denn sie zerstören Natur. Stattdessen müssen alle Anstrengungen verstärkt werden, den Energieverbrauch zu senken. Nötige Klimaschutzmaßnahmen sind kein Freibrief für nicht nachhaltige Landnutzungsformen und weitere Naturzerstörung.
Der BN betont: „Naturschutz ist Klimaschutz“, denn intakte Ökosysteme wie wachsende Moore oder Wälder können CO2 speichern, eine naturverträgliche Landwirtschaft setzt wesentlich weniger CO2 frei als die Intensivlandwirtschaft. Die Renaturierung und Reaktivierung von Flüssen, Auen und Feuchtgebieten sowie die Verbesserung des Landschaftswasserhaushaltes kann die negative Auswirkung von zunehmenden Niederschlagsextremen auch für den Menschen abpuffern. Naturnahe und natürliche Ökosysteme sind zudem wichtig für Frischluftschneisen und Abkühlungsbereiche für das Lokalklima gerade in Ballungsräumen. Die Zerstörung dieser Lebensräume muss daher auch aus Klimaschutzgründen gestoppt werden.
Für Rückfragen:
BN-Landesbeauftragter Richard Mergner Tel.: 0911-9197925 oder 0171-6394370
Hintergrundinformationen:
1. Zusammenfassung aus dem BN-Infodienst Nr. 155: Naturschutz in Zeiten des Klimawandels
Der Klimawandel und das globale Artensterben sind zwei der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Klimaveränderung führt zu einer weiteren Verschärfung des Artensterbens.
Durch den fortgesetzten Klimawandel wären rund 30 % der in Deutschland vorkommenden Tier- und Pflanzenarten nach Berechnungen des Bundesamtes für Naturschutz bis zum Ende dieses Jahrhunderts vom Aussterben bedroht. Die Veränderungen sind schwer vorauszusagen, da die Reaktionen der Arten sehr individualistisch und die biologischen Systeme sehr komplex sind. Es wird Gewinner und Verlierer geben. Es sind wegen komplexer ökologischer Wechselwirkungen unvorhersehbare und überraschende Änderungen zu erwarten. Fakt ist, dass schon jetzt Veränderungen von Pflanzen- und Tierwelt festzustellen sind, die zu einem hohen Grad auf die Klimaveränderung zurückzuführen sind. Es deutet sich bereits jetzt an, dass in Jahrtausenden entwickelte Funktionsbeziehungen, z.B. Nahrungsbeziehungen, und ganze ökologische Systeme „durcheinander“ kommen können. Da eine Erwärmung in jedem Fall stattfindet und wir nur noch die Höhe der Erwärmung beeinflussen können, müssen wir uns jetzt mit den Auswirkungen auf die Natur und damit auch auf die Arbeit des (Bund) Naturschutzes beschäftigen.
Das Klima hat sich langfristig schon immer geändert, und mit ihm die Natur. Aber die Geschwindigkeit und das Ausmaß der aktuellen Klimaerwärmung sind außerordentlich hoch. Anpassungen der Natur müssten sehr schnell erfolgen. Im Vergleich zu früheren Temperaturveränderungen ist eine Anpassung der Natur durch Wanderbewegungen zudem deutlich erschwert, weil die Landschaft vom Menschen intensiv genutzt und umgestaltet wurde. Außerdem trifft der aktuelle Klimawandel die Natur in einer Situation, in der eine große Zahl der Arten und Lebensräume - auch ohne Klimawandel - bedroht und selten geworden ist. Zugleich bedrohen vermeintliche Klimaschutzmaßnahmen wie der Ausbau der Wasserkraftnutzung die letzten naturnahen Flüsse oder Agrosprit und Maisanbau für Biogasanlagen die letzten Reste der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft. Der damit verbundene erneute Intensivierungsschub kann als indirekten Folge der Klimaerwärmung negativere Auswirkungen auf die Artenbestände haben als die direkten Folgen.
Die Herausforderungen des Klimawandels stärken grundlegende, seit langem erhobene Forderungen des Naturschutzes: Alle anthropogenen Gefährdungsfaktoren für Arten und Lebensräume reduzieren, volle Funktionsfähigkeit der Natur wiederherstellen und biologisch funktionierende Verbundsysteme schaffen! Eine natur- und klimaverträgliche Landnutzung ist überfällig. Diese Forderungen sind aktueller denn je und erhalten durch den Klimawandel neue Unterstützung.
