Naturschutz-Experten des BN am Augsburger Lech: Artenvielfalt braucht Renaturierung statt Kraftwerksbau – der Stadtwald braucht wieder mehr Lech!
„Das Naturschutzgebiet Stadtwald Augsburg braucht dringend Schutz und ökologische Aufwertung“ so das Fazit der Artenschutz-Experten des Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN), die aus ganz Bayern zur Exkursion des BN-Arbeitskreises Artenschutz an den Lech gekommen waren.
Die Experten besuchen jedes Jahr besondere Highlights in ganz Bayern, heuer im „Internationalen Jahr der Biologischen Vielfalt“ war es neben der Mertinger Höll im Nachbarlandkreis Donauries das Naturschutzgebiet „Stadtwald Augsburg“, zwei Zentren der Biodiversität in Bayern: „Die Vielfalt der Augsburger Lechauen ist beeindruckend und für den gesamten bayerischen Lech einmalig.“ zeigte sich die 15-köpfige Gruppe begeistert von der Gesamtartenvielfalt, besonders den blühenden Orchideen wie der Hummelragwurz oder dem Klebrigen Lein, die hier am Lech ihr bayernweites Verbreitungszentrum haben.
„Es ist aber deutlich, dass hier dringend ökologische Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen, um die Vielfalt zu erhalten.“ Unter fachkundiger Führung der beiden Augsburger Dr. Eberhard Pfeuffer und Dr. Klaus Kuhn konnten sich die Experten auch ein Bild von den negativen Auswirkungen der Lechbegradigung und –eintiefung machen. Gerade der Artenreichtum der früher vom Lech geprägten Flutrinnen, Auwälder und Lechkiesbänke ist bereits stark zurückgegangen. Beispielsweise nehmen die Bestände des an hohen Grundwasserstand gebundenen König-Karlsszepters immer weiter ab. Etliche an die kiesgeprägten Lebensräume gebundene Heuschreckenarten wie die Rotflügelige Schnarrschrecke der Schneeheide-Kiefernwälder oder die Fluß-Strandschrecke, die in den Lechkiesbänken ihr bundesweit einziges Vorkommen hatte, sind bei Augsburg bereits verschwunden. Der Warzenbeißer hat in der Schießplatzheide sein letztes Vorkommen im gesamten Unteren Lechtal.
Daher lautet das Fazit der Naturschützer: „Der Stadtwald braucht wieder mehr Lech.“ Der Lech muss sich wieder verstärkt als Fluss mit lebendiger, d.h. dynamischer Aue zeigen und die Aue mit seinen typischen Wasserstandsschwankungen und Kiesschottern prägen dürfen. Gerade weil der Lech hier noch ungestaut fließt, bieten sich dazu gute Möglichkeiten.“ Die vorhandenen Sohlrampen könnten nach den Vorbild anderer Fluss-Renaturierungen umgebaut werden.
Die geplante Studie zur Renaturierung des Lechs haben die Naturschützer daher sehr begrüßt. Gerade im „Internationalen Jahr der Biodiversität“ wäre es ein wichtiges Zeichen, gerade in diesem für die Biodiversität Bayerns so wichtigen Gebiet die richtigen Weichen zu stellen.
Eine klare Absage erteilten die Experten dagegen den aktuellen Wasserkraftplanungen von E.ON: „Die Möglichkeiten zur Renaturierung müssen ohne die Einbeziehung einer Wasserkraftnutzung geprüft werden. Wasserkraftwerke stehen einer Verbesserung der Fließgewässerdynamik und Verbindung von Fluss und Aue sowie der Durchgängigkeit im Fluss diametral entgegen.“ Die Naturschutzexperten verweisen hierfür auf die negativen Auswirkungen aller bisherigen Staustufen und die positiven Auswirkungen von Renaturierungsmaßnahmen an ungestauten Flüssen.
Foto: Die Naturschutz-Experten des Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) aus ganz Bayern (nicht alle anwesenden sind auf dem foto) vor einer Sohlschwelle des Lech im NSG Stadtwald Augsburg bei ihrer Jahres-Exkursion am 19.06.2010 (Foto: Dr. E. Pfeuffer)
Für Rückfragen:
Dr. Christine Margraf, Artenschutzreferentin Südbayern, Fachabteilung München. Pettenkoferstraße 10a/I, 80336 München, Tel.: 089/548298-89, christine.margraf@bund-naturschutz.de
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<link fakten artenbiotopschutz index.html>www.bund-naturschutz.de/fakten/artenbiotopschutz/index.html
Der Landesarbeitskreis Artenschutz des Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) ist ein Gremium von ca. 20-30 Experten aus den BN-Kreisgruppen und externer Fachleute und trifft sich etwa dreimal im Jahr. Er berät den Landesvorstand des BN und erarbeitet fachliche Positionen. Er wird betreut vom Artenschutzreferat des BN.