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Reichswaldbilanz 2008

Reichswald erhalten- Klima schützen

02.07.2008

Reichswaldbilanz 2008
Reichswald erhalten - Klima schützen

Am Samstag, 12. Juli und Sonntag, 13. Juli 2008 findet zum 36. Mal das Reichswaldfest des Bundes Naturschutz (BN) gemeinsam mit dem Forstbetrieb Nürnberg, dem Amt für Landwirtschaft und Forsten Fürth und befreundeten Natur- und Umweltschutzverbänden am Schmausenbuck östlich des Nürnberger Tiergartens statt. Der Bund Naturschutz lädt dazu alle Freundinnen und Freunde des Waldes herzlich ein.

"Waldschutz ist Klimaschutz. Und der Schutz des Reichswaldes ist besonders guter Klimaschutz, weil hier nicht nur das globale Klima geschützt wird, sondern auch das Lokalklima des Ballungsraumes Nürnberg-Fürth-Erlangen", so Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN.

Erst vor wenigen Tagen haben es die Fachleute des Umweltministeriums bestätigt: Die Klimaerwärmung hat sich massiv beschleunigt und Mittelfranken wird besonders von Trockenheit und Hitze, aber auch von Hochwässern, wie vor fast genau einem Jahr in Baiersdorf mit 100 Mio. € Schaden, betroffen sein. "Jetzt ist Handeln gefragt und zualler-erst gehört dazu der Verzicht auf klimaschädliche Projekte wie den geplanten Bau der Nordspange zum Flughafen oder die Südumfahrung von Buckenhof, Uttenreuth und Weiher durch den Reichswald bei Erlangen. Wir appellieren an die Staatsregierung, hier keine weiteren Investitionen in die falsche Richtung voranzutreiben und die Planungen einzustellen," so Weiger.
Mehr denn je kommt es deshalb auf das Engagement der Bürgerinnen und Bürger an, wenn unser gemeinsamer Erholungswald und die Grüne Lunge des Ballungsraumes nicht kurzsichtiger Verkehrspolitik zum Opfer fallen soll.

2007 wurden vom neu geschaffenen Betrieb Bayerische Staatsforsten im Rahmen der Fortschreibung des Regionalplans vier große Sandabbau-Vorranggebiete mit einer Gesamtfläche von 164 Hektar angemeldet: Eines der Gebiete liegt z.B. in unmittelbarer Nähe zum beliebten Naherholungsgebiet "Birkensee", ein weiteres an der beliebten Rö-thenbachklamm (Herrnau), eines bei Ungelstetten und eines am Alten Kanal. Mit der geplanten Fortschreibung würde den wirtschaftlichen Interessen der nach der Forstreform auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Bayrischen Staatsforsten Vorrang vor den ökologischen und gesundheitlichen Belangen eingeräumt werden. Doch nicht nur der staatliche Forstbetrieb will die Axt anlegen: Allein vier weitere großflächige Sandabbauvorranggebiete hat die Fa. Faber-Castell Sandverwertung GmbH angemeldet. Drei liegen ebenfalls im mittelfränkischen Teil des Lorenzer Reichswaldes und des südlichen Reichswaldes, eines davon im Bereich Oberpfalz-Nord. Bisher wurde noch kein Verfahren zur Genehmigung begonnen. Dies dürfte auch ein Erfolg der Proteste von BürgerInnen z.B. in Altdorf oder in Ungelstetten und des BN sein.

Weitere Eingriffe in den Reichswald sind aktuell geplant: Eine Sportplatzerweiterung in Tennenlohe (1 ha Bannwald), gegen die bereits 1.000 Unterschriften eingereicht wurden, eine Sportplatzerweiterung in Heroldsberg (ca. 1 ha Bannwald), die Rodung von 0,5 ha Wald an der Breslauer Straße für ein Asphaltmischwerk (Landschaftsschutzgebiet), der Bau eines Mathematischen Instituts und eines Chemikums im Sebalder Reichswald bei Erlangen (ohne Schutzstatus).

2004 trat der Bund Naturschutz zusammen mit vielen tausend am Wald interessierten Bürgerinnen und Bürgern in der Region mit dem Volksbegehren "Aus Liebe zum Wald" an, um den Reichswald und den gesamten Wald Bayerns vor Fehlentwicklungen und Ausbeutung zu schützen. 2005 wurden nach dem knapp gescheiterten Volksentscheid die Forstämter aufgelöst, die administrativen Aufgaben in den Ämtern für Land- und Forstwirtschaft zusammengefasst und der Betrieb Bayerische Staatsforsten eingerichtet.

