Naturschutzverbände fordern umgehend Taten für den klimakranken Wald
Die Buche ist in Europa heimisch und krisenerprobt, sie gilt im Klimawandel auf vielen Standorten - auch im Steigerwald - als Baumart der Zukunft. Die Bäume leiden klar erkennbar am stärksten auf trockenen Standorten, wie dem Handthaler Südhang. Verschärft wird dies aber durch forstliche Maßnahmen, die das Waldinnenklima stören. Forstwissenschaftler und Vorsitzender des BUND, Hubert Weiger, betont: "Naturwälder haben ein feuchteres, kühleres Waldinnenklima, weil die hohe Strukturvielfalt die Hitze abhält und das Kronendach nicht ständig durch Baumentnahmen aufgerissen wird. Sie können im Vergleich zu Wirtschaftswäldern größere Wassermengen speichern, weil keine tonnenschweren Forstmaschinen den Waldboden befahren, den Wasserspeicher verdichten und damit die Wasserspeicherfähigkeit reduzieren. Dies passiert im Wirtschaftswald der Bayerischen Staatsforsten auf ca. 15-20 Prozent der Fläche. Im Wirtschaftswald fließt der Regen oft schnell aus dem Wald, weil er über bodenverdichtete Rückegassen und Gräben abgeleitet wird, die Hochwassergefahr steigt."
Der Nordsteigerwald wurde als weltnaturerbewürdig eingestuft. Hier muss laut BN-Vorsitzenden Richard Mergner umgehend ein größeres nutzungsfreies Schutzgebiet in der wertvollsten Kernfläche ausgewiesen werden: "Gerade im Waldsterben 2.0 brauchen wir neben massiven Hilfen für die besonders betroffenen Privatwaldbesitzer auch ungenutzte Wildnisflächen als Referenzgebiete, die zeigen, wie heimische Baumarten mit der Klimakrise umgehen können. Alles andere ist politisches Versagen in Zeiten einer Krise, die sofortiges Handeln und Weitblick verlangen."
Helmut Beran, Geschäftsführer des LBV, betont: "Naturwäldern kommt eine zentrale Rolle zu. Denn dort können ungestört Anpassungsprozesse ablaufen, die uns zeigen, welche Baumarten dem Klimawandel standhalten. Der LBV fordert daher weitere nutzungsfreie Großschutzgebiete im Laubwald, wie dem Steigerwald und dem Spessart".
Dem gestressten Wald muss jetzt durch wirkungsvolle Gesetze zum Klimaschutz und Verringerung der Treibhausgase geholfen werden. Im Wirtschaftswald sind schonendere Bewirtschaftungsmethoden wichtig, wie geringere Nutzungsmengen, weniger Rückegassen und leichtere Forstmaschinen. Zentral ist auch, dass es nur so viele Rehe geben darf, dass die Millionen ausgesäter junger Bäumchen als "natürliche Verjüngung" selbst wachsen können und nicht aufgefressen werden. Das "Freistellen" von Buchen durch starke Durchforstung oder von Eichen, damit diese mehr Licht bekommen - wie es im Ebracher Forst jüngst auch in Teilen des aufgehobenen Schutzgebiets praktiziert wurde - ist in Zeiten der Klimakrise kontraproduktiv. Es trocknet die Böden aus und setzt die Bäume stark der Hitze aus. Gerade die Buche reagiert da empfindlich. Ein Blick in den Ebracher Forst zeigt, dass Buchenwälder bei intaktem Waldinnenklima Hitze und Trockenheit in der Regel besser überstehen. Ein "Waldumbau" ist in naturnahen Waldgebieten, wie im Nordsteigerwald, nicht nötig. In einem nutzungsfreien Schutzgebiet kann hervorragend beobachtet werden, welche der vielen Mischbaumarten sich je nach Boden- und Klimaverhältnissen durchsetzen.
Freundeskreis und BUND Naturschutz fordern daher ein Netz nutzungsfreie Schutzgebieten in den bayerischen Staatswäldern. Hierbei haben die wenigen noch bestehenden Reste älterer Laubmischwälder, wie im Steigerwald und Spessart, absolute Priorität. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat dem Hohen Buchenen Wald eine "zweifelsfrei hohe Schutzwürdigkeit" bestätigt. Bei Kartierungen wurde hier die große Anzahl von 7 600 Starkbäume nachgewiesen. Diese alt werden zu lassen und nicht als Holz zu verkaufen, wäre ein sichtbares Zeichen, dass im Staatswald die Schutzfunktionen des Waldes und das Gemeinwohl wirklich Vorrang erhalten. Es wäre auch ein wichtiges Signal zur Befriedung, denn der "Hohe Buchene Wald" hat viele Freunde.
Der Nationalpark Hainich, der von Seiten der Nationalparkkritiker als Argument gegen den Nutzen von Schutzgebieten angeführt wird, ist erst 22 Jahre alt. Vor seiner Unterschutzstellung wurde er im sog. "Großschirmschlag" mit Freistellung einzelner älterer Bäume bewirtschaftet. Auch dort sind von der Dürre vor allem Bäume auf trockenen Südwesthängen und sehr flachgründigen Standorten betroffen. Laut Nationalparkleiter Manfred Grossmann sind wesentlich weniger Buchen abgestorben, als der Verein "Unser Steigerwald" in der Presse behauptet. Bis Bewirtschaftungsfolgen von der Natur korrigiert sind, dauert es im Wald Jahrhunderte.
In den Steigerwälder Naturwaldreservaten "Waldhaus" und "Brunnstube" hat die Natur in den letzten Jahren Lichtlücken durch Stürme und Zusammenbruch von Altbäumen geschaffen. Dafür geht es dem Wald dort sehr gut.
Der Forstbetrieb Ebrach könnte als "Klimalabor" für die Zukunft wichtige Erkenntnisse bringen, indem eine Hälfte weiter schonend bewirtschaftet und der Kohlenstoff bindende Holzvorrat durch Verringerung der Einschlagsmenge vergrößert und die andere Hälfte im Nationalpark der Natur überlassen wird.
Zusatzinfo:
Naturwälder sind "Klimawälder", sie können mehr Kohlenstoff speichern, weil sie wesentlich mehr Bäume und Totholz enthalten und Kohlenstoff über Jahrhunderte im Boden verbleibt. Sie sind "Hüter der Artenvielfalt", denn sie bieten wertvollen Lebensraum für Arten, die im Wirtschaftswald vom Aussterben bedroht sind. Von Naturwäldern lernen wir, wie sich der Wald in Krisen selbst helfen kann. Dies ist wichtig für den Waldbau der Zukunft, um künftig Fehler zu vermeiden.
Für Rückfragen: Ulla Reck, Geschäftsstellenleiterin Freundeskreis Nationalpark Steigerwald, mobil 0176/ 200 38 523