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Reichswaldbilanz 2009

"Wir müssen den Waldvernichtern Einhalt gebieten!" - Reichswaldsituation fast wie vor 37 Jahren

08.07.2009

Nordspange zum Flughafen, Südumfahrung Buckenhof-Uttenreuth-Weiher, Südanbindung zum Gewerbegebiet Nürnberg-Feucht-Wendelstein, Gewerbegebiet Feucht, Sandabbau bei Ungelstetten, Sandabbau an der Röthenbachklamm bei Altdorf, Sandabbau bei Pyrbaum, Sandabbau bei Schwarzenbruck, Sandabbau südöstlich Feucht. So heißen die Projekte, mit denen sich Aktive aus Bürgerinitiativen zusammen mit dem BN im gesamten Reichswald herumschlagen müssen. Dazu kommen z.B. geplante Sportplatzerweiterungen, ein geplantes Asphaltmischwerk und der Bau eines Mathematischen Instituts und eines Chemikums im Sebalder Reichswald bei Erlangen.

 

"Waldschutz ist im Jahre 2009 wieder fast so wie vor 37 Jahren, als es im Raum Nürnberg hieß 'Rettet den Reichswald', so der BN-Landesvorsitzende Hubert Weiger. "Wir haben zwar seit den 70er Jahren die besten Waldschutzgesetze erkämpft und sowohl Bannwaldausweisung als auch europäisches Schutzgebiet im Reichswald erreicht. Trotz der Gesetze ist die Grüne Lunge so gefährdet wie lange nicht mehr. Wir haben extrem viele geplante Waldzerstörungen auf einmal. Unsere Erfahrung zeigt, dass wir trotz der Schutzinstrumente vor allem die Unterstützung der BürgerInnen brauchen, die sich schützend vor ihren Wald stellen und die Waldvernichtung verhindern.

 

"Umweltminister Markus Söder hat ja einige Themen in der Staatsregierung wieder auf die Tagesordnung gesetzt, wo seit Jahren stures 'Weiter so!' das Handeln bestimmte. Zum
37. Reichswaldfest wollen wir von ihm eine klare Aussage, ob ihm der Erhalt des Reichswaldes am Herzen liegt und er mithilft, Eingriffe wie die Nordspange zu verhindern. Es ist Zeit, in Klimafragen und beim Waldschutz zu handeln und zuallererst gehört dazu der Verzicht auf klimaschädliche Projekte", so Weiger. "Wir dürfen nicht vergessen, dass der Schutz des Reichswaldes besonders guter Klimaschutz ist, weil hier nicht nur das globale Klima geschützt wird, sondern auch das Lokalklima des Ballungsraumes Nürnberg-Fürth-Erlangen."

 

Am Samstag, 18. Juli und Sonntag, 19. Juli 2008 findet zum 37. Mal das Reichswaldfest des Bundes Naturschutz gemeinsam mit dem Forstbetrieb Nürnberg, dem Amt für Landwirtschaft und Forsten Fürth und befreundeten Natur- und Umweltschutzverbänden am Schmausenbuck östlich des Nürnberger Tiergartens statt. Der Bund Naturschutz lädt dazu alle Freundinnen und Freunde des Waldes herzlich ein. Die Hauptforderungen des BN zum Reichwaldfest 2009 sind: "Beendigung der Planungen zur Südumfahrung bei Erlangen, zur Nordspange am Flughafen und zur Südanbindung bei Feucht. Kein Staatswaldverkauf für Gewerbe und Reduzierung der geplanten Sandabbau-Gebiete im Bannwald".

 

Straßenbau durch den Reichswald?

Die aktuell geplanten Straßenbaumaßnahmen würden zusammen ca. 35 Hektar Reichswald kosten. Dazu kommt die enorme Zerschneidungswirkung solcher Trassen, die die Naherholung sehr beeinträchtigen und die Lebensräume für wandernde Tierarten entwerten.

 

Die geplante Südumfahrung der Orte Buckenhof, Uttenreuth und Weiher durch den Sebalder Reichswald bei Erlangen ist derzeit noch immer im Planfeststellungsverfahren. Dank des breiten Bürgerengagements konnten über 8.000 Einsprüche von Bürgerinitiativen, Kommunen und Einzelpersonen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens 2007 gesammelt werden. Mit einem Beschluss für die Rodung von ca. 15 Hektar ist jedoch jederzeit zu rechnen. Der BN fordert statt dessen umweltfreundliche Alternativen wie die Stadt-Umland-Bahn. Er wird hier bei einer Baugenehmigung den Klageweg beschreiten und hofft auf finanzielle Unterstützung durch SpenderInnen.