Die hierfür nötigen Maßnahmen sind grundsätzlich bekannt, sie müssen jedoch konsequenter und effektiver sowie auf wesentlich größerer Fläche als bisher umgesetzt werden. Alle Politikbereiche müssen sich hierfür verantwortlich fühlen. Zusätzlich ist es Zeit für eine wahre Investitionsoffensive im Naturschutz – nicht nur, aber auch wegen des Klimawandels.
Denn je intakter die Natur, desto flexibler und dynamischer kann sie auf Änderungen reagieren. Umso besser kann sie die negativen Folgen der Klimaveränderung abpuffern – auch zum Nutzen des Menschen. Die beste Versicherung gegen die Folgen des Klimawandels ist eine hohe natürliche Vielfalt an Arten und Lebensräumen, auf die Mensch angesichts zunehmender „Katastrophen“ mehr denn je angewiesen ist.
Betont werden muss auch: Naturschutz ist Klimaschutz, denn intakte Lebensräume wie Moore oder Wälder oder eine ökologische Landnutzung können mehr CO2 speichern als nicht mehr funktionsfähige Lebensräume oder Intensivlandwirtschaft.
Es ist wichtig, heimische Arten und Biotope fit für den Klimawandel zu machen, aber das Problem muss immer auch an der Ursache bekämpft werden. D.h. Klimaschutz durch Vermeidung des Ausstoßes klimarelevanter Gase ist die primäre Aufgabe auch aus Sicht des Naturschutzes.
Der Bund Naturschutz in Bayern e.V.(BN) setzt sich seit seiner Gründung für den Arten- und Lebensraumschutz ein. Vor dem Hintergrund der zusätzlichen Belastung durch den Klimawandel ist dies nötiger denn je. Als Umweltverband müssen wir nun Klimaschutz und Naturschutz in einer Gesamtstrategie zusammenzubringen.
2. Prognosen:
Bei starker CO2-Einsparung: Erhöhung um 1,8° C (Szenario B1), bei starkem ökonomischen Wachstum und weiterhin intensivem Einsatz fossiler Energiequellen um 4°C bei einer Schwankungsbreite von 2,4-6,4°C (Szenario A1Fl – entspricht am ehesten der gegenwärtigen Entwicklung). Bei nur mäßiger Reduktion der Treibhausgaskonzentration wird in etwa 10 Jahren das nacheiszeitliche Temperatur-Optimum übertroffen, und zwischen 2050 und 2100 auch die Temperaturen der Eem-Warmzeit – derartige Temperaturverhältnisse hat die Menschheit auf der Erde in den letzten 1 Mio. Jahren nicht erlebt.
Für die Natur wesentlich: Es wird wärmer und extremer (nasser und trockener) mit starken Schwankungen innerhalb und zwischen den Jahren.
Heutiger Gradient der Temperatur-Mittelwerte: 0,5 K auf 100 km bzw. 0,5 K auf 100 Höhenmeter à schematisierte Folge Klimawandel: pro +1°C Verschiebung der Vegetationszonen um 200-300 km polwärts bzw. um ca. 200 Höhenmeter nach oben
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Prognostizierte Verluste von Arten in den nächsten Jahrzehnten (Bundesamt für Naturschutz):
- Weltweit 10 - 15 %,
- Deutschland 5 - 30 %
Laut IPCC (2007) sogar noch dramatischer:
- „20-30 % aller Tier- und Pflanzenarten sind bedroht wenn die weltweite Durchschnittstemperatur um 1,5-2,5° C ansteigt.“ (S. 8 IPCC WG II).
- Europa: Bis zu 60% der Pflanzenvielfalt stehen auf dem Spiel (dito, S. 9).
Die IUCN zitiert Studien, wonach bis zu 1 Mio. Arten wegen des Klimawandels aussterben könnten (IUCN News release, ohne Datum)
3. Beispiele für bereits laufende Veränderungen in der Natur in Folge Klimawandel:
Schon jetzt sind Rückgänge von Arten festzustellen:
· In Europa hat sich die Anzahl der Tage mit einem Tagesmittelwert > 10°C (= Vegetationsperiode) seit den 1960er Jahren um ca. 3,6 Tage/ Dekade erhöht.