Ein besonders ärgerliches Ergebnis der Forstreform ist das Bestreben der Forstbetriebe, die Haftung für den Wald zu minimieren. Dafür wird dann auch schon mal der Wald von denen gerodet, denen er anvertraut ist: So geschehen 2008 entlang der Autobahn A 3 zwischen Tennenlohe und dem Kreuz Nürnberg, wo jeweils ca. 15 m Wald neben dem Abstandsstreifen zur Autobahn gefällt wurden, um bei Sturm 100%ige Sicherheit vor Schadensersatzansprüchen zu haben.

Die 2007 erfolgte Reduzierung der Forstreviere von 558 auf 370 in ganz Bayern ist ein Beispiel für die Fehlentwicklung, ausgelöst durch die Forstreform: Dadurch entstanden Forstreviere von 2000 bis 4000 ha, sind nach Ansicht des BN nicht mehr naturnah und umweltschonend zu bewirtschaften. Fehlentwicklungen in Staatswäldern in ganz Bayern wie auch im Reichswald belegen dies. Dass die Förster diese Entwicklung nicht unterstützen, wird durch einen Protestbrief von 240 Förstern im Juni 2008 an ihren Vorstand bestätigt, in dem sie die unerträglichen Bedingungen kritisieren. Dieser „Aufstand im Staatswald“ dürfte für eine Forsteinrichtung Bayerns ein Novum sein.

Sehr begrüßt werden die Konzepte des Staatsforstes, vermehrt Biotopbäume und Totholz im Wald stehen zu lassen, damit auch seltene Waldarten wie der Eremit, der Hirschkäfer oder der Mittelspecht ihren Lebensraum im Reichswald nicht verlieren.

Erfreulich ist die große Zahl der Unterstützerverbände und die Präsentation der Behörden beim 36. Reichswaldfest: Dabei sind die Jugendorganisation Bund Naturschutz mit großem Kinderprogramm, die BN-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt, das BN-Kirschenprojekt (Kreisgruppe Erlangen), das Erfolgsprojekt "Sehnsucht Wildnis" der BN-Kreisgruppen im Großraum, der Zeidlerverein Nürnberg und Umgebung e.V., das Umweltamt der Stadt, der Verein Waldwichtel, die Pilzabteilung der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg e.V., der Fränkische Albverein, die Initiative Pro Bahn e.V., der ADFC, der VCD und das Waldprojekt der Drogenhilfe MUDRA. Erstmals auf dem Reichswaldfest wird eine Ausstellung zur Wildkatze präsentiert.

Für Kinder und Jugendliche gibt es die Möglichkeit, unter fachkundiger Betreuung der BN-Jugendbildungsstätte Wartaweil mit Helm und Seilen riesige Eichen zu erklettern.

Die Hauptforderungen des BN zum Reichwaldfest 2007 sind:
"Stopp dem Kahlschlag für Südumfahrung und Nordspange,
Reduzierung der geplanten Sandabbau-Vorranggebiete im Bannwald"


Straßenbau durch den Reichswald?
Die geplante Südumfahrung der Orte Buckenhof, Uttenreuth und Weiher durch den Sebalder Reichswald bei Erlangen ist derzeit noch immer im Planfeststellungsverfahren. Dank des breiten Bürgerengagements konnten über 8.000 Einsprüche von Bürgerinitiativen, Kommunen und Einzelpersonen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens 2007 gesammelt werden. Mit einem Beschluss ist jederzeit zu rechnen.

Der BN fordert statt dessen umweltfreundliche Alternativen wie die Stadt-Umland-Bahn. Er wird hier bei einer Baugenehmigung den Klageweg beschreiten und hofft auf finanzielle Unterstützung.

Auch die sog. Nordspange zum Flughafen durch den Sebalder Reichswald bei Buchenbühl ist ebenfalls weiter in Planung. Trotz des Protestes von über 9.500 Bürgern und Verbänden im so genannten Planfeststellungsverfahren Ende 2007 hält die Regierung von Mittelfranken an der vom bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Günther Beckstein favorisierten Trasse für die Anbindung an die A3 fest. Der BN setzt dagegen auf die U-Bahn und eine weiterhin ausreichende Erschließung des Flughafens über die Marienbergstraße-Flughafenstraße.

Eine weitere, erst Anfang 2007 bekannt gewordenen Planung betrifft den Lorenzer Reichswald bei Feucht. Hier wird eine Querspange von der Verbindungsstraße Nürnberg-Zollhaus nach Wendelstein eine Querspange durch den Wald zum Gewerbepark Nürnberg-Feucht geplant (ca. 8 ha; 2 km Länge).


für Rückfragen: Tom Konopka, Regionalreferent des Bundes Naturschutz
Fon. 0911/81 87 8-24, Mail tom.konopka@bund-naturschutz.de