 

Auch die sog. Nordspange zum Flughafen durch den Sebalder Reichswald bei Buchenbühl ist weiter in Planung. Trotz des Protestes von über 9.500 Bürgern und Verbänden im so genannten Planfeststellungsverfahren Ende 2007 und dem aus Kritikersicht erfolgreichen Fachaustausch beim Erörterungstermin 2008 hält das Staatliche Bauamt Nürnberg an der Trasse für die Anbindung an die A3 fest. Demnächst soll ein Ergänzendes Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden, um der Fachkritik des BN und des Aktionsbündnisses Rechnung zu tragen. Ca. 15 Hektar stehen zur Disposition. Der BN setzt dagegen auf die U-Bahn und eine weiterhin ausreichende Erschließung des Flughafens über die Marienbergstraße-Flughafenstraße.

 

Im Lorenzer Reichswald bei Feucht wird vom Zweckverband eine Südspange zum Gewerbepark Nürnberg-Feucht-Wendelstein von der Verbindungsstraße Nürnberg-Zollhaus nach Wendelstein durch den Wald der ehemaligen Muna geplant. Das Gewerbegebiet Nürnberg-Feucht-Wendelstein ist bereits unmittelbar an die Autobahn A 6 angebunden. Es dürfte in ganz Deutschland kaum ein Gewerbegebiet geben, das zwei Autobahnanschlussstellen hat. Vor allem die soeben dort angesiedelte Spedition Dachser argumentiert mit möglichen Unfällen und Staus an der bestehenden Anschlussstelle und den damit einhergehenden Nachteilen. Mit der zu erwartenden 70 Meter breiten Schneise auf 2 km Länge würden acht Hektar Reichswald gerodet. Das neu gegründete Bannwaldbündnis Feucht-Wendelstein ist hier aktiv.

 

Weitere Gewerbe- und Sondergebiete im Reichswald?

Geht es nach Planungen der Marktgemeinde Feucht, werden mitten im Reichswald südlich von Nürnberg-Moorenbrunn und nordwestlich von Feucht 20 Hektar Bannwald für ein weiteres Gewerbegebiet gerodet. Um die zusätzliche Waldzerschneidung und die geplanten großflächigen Rodungen zu verhindern hat sich 2009 das Bannwaldbündnis Feucht-Wendelstein gegründet. Ihm gehören der Landesbund für Vogelschutz, der Verein Zeidel-Museum Feucht, die Freie Kindergruppe, der Bund Naturschutz und eine Reihe von Privatpersonen an. Im Januar 2009 beschloss der Marktgemeinderat dazu die Aufstellung eines Bebauungsplanes. Das Verfahren dürfte sich wegen der Bedeutung des betroffenen Waldstückes Leimbühl (Bannwald, Staatsforst, europäisches Vogelschutzgebiet) noch hinziehen. Gefordert ist hier die Staatsregierung, die den Verkauf von Staatswald nicht genehmigen darf.

 

Das geplante Gewerbegebiet südlich der Wiener Straße in Nürnberg (ca. 40 Hektar) ist weiterhin nicht vom Tisch.

 

Darüber hinaus sollen Waldflächen fallen für ein Asphaltmischwerk in Nürnberg an der Breslauer Straße (0,5 ha; Landschaftsschutzgebiet) und für den Bau eines Mathematischen Instituts und eines Chemikums im Sebalder Reichswald bei Erlangen (ohne Schutzstatus).

 

Geplante Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Sandabbau

Die 2007 vom Betrieb Bayerische Staatsforsten, der Fa. Faber-Castell-Sandverwertung und anderen Firmen angemeldeten sieben großen Sandabbau-Gebiete im Reichswald konnten bereits durch Bürgerproteste erfolgreich angegriffen werden. In der soeben (Juni 2009) laufenden Anhörung zur 12. Fortschreibung des Regionalplans Industrieregion Mittelfranken sind zwei der Gebiete nicht mehr vorgesehen: Große Freude dürfte bei allen NacktbadefreundInnen die Nachricht auslösen, dass die große Düne nördlich des Birkensees nördlich Brunn nicht weiter als Sandgrube vorgesehen wird. Auch das geplante Sandabbaugebiet am Alten Kanal bei Wendelstein ist herausgenommen worden. Weiterhin geplant ist aber eines an der beliebten Röthenbachklamm (Herrnau) bei Altdorf, eines bei Ungelstetten, eines südöstlich von Schwarzenbruck, eines südöstlich von Feucht und eines bei Pyrbaum. Besonders ärgerlich: Mit der Festschreibung würde den wirtschaftlichen Interessen der nach der Forstreform auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Bayrischen Staatsforsten Vorrang vor den ökologischen und gesundheitlichen Belangen eingeräumt werden.