· Die ersten Phasen im Frühjahr (z.B. das Blühen von Schneeglöckchen = Vorfrühling, Forsythie = Erstfrühling) haben sich um bis zu 3,2 Tage/ Dekade verfrüht. Die Vegetationsperiode etlicher Laubbäume hat sich zwischen 1951-2000 um bis zu 2,3 Tage/ Dekade verlängert, allein für die letzten 30 Jahre um 10 Tage. Die Apfelbäume blühen im Zeitraum 1991-1999 bis zu 5 Tage/ Jahrzehnt früher als 1961-1990.
· Weltweite Meta-Analyse mit Auswertung von 1700 Arten (Vögel, Schmetterlinge, Amphibien, Pflanzen): bei 279 langjährig untersuchten Arten Reaktionen infolge jeweils regionaler Klimaveränderung. Bei 99 Arten Arealverschiebung von durchschnittlichen 6,1 km polwärts bzw. 6,1 m hangaufwärts pro Dekade.
· Vergleich von Verbreitungskarten 1976 und 1993 von >100 verschiedenen Arten (v.a. Vögel) in Großbritannien: Areale vieler Arten haben sich um durchschnittlich fast 19 km nach Norden verschoben.
· Mittelmeer: mittlerweile Vorkommen von 59 Fischarten des Roten Meeres, davon sind 39 von den afrikanischen Küsten des Atlantiks über Gibraltar eingewandert.
· Nordsee: zunehmend Arten wärmerer Gewässer, heimische Arten wie Kabeljau und Miesmuschel werden seltener, wandern nach Norden ab, die europäische Auster ist völlig verschwunden, während sich die pazifische Auster ausbreitet.
· Seit den 90er Jahren verstärkte Einwanderung und dauerhafte Besiedelung mediterranerArten wie der Gottesanbeterin, des Bienenfressers (seit den 90er Jahren nördlich der Alpen brütend) oder der Feuerlibelle (Crocothemis erythraea), Südliche Mosaikjungfer (Aeshna affinis) oder Frühe Heidelibelle (Sympetrum fonscolombei).
· Fränkisches Obermaintal: seit 1993 sind 3 mediterrane Libellenarten neu eingewandert (Frühe Heidelibelle Sympetrum fonscolombii, Feuerlibelle Crocothemis erythraea, Pokal-Azurjungfer Cercion lindenii), 6 kontinentale/ boreale Arten sind verschwunden (Torfmosaikjungfer Aeshna juncea, Mond-Azurjungfer Coenagrion lunulatum, Kleine Moosjungfer Leucorrhinia dubia, Große Moosjungfer L. pectoralis, Gefleckte Smaragdlibelle Somatochlora flavomaculata, Gebänderte Heidelibelle Sympetrum pedemontanum), 6 vorhandene wärmeliebende haben sich deutlich ausgeweitet (E. viridulum, G. pulchellus, B. pratense, Anax imperator, A. parthenope, O. brunneum),
· Nordwestoberfranken: Vergleich der Libellenfauna 2006 mit Daten Mitte der 1980er Jahre: Torfmosaikjungfer (Aeshna juncea) und die Speer-Azurjungfer (Coenagrion hastulatum) haben in klimatisch begünstigten Höhenlagen unter 400 m stark an Areal verloren. Die schon immer seltenen Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis), Nordische Moosjungfer (L. rubicunda) und Arktische Smaragdlibelle (Somatochlora arctica) sind lokal ausgestorben oder nur noch in Einzelnachweisen vorhanden.
· Untersuchung an 35 europäischen nicht wandernden Schmetterlingsarten: bei 63% Arealverschiebung nach Norden von bis zu 240 km innerhalb des 20. Jahrhunderts.
· Untersuchungen des UFZ Halle/ Leipzig: Schmetterlings-Imagines erschienen im Jahr 2007 bis zu 24 Tage verfrüht, einige Arten hatten zusätzliche Generationen (z.B. Brauer Feuerfalter eine 3., Landkärtchen eine 2. Sommergeneration, Kleiner Schillerfalter eine 2.).
· Überwinterung des Admiral seit ca. 10 Jahren auch in Deutschland (bisher klassischer Wanderfalter mit jährlicher Einwanderung aus dem Mittelmeerraum),
· Abnahme von Schmetterlingsarten mit kühleren klimatischen Ansprüchen in Mooren wie Hochmoorgelbling (Colias palaeno), Randring-Perlmutterfalter (Proclossianaeunomia), Hochmoorbläuling (Vacciniinaoptilete) oder Natterwurz-Perlmutterfalter.
· Überwinterung von Zugvogelarten bei uns, z.B. Kurzstreckenzieher Mönchsgrasmücke („normal“ im südlichen Europa), oder frühere Rückkehr aus Überwinterungsgebiet . Transsaharazieher bzw. Langstreckenzieher kehren eher „normal“ zurück, viele ihrer Brutplätze sind dann schon besetzt und die Insektenentwicklung nicht mehr zur Zeit ihrer Jungenaufzucht ideal. Z.B. Trauerschnäpper: hat zudem erheblich größere Brutverluste als früher, weil der Siebenschläfer heute (bis zu 4 Wochen früher) früher aus dem Winterschlaf aufwacht und die Höhlen bereits zu einem Zeitpunkt aufsucht, zu dem die Trauerschnäpper noch brüten – früher war Trauerschnäpper- und Siebenschläfer-Brut zeitlich entzerrt.
· Vogelfauna Bodensee: zwischen 1980 und 2002 bei Temperaturanstieg von 2,4° C: Anstieg der Artenzahl von 141 auf 156, mediterrane Arten wie Zaun- und Zippammer, Orpheusspötter, Mittelmeermöwe und Purpurreiher sind fester Bestandteil.
· Vogelwelt des Coburger Raumes von 1869 bis 2001: Zunahme der Artenzahl in der Periode 1980 bis 2001, davon wohl bei 10 Arten infolge klimatisch günstigerer 80er und 90er Jahre mit milden Wintern.
· Borkenkäfer kommt in immer höheren Lagen vor und schafft bis zu 4 Generationen
· Flora der Hochlagen des Bayerischen Waldes: arktisch-alpine Eiszeitrelikte wie Fels-Straußgras (Agrostis rupestris) oder Zwittrige Krähenbeere (Empetrum hermaphroditum) sind zurückgegangen. Arten der tieferen Regionen wie der trocken- und wärmeresistente Nordische Streifenfarn (Asplenium septentrionale) oder Hügel-Weidenröschen (Epilobium collinum) haben um > 130 m (bis zu ca. 300 m) höhere Vorkommen als vor 100 Jahren.
· Alpenflora: Vergleichsuntersuchungen der Vegetation von 1988 und 2003 im Nationalpark Berchtesgaden: Zunahme der mittleren Artenzahl (v.a. Erhöhung der Stetigkeit vieler Arten) im Polsterseggenrasen und Blaugras-Horstseggenrasen in einer Höhenlage zwischen 1800 und 2350 m ü.NN., durch die enorme Geschwindigkeit der Veränderungen wird befürchtet, dass konkurrenzschwache Arten letztlich verdrängt werden. Untersuchungen in einem Krummseggenrasen auf 2500 m Höhe beim Furkapass unter Simulation einer Temperaturzunahme von 1°C: Reduktion der Dichte und Biomasse der charakteristischen Arten, insbesondere der Schneetälchenarten.
· Bergwälder der Südalpen: es wandert die Hanfpalme ein, eindeutig zeitlich korreliert mit den milderen Wintern und dem massiven Abfall der Frosttage. Auch die Mistel (Viscum album) auf der Kiefer (Pinus sylvestris) wandert in den Bergwäldern der Walliser Alpen bergauf: 50 %-Besiedelungsrate 1910 bei ca. 1050 m Höhe, 2002 auf ca. 1250 m.
Entscheidend für den „Erfolg“ der Anpassung wird die Flexibilität der Arten und insbesondere die bei den Arten sehr unterschiedliche Ausbreitungsstärke und Bindung an den Standort sein. Damit wird auch die Eignung der Landschaft für Ausbreitungsprozesse eine zentrale Rolle spielen (Zerschneidung, Hindernisse, Isolierung etc.). Eine erfolgreiche Anpassung kann nur erfolgen, wenn erstens geeignete Habitate anderswo vorhanden sind und zweitens die Arten die Möglichkeit haben, diese zu erreichen und sich dort erfolgreich zu etablieren. Die genetische Vielfalt wird eine zentrale Rolle spielen für die Möglichkeit der Arten, auf Veränderungen zu reagiere