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Neues Gutachten belegt: 3. Startbahn am Flughafen München ist überflüssig und klimapolitisch nicht vertretbar

Bund Naturschutz (BN) fordert Einstellung des Planfeststellungsverfahrens

02.05.2008

Anfang April wurde eine neue Expertise des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt und Energie veröffentlicht, die den Titel „Luftverkehr 2007: Im Steigflug in die Klimakatastrophe?“ trägt. Auftraggeber der Studie war auch der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN). Die zentrale Aussage des Gutachtens lautet, dass die Klimalasten des Flugverkehrs total unterschätzt werden und die Klimaschutzziele der Bundesregierung durch den geplanten Ausbau der Flughäfen unterlaufen würden. Angesichts der dramatischen Datenlage, die in der Studie dargelegt wird, appellierte der BN-Vorsitzende Hubert Weiger an die Bundesregierung, geeignete Maßnahmen zur Eindämmung des Flugverkehrs zu ergreifen. „Vor einem Jahr hat die Bundesregierung in ihrem Energie- und Klimaprogramm die Senkung der CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent beschlossen, dabei wurde jedoch der rasant steigende Flugverkehr weitgehend ausgeklammert. Als einzige Maßnahme soll er bis 2012 in den europäischen Emissionshandel einbezogen werden. Das ist aber keinesfalls ausreichend“, betonte Weiger. Er forderte die Bundesregierung auf, „zumindest alle Klimawirkungen des Fliegens, auch jene die über die schädlichen Wirkungen des Kohlendioxids hinausgehen, vollständig zu berücksichtigen und die Steuerbefreiung für Kerosin endlich abzuschaffen“.

Am Fallbeispiel „Flughafen München“ belegt die Studie, dass durch die Umsetzung der Einsparpotentiale bei innerdeutschen und Kurzstreckenflügen eine 3. Start- und Landebahn völlig überflüssig ist. „Unsere Kritik an der Bedarfsprognose und Bedarfsbegründung für die 3. Bahn wird durch das Gutachten deutlich untermauert und das Fehlen einer ergebnisoffenen Alternativenprüfung, inklusive Nullvariante, erweist sich immer mehr als ganz gravierender Verfahrensfehler“, sagte Richard Mergner, der Landesbeauftragte des BN. Laut Gutachten ist der Flughafen München die mit Abstand größte einzelne Klimaschadquelle in Bayern. „Die Ausbauplanungen müssen schon allein aus diesem Grund eingestellt und stattdessen die im Gutachten dargelegten Reduktions- und Effizienzpotentiale umgesetzt werden“, erklärte Christian Magerl, der Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Freising. „Der Klimakiller Flugverkehr darf nicht unbegrenzt weiter wachsen. Wir fordern deshalb ein klimaverträgliches, effizientes Flughafenkonzept ohne 3. Startbahn und die vorliegende Studie stärkt uns bei der Fortsetzung des Widerstands“, so Magerl.

Verfasser des Gutachtens ist der Wuppertaler Flugverkehrsexperte Karl Otto Schallaböck. Er untersuchte vor allem den Stand und die zu erwartende Entwicklung des Flugverkehrs und zeigt dessen Klimarelevanz auf der Grundlage aktueller Prognosen, insbesondere jener, die dem „Masterplan“ der  Luftverkehrsinitiative 2006 zugrunde liegen. Fokussiert auf die Drehkreuz-Flughäfen Frankfurt und München, werden die Standortperspektiven analysiert und Handlungsmöglichkeiten für die Politik beschrieben.

Die wesentlichen Ergebnisse der Studie:

Der Energieverbrauch und damit die CO2-Emissionen des Flugverkehrs nehmen in Deutschland pro Jahr um dreieinhalb Prozent zu. Der Anteil der Fliegerei an den gesamten Klimabelastungen beträgt derzeit rund acht Prozent und bei Fortsetzung des gegenwärtigen Wachstums würden die Klimawirkungen des Luftverkehrs bereits in fünf Jahren die des heutigen Pkw-Verkehrs übersteigen. Dieser ist in Deutschland für jährlich rund 1oo Millionen Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid verantwortlich. Bei trendgemäß weiterer Expansion des Luftverkehrs würde dieser im Jahr 2030 bereits deutlich mehr als ein Drittel der akzeptablen Klimalasten Deutschlands für sich alleine in Anspruch nehmen. Ausführlich dargelegt wird außerdem, dass in den offiziellen Klimabilanzen der Bundesregierung die Klimawirkung des Flugverkehrs massiv unterschätzt wird. Bei den klimawirksamen Emissionen wird beispielsweise nur Kohlendioxid berücksichtigt, obwohl gemäß Weltklimarat die gesamten Klimawirkungen des Fliegens global gemittelt zwei- bis viermal schädlicher sind als die entsprechenden Emissionen am Boden.  

Vermeiden lässt sich dieses Szenario nur, so das Fazit der Studie, wenn der Flugverkehr in ein wirksames Emissionshandelssystem einbezogen wird, Kurzstreckenflüge unterbleiben, das entsprechende Passagieraufkommen auf die Bahn verlagert wird und die vorhandenen Flughäfen nicht ausgebaut werden. Die Bundesregierung als Alleineigentümer der DB AG muss deshalb die Voraussetzungen für solche Verlagerungen schaffen und für eine bessere Kooperation zwischen Bahn und Fluggesellschaften sorgen. Beendet werden muss auch der Wildwuchs von Flughäfen mit Unterstützung durch staatliche Subventionen. Derzeit gibt es 257 Flughäfen und Flugplätze, davon alleine 40 in Bayern. Deutschland hat damit weltweit die höchste Flughafendichte.

Ausbau des Flughafens München nicht erforderlich

Für den Flughafen München führt die Studie detailliert aus, wie durch Optimierungen und Verlagerung eines Teils des Passagieraufkommens auf die Bahn die Zahl der innerdeutschen Flugbewegungen um 61.500, das entspricht mehr als der Hälfte, reduziert werden könnte. Angesichts dieses Reduktionspotentials ist davon auszugehen, dass die prognostizierte Erhöhung der Starts, wie im Status-Quo-Szenario von Intraplan angenommen, mit den vorhandenen Start-/Landekapazitäten leicht bewältigt werden könnte. Voraussetzung dafür ist jedoch u.a. das Streichen nicht ausgelasteter und das Zusammenfassen schwach ausgelasteter Flüge sowie die Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf parallele Angebote der Bahn.

Der Bund Naturschutz hat auf diese Aspekte bereits in seinen Stellungnahmen im Rahmen der Verfahrensbeteiligung zur 3. Startbahn wiederholt hingewiesen und zusammen mit vielen anderen gegen die verfehlte Wachstumsmanie des Münchner Flughafens protestiert. Das jetzt vorliegende Gutachten bestätigt und bekräftigt die  Position des BN, dass dieses Vorhaben völlig überdimensioniert und weder erforderlich noch vernünftigerweise geboten ist. Mittlerweile dürften an die 10 Mio. t CO2-Äquivalent an Klimalasten dem Flughafen München zuzurechnen sein, der damit die mit Abstand größte einzelne Klimaschadquelle Bayerns ist. Es ist daher völlig unverständlich, dass der Luftverkehr im „Klimaprogramm Bayern 2020“ im Einzelnen überhaupt nicht angesprochen wird, sondern nur im Rahmen der „Forderungen an Bund und EU“.

Angesichts der Notwendigkeit umfassender Klimaschutzmaßnahmen muss endlich auch der Flugverkehr seinen Beitrag leisten. Ein weiters Wachstum dieses klimaschädlichsten Verkehrssektors ist mit den Klimaschutzzielen der Bundesregierung und der Bayerischen Staatsregierung  nicht mehr zu vereinbaren. Der Bund Naturschutz fordert daher erneut die Einstellung der Planungen für die 3. Startbahn und stattdessen die Umsetzung der in der „Wuppertal-Studie“ dargelegten Vorschläge und Forderungen.

 

Für Rückfragen:

Dr. Christian Magerl, 1. Vorsitzender BN-Kreisgruppe Freising, 08161/66631, christian.magerl@t-online.de

Dr. Christine Margraf, Regionalreferentin, 089/548298-89, christine.margraf@bund-naturschutz.de