 

Sportanlagen

Weitere geplante Eingriffe sind z.B. eine Sportplatzerweiterung in Tennenlohe (1 ha Bannwald), gegen die bereits 2007 1.000 Unterschriften eingereicht wurden, eine Sportplatzerweiterung in Heroldsberg (ca. 1 ha Bannwald).

 

Forstreform

Mit großer Sorge sieht der BN, dass die infolge der Forstreform bereits stark ausgedünnte Personaldecke bei Waldarbeitern und FörsterInnen weiter verringert werden soll. Nach den Rekordgewinnen in den letzten beiden Jahren in Folge der hohen Holzpreise stellt sich nun dieses Jahr heraus, dass die derzeitige Organisationsform der aktuellen Krise nicht gewachsen ist.

 

Das geplante Sparprogramm K25, mit dem 25 Mio. € im Geschäftsjahr eingespart werden sollen, würde zu weiteren großen Einschnitten führen. So würde z.B. die Unterstützung der Revierleiter durch Waldarbeiter wegfallen, mit der aber die Reviervergrößerung begründet worden war. So zeigt sich, dass mit einer einseitigen Finanzierung der staatlichen Forstwirtschaft durch Einnahmen aus dem Holzverkauf und sonstigen, oftmals problematischen Geschäftsfeldern sich die Gemeinwohlaufgaben nicht vorbildlich erfüllen lassen, so wie es von Staatsregierung und Gesellschaft gewünscht wird. Sinkende Holzpreise und steigende Kosten würden nach diesem Modell zwangsläufig zu immer weniger und dafür immer größeren Forstrevieren führen, so dass befürchtet werden muss, dass der naturnahe Waldbau auf der Strecke bleibt und der Förster durch den Harvesterfahrer ersetzt wird.

 

Erfreuliches

Zwei der drei im Reichswald westlich Feucht liegenden Rodungsinseln aus Zeiten der ehemaligen MUNA könnten im Zuge des Ausbaues der Autobahn A 6 als Ersatzaufforstungsflächen dem Wald wieder zurückgegeben werden. Die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten BIMA sieht dies aktuell für die Rodungen an der A 6 vor. Der BN unterstützt das Vorhaben. Damit wäre auch ein "Tausch" dieser Flächen für die Gewerbegebietsansiedlung am Leimbühl bei Feucht ausgeschlossen.

 

Reichswaldfest mit vielen Unterstützern

Erfreulich ist die große Zahl der Unterstützerverbände und die Präsentation der Behörden beim 37. Reichswaldfest: Dabei sind die Aktionsgemeinschaft gegen die Nordanbindung, das Bannwaldbündnis Feucht-Wendelstein, die Jugendorganisation Bund Naturschutz mit großem Kinderprogramm, die BN-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt, das Projekt SandAchse Franken (präsentiert von der BN-Ortsgruppe Nürnberger Süden), das Erfolgsprojekt "Sehnsucht Wildnis" im Großraum, der Landesbund für Vogelschutz, der Zeidlerverein Nürnberg und Umgebung e.V., das Umweltamt der Stadt, der Verein Waldwichtel, die Pilzabteilung der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg e.V., der Fränkische Albverein, die Initiative Pro Bahn e.V., der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club ADFC, der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg VGN, das Sozialforum Nürnberg, der Tauschring und das Waldprojekt der Drogenhilfe MUDRA. Erstmals auf dem Reichswaldfest wird der Deutsche Alpenverein vertreten sein.

 

Für Kinder und Jugendliche gibt es die Möglichkeit, unter fachkundiger Betreuung der BN-Jugendbildungsstätte Wartaweil mit Helm und Seilen riesige Eichen zu erklettern oder die Kletterwand des DAV zu bezwingen.

 

für Rückfragen: Tom Konopka, Regionalreferent des Bundes Naturschutz

Fon. 0911/81 87 8-24, Mail tom.konopka@bund-naturschutz